Von Mina Ahadi
Internationales Komitee gegen Steinigung – International Committee Against Stoning – Comité International Contre la Lapidation
An den Präsidenten des Europäischen Parlaments
Herrn Martin Schulz
An den Bundesaußenminister des Auswärtigen
Herrn Dr. Guido Westerwelle
Le président de la République tunisienne
Moncef Marzouki
Le président de l’Appel de la Tunisie
Béji Caïd Essebsi
March 28, 2013
Offener Brief – open letter
Die neunzehnjährige Tunesierin Amina ist Anhängerin der FEMEN, einer 2008 in Kiew von Anna Hutsol gegründeten Organisation, die für die Selbstbestimmung des Menschen, insbesondere der Frauen eintritt. Amina ist eine von tausenden anderen tunesischen Frauen, die es ablehnen, dass sich religiöse oder andere Moralvorschriften in ihr Leben einmischen. Amina war davon überzeugt, dass die universellen Menschenrechte auch in ihrem Land beachtet werden müssen. Auch junge tunesische Frauen wie sie haben Anspruch auf sexuelle Selbstbestimmung, Gleichberechtigung, freie Partnerwahl, freie Selbstentfaltung und ein freies, menschenwürdiges Leben. Sie war von dem mutigen Engagement der Ukrainerinnen begeistert. Deshalb nahm sie sich ein Beispiel an den FEMEN-Aktivistinnen und veröffentlichte ein Foto von sich, dass sie mit unbekleideten Oberkörper zeigt, auf dem eine unmissverständliche Botschaft geschrieben steht: Mein Körper gehört mir und ist nicht die Ehre eines anderen.
Als Adel Almi (Adel El Almi), Anführer der staatlich anerkannten Missionsbewegung l’Association modérée pour la sensibilisation et la réforme (The Moderate Association for Awareness and Reform, al-Jam’iya al-Wasatiya lil-Tau’iya wal-Islah) davon erfuhr, erzürnte das den Prediger, denn die Taten Aminas würden: „Epidemien und Katastrophen“ heranziehen sowie auch andere Frauen vom rechten Weg abbringen und „mit diesen Ideen anstecken“. Es sei notwendig, Amina von anderen Menschen zu isolieren: „Ich will, dass sie wieder geheilt wird“. Doch das reichte dem frommen Mann nicht aus, weshalb er eine Fatwa gegen sie verhängte: Amina soll mit 80 bis 100 Peitschenhieben bestraft oder wegen der Schwere der Verfehlung eigentlich sogar gesteinigt werden.
Um die mutige junge Frau vor der tödlichen Bedrohung zu bewahren, starteten sehr bekannte Frauenrechtlerinnen, prominente Atheisten wie Richard Dawkins, Taslima Nasrin, Maryam Namazie und FEMEN-Mitgründerin Inna Shevchenko eine Kampagne und eine Petition an die tunesische Regierung und forderten diese auf, Aminas Leben und Freiheit sicherzustellen und diejenigen, die sie bedrohen zu bestrafen. Innerhalb von drei Tagen unterzeichneten mehr als siebzigtausend Unterstützer die Eingabe. Diese Koalition hat außerdem den 4. April zum internationalen Aktionstag für Amina ausgewählt. Das ist sehr erfreulich.
Doch es gibt leider beunruhigende Neuigkeiten: Seit etwa einer Woche besteht kein Kontakt mehr zu Amina. Auch FEMEN-Mitgründerin Shevchenko, die noch vor kurzem mit Amina gesprochen hat, kennt ihren Aufenthaltsort nicht. Möglicherweise, so heißt es in mehreren Medienberichten, ist sie von ihren Eltern in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden, nachdem diese von den nackten Protestfotos erfahren hatten. Die Behauptung, dass es Amina inzwischen gut gehe und sie bei ihrer Familie sei, ist zweifelhaft.
Wir, die Unterzeichnenden rufen Sie auf, den Aufenthaltsort von Amina festzustellen. Überzeugen Sie sich von ihrem Wohlergehen und davon, dass keine Gewalt gegen sie angewendet wurde. Die Staaten der Europäischen Union sollen klar gegen diese Fatwa von Anhängern des fundamentalistischen Islam Stellung beziehen und diese Menschenrechtsverletzung mit deutlichen Worten verurteilen.
Bundesregierung und Europäisches Parlament sollen darauf hinwirken, dass in Tunesien keine Regierung die Macht ergreift, die eine Trennung von Staat und Religion, Gesetz und Religion sowie Recht und Religion ablehnt und durch die Implementierung der Scharia die Rechte der Frauen einschränkt.
Diejenigen, die wie die religiöse Autorität Adel Almi zur Gewalt gegen Amina aufgerufen haben, müssen strafrechtlich verfolgt werden.
Mina Ahadi
Internationales Komitee gegen Steinigung – International Committee Against Stoning
0049 (0) 1775692413 minnaahadi@gmail.com
http://minaahadi-iran.blogspot.co.uk/
http://stopstonningnow.com/wpress/
Maryam Namazie
tel: +44 (0) 7719166731
http://freethoughtblogs.com/maryamnamazie/
Nazanin Borumand
Vorstandsmitglied des Zentralrats der Ex-Muslime Deutschland – Council of Ex-Muslims Germany
Gabi Schmidt
Edward von Roy
Schlagwörter: Adel Almi, Amina FEMEN, Amina Sboui, Amina Tyler, Martine Gozlan, Tunesien Frauenrechte, Tunesien Scharia, Wo ist Amina
März 28, 2013 um 7:04 pm
Eine Journalistin konnte zu Amina gelangen, die bei ihrer Familie festgehalten wird wie eine Gefangene, angeblich zu ihrem Schutz und weil man ihr nur das Beste für sie wünsche.
Martine Gozlan, Chefredakteurin der Zeitschrift MARIANNE, hat sie gefunden und besucht. Sie hätte gerne alleine mit Amina geredet, doch das erlaubte die Mutter nicht, die ihre Tochter die ganze Zeit über bewachte, die Mutter nennt es: um ihre Tochter zu schützen.
Amina ist weit außerhalb von Tunis bei ihrer Familie, an einem Ort, der nicht genannt werden kann.
Das Gespräch war einigermaßen bedrückend, die junge Frau ist nicht ganz frei und nimmt bewusstseinsdämpfende Medikamente.
Amina hat gewirkt und sich auch so gefühlt, als ob sie unter Drogeneinfluss stehe; offensichtlich auf ärztliches Anraten hin nimmt sie Antidepressiva.
Amina ist also unter den Lebenden, aber ganz unter dem Befehl der Familie. In einem Monat oder in vielleicht zwei Monaten wird die Familie Amina vielleicht wieder etwas mehr Freiheiten zugestehen.
Amina wollte wissen, was denn eigentlich am 4. April geplant ist. Martine Gozlan konnte ihr vom Tag der Solidarität erzählen und von der Petition, die bereits 100.000 Menschen unterschrieben haben.
« C’est quoi exactement ? » « Une journée de solidarité. Il y a 100 mille personnes qui ont signé la pétition pour toi ».
Zwischendurch schaltet sich die Mutter immer wieder ein und redet davon, dass Amina Ruhe brauche und sich nicht aufregen dürfe. Die Familie scheint der Ansicht zu sein, dass Amina vor fremden Einflüssen geschützt werden müsse.
Die Frauenrechtsbewegung FEMEN hält Amina immer noch für bewundernswert und für die großartigsten Frauenrechtlerinnen weltweit, aber die verständnislose und bedrohende Reaktion ihrer tunesischen Umgebung bedrückt Amina sehr.
Als sie gefunden wurde, hat ein Cousin sie geschlagen, ins Auto gestoßen und die Telefonkarte ihres Handys zerbrochen.
Mit ihren Eltern scheint sie einigermaßen klarzukommen, aber Amina darf nicht telefonieren, was sie gerne würde.
Ein offensichtlich ebenfalls extrem patriarchal denkender Onkel mischt sich ein:
„Sie wird aufgrund ihrer psychischen Probleme behandelt, für diese Taten [das oben-ohne-Foto zu veröffentlichen] ist sie nicht verantwortlich, sie ist dazu gedrängt worden, sie ist beeinflussbar wie ein Kind.“
« Elle est soignée pour des problèmes psychologiques, elle n’est pas responsable de ses actes, elle a fait ça sur pression, elle est influençable comme une enfant. »
Amina will auch gerne wieder per Internet Kontakt zu Freunden aufnehmen, vor allem zu FEMEN-Mitgründerin Inna Shevchenko, und weiter zur Schule gehen. Doch die Familie verbietet ihr die Benutzung des Internets und will den Schulbesuch vom Rat der Ärzte abhängig machen.
http://www.marianne.net/J-ai-retrouve-Amina-la-Femen-tunisienne_a227722.html
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http://www.tuniscope.com/index.php/article/23282/culture/kiosque/gozlan-femen-474911
Sans nouvelles d’Amina Tyler depuis une semaine, Martine Gozlan, une journaliste du magazine Marianne a réussi à obtenir une interview.
http://www.afriquinfos.com/articles/2013/3/28/nouvelles-damina-tyler-premiere-femen-tunisie-220929.asp.asp
Mai 20, 2013 um 8:47 pm
Amina verhaftet; in Kairouan war es zu Zusammenstößen zwischen Polizei und urgemeindlich orientierten muslimischen Radikalen (Salafi) gekommen.
Femen Activist Amina Arrested Near Historic Mosque in Kairouan
http://www.tunisia-live.net/2013/05/20/femen-activist-amina-arrested-during-salafist-protests-in-kairouan/
Tyler, who was threatened with death by stoning for baring her breasts online, was pictured being led away after police and Salafists clashed in Kairouan this weekend. …
While Tyler, who was sporting a spikey new blonde hairstlye remained covered up during the clashes, a further source claims she “tried to get topless in front of salafists” and that police protected her “from the infuriated mob”.
http://www.huffingtonpost.co.uk/2013/05/20/amina-tyler-topless-tunisian-protester-arrested-femen-cemetery-wall-pictures-video_n_3305138.html
Mai 20, 2013 um 8:57 pm
Kairouan gilt unter Muslimen Nordafrikas traditionell als heilige Stadt, sie beherbergt eine uralte Islamische Lehrstätte und ist ein Pilgerzentrum.
Amina hat gestern noch nicht einmal ihr Hemd ausgezogen, sondern nur an die Mauer das Wort FEMEN gemalt. Die Polizei kann jetzt natürlich sagen, sie sei zu ihrem eigenen Schutz verhaftet worden; und wohl tatsächlich hätten die dort ohnehin protestierenden Salafi ihr Gewalt antun können.
Am ersten Mai hatte Amina versucht, vor dem Gebäude der Regierungspartei zu protestieren, kam aber gar nicht erst dazu, sich ein bisschen auszuziehen, denn die Polizisten haben sich sofort auf sie gestürzt.
Amina, la Femen tunisienne, arrêtée à Kairouan après avoir tagué un mur
http://www.france24.com/fr/20130520-amina-tyler-femen-tunisienne-arretee-kairouan-tague-mur-seins-nus-gestes-immoraux
VIDÉO. Amina, la Femen tunisienne, arrêtée pendant les émeutes à Kairouan
http://www.huffingtonpost.fr/2013/05/19/video-amina-femen-tunisienne-arretee-pendant-emeute-kairouan_n_3303445.html
La Femen tunisienne Amina Tyler interpellée à Kairouan
http://www.slateafrique.com/228691/la-femen-tunisienne-amina-tyler-interpellee-kairouan
Dimanche, Caroline Fourest, qui soutient Amina depuis que la jeune femme a posté des photos d’elle topless sur Internet, a dénoncé cette arrestation. « En Tunisie, même pas besoin de soulever son T-Shirt. Taguer „FEMEN“ sur un mur semble déjà considéré comme un attentat à la pudeur ! », a écrit l’essayiste sur sa page Facebook. Caroline Fourest a également publié une photo d’Amina durant son action. Après avoir fui sa famille en avril dernier, la jeune militante avait teint ses cheveux en blond platine pour ne pas être reconnue. Le 1er mai, elle avait tenté une action lors d’un meeting du Congrès pour la République, (le parti politique du président provisoire Moncef Marzouki) à Tunis. « Pas question de me dévêtir car les policiers se sont immédiatement jetés sur moi! », avait alors raconté Amina au magazine « Marianne ».
http://www.elle.fr/Societe/News/Femen-la-militante-tunisienne-Amina-arretee-a-Kairouan-2451166