حجاب
ḥiǧāb
Hidschab
Kein Kopftuch im öffentlichen Dienst
Von Ümmühan Karagözlü (2007)
Seit dem Richterspruch des Bundesverfassungsgerichts ist auch das bevölkerungsreichste Bundesland, Nordrhein-Westfalen, damit beschäftigt, eine Entscheidung zum Kopftuch bei Beschäftigten öffentlicher Institutionen zu fällen. Als Sozialpädagoginnen (verschiedenster Glaubensrichtungen), die berufsbedingt täglich auf muslimische Kommilitoninnen und Klientinnen treffen, können wir diesem Thema nicht gleichgültig gegenüber stehen.
Bezug nehmend auf unsere langjährigen Erfahrungen in der Kinder- und Jugend- und Schulsozialarbeit sowie in der außerschulischen Bildung möchten wir folgende Gedanken einbringen:
vor etwa vierzig Jahren kamen die ersten Muslime als Gastarbeiter in die BRD. Die damalige Bundesregierung lud diese Menschen nach Deutschland, zunächst meist türkischstämmig und fast immer männlich, da es unserem Land an (billigen) Arbeitskräften mangelte. Weil die Arbeitsmarktsituation noch recht entspannt war und ausländische Arbeitnehmer selbst als Ungelernte hierzulande mehr verdienten als zu hause, holten sie nach einigen Jahren ihre Familienangehörigen nach und bauten gemeinsam mit ihnen eine neue Existenz auf. Der Wunsch in die Heimat zurück zu kehren wurde auf unbestimmte Zeit verschoben, zumal das Wirtschaftswachstum weiter anhielt und für die teilweise bereits in der Bundesrepublik geborenen Töchter und Söhne qualifizierte Schulabschlüsse, interessante Ausbildungsmöglichleiten und attraktive berufliche Chancen lockten.
Bis etwa Ende der 90er Jahre war die Zugehörigkeit zum Islam für die in Deutschland arbeitenden, lernenden, studierenden und lebenden Muslime anscheinend so selbstverständlich, dass es ihnen nicht wichtig war, diese etwa durch Einhaltung strenger Bekleidungsvorschriften gegenüber der nichtmuslimischen Mehrheitsgesellschaft zu dokumentieren. Dies galt auch für die Anhängerinnen dieser Weltreligion, die als Studentinnen in die BRD kamen oder als Flüchtlinge und Asylbewerberinnen Zuflucht vor Verfolgung und Tyrannei suchten. Auch ist uns nicht bekannt, dass zu dieser Zeit die laïzistische Haltung des türkischen Staates kritisiert wurde.
Die hier ansässigen muslimischen Menschen lebten wie die südeuropäischen Gastarbeiter so unauffällig, dass zu Zeiten wirtschaftlicher Blüte und Vollbeschäftigung die bundesdeutsche Politik der Lebenslage dieser Mitmenschen keine Aufmerksamkeit widmete. Obschon selbst während der etwa Mitte der 80er Jahre einsetzenden Weltwirtschaftskrise und deren desintegrierenden Folgen längst nicht mehr mit einer Rückkehr dieser Bevölkerungsgruppe in ihre Heimat zu rechnen war, ignorierte die damalige Bundesregierung gleichermaßen den aufkommenden Unmut der Mehrheitsgesellschaft wie die sich verschlechternde Lebenslage der nicht europäischstämmigen (kleinasiatischen) Migrantinnen.
Viel zu spät bemühten sich beispielsweise Migrationsbeauftragte oder Fachausschüsse um eine erfolgreiche Eingliederung dieser Bevölkerungsgruppe. Vor allem die in vielfältigen Bereichen des Alltags, besonders aber bei der Arbeitsplatzsuche exkludierenden Folgen mangelnder Sprachkompetenz (zunehmend auch in der Muttersprache) wurde lange Zeit nicht beachtet. Zwar haben wir mittlerweile Politikerinnen mit Migrationshintergrund sowie Ausländerbeiräte. Viele von uns haben türkische Kolleginnen, marokkanische Kommilitoninnen und albanische Nachbarinnen. Doch ist es bisher nur in Ausnahmefällen gelungen, die aus islamisch geprägten Kulturen stammenden Familien wirklich in unsere offene Gesellschaft zu integrieren.
Ein deutlicher Beleg für diese These lässt sich am Beispiel der schlechten sprachlichen und sozialen Integration der zweiten und der dritten Generation türkischer Mitbürgerinnen festmachen, die eher Hauptschulabschluss oder auch gar keinen Schulabschluss erlangen. Diese zahlenmäßig große Gruppe lebt nicht selten in fast ausschließlich türkischen Straßenzügen, versorgt sich mit allen Artikeln des täglichen Lebens in den Geschäften ihrer Landsleute und konsumiert dank Satellitenfernsehen Information wie Unterhaltung in türkischer Sprache. Gerade für Frauen und Kinder bleibt die deutsche Sprache zunehmend Terra incognita. Auch trägt die erst seit wenigen Jahren wahrnehmbare Angst der Musliminnen vor Assimilation gewollt oder ungewollt zu einer Ghettoisierung bei, da wirklich tragfähige soziale Bindungen nur zu Landsleuten bestehen. Gespräche mit Deutschen werden auf ein Mindestmaß reduziert, offener Gedankenaustausch gar ist sehr selten.
Die halbherzig betriebene Integrationspolitik führte dazu, dass ein besonders hoher prozentualer Anteil der Migrantinnen und Einwohnerinnen mit Migrationshintergrund arbeitslos war und ist. Die beiden zuletzt geborenen Generationen stehen zudem vor dem Dilemma, von uns als Ausländerinnen gesehen und behandelt zu werden, während sie im Herkunftsland als ’Deutschländerinnen’ gelten. Es sollte uns daher eigentlich nicht überraschen, dass besonders für die dritte Generation einer Migrationswelle angesichts derartig verschlechterter Lebensbedingungen die Frage nach der eigenen Identität immens wichtig wird.
Derart durch düstere Zukunftsaussichten und tiefe Identitätskrisen verunsichert ist es nicht verwunderlich, dass es nach der Islamischen Revolution, Iran 1979, zu einer (vermeintlich) Gemeinschaft stiftenden Fundamentalisierung und Islamisierung insbesondere der unter 40jährigen Musliminnen überall in den Industriestaaten Europa gekommen ist. So ist zu beobachten, dass die Kopftuch tragenden Frauen, viele von ihnen hier geboren, im Straßenbild immer häufiger werden. Die Tatsache, dass nicht selten junge Musliminnen streng verhüllt mit Tuch und langem Mantel das Haus verlassen, während ihre Mütter in der Kleiderfrage die westliche Variante bevorzugen, ist ein unfreiwilliges Ergebnis derartig verfehlter Integrationspolitik und der gesamtgesellschaftlichen Kultur des Wegschauens.
Besonders betroffen macht uns allerdings die Beobachtung, dass seit etwa 2004 bereits sehr junge Mädchen nur noch mit der streng gebundenen Variante des Kopftuchs, welche Nacken, Hals und Dekolletee bedeckt und nur noch das Gesichtsoval frei lässt, aus dem Haus ihrer Familie heraus gehen. Selbst Zehnjährige mit Hidschab, wir meinen damit die Haube, die, aus einem Stück Stoff genäht Haare, Schultern und Oberkörper vollkommen einhüllt, erscheinen im westdeutschen Stadtbild. Dazu tragen sie nicht selten den oben bereits erwähnten, vor wenigen Jahren eigens entworfenen knöchellangen grauen oder schwarzen Mantel.
Dieses streng islamistische Outfit ist, wie wir meinen, für kleine Mädchen, die auch noch spielen und herumtoben sollten, unpraktisch und bewegungsfeindlich. Auch erwachsenen Frauen können mit diesem kaftanähnlichen Gewand ‚keine großen Schritte‘ machen. Zudem behindern diese Formen des Kopftuchs zweifellos Hör- wie Sehsinn der Trägerinnen und schränken das (Um-)Weltwahrnehmen der Mädchen und Frauen nicht unerheblich ein, besonders wenn auch der Blick züchtig gesenkt werden muss. Diese Kleidungsgewohnheiten erhöhen nicht nur die Unfallgefahren im Straßenverkehr (eingeschränktes Blickfeld), nein, jeder einigermaßen aufmerksame Mensch wird bestätigen dass Körpersprache und Auftreten sowie Denk- und Lebensgewohnheiten beeinflusst werden.
Schon diese oben beschriebenen Alltagsszenen deuten an, dass es bei der bevorstehenden Entscheidung des Landtages von Nordrhein-Westfalen um weit mehr geht als um die rechtliche Gewichtung des Staates zur weltanschaulichen Neutralität einerseits und das Diskriminierungsverbot eines nach Meinung der Anhängerinnen religiös zu interpretierenden Symbols einer monotheistischen Weltreligion andererseits. Hier steht wesentlich mehr als die Klärung dieser Streitfrage zur Entscheidung an!
Wie viele Politikerinnen und Bürgerinnen in der BRD sind wir der Meinung, dass Kleidungsstücke wie Hidschab und Türban (dazu gehören nach unserer Ansicht auch Kippa, Sikh-Turban oder Frömmler-Strickmütze der Islamisten) keine religiös zu interpretierenden Insignien sind, die unter das Benachteiligungsverbot nach Art. 3 GG fallen. Diese Ansicht lässt sich wie folgt begründen:
Nach wie vor sehen weltweit viele Musliminnen das Tragen des Kopftuchs nicht als religiöse Pflicht an. So schreibt Prof. Bassam Tibi in seinem Buch Der Islam und Deutschland – Muslime in Deutschland, dass er viele afrikanische und südostasiatische Gebiete islamischer Bevölkerung bereist habe, in denen Frauen mehrheitlich nicht Kopftuch tragen.
Auch in Europa und in der BRD ist die Gruppe derjenigen Muslimas, die sich nicht mit islamistischen Kleidungsvorschriften identifiziert, deren Mitglieder sich gleichwohl als gläubige Musliminnen bezeichnen, recht groß. Selbst im Koran wird man nach einem ausdrücklichen Kopftuchgebot vergeblich suchen (und nur im Hadith fündig), eher findet man dort Textstellen, die besagen, dass die Frauen keine auffällige Kleidung tragen sollten. Das Kopftuch selbst wird nicht erwähnt; Ralph Ghadban (Das Kopftuch in Koran und Sunna) hingegen weist auf die islamische Überlieferung hin. Wie aber kann es dann sein, dass gerade unter den jungen Muslimas der Anteil derjenigen, die zwar ihr Haar unter einem fundamentalistisch streng gebundenen Kopftuch verbergen, ansonsten aber bewusst erotische und den Körper in Szene setzende, hautenge Kleidung bevorzugen, so sehr groß ist (klappernde Stöckelschuhe, Top mit transparenter Spitze an Taille und Oberarm, Rock mit langen Seitenschlitzen)? Religiöse Motive scheinen diese Anhängerinnen des vermeintlich einzig wahren Glaubens wohl nicht gerade umzutreiben.
Unter Berücksichtigung solcher Beobachtungen und angesichts der Tatsache, dass sich selbst aus dem heiligen Buch der Muslime eine religiös begründete Verpflichtung jeder muslimischen Frau zum Tragen des Kopftuches nicht ableiten lässt, kann dieses ‚Stück Stoff‘ nicht als ein ‚eindeutig religiöses Symbol‘ interpretiert werden.
Im Konsens mit vielen Bürgerinnen und Politikerinnen in NRW und auch mit Blick auf die Bundesländer, in denen schon eine Entscheidung zum Kopftuch getroffen wurde, sind wir vielmehr der Ansicht, dass mit dem ‚Kleidungskodex der islamischen Renaissance‘ auch Haltungen einhergehen, die nicht schützenswert ist. Daher fordern wir die Landesregierung auf, sich bei ihrer Meinungsbildung keineswegs darauf zu beschränken, dass allein die Möglichkeit, dass ein Tragen des Kopftuches religiös begründet sein könnte, ausreicht, um eine verfassungsrechtlich nicht tragbare Beteiligung von kopftuchtragenden Lehrerinnen in staatlichen Schulen im Falle eines Kopftuchverbots abzuleiten.
Wir halten es für unverzichtbar, angesichts der Grundrechte der Kopftuchgegnerinnen wie auch der in dieser Frage Unentschiedenen abzuklären, für welche Strömungen (Politislam sprich Schariagesetz-Lobby; Traum vom erneuerten Kalifat), Lebenspraxen (Gewalt in der Erziehung, Zwangsverheiratung) und Geisteshaltungen (Verachtung von Andersgläubigen, Verbot der Apostasie bei Todesdrohung) das Symbol Kopftuch, das Prinzip Kopftuch eben auch gesehen werden kann. Sieht man sich im Straßenbild um, informiert sich oder spricht mit Vertreterinnen der beiden Meinungsfraktionen, spricht vieles dafür, dass ’dieses Stückchen Stoff’ für verschiedene Haltungen und Ansichten in Anspruch genommen werden kann. Doch sicherlich nicht für die Emanzipation der Frau.
Die demonstrative Unterwerfung unter eine Kleidungsvorschrift, die den äußerlich von Weitem erkennbaren Unterschied zwischen den Geschlechtern zementiert, als Ausdruck von Selbstbewusstsein und Gleichberechtigung zu werten hält nicht nur Frau Dr. Lale Akgün, MdB und langjährige Islambeauftragte der SPD Bundestagsfraktion für grotesk. Wer die Weiterentwicklung der Gleichberechtigung und Gleichstellung als wesentliches Ziel der Mitgliedsstaaten des Europarates anerkennt, kann eine solche Verunglimpfung und Verachtung der Frauen Iran, Afghanistan, Saudi Arabien und Algerien, die das Kopftuch eben nicht freiwillig gewählt haben, nur als zynisch ansehen.
Frauen, die behaupten, ohne Kopftuch würden sie sich nackt fühlen, geht es nicht alleine um Schutz. Nein, unausgesprochen unterteilen sie gleichzeitig ihre Geschlechtsgenossinnen in die Gruppe der Ehrenhaften und die der Unreinen, egal ob die Betroffenen Muslimas sind oder gar so genannte Ungläubige. Das Kopftuch, einschließlich der damit einhergehenden ‚Software‘, ist somit Symbol für die Spaltung der halben Menschheit in Sittsame, Tugendhafte sowie in verachtenswerte Sünderinnen. Die zunehmende Gewohnheit dieser Musliminnen, Männern prinzipiell nicht mehr die Hand zu geben (prominente Vertreterin: Fereshta Ludin), zielt in die gleiche Richtung: sie manifestiert für alle Umstehenden sichtbar der minderwertigere Stellung der Frau, die grundsätzlich als unrein gilt. Dieses (deutsche, europäische) Begrüßungs- und Verabschiedungsritual ist streng gläubigen Muslimas außerdem untersagt, weil selbst dieser harmlose Hautkontakt sexualisiert wird und Mädchen und Frauen unterstellt, wie eine Hure Männer zu verführen. Eine unserer Meinung nach kompromittierende Unterstellung.
Das Verhüllen der Haare kann also auch als Symbol für die Diskriminierung aller Menschen (also der muslimischen Männer) gesehen werden, die nicht bereit sind, sich dieser Frauen verachtenden Bekleidungsethik zu unterwerfen. Während eine große Gruppe von ‚Ungläubigen‘ Religionsfreiheit und das Recht zur freien Meinungsäußerung, d.h. auch Kritik an den religiösen Weltanschauungen, als demokratische Tugend (bekannte Persönlichkeiten erachtet (bekannte Persönlichkeiten wie z.B. Prof. Bassam Tibi, der Dalai Lama, Hans Jonas und Willigis Jäger gehören dazu), droht Schriftstellerinnen und künstlerischen Freigeistern wie Sir Salman Rushdie die Todes Fatwa. Für eine solche Geisteshaltung, für die das Kopftuch eben auch stehen kann, religiöse Toleranz einzufordern, halten wir für eine dreiste Provokation.
Wir alle wissen um die lebenslang prägende Beispielfunktion jeder Kindergärtnerin und Lehrerin, vor allem in Grundschulklassen. Daher müssen wir damit rechnen, dass nicht nur auf muslimische Kinder und Schülerinnen einer neben den Eltern und später der Peergroup so wichtigen Identifikationsfigur vorbehaltlos nacheifern. Eine Art textilen Ausweis der Reinheit und Rechtgläubigkeit (dazu gehören auch das islamische maskuline Gebetskäppchen und die jüdische Kippa) tragende Islamistinnen hätten dann in staatlichen Institutionen wesentlichen Anteil an der Interpretationshoheit ‚wahrer Religion‘. Sie würden jungen Muslimas verdeutlichen, wie sich ehrbare Mädchen und Frauen nicht nur ihren Glaubensbrüdern und -schwestern, sondern auch der Mehrheitsgesellschaft gegenüber kleiden und zu verhalten hätten. Damit würden wir ausgerechnet Fundamentalistinnen einen so wesentlichen Bereich wie die Deutung des (Um )Welt- und Menschenbildes in demokratischen Erziehungs- und Bildungsräumen überlassen.
Die gesunde, selbst bestimmte Entwicklung von Töchtern und Söhnen zu gesellschaftskritischen und demokratischen Persönlichkeiten, die ein auf dem Grundgesetz (Artikel 3 Absatz §) fußendes Frauenbild bejahen, sollte uns sehr am Herzen liegen. Nicht nur wir Pädagoginnen sollten uns verpflichtet wissen, jeder diesem Erziehungs- und Bildungsauftrag zuwiderlaufenden Entwicklung entschieden entgegenzutreten. Die seit wenigen Jahren von Islamisten propagierte Abmeldung vom Sport- und Schwimmunterricht sowie das Verbot an Klassenfahrten teilzunehmen, verhindert ein wesentliches Erziehungsziel: die gelingende Integration in die Klassengemeinschaft.
Der Gewissenskonflikt, dem junge Musliminnen, die ihre nicht verhüllten Mütter und Schwestern verachten müssten ausgesetzt sind, dürfte niemanden kalt lassen, schon gar nicht Abgeordnete einer demokratischen Landesregierung. Solch vorgeblich religiöse Kleidungs- und damit einhergehende Verhaltensvorschriften und Einstellungen sorgen für die Instrumentalisierung unserer Schulhöfe, Lehrerzimmer und Klassenräume durch die hart agitierende Minderheit der Fundamentalistinnen und verstoßen gegen Art. 3 Abs. 3 GG. Beides kann nicht im Interesse der Landespolitik sein und sollte durch ein entsprechendes Gesetz verhindert werden.
Das Verbot von Kopftuch und anderen aufdringlichen Symbolen sollte sich jedoch keinesfalls auf staatliche Erziehungs- und Bildungseinrichtungen beschränken, sondern auch im Gerichtssaal Anwendung finden. Dies halten z.B. für eine verfassungskonforme Verteidigung und Urteilsfindung für unumgänglich. Wir hätten Zweifel, dass ein Gebetskappe oder Turban tragender Anwalt beziehungsweise eine streng verhüllte Richterin aufgrund ihrer schon äußerlich sichtbaren fundamentalistisch religiösen Wertehierarchie zu einem Vergewaltigungsopfer oder zu einem homosexuellen Verdächtigen mit der gebotenen Objektivität Stellung nehmen kann.
Ümmühan Karagözlü
Diese Abhandlung wird von einer Autorin verfasst. Sie beschreibt und reflektiert insbesondere Lebenslage und Perspektiven von Frauen mit und ohne Migrantionshintergrund in der BRD. Zur besseren Lesbarkeit des Textes verwendet die Autorin generell die weibliche Sprachform (geschrieben: Sozialpädagoginnen, Bürgerinnen etc.), Männer sind ganz selbstverständlich mit gemeint.
Schlagwörter: FdGO, Frauenbilder, Gender Jihad, Gender-Apartheit, Gleicheitsfeminismus, Grundrechte, Integration, islamistisch, Konformitätsdruck, Laizität, Legalismus, Männerbilder, negative Religionsfreiheit, Religionsfreiheit, Taqiyya, Umma
Februar 21, 2009 um 11:12 pm
[…] [3] https://schariagegner.wordpress.com/2007/12/14/kopftuch-freiheitlich-demokratische-grundordnung/ […]
März 8, 2012 um 6:40 pm
Wie ich sehe, ist Frau Karagözlü auch eine Person mit Migrationshintergrund. Wahrscheinlich auch eine Muslimin. Doch leider sieht es so aus, als ob sie keine Ahnung hätte, wovon sie redet, bzw. schreibt.
Es ist natürlich sehr einfach, wenn man mehr oder weniger mit dem Islam überhaupt nichts zu tun hat. D.h. auf ihrem Ausweis steht sehr wahrscheinlich, (wenn sie nicht zu einer anderen Religion konvertiert ist), muslimisch. Sie scheint den Koran nicht richtig gelesen zu haben. Integration bedeudet nicht, die eigene Religion abzulegen u sich einem westlichen Glauben zu widmen. Integration bedeutet nicht, die eigene Kultur einfach zu vergessen, um die westliche Kultur anzunehmen. Integration bedeutet nicht, die Vergangenheit zu streichen. Gerade Sie Frau Karagözlü, die sich angeblich so gut integriert und sich der westlichen Kultur sozusagen perfekt angepasst hat, sollten das Ganze eigentlich realistischer beschreiben, bzw. darlegen können. Der Islam ist eine Weltreligion, die genausoviel Respekt und Akzeptanz verdient, wie alle anderen Religionen auch. Solange diese Religion natürlich nicht einmal von Menschen, die diesem Glauben angehören, richtig verstanden und interpretiert wird, braucht man darüber auch nicht weiter zu reden. Frau Karagözlü sollte mal in Ihre Vergangenheit schauen. Sie sollte sich mal mit ihrer eigenen Geschichte und ihrer eigenen Kultur auseinander setzen. Sie sollte sich mal über das Osmanische Reich informieren. Sie sollte mal in den Spiegel schauen, ob sie das wirklich ist, was sie da sieht. Ich, als eine moderne Frau, die keine Kopfbedeckung trägt, lache nur über solche Texte, wie oben geschrieben. Es ist schlimm, keine eigene Identifikation zu haben. Solange man die nicht hat, ist man nur eine Kopie, von anderen. Nicht das Original………Also liebe Frau Karagözlü, machen Sie sich liber nochmal Gedanken über Ihre Herkunft, vielleicht kommen Sie auf ein Ergebnis 🙂
[[anonym eingegangen beim Blog Eifelginster auf dem inhaltsgleichen Text; hiermit weitergeleitet an die angesprochene Ümmühan Karagözlü, herzlich Cees van der Duin]]
März 9, 2012 um 6:42 pm
Sehr geehrte Spalterin der Menschheit in Westmensch und Ostmensch, sehr geehrte Verherrlicherin des Osmanischen Reichs,
der wörtlich gelesene Koran setzt die Frau eine Stufe herab, wie Sie beim Theologen Abu Hamid al-Ghazali (1058–1111) nachlesen können und es sich vom der Muslimbruderschaft nahe stehenden ECFR-Scheich Yusuf al-Qaradawi, dem Sie leider nicht widersprechen, bestätigen lassen können.
Weil wir, ob muslimisch, ex-muslimisch oder noch-nie-muslimisch, als Pädagogen oder Sozialpädagogen die universellen Menschenrechte (AEMR, 10.12.1948) verteidigen und nicht die diversen Fahrpläne zur Rettung der Seele vor dem Höllenfeuer, betonen wir, dass Religionen möglicherweise nur wenig oder auch gar keinen Respekt verdienen, nämlich dann, wenn ihre Dogmatik der AEMR entgegen steht, wie das bei einem Islam, der himmlischen Schariabefehl und irdische Fiqh-Gerichtlichkeit nicht verwirft, der Fall ist.
Wir treten kulturellen Rassisten nicht weniger entschlossen entgegen als wir es Hautfarbenrassisten gegenüber tun. Inhaltlich ganz in der Nachfolge von Sayyid Qutb (1906-1966) oder Ali Schariati (1933-1977) reden Sie von westlicher Glaube bzw. westliche Kultur. Wollen Sie damit ermöglichen, den globalen zu Muslimisierenden die Zumutung der allgemeinen Menschenrechte zu erparen, die dann ja “westliche Menschenrechte” wären? Wie auch immer, als Verteidigerin des orthodoxen Islam wollen Sie – mitten in Deutschland – die eine Menschheit in westlich-säkularen und östlich-schariapflichtigen Kulturkreis spalten. Damit bauen Sie am tugendüberwachenden islamischen Gegenstaat, befördern den Rückzug der so genannten Muslime aus dem säkularen Bürgertum und, kurz gesagt, agieren kulturell rassistisch.
Gegenmodern beschwören Sie das orientalische bzw. osmanisch-türkische Ahnenerbe. In der kulturellen Moderne angekommene Menschen werden es als lachhaft empfinden, wenn ein richtig echter Norweger oder Nordfriese an Odin und Freya glauben soll und ein waschechter Azeri, Turkmene oder Kasache an den Ewigen Blauen Himmel des Tengrismus. Ebensowenig hat sich eine hellhäutige “Biodeutsche” ergriffen und schicksalsergeben als Erbin von Dirndl, Pickelhaube, Kolonialzeit und Führerstaat zu verspüren, wenn sie (“sollte mal in ihre Vergangenheit schauen … sollte mal in den Spiegel schauen”) über ihre Aufgabe im Weltganzen nachdenkt. Der Türke-an-sich ist für uns kein pauschaler Allahfreund, der Beförderer einer modernen Türkei eben gerade kein Neo-Osmane.
Es ist zu wünschen, dass Sie nicht nur keinen Hidschab (Schleier) tragen, sondern sich dafür einsetzen, dass die Kinder muslimischer Großeltern angstfrei ohne Religion leben können oder mit einem säkular gezähmten (zivilisierten) Islam leben können, der diskriminierende Schariadoktrin und “heilssichernde” Fiqhjustiz nicht mit moderner Bildung verwechselt.
Mit freundlichen Grüßen
Cees van der Duin
PS
Ümmühan Karagözlü wird Ihnen zeitnah auf dem von ihr betriebenen Blog Schariagegner (unter dem inhaltsgleichen Text) antworten.
https://schariagegner.wordpress.com/2007/12/14/kopftuch-freiheitlich-demokratische-grundordnung/
März 9, 2012 um 8:46 pm
Wo du wolle, Frau, Himmelsgarten oder Höllengrube?
Das ist Hidschaab
don`t Emphasize the Body shape … Fashion Yet Within the Teachings of ISLAM
März 13, 2012 um 9:27 pm
Grüß dich liebe Ümmühan,
mit großer Freude und voller Erwartung höre ich, dass du unserer geschätzten kopftuchverteidigenden Mitbürgerin bald antworten wirst; die Kulturkreistheoretikerin (eine ebenfalls Türkeistämmige sei eine Frau, „die aus der gleichen Kultur stammt“) und Schariafreundin hat sich freundlicherweise mit wohlgewählten Worten zurückgemeldet.
Immerhin vertritt sie ihre Position klar und offen, wenn es mich auch nicht überzeugt, dass, um ihren Gedanken weiter zu entwickeln, ein aus dem Urwald kommender, Menschenopfer bringender frommer Heide oder ein andere Menschen in psychische Abhängigkeit bringender postmoderner Sektenführer „tatsächlich aus religiösen Gründen“ seinen Glauben ungehindert praktizieren darf („jeder sollte so leben und sich so kleiden können und dürfen wie er/sie es will“; dann doch leider wohl auch mit bekennendem Religionsunterricht für Kannibalismuslehre oder scientologischen Totalitarismus?).
Und wäre es nicht mehr als überfällig, wenn das Recht auf freie Kleidungswahl schon verteidigt wird, endlich deutsche, moscheeseits beworbene Lichterketten-Großdemonstrationen gegen den Schleierzwang in Dschidda oder Teheran zu organisieren? Ich hätte gar nichts dagegen: Höchste Muslimbrüder und Millî-Görüş-Funktionäre vorneweg, Sprechchöre: „Weg mit dem Hidschab der Scharia, weg mit dem Eherecht der Scharia! Weg mit der Angst vor dem Teufel hier und weg mit der Angst vor dem Höllenfeuer im Jenseits!“
Nun, Meinung ist ja nicht angeboren, sondern kann sich ändern.
Hier anschließend folgt ihr Text; mit weltbürgerlichen Grüßen,
dein Cees
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Hallo Cees van der Duin,
ich frage mich nur gerade, worüber Sie sich so aufregen ?? Jeder Mensch hat das Recht, seine Meinung offen und direkt zu vertreten! Das müssten Sie und auch Frau Karagözlü am besten wissen! Das was ich oben geschrieben habe, ist meine Meinung dazu. Daran wird sich auch nichts ändern, selbst wenn Frau Karagözlü persönlich vor meiner Haustüre stünde. Ich würde sagen, jeder sollte so leben und sich so kleiden können und dürfen wie er/sie es will. Man sollte sich vielleicht gegenseitig akzeptieren lernen und nicht versuchen Andere von der eigenen Meinung zu überzeugen.
Überhaupt wenn ich mich diskriminiert fühle und das auch noch von einer Person, die aus der gleichen Kultur stammt, ist für mich unakzeptabel. Das Kopftuch politisch anzusehen, oder gar als ein Zeichen der Unterdrückung zu sehen, ist für mich völliger Quatsch! Man sollte da so einiges auseinander halten können. Lassen Sie doch diese Frauen in Ruhe, die ihre Kopfbedeckung tatsächlich aus religiösen Gründen tragen. Das bedeutet doch nicht, dass diese Frauen dumm und unintelligent sind. Ganz im Gegenteil. Die meisten von ihnen sind offener und freier, als Sie es vielleicht glauben. Eigentlich gibt es da überhaupt keine Probleme, wenn da nicht immer irgendwelche Wichtigtuer ein Problem daraus machen würden, wenn Sie verstehen, was ich meine?? In diesem Sinne … mir ist es nicht wichtig, ob Frau Karagözlü mir darauf antwortet oder nicht … ich habe nur meine Meinung dazu geäußert und damit ist diese Sache für mich erledigt. Desweiteren wünsche ich Ihnen viel “ERFOLG”, in Ihrer, ja sozusagen “MISSION”.
Kümmern Sie sich doch um Frauen, die wirklich Hilfe brauchen! Und das sind nicht immer die angeblich hilflosen kleinen Musliminnen, nein: Es gibt auch genügend westliche Frauen, die geschlagen, missbraucht oder vergewaltigt werden, also sprich, die total wertlos von ihren Männern behandelt werden.
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Juni 3, 2014 um 10:27 pm
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LEGALISTISCHE ISLAMISTEN
Der weit überwiegende Teil der Islamisten in Deutschland zählt zu den sogenannten Legalisten. Damit sind Mitglieder islamistischer Organisationen in Deutschland gemeint, die bestrebt sind, auf islamistischer Ideologie basierende Vorstellungen des gesellschaftlichen und individuellen Lebens auf legalem Weg durchzusetzen. Ihre Ziele sind aber mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar.
Um ihre Ziele zu erreichen, betreiben Funktionäre und Unterstützer dieser Organisationen Lobbyarbeit. Sie nutzen dabei intensiv die Möglichkeiten des deutschen Rechtsstaates („Gang durch die Instanzen“). Nach innen sollen für die Mitglieder umfassende und dauerhafte Freiräume für ein schariakonformes Leben geschaffen werden. Dadurch können sich jedoch Parallelgesellschaften entwickeln, welche die Integration behindern. Auch die weitere Radikalisierung von (jungen) Muslimen kann durch legalistische Islamisten gefördert werden.
(Bundesamt für Verfassungsschutz)
http://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-islamismus-und-islamistischer-terrorismus/zahlen-und-fakten-islamismus/zuf-is-2012-islamistische-organisationen.html
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LEGALISTISCHE ORGANISATIONEN
Der zahlenmäßig bei weitem größte Teil der Anhänger islamistischer Organisationen ist weder militant noch befürwortet er die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung der eigenen Ziele. Terroranschläge islamistischer Terroristen werden von den Vertretern dieser Organisationen öffentlich scharf verurteilt.
Andererseits wird bei der Distanzierung von Gewaltaktionen, die von islamistischen Gruppen verübt werden, oft im gleichen Atemzug auch die von westlichen Staaten ausgeübte Gewalt im Kampf gegen den internationalen Terrorismus angeprangert. Mit der kritischen Haltung gegenüber der Gewalt von beiden Seiten stehen diese Organisationen in unserer Gesellschaft keineswegs allein da. Sie kann aber auch als unterschwellige Schuldzuweisung an westliche Staaten gedeutet werden.
Das Ziel, die eigenen Vorstellungen vom Islam politisch umzusetzen, wird mit legalen Mitteln innerhalb der bestehenden Rechtsordnung verfolgt. Um die Akzeptanz zunächst möglichst vieler Muslime in Deutschland zu erlangen, nimmt man sich der Migranten an, bietet Hilfestellungen da, wo konkrete Schwierigkeiten die Menschen belasten, betreibt eine zum Teil von deutschen Stellen anerkannte Jugendarbeit und bietet ein breit gefächertes Bildungsangebot an. Gleichzeitig sucht man den Kontakt zu und das Gespräch mit den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, Verbänden und Parteien und beteuert gebetsmühlenhaft, fest auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu stehen.
Auf der anderen Seite haben diese Organisationen sich nach wie vor nicht von den antidemokratischen, totalitären und antisemitischen Programmatiken ihrer Vordenker gelöst. Sie vertreten trotz ihres moderaten Auftretens eine gegen die westliche Gesellschaft und ihre politischen Werte gerichtete Ideologie, oder bieten dieser als Organisation eine Plattform für ihre Verbreitung.
MIK NRW
http://www.mik.nrw.de/verfassungsschutz/islamismus/legalistische-organisationen.html
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März 13, 2015 um 8:08 pm
NRW: Kopftuchverbot franst aus:
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DER SPIEGEL 12.03.2015
Bundesverfassungsgericht: Karlsruher Richter schränken Kopftuchverbot ein
… Laut „taz“ haben die Karlsruher Richter nun entschieden, dass das Verbot in NRW „verfassungskonform einzuschränken“ sei. Künftig soll keine abstrakte Gefahr für Neutralität und Schulfrieden mehr genügen, vielmehr muss eine „hinreichend konkrete Gefahr“ von den jeweiligen Kopftüchern ausgehen. Eine Kopftucherlaubnis ist das nicht.
… die Karlsruher Richter … kippen eine Klausel im NRW-Schulgesetz, die für die „Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte und Traditionen“ eine privilegierte Behandlung vorsieht. Diese Privilegierung sei eine Benachteiligung aus religiösen Gründen, zitiert die „taz“ aus dem Richterspruch.
Zuletzt hatte das Bundesverfassungsgericht vor zwölf Jahren in der Kopftuch-Frage geurteilt. Damals gestatteten die Richter einer muslimischen Lehrerin das Kopftuch, solange die Länder das nicht per Gesetz verbieten. Dabei seien auch „gesetzliche Einschränkungen der Glaubensfreiheit“ möglich, urteilten die Richter 2003. Wenig später erließen mehrere Bundesländer teils rigide Kopftuchverbote. Zumindest an den Gesetzgeber in NRW ergeht nun der Auftrag, sein Gesetz neu und entsprechend des aktuellen Kopftuch-Urteils aus Karlsruhe weniger drastisch zu formulieren.
Eigentlich sollte das Urteil erst am Freitag veröffentlicht werden. Durch eine Panne in der Pressestelle des Bundesverfassungsgerichts („aufgrund eines internen Versehens“) war die Pressemitteilung bereits am Donnerstag bekannt geworden.
http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/kopftuchverbot-wird-vom-bundesverfassungsgericht-eingeschraenkt-a-1023263.html
März 13, 2015 um 9:43 pm
Kein pauschales Kopftuchverbot
von: Christian Rath, in: taz: 12.03.2015
FREIBURG taz | Ein pauschales Kopftuchverbot bei Lehrkräften ist nicht mit der Religionsfreiheit vereinbar. Das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht entschieden. Eine entsprechende Grundsatzentscheidung wird an diesem Freitag veröffentlicht. Aufgrund einer Computerpanne des Gerichts wurde der Kern des Beschlusses allerdings schon am Donnerstag bekannt.
Geklagt hatten zwei muslimische Pädagoginnen aus Nordrhein-Westfalen, die in der Schule aufgrund ihres Glaubens eine Kopfbedeckung tragen wollten. Eine trug ein klassisches Kopftuch, die andere eine Art Mütze. Damit verstießen sie aber nach Ansicht der Behörden gegen das nordrhein-westfälische Schulgesetz. Dort werden den Lehrkräften religiöse „Bekundungen“ verboten, die geeignet sind, die Neutralität des Landes und den Schulfrieden zu gefährden. Eine Klägern wurde gekündigt, die andere abgemahnt.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass dieses Verbot „verfassungskonform einzuschränken“ ist. Künftig soll keine abstrakte Gefahr für Neutralität und Schulfrieden mehr genügen, vielmehr muss eine „hinreichend konkrete Gefahr“ von den jeweiligen Kopftüchern ausgehen.
Eine generelle Kopftucherlaubnis ist das allerdings nicht. Sollten … Eltern gegen eine erkennbar muslimische Lehrerin Proteste organisieren, könnte darin eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden gesehen werden, die ein Kopftuchverbot im konkreten Fall doch erlaubt. (…)
http://www.taz.de/!156328/
März 13, 2015 um 10:15 pm
Bundesverfassungsgericht
Pressemitteilung Nr. 14/2015 vom 13. März 2015
Ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrkräfte in öffentlichen Schulen ist mit der Verfassung nicht vereinbar
Beschluss vom 27. Januar 2015
1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass ein pauschales Verbot religiöser Bekundungen in öffentlichen Schulen durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagoginnen und Pädagogen mit deren Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) nicht vereinbar ist. § 57 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 des nordrhein-westfälischen Schulgesetzes sind daher verfassungskonform dahingehend einzuschränken, dass von einer äußeren religiösen Bekundung nicht nur eine abstrakte, sondern eine hinreichend konkrete Gefahr der Beeinträchtigung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität ausgehen muss, um ein Verbot zu rechtfertigen. § 57 Abs. 4 Satz 3 des Schulgesetzes, der als Privilegierung zugunsten christlich-abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen konzipiert ist, verstößt gegen das Verbot der Benachteiligung aus religiösen Gründen (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 und Art. 33 Abs. 3 GG) und ist daher nichtig. Die Entscheidungen der Arbeitsgerichte in den Ausgangsverfahren genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht; der Senat hat sie aufgehoben und die Verfahren an die Landesarbeitsgerichte zurückverwiesen. Die Entscheidung ist mit 6:2 Stimmen ergangen; Richter Schluckebier und Richterin Hermanns haben ein Sondervotum abgegeben. Vizepräsident Kirchhof hat an dem Verfahren nicht mitgewirkt (vgl. Pressemitteilung Nr. 22/14 vom 13. März 2014). Richterin Hermanns ist durch Los als Vertreterin bestimmt worden. Den Vorsitz hat Richter Gaier als dienstältester Richter geführt.
Sachverhalt und Verfahrensgang:
Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen von den Arbeitsgerichten bestätigte Sanktionen wegen der Weigerung der Beschwerdeführerinnen, im Schuldienst ein aus religiösen Gründen getragenes Kopftuch beziehungsweise eine als Ersatz hierfür getragene Wollmütze abzulegen. Sie richten sich zugleich mittelbar gegen § 57 Abs. 4 und § 58 Satz 2 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 13. Juni 2006 (SchulG NW).
Nach § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW dürfen Lehrerinnen und Lehrer in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußere Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülerinnen und Schülern sowie Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden oder zu stören. Nach Satz 2 ist insbesondere ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Schülerinnen und Schülern oder den Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass eine Lehrerin oder ein Lehrer gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftritt. Gemäß Satz 3 widerspricht die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags nach der Landesverfassung und die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen nicht dem Verhaltensgebot nach Satz 1. Diese Regelungen gelten nach § 58 Satz 2 SchulG NW entsprechend für sonstige im Landesdienst stehende pädagogische und sozialpädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Beide Beschwerdeführerinnen sind Musliminnen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Die Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 471/10 ist seit 1997 als Sozialpädagogin in einer öffentlichen Gesamtschule des Landes Nordrhein-Westfalen angestellt. Einer Aufforderung der Schulbehörde, das Kopftuch während des Dienstes abzulegen, kam sie nach, ersetzte es aber durch eine rosafarbene handelsübliche Baskenmütze mit Strickbund und einen gleichfarbigen Rollkragenpullover als Halsabdeckung. Die Schulbehörde erteilte ihr daraufhin eine Abmahnung. Die arbeitsgerichtliche Klage hiergegen blieb in allen Instanzen erfolglos. Die Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 1181/10 trat 2001 als angestellte Lehrerin in ein Arbeitsverhältnis mit dem Land Nordrhein-Westfalen ein. An mehreren Schulen erteilte sie muttersprachlichen Unterricht in türkischer Sprache. Nachdem sich die Beschwerdeführerin weigerte, das Kopftuch während des Dienstes abzulegen, sprach das Land zunächst eine Abmahnung und dann die Kündigung aus. Die dagegen gerichteten Klagen der Beschwerdeführerin blieben vor den Arbeitsgerichten ohne Erfolg.
Wesentliche Erwägungen des Senats:
Die zulässigen Verfassungsbeschwerden sind im Wesentlichen begründet.
1. § 57 Abs. 4 Satz 1 und 2 und § 58 Satz 2 SchulG NW sind in den Fällen religiöser Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagoginnen und Pädagogen nur nach Maßgabe einer einschränkenden Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar.
a) Das Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) gewährleistet auch Lehrkräften in der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule die Freiheit, einem aus religiösen Gründen als verpflichtend verstandenen Bedeckungsgebot zu genügen. Bei der Würdigung dessen, was im Einzelfall als Ausübung von Religion zu betrachten ist, darf das Selbstverständnis der jeweils betroffenen Religionsgemeinschaften und des einzelnen Grundrechtsträgers nicht außer Betracht bleiben. Die staatlichen Organe dürfen jedoch prüfen und entscheiden, ob hinreichend substantiiert dargelegt ist, dass sich das Verhalten tatsächlich in plausibler Weise dem Schutzbereich des Art. 4 GG zuordnen lässt. Dies ist bei den Beschwerdeführerinnen der Fall. Es kommt dabei nicht darauf an, dass der genaue Inhalt der Bekleidungsvorschriften für Frauen unter islamischen Gelehrten durchaus umstritten ist und andere Richtungen des Islam ein als verpflichtend geltendes Bedeckungsgebot nicht kennen. Es genügt, dass diese Betrachtung unter den verschiedenen Richtungen des Islam verbreitet ist und insbesondere auf zwei Stellen im Koran zurückgeführt wird.
b) Der Eingriff in die Glaubensfreiheit der Beschwerdeführerinnen wiegt schwer. Sie berufen sich nicht nur auf eine religiöse Empfehlung. Vielmehr haben sie plausibel dargelegt, dass es sich für sie – entsprechend dem Selbstverständnis von Teilen im Islam – um ein imperatives religiöses Bedeckungsgebot in der Öffentlichkeit handelt, das zudem nachvollziehbar ihre persönliche Identität berührt (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG), so dass ein Verbot dieser Bedeckung im Schuldienst für sie sogar den Zugang zum Beruf verstellen kann (Art. 12 Abs. 1 GG). Dass auf diese Weise derzeit faktisch vor allem muslimische Frauen von der qualifizierten beruflichen Tätigkeit als Pädagoginnen ferngehalten werden, steht zugleich in einem rechtfertigungsbedürftigen Spannungsverhältnis zum Gebot der tatsächlichen Gleichberechtigung von Frauen (Art. 3 Abs. 2 GG).
c) Dieser Eingriff ist unverhältnismäßig, wenn die Auslegung des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW durch die Arbeitsgerichte zugrunde gelegt wird, nach der eine bloß abstrakte Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität für die Untersagung genügt.
aa) Der nordrhein-westfälische Landesschulgesetzgeber verfolgt mit dem Verbot äußerer religiöser Bekundungen in § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW legitime Ziele. Sein Anliegen ist es, den Schulfrieden und die staatliche Neutralität zu wahren, so den staatlichen Erziehungsauftrag abzusichern, gegenläufige Grundrechte von Schülern und Eltern zu schützen und damit Konflikten von vornherein vorzubeugen.
bb) Für die Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten und Entwicklungen verfügt der Gesetzgeber zwar über eine Einschätzungsprärogative. Allerdings muss er ein angemessenes Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung des Grundrechts des pädagogischen Personals auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ebenso wahren wie er bei einer Gesamtabwägung die Grenze der Zumutbarkeit beachten muss.
(1) Das Tragen einer religiös konnotierten Bekleidung ist nicht von vornherein dazu angetan, die negative Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Schülerinnen und Schüler (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) zu beeinträchtigen. Solange die Lehrkräfte nicht verbal für ihre Position oder für ihren Glauben werben und die Schülerinnen und Schüler über ihr Auftreten hinausgehend zu beeinflussen versuchen, werden diese lediglich mit der ausgeübten positiven Glaubensfreiheit der Lehrkräfte konfrontiert, was im Übrigen durch das Auftreten anderer Lehrkräfte mit anderem Glauben oder anderer Weltanschauung in aller Regel relativiert und ausgeglichen wird. Insofern spiegelt sich in der bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule die religiös-pluralistische Gesellschaft wider.
(2) Aus dem Elterngrundrecht (Art. 6 Abs. 2 GG) ergibt sich nichts anderes. Ein etwaiger Anspruch, die Schulkinder vom Einfluss solcher Lehrkräfte fernzuhalten, die einer verbreiteten religiösen Bedeckungsregel folgen, lässt sich hieraus nicht herleiten.
(3) Darüber hinaus steht auch der staatliche Erziehungsauftrag (Art. 7 Abs. 1 GG), der unter Wahrung der Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität zu erfüllen ist, der Ausübung der positiven Glaubensfreiheit der Pädagoginnen durch das Tragen eines islamischen Kopftuchs nicht generell entgegen. Er vermag ein Verbot solchen äußeren Verhaltens, das auf ein nachvollziehbar als imperativ verstandenes Glaubensgebot zurückgeht, erst dann zu rechtfertigen, wenn eine hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität feststellbar ist.
(a) Die dem Staat gebotene weltanschaulich-religiöse Neutralität ist nicht als eine distanzierende im Sinne einer strikten Trennung von Staat und Kirche zu verstehen, sondern als eine offene und übergreifende, die Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördernde Haltung. Dies gilt auch für den vom Staat in Vorsorge genommenen Bereich der Schule.Die bloße Sichtbarkeit religiöser oder weltanschaulicher Zugehörigkeit einzelner Lehrkräfte wird durch die weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates nicht ohne Weiteres ausgeschlossen.
(b) Das strikte und landesweite Verbot einer äußeren religiösen Bekundung, das bloß an eine ab-
strakte Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität anknüpft, ist jedenfalls für die hier gegebenen Fallkonstellationen den betroffenen Grundrechtsträgerinnen nicht zumutbar und verdrängt in unangemessener Weise deren Grundrecht auf Glaubensfreiheit. Denn mit dem Tragen eines Kopftuchs durch einzelne Pädagoginnen ist – anders als dies beim staatlich verantworteten Kreuz oder Kruzifix im Schulzimmer der Fall ist – keine Identifizierung des Staates mit einem bestimmten Glauben verbunden. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerinnen einem nachvollziehbar als verpflichtend empfundenen Glaubensgebot Folge leisten. Dadurch erhält ihre Glaubensfreiheit in der Abwägung ein erheblich größeres Gewicht als dies bei einer disponiblen Glaubensregel der Fall wäre.
Anders verhält es sich dann, wenn das äußere Erscheinungsbild von Lehrkräften zu einer hinreichend konkreten Gefährdung oder Störung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität führt oder wesentlich dazu beiträgt. Dann wäre es ihnen zumutbar, von der Befolgung eines nachvollziehbar als verpflichtend empfundenen religiösen Bedeckungsgebots Abstand zu nehmen. Darüber hinaus kann ein verfassungsrechtlich anzuerkennendes Bedürfnis bestehen, äußere religiöse Bekundungen über eine gewisse Zeit auch allgemeiner zu unterbinden, wenn in bestimmten Schulen oder Schulbezirken aufgrund substantieller Konfliktlagen über das richtige religiöse Verhalten die Schwelle zu einer hinreichend konkreten Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität in einer beachtlichen Zahl von Fällen erreicht wird. Zunächst wird dann jedoch eine anderweitige pädagogische Verwendungsmöglichkeit der Betroffenen in Betracht zu ziehen sein.
Solange der Gesetzgeber dazu aber keine differenziertere Regelung trifft, kann eine Verdrängung der Glaubensfreiheit von Lehrkräften nur dann als angemessener Ausgleich der in Rede stehenden Verfassungsgüter in Betracht kommen, wenn wenigstens eine hinreichend konkrete Gefahr für die staatliche Neutralität oder den Schulfrieden belegbar ist. Das gilt zumal vor dem Hintergrund, dass es gerade die Aufgabe namentlich der als „bekenntnisoffen“ bezeichneten Gemeinschaftsschule ist, den Schülerinnen und Schülern Toleranz auch gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen zu vermitteln. Dieses Ideal muss gelebt werden dürfen, auch durch das Tragen von Bekleidung, die mit Religionen in Verbindung gebracht wird, wie neben dem Kopftuch etwa die jüdische Kippa, das Nonnen-Habit oder auch Symbole, wie das sichtbar getragene Kreuz. Allein das Tragen eines islamischen Kopftuchs begründet eine solche hinreichend konkrete Gefahr im Regelfall nicht. Vom Tragen eines islamischen Kopftuchs geht für sich genommen noch kein werbender oder gar missionierender Effekt aus. Auch wenn es von der Mehrheit muslimischer Frauen nicht getragen wird, ist ein islamisches Kopftuch in Deutschland nicht unüblich. Seine bloß visuelle Wahrnehmbarkeit ist in der Schule als Folge individueller Grundrechtswahrnehmung ebenso hinzunehmen, wie auch sonst grundsätzlich kein verfassungsrechtlicher Anspruch darauf besteht, von der Wahrnehmung anderer religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse verschont zu bleiben.
d) Diese Auslegungsmaßgaben gelten entsprechend für § 57 Abs. 4 Satz 2 SchulG NW. Mit Rücksicht auf die grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ist die Annahme verfehlt, schon das Tragen eines islamischen Kopftuchs oder einer anderen, auf eine Glaubenszugehörigkeit hindeutenden Kopfbedeckung sei schon für sich genommen ein Verhalten, das gemäß § 57 Abs. 4 Satz 2 SchulG NW bei den Schülern oder den Eltern ohne Weiteres den Eindruck hervorrufen könne, dass die Person, die es trägt, gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Art. 3 GG, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftrete. Diese pauschale Schlussfolgerung verbietet sich. Wenn das Tragen des Kopftuchs etwa als Ausdruck einer individuellen Kleidungsentscheidung, von Tradition oder Identität erscheint, oder die Trägerin als Muslimin ausweist, die die Regeln ihres Glaubens, insbesondere das von ihr als verpflichtend verstandene Bedeckungsgebot, strikt beachtet, lässt sich das ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht als Distanzierung von den in § 57 Abs. 4 Satz 2 SchulG NW genannten verfassungsrechtlichen Grundsätzen interpretieren. Auch den Glaubensrichtungen des Islam, die das Tragen des Kopftuchs zur Erfüllung des Bedeckungsgebots verlangen, aber auch genügen lassen, kann nicht unterstellt werden, dass sie von den Gläubigen ein Auftreten gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Art. 3 GG, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung fordern, erwarten oder auch nur erhoffen.
e) Die angegriffenen Entscheidungen der Fachgerichte, namentlich die des Bundesarbeitsgerichts, werden der gebotenen verfassungskonformen einschränkenden Auslegung nicht gerecht. Sie verletzen die Beschwerdeführerinnen daher in ihrem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG.
2. § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW, der vom Gesetzgeber als Privilegierungsbestimmung zu Gunsten der Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen gewollt ist, stellt eine gleichheitswidrige Benachteiligung der Angehörigen anderer Religionen aus Gründen des Glaubens und der religiösen Anschauungen dar (Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 3 GG).
a) Die Gesamtkonzeption des § 57 Abs. 4 SchulG NW sollte nach den Vorstellungen, die im Gesetzgebungsverfahren hervorgetreten sind, in Satz 3 der Regelung eine Freistellung vom Verbot äußerer religiöser Bekundungen des Satzes 1 und damit eine unmittelbare Ungleichbehandlung aus Gründen der Religion bewirken. Eine solche Ungleichbehandlung ist verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Werden äußere religiöse Bekundungen durch das pädagogische Personal in der Schule untersagt, so muss dies grundsätzlich unterschiedslos geschehen.
b) Tragfähige Gründe für eine Benachteiligung äußerer religiöser Bekundungen, die sich nicht auf christlich-abendländische Kulturwerte und Traditionen zurückführen lassen, sind nicht erkennbar. Wenn vereinzelt geltend gemacht wird, im Tragen eines islamischen Kopftuchs sei vom objektiven Betrachterhorizont her ein Zeichen für die Befürwortung einer umfassenden auch rechtlichen Ungleichbehandlung von Mann und Frau zu sehen und deshalb stelle es auch die Eignung der Trägerin für pädagogische Berufe infrage, so verbietet sich eine derart pauschale Schlussfolgerung. Ein solcher vermeintlicher Rechtfertigungsgrund muss darüber hinaus schon daran scheitern, dass er bei generalisierender Betrachtung keineswegs für alle nicht-christlich-abendländischen Kulturwerte und Traditionen einen Differenzierungsgrund anbieten kann.
c) Ebenso wenig ergeben sich für eine Bevorzugung christlich und jüdisch verankerter religiöser Bekundungen tragfähige Rechtfertigungsmöglichkeiten. Die Wahrnehmung des Erziehungsauftrages rechtfertigt es nicht, Amtsträger einer bestimmten Religionszugehörigkeit bei der Statuierung von Dienstpflichten zu bevorzugen. Soweit den landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen ein christlicher Bezug des staatlichen Schulwesens entnommen werden kann, soll sich dies auf säkularisierte Werte des Christentums beziehen.
d) Eine verfassungskonforme einschränkende Auslegung des § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW, wie sie das Bundesarbeitsgericht seinen Entscheidungen zu Grunde gelegt hat, ist nicht möglich. Das Bundesarbeitsgericht hat unter anderem darauf abgestellt, dass die „Darstellung“ christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte im Sinne des Satzes 3 nicht gleichzusetzen sei mit der „Bekundung“ eines individuellen Bekenntnisses im Sinne des Satzes 1. Zudem bezeichne der Begriff des „Christlichen“ eine von Glaubensinhalten losgelöste, aus der Tradition der christlich-abendländischen Kultur hervorgegangene Wertewelt. Eine solche Auslegung überschreitet jedoch die Grenzen verfassungskonformer Norminterpretation und ist mit der richterlichen Gesetzesbindung nicht vereinbar (Art. 20 Abs. 3 GG). Ihr steht der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers entgegen. Dieser Wille hat sich nicht durch die vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens erfolgte Erörterung der Möglichkeit einer einschränkenden Auslegung verändert; diese lässt lediglich erkennen, dass der Landtag sich des verfassungsrechtlichen Risikos bewusst war.
In der vom Bundesarbeitsgericht gewählten Auslegung kommt der Regelung des § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW allenfalls noch klarstellende Funktion zu. Dessen ungeachtet bleibt bei dieser Auslegung aber eine Norm in Kraft, die bei einem ihrem Wortlaut nach möglichen weiteren Verständnis als Öffnung für eine diskriminierende Verwaltungspraxis verstanden werden könnte und deren diesbezügliche Unschärfe im Gesetzgebungsverfahren bewusst hingenommen wurde. § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW, auf dem die angegriffenen Entscheidungen ebenfalls beruhen, ist hiernach für mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 3 GG unvereinbar und nichtig zu erklären.
Abweichende Meinung des Richters Schluckebier und der Richterin Hermanns
1. Die vom Senat geforderte einschränkende Auslegung des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Sie misst der Bedeutung des staatlichen Erziehungsauftrags, der unter Wahrung der Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität zu erfüllen ist, sowie dem Schutz des elterlichen Erziehungsrechts und der negativen Glaubensfreiheit der Schüler im Verhältnis zur Glaubensfreiheit der Pädagogen zu geringes Gewicht bei. Der Senat beschneidet in nicht akzeptabler Weise den Spielraum des Landesschulgesetzgebers bei der Ausgestaltung des multipolaren Grundrechtsverhältnisses, das gerade die bekenntnisoffene öffentliche Schule besonders kennzeichnet.
a) Der Senat entfernt sich von den Maßgaben und Hinweisen der sogenannten Kopftuch-Entscheidung des Zweiten Senats vom 24. September 2003 (BVerfGE 108, 282), die dem Landesschulgesetzgeber gerade für den Bereich der öffentlichen Schule die Aufgabe zuschreibt, gesetzlich zu regeln, inwieweit er religiöse Bezüge in der Schule zulässt oder wegen eines strikteren Neutralitätsverständnisses aus der Schule heraushält. Die Gestaltungsfreiheit des Landesgesetzgebers schließt die Möglichkeit ein, auch durch das äußere Erscheinungsbild einer Lehrkraft vermittelte religiöse Bezüge von den Schülern grundsätzlich fernzuhalten, um Konflikte mit Schülern, Eltern oder anderen Lehrkräften von vornherein zu vermeiden. Diese Maßgaben, die der Schulgesetzgeber in Nordrhein-Westfalen wie auch in anderen Ländern zum Anlass für eine entsprechende gesetzliche Regelung genommen hat, wären der verfassungsrechtlichen Beurteilung auch im Interesse einer berechenbaren Verfassungsrechtsprechung zugrunde zu legen gewesen.
b) Der Landesschulgesetzgeber kann gute und tragfähige Gründe für sich in Anspruch nehmen, die schon die abstrakte Gefahr für den Schulfrieden und die staatliche Neutralität für das in Rede stehende generelle Verbot religiöser Bekundungen auch durch das äußere Erscheinungsbild genügen lassen. Auch eine solche Lösung für die Umsetzung des vom Gesetzgeber verfolgten legitimen Ziels ist als angemessen und zumutbar zu beurteilen.
aa) Die Bewertung des Senats, das Tragen religiös konnotierter Bekleidung durch Pädagoginnen und Pädagogen beeinträchtige die negative Glaubensfreiheit von Schülerinnen und Schülern sowie das Elterngrundrecht nicht, halten wir für nicht realitätsgerecht. Sie vernachlässigt, dass das Schüler-Pädagogen-Verhältnis ein spezifisches Abhängigkeitsverhältnis ist, dem Schüler und Eltern unausweichlich und nicht nur flüchtig ausgesetzt sind. Aufgabe der Lehrpersonen ist es unter anderem, die Schüler zu erziehen und zu beurteilen (§ 57 Abs. 1 SchulG NW). Dies bedingt ein weitaus stärkeres Ausgesetztsein gegenüber religiösen Bekundungen als es bei Begegnungen im gesellschaftlichen Alltag der Fall ist. Den Pädagogen kommt in der Schule im Umgang mit den Schülern zudem eine Vorbildfunktion zu. Deren Verhalten, auch die Befolgung bestimmter religiöser Bekleidungsregeln, trifft auf Personen, die aufgrund ihrer Jugend in ihren Anschauungen noch nicht gefestigt sind. Eine wirklich offene Diskussion über die Befolgung religiöser Bekleidungsregeln wird, wenn Lehrpersonen persönlich betroffen sind, in dem spezifischen Abhängigkeitsverhältnis der Schule allenfalls begrenzt möglich sein. Schließlich kann das Tragen religiös konnotierter Kleidung durch Pädagogen zu Konflikten innerhalb der Schülerschaft und unter den Eltern führen und sie befördern.
bb) Die Pädagogen genießen zwar ihre individuelle Glaubensfreiheit. Zugleich sind sie aber Amtsträger und damit der fördernden Neutralität des Staates auch in religiöser Hinsicht verpflichtet. Denn der Staat kann nicht als anonymes Wesen, sondern nur durch seine Amtsträger und seine Pädagogen handeln. Die Verpflichtung des Staates auf die Neutralität kann deshalb keine andere sein als die einer Verpflichtung seiner Amtsträger auf Neutralität.
cc) Der Gesetzgeber konnte sich bei seiner Entschließung für ein weitgehend schon vorbeugendes Verbot auch auf die Einschätzung sachkundiger Pädagogen bei den Anhörungen in verschiedenen Landtagen stützen. Die Stellungnahmen verdeutlichen die Bedeutung eines generellen, etwa auch landesweiten und -einheitlichen Verbots religiöser Bekundungen schon bei abstrakter Gefahr für den Schulfrieden und die staatliche Neutralität. Zudem liegt auf der Hand, dass mit einer Einschränkung auf eine hinreichend konkrete Gefahr in der Schulpraxis in stärkerem Maße Befund-
erhebungs- und Beweisführungsprobleme erwachsen. Diese sind von der Schulverwaltung notwendig unter Beteiligung der Schüler und Eltern auszutragen und verstärken eine dem Erziehungsauftrag eher abträgliche Personalisierung des etwaigen Konflikts.
dd) Eine Bewertung, die allein darauf abstellt, dass der Staat eine ihm unmittelbar nicht zuzurechnende individuelle Grundrechtsausübung seiner Pädagogen nur dulde und die Schüler lediglich eine bestimmte Bekleidung der Pädagogen anzuschauen hätten, die erkennbar auf deren individuelle Entscheidung zurück gehe, greift zu kurz. Eine solche vereinfachende Differenzierung zwischen dem Staat zurechenbaren Symbolen und individueller religiös konnotierter Bekleidung von Pädagogen blendet die Wirkung aus, die auch die individuelle Grundrechtsausübung einer Lehrperson auf Schüler haben kann.
c) Zusammengefasst ist nach unserem Dafürhalten die Untersagung religiöser Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagogen schon bei einer abstrakten Gefahr für den Schulfrieden und die staatliche Neutralität verfassungsrechtlich unbedenklich. Mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist einschränkend allerdings zu verlangen, dass es sich um eine religiös konnotierte Kleidung von starker Ausdruckskraft handeln muss. Es steht dem Landesschulgesetzgeber von Verfassungs wegen jedoch auch offen, religiöse Bezüge in weitem Maße zuzulassen, etwa wenn er dies im Interesse einer Erziehung zu Toleranz und Verständnis für angemessen erachtet. Verpflichtet ist er dazu von Verfassungs wegen indessen nicht.
2. Das vom Bundesarbeitsgericht zugrunde gelegte Normverständnis des § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW, wonach die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags der Schule nach der nordrhein-westfälischen Landesverfassung und die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen dem Verhaltensgebot nach Satz 1 nicht widerspricht, wahrt die Grenzen richterlicher Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dem Senat ist darin zuzustimmen, dass ein Verständnis des Satzes 3 von § 57 Abs. 4 SchulG NW im Sinne einer echten Freistellungs- und Privilegierungsklausel zum Bekundungsverbot des Satzes 1 wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot verfassungswidrig wäre. Die vom Bundesarbeitsgericht gefundene Auslegung vermeidet ein solches Ergebnis jedoch. Sie steht mit dem Wortlaut des Gesetzes in Einklang, widerspricht keineswegs dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers und bestimmt auch den normativen Gehalt der Regelung nicht grundlegend neu. Es trifft zwar zu, dass die Gesetzesinitiatoren mit Satz 3 der Vorschrift zunächst die Vorstellung verbanden, anders als das islamische Kopftuch etwa könnten bestimmte traditionelle, im christlichen oder jüdischen Glauben wurzelnde Bekleidungsformen zugelassen werden. Diese Ursprungsvorstellungen haben im weiteren Verlauf des von vielfältigen Einflüssen bestimmten Gesetzgebungsverfahrens jedoch einen Wandel erfahren. Zudem hat der Landtag das Gesetz in Ansehung der einschränkenden Auslegung beschlossen, die das Bundesverwaltungsgericht schon damals zu einer identischen Regelung vorgenommen hatte und der sich das Bundesarbeitsgericht in den angegriffenen Entscheidungen angeschlossen hat.
3. Auch nach unserer Auffassung wäre die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 471/10 im Ergebnis für begründet zu erachten gewesen. Die von ihr getragene Bedeckung, eine Wollmütze und ein gleichfarbiger Rollkragenpullover, ist nicht aus sich heraus religiös konnotiert und wird auch im gegebenen Umfeld der Schule nicht ohne Weiteres als religiöse Bekundung von starker Ausdruckskraft deutbar sein. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 1181/10 erscheint dagegen nach den vorgenannten Maßstäben unbegründet.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2015/bvg15-014.html
März 13, 2015 um 11:05 pm
Thema
Pressemeldung
GEW Nordrhein-Westfalen
KOPFTUCHURTEIL
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„GEW erwartet zügige Änderung des Schulgesetzes
Essen, 13.03.2015 – Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts, ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrkräfte in öffentlichen Schulen ist nicht mit der Verfassung vereinbar, erklärte heute GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer:
Wir erwarten eine zügige Änderung des Schulgesetzes, mit dem die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes umgesetzt wird. Der Konflikt darf dabei nicht in die Schulen verlagert werden. Die Schule ist kein religionsfreier Raum. Es darf aber auch keine Privilegierung christlicher oder abendländischer religiöser Symbole geben.
Die GEW hat allerdings durchaus die Sorge, dass der Druck auf muslimische Schülerinnen, die sich selber gegen ein Kopftuch entscheiden, durch Lehrerinnen, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen, erhöht wird.“
http://bildungsklick.de/pm/93404/gew-erwartet-zuegige-aenderung-des-schulgesetzes/
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Aha, es gibt also einen erheblichen Gruppenzwang zum Kopftuchtragen – und die GEW will trotzdem sehr rasch das NRW-Kopftucherlaubnisgesetz und sagt auch gar nichts gegen den Hidschab (islamische verpflichtende Bedeckung der Frau).
[*Sarkasmus ein*] Wenn alles schariakonform kuscht, ist Harmionie, ist der Schulfriede hergestellt: „Der Konflikt darf dabei nicht in die Schulen verlagert werden.“
Genau. man merke sich doch:
100 % Kalifat = 0 % Konflikt
[*Sarkasmus aus*]
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Schulministerin Sylvia Löhrmann begrüßte das Urteil: „Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die im Jahr 2006 auf Initiative der Vorgängerregierung ins Schulgesetz eingefügte Regelung zum Kopftuchverbot gegen das Grundgesetz verstößt. Damit besteht nun in einer seit Jahren streitigen Frage Rechtssicherheit: Ein generelles gesetzliches Kopftuchverbot für Lehrerinnen ist mit der von unserer Verfassung gewährleisteten Religionsfreiheit nicht vereinbar. Wir werden nun unverzüglich prüfen, welche Konsequenzen aus den Entscheidungen im Einzelnen zu ziehen sind. Hierzu müssen die differenzierten Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts sorgfältig ausgewertet werden. Dann werden wir alle erforderlichen rechtlichen Schritte zügig einleiten.“
Löhrmann abschließend: „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist auch ein wichtiges Signal für die Lehrerinnen, die derzeit für den islamischen Religionsunterricht ausgebildet werden. Sie haben jetzt für die Arbeit in unseren Schulen eine klare Perspektive. Ich freue mich sehr über das Urteil, schließlich gehört für uns in Nordrhein-Westfalen der Islam zu einer multireligiösen Gesellschaft dazu.“
http://bildungsklick.de/pm/93392/nrw-wird-entscheidung-unmittelbar-umsetzen/
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[Schlimm. Deutschland springt energisch in Richtung Allahkratie]
März 14, 2015 um 12:44 am
(aus: DIE WELT 13.03.2015)
Buschkowsky sieht Kopftuch-Urteil als „Katastrophe“
Heinz Buschkowsky, der scheidende Bürgermeister des Berliner Problembezirks Neukölln, hat das Urteil zum Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen als groben Fehler kritisiert. „Ich empfinde das Urteil als Katastrophe“, sagte der SPD-Politiker im RBB-Inforadio.
Das Bundesverfassungsgericht stelle die Religionsfreiheit Einzelner über das staatliche Gebot wertneutralen Handelns. „Ich halte das für ein Zurückweichen, für die Preisgabe eines elementaren Bausteins unserer Gesellschaft“, sagte Buschkowsky. Das Urteil erschwere den Kampf gegen religiösen Fundamentalismus.
Seine designierte Nachfolgerin, Bildungsstadträtin Franziska Giffey (SPD), betonte, in Neukölln gebe es schon jetzt „Ethnienhierarchien zwischen einzelnen Schülergruppen“ und Konflikte bei der Frage, wie sich Mädchen religiös korrekt zu verhalten hätten. In dieser Situation sei es von großer Bedeutung, dass Lehrer sich weltanschaulich neutral verhielten. …
Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach zeigte sich ebenfalls kritisch. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte der innenpolitische Experte, das Tragen eines Kopftuches von einer Lehrerin sei „nicht nur Ausdruck der persönlichen religiösen Überzeugung, sondern ein bewusstes Zeichen der Abgrenzung zur kulturellen Tradition Deutschlands“.
Bosbach befürchtet durch das Verbot pauschaler Regelungen in Landesgesetzen zudem, dass das Problem in den Schulalltag und hin zu den Schulleitern verlagert werde. Es stelle sich die Frage, wie rechtssicher festgestellt werden kann, ob der Schulfrieden gestört ist. Auch der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, fürchtet Belastungen für das Personal an Schulen, weil nun jeder Einzelfall geprüft werden müsse. …
http://www.welt.de/politik/deutschland/article138399587/Buschkowsky-sieht-Kopftuch-Urteil-als-Katastrophe.html
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(aus: FOCUS 13.03.2015)
„Halte das für ein Zurückweichen“, „Katastrophe“: Buschkowsy wettert gegen Kopftuch-Urteil
„Ich halte das für ein Zurückweichen, für die Preisgabe eines elementaren Bausteins unserer Gesellschaft“, sagte Buschkowsky. Religionsfreiheit habe da ihr Ende, wo sie in allgemein anerkannte Lebensregeln eingreife, betonte er. Dies gelte insbesondere für die staatliche Schule. Das Urteil erschwere den Kampf gegen religiösen Fundamentalismus. …
http://www.focus.de/politik/deutschland/urteil-ist-eine-katastrophe-buschkowsy-kritisiert-kopftuchurteil-scharf_id_4543958.html
April 12, 2019 um 9:26 pm
Drucksache 17/2669
23.05.2018
https://www.landtag.nrw.de/Dokumentenservice/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-2669.pdf;jsessionid=8B90367F76F8092D6F3B247D34346EC7.ifxworker
Schützt die Kinder vor diesem Tuch!
Ein Kommentar von Cigdem Toprak
https://www.zeit.de/gesellschaft/2018-04/kopftuchverbot-kinder-sexualisierung-selbstbestimmungsrecht/komplettansicht
April 12, 2019 um 9:43 pm
„Wir leben in einem Land, das an christlichen und demokratischen Werten orientiert ist. Das Kopftuch wird von uns als Symbol der Unterdrückung der Frau und fehlender Gleichberechtigung betrachtet. Es widerspricht somit nicht nur den entsprechenden Bestimmungen des Grundgesetzes, sondern auch den Werten, die wir unseren Schülerinnen und Schülern vermitteln wollen. Das Tragen von Kopftüchern ist deshalb an unserer Schule unerwünscht. Wer unbedingt möchte, dass seine Tochter in der Schule ein Kopftuch trägt, sollte sich gut überlegen, ob die Anne-Frank-Realschule die richtige Schule für seine Weltanschauung und seine Tochter ist
vgl. EMMA
https://www.emma.de/artikel/anne-frank-realschule-duesseldorf-schuelerinnen-neuer-kopftuchstreit-263860
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Freie, kopftuchfreie Schulen
Die EMMA-Reporterin war in Düsseldorf und Leverkusen, wo zwei entschlossene Schulleiter allen Kindern die gleiche Chance geben: muslimischen wie anderen. Mit großem Erfolg.
Erstens kochte Luisa im Juli der Kopf unter dem Tuch. Zweitens guckten die Leute auf der Straße blöd. Und drittens „hat man als Mädchen nicht mehr so viele Rechte, wenn man das Kopftuch aufsetzt.“ Selbst wenn man, so wie sie, freiwillig zu den Eltern geht und sagt, dass man ab jetzt Kopftuch tragen will: „Man muss sich komplett umstellen, weil man ja dann quasi den Islam repräsentiert. Man darf dann nicht mehr mit Jungen abhängen und so.“ Bei Luisas Freundinnen, die angefangen haben, ein Kopftuch zu tragen, sei das jedenfalls „immer so“. Abends könnten sie jetzt nichts mehr zusammen unternehmen. „Die müssen immer um sechs zu Hause sein.“ Luisa nicht. Sicher muss sie auch im Haushalt mit anpacken, aber das müssen ihre jüngeren Brüder auch. „Die müssen eigentlich sogar mehr machen als ich“, sagt sie und grinst.
Dass es an der Zeit wäre, jetzt auch selber ihre Haare unterm Kopftuch zu verbergen, auf diese Idee kam Luisa vor allem deshalb, weil ihre beste Freundin plötzlich eins trug. Luisa vermutet, „dass das vom Vater kam. Ihre Schwestern sind nämlich richtig verhüllt“. Sie selbst jedenfalls beendete ihre Kopftuch-Phase nach ein paar Wochen und erschien nach den großen Ferien wieder mit offenen Haaren in der Schule.
Imran ist zwölf und trägt auch kein Kopftuch. Ihre Mutter und ihre 20-jährige Schwester, die Zahnmedizin studiert, tragen eins, aber: „Ich muss das nicht.“ Einige ihrer Freundinnen, die in der Klasse über ihr sind, kommen inzwischen mit Kopftuch in die Schule. Und wie Luisa hat auch Imran beobachtet, dass diese Mädchen „nicht so viel Freiheit haben“. Zum Beispiel „dürfen sie nicht das anziehen, was sie wollen. Und wenn ich sie frage, ob sie mit mir ins Kino gehen, dann sagen sie, dass ihre Eltern das nicht erlauben würden“.
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