Lamya Kaddor und Jörgen Nieland zum ‚Umgang‘ mit den ‚Besonderheiten‘ muslimischer Schülerinnen und Schüler
Der Integrationsbeauftragte der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen Thomas Kufen ließ eine von Lamya Kaddor verfasste Abhandlung veröffentlichen, die die sich an alle in Schule und Kindergarten Tätigen richtet. Ümmühan Karagözlü und Jacques Auvergne fühlen sich herausgefordert und lesen diesen Knigge für Nichtmuslime, diese Fibel des islamfreundlichen Wohlverhaltens
6 Angst. Der Sünder (…) wie Brennholz in der Hölle. Aufgrund solcher Aussagen im Koran entsteht in den Köpfen der Muslime das Bild eines strafenden Gottes.
Karagözlü (K): Das Bild eines Gottes? Die Muslima oder der Muslim darf sich gar kein Bild von Gott machen.
Auvergne (A): Kaddor erweckt den Eindruck, Muslime hätten bereits die Kompetenz der persönlichen Konstruktion eines Gottesbildes.
K: Die Erlaubnis dazu haben Muslime nicht. Der Gott der Muslime ist der strafende Gott, auch der willkürliche Gott.
A: Der Gedanke der Vorherbestimmung ist durchaus vorherrschend, auch derjenige der menschlichen Machtlosigkeit.
K: Kaddors duldet schwarze Pädagogik. Die Höllenangst und die Angst vor sozialer Ächtung sowie irdischer Prügelstrafe begleitet bis heute nahezu jede islamische Erziehung! Steinigung und Auspeitschungen oder Handabhacken inklusive.
A: Allah hat geschlossene Augen und ein halbiertes Gesicht, ein tolerant-barmherziges Auge und eines der Mitleidlosigkeit und Gnadenlosigkeit. Problem: Mit einem von beiden Augen wird Allah dir gleich zublinzeln, du weißt aber nicht, mit welchem. Will Kaddor das Handabhacken, das Auspeitschen?
K: Sie grenzt sich von den Körperstrafen der Scharia in keiner Weise ab. Unser evangelischer Theologe Jörgen Nieland, offiziell Mitverfasser der Handreichung, dessen Rolle bei der Texterstellung jedoch nicht ganz klar wird, hört ihr schweigend zu – will er die muslimischen Kinder und Jugendlichen Deutschlands diesen Ängsten nachhaltig ausgesetzt wissen? Als Christ wie auch als Pädagoge müsste er Partei ergreifen – für jeden jungen Menschen, ungeachtet der ethno-religiösen Zugehörigkeit. Und was ist mit den nichtmuslimischen Jungen und Mädchen, sollen sie lernen, mit dem Wissen zu leben, dass muslimisch geprägte Schülerinnen und Schüler von der Angst vor der Höllenstrafe getrieben sind? Müssen Nichtmusliminnen und Nichtmuslime derlei Verschiedenheit ohne Mitgefühl akzeptieren oder mit dem Gefühl der politisch korrekten Ohnmacht?
A: Sollen sie gar selber an die Hölle zu glauben beginnen? Die Hölle sickert in das einst irgendwie säkular gedachte Klassenzimmer.
6 [Kinder] lehnen es förmlich ab, über Ihn [Allah] zu reden
A: Nicht nur Kinder, Kaddor auch: Kaddor sagt kein persönliches Wort über Allah, sie wiederholt lediglich die jahrhundertealte Allah-Dogmatik.
K: Kein Erwachsener darf über Allah-Gott sprechen, ihm Eigenschaften zuzuschreiben ist verboten, sie würden den Gott in die Nähe der Bildhaftigkeit geraten.
A: Insofern könnte man sagen und sagte es im religionswissenschaftlichen oder völkerkundlichen Vergleich, der Islam-Gott sei radikal-transzendent.
K: Ich würde von einer patriarchalisch-esoterischen, patriarchalisch-herrschaftskulturellen Lehre sprechen, die schiitischen Ayatollahs oder die frühmittelalterlichen Ulemas konnten „Gott denken“ und idschtihād betreiben, Koran islamrechtlich interpretieren, du als Laie kannst es eben nicht (Schließung der Tore des idschtihād). Insbesondere Frauen müssen den Männern der al-Azhar oder des Europäischen Fatwa-Rates hinterher trotten. Die Fatwas deiner madhhab sind für Fundamentalisten verbindlich …
A: … für Europas Muslime wohl demnächst diejenigen von Herrn Cerić aus Sarajevo …
K: … sprich al-Qaradāwi, der auch Frau Kaddor den Kurs vorzugeben scheint. Ein ’interreligiöser Dialog auf Augenhöhe’ kann so nicht geführt werden.
A: Muslime verweigern die Erkenntnisse der Psychoanalyse und sind weltweit nicht in der Lage, Gott sprachfähig zu machen.
7 Koran … Gottes wortwörtlich überliefertes Wort
K: Will Kaddor die wortgetreue Auslegung des Korans in den staatlichen Schulen lehren? Ich vermisse ihre diesbezügliche Aussage, sie kommentiert es nicht.
A: Ich erwarte in einer staatlichen Broschüre die Verwendung der indirekten Rede: Der Koran ’ist’ nicht, er ’sei’ das Wort Gottes.
K: Kaddor muss islamisch argumentieren. Bezeichnenderweise schweigt der evangelische Religionslehrer, nur Kaddor spricht.
A: Von Atheisten oder säkularen Muslimen oder Ex-Muslimen erst gar keine Spur.
7 Umgang der Muslime miteinander
K: Frauen sind weniger wert als Männer, sie erben bloß 50 %, ihre Aussage vor Gericht gilt nur halb so viel wie die eines Mannes. Arrangierte Ehen sind üblich, gegen Genitalverstümmelung an Frauen (FGM) hat Allah nichts einzuwenden (pro-FGM: al-Qaradāwi, Wahdan; Schafiiten).
A: Das Medina-Konzept, dem Kaddor sich offensichtlich verpflichtet fühlt, ruft zum Aufbau der ’islamischen Gesellschaft’ auf, des Imamats oder Kalifats, einer Staatsordnung mit Allah als oberstem Souverän.
K: Hält Lamya Kaddor die seit 50 Jahren bestehende Arbeitsmigration von Muslimen nach Europa analog zum Medina-Modell für eine Hidschra, für die durchzusetzende Islamisierung eines Territoriums?
7 Zusammenleben mit Nicht-Muslimen
A: Nichtmuslime sind Menschen zweiter Klasse, haben keinen Zugang zu den vollen Rechten, sind einer abgepressten ’heiligen’ Schutzsteuer (Dschizya) unterworfen, dürfen nichts erben und, soweit männlich, keinen muslimischen Menschen heiraten. Kinder aus Mischehen mit den sittlich minderwertigen Dhimmis sind selbstverständlich Muslime. Juden müssen als Nachkommen von Affen und Schweinen angesehen werden, dürfen nicht zu Freunden genommen werden und sind das Volk, dem Gott zürnt. Man darf die Kritiker Allahs und seines Propheten töten.
K: Man darf – man soll – den Islamapostaten töten, auch das ist eine Weise des Umgehens mit einem Nichtmuslim, dem Ex-Muslim. Was aber sagt uns Frau Kaddor dazu?
A: Nichts. Der evangelische, pädagogische Kollege möchte gerne als Dhimmī leben. Kalifat im Lehrerzimmer.
K: Und nicht vergessen: ’Es gibt keinen Zwang im Glauben’ und ’Islam ist Frieden’.
8 tafsīr
A: Der Betreiber von tafsīr als Wissenschaftler? Nietzsche nannte einen solchen Forscher einen Menschen, der: „Ein Ding hinter einem Busch versteckt, es eben dort sucht und auch findet.“ Jemand will seine Vorurteile bestätigt sehen. Kaddor ist Fundamentalistin.
K: Eine ’islamische Wissenschaft’ kann es ebenso wenig geben wie eine ’evangelikal-kreationistische Wissenschaft’. Tafsīr ist Fundamentalismus. Will Kaddor die bärtigen Islamgelehrten in die Kultusministerien, Schulkonferenzen und Lehrerzimmer hinein bringen? Sollen die Imame der „örtlichen Moscheevereine“ (Schäuble) den Inhalt des islamischen Religionsunterrichts wesentlich mit bestimmen?
A: Die an scharī’a, fiqh und fatāwā ausgerichtete Lamya Kaddor öffnet den Imamen, den Muftis und den ’Islamologen’ die Türen der staatlichen Schulgebäude Deutschlands. Es gibt noch keinen anderen Islam.
K: Solange bleibt das Schultor zu. Der Islam ist, mit Heumann gesprochen, noch nicht schulreif. In fünfzig Jahren vielleicht, einstweilen gefährdet er die aufklärungshumanistisch-säkulare Schule.
8 Koran 3:7 [es gebe im Koran eindeutige und mehrdeutige Verse, sage der Koran über sich selbst]
A: Der Koranvers 3:7 („eindeutig – mehrdeutig“) ermöglicht nun gerade keine Bandbreite an persönlicher Interpretation, sondern fordert deinen blinden Gehorsam, nötigenfalls deiner Geistlichkeit gegenüber. Die legt die relative (willkürliche) Eindeutigkeit fest, du musst gehorchen, sonst wärst du Apostat.
8 Festzuhalten bleibt, dass der Koran auf vielfältige Weise gedeutet werden kann
K: Echte Spiritualität individueller Religionsmündigkeit stelle ich mir anders vor, sie ist derzeit in keiner sunnitischen madhhab islamrechtlich-legal möglich.
A: Bei den Schiiten sicherlich noch weniger. Betreibt Kaddor an dieser Stelle īhām, Flunkerei für Allah, oder effektive da’wa, islamische Mission?
K: Natürlich, als muslimische Religionslehrerin versteht sie ihre Arbeit als Missionieren. Sie will, wie Schäuble und auch die CIBEDO, den flächendeckenden islamischen Religionsunterricht mit Verkündigungs-Charakter einführen. Dieser Form des islamischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach an staatlichen Schulen verstößt gegen das Überwältigungsverbot (Heumann).
A: Die katholische CIBEDO weiß, dass Lamya Kaddor sagt: „die Aufklärung ist für den Islam nicht übertragbar.“ Gleichwohl will die Bischofskonferenz den deutschlandweiten islamischen Verkündigungsunterricht und hält Heumanns Argumentation für abwegig.
K: Zollitsch glaubt allen Ernstes, muslimische Eltern selbst einer eher säkularen Großfamilie würden es wagen, ihre Kinder vom Religionsunterricht abzumelden oder sie dort nicht anzumelden. Der soziale Druck wird rasch so hoch sein, dass jeder Junge und jedes Mädchen hin gehen muss. Dass Geistliche ein gespanntes Verhältnis zu Aufklärung und Humanismus haben, ist für mich irgendwo nachvollziehbar. Thomas Kufen jedoch, als Landtagsabgeordneter, als Integrationsbeauftragter und damit als demokratisch gewählter Volksvertreter, muss der Ansicht Kaddors widersprechen.
A Die Theokratie hat Probleme mit der Wissenschaft, Kaddor verweigert der Religionstheorie des Islam die Aufklärung ganz ausdrücklich.
K Mit einer solchen Einstellung ist Religionskritik im Sinne Kants, sapere aude, nicht möglich. Doch nur mit den, ’integrierten’, Ansprüchen eines Kant wäre der Islam schulfähig.
8 Koran 3:7. (…) Festzuhalten bleibt, dass der Koran auf vielfältige Weise gedeutet werden kann.
K: Koran 3:7 definiert zwei Gruppen von Koranlesern: Die Gottgetreuen als gehorsam und einfältig sowie die Zwietracht Säenden als anmaßend und eigensinnig. Kaddor enthält uns vor, dass es gerade Vers 3:7 ist, der eine Gruppe der Koranexegeten zu bewussten oder unbewussten Abweichlern erklärt, welche die Umma verwirren und fehlleiten. Dem Koran blind zu gehorchen sei „klug“, nur der Gehorsame habe „Verstand“. Entspricht dieses koranische Prinzip der Kritiklosigkeit Frau Kaddors Bildungsbegriff? Sollen muslimische Schülerinnen und Schülern außer vom Elternhaus und von den Koranschulen künftig im auch islamischen Religionsunterricht zur Kritiklosigkeit erzogen werden? Moderne Pädagogik fordert das ’sapere aude!’ für alle Schülerinnen und Schüler, also selbstverständlich auch für muslimisch sozialisierte Kinder und Jugendliche. Lamya Kaddor beklagt den prekären Anschluss muslimischer Schülerinnen und Schüler an das Bildungsniveau – mit dem koranischem Ideal des grundsätzlichen Gehorsams wird sie ihn nicht erreichen. Möchte Kaddor, dass die Kinder den Koran wortwörtlich nehmen?
A: Ja, Kaddor will die vormoderne, fundamentalistische, wortgetreue Sicht auf den Koran. Kaddor sagt zur Koranexegese: „Es bleibt jedoch offen, welche Interpretation richtig ist“, damit betreibt sie taqiyya oder īhām, denn für Gott Allah (3:7) ist die Sache absolut klar und auf Erden ist jedem Muslim taqlīd, Folgsamkeit vorgeschrieben.
8 Scharia (šarī’a)
A: Kaddor will die Scharia.
K: Die ganze Scharia, die Doktrin des Wohlverhaltens, deren Verweigerung der erklärten Feindschaft zu Allah gleichkäme. Gegen deine Rolle in der Großfamilie hast du nicht aufzubegehren, die Eltern dürfen dich arrangiert verheiraten. Scheiden lassen darf sich der Mann, über die Kinder verfügt der Mann, das ist Scharia! Vor Gericht und im Testament ist die Frau benachteiligt, das ist Scharia! Die Scharia verstößt gegen das Grundgesetz, auf die Scharia ist grundsätzlich kein Verlass. Dass die Scharia nicht kodifiziert ist, sollte uns nicht zu der Annahme verleiten, sie sei mit der Demokratie kompatibel oder gar human. Die so genannte Flexibilität der Scharia ist vielmehr prinzipielle Willkür.
A: Alle Pädagogik muss sagen: Die Scharia stammt nicht von einer Gottheit. Der Rechtsstaat muss sagen: Die Scharia diskriminiert Frauen und Nichtmuslime ebenso systematisch wie begrenzt willkürlich. Die Familienpolitik und Ordnungspolitik der Scharia ist, will man die Rechtsspaltung vermeiden, als ein vormodernes und gegenkulturelles Parallelrecht keinesfalls unter Religionsfreiheit Artikel 4 des Grundgesetzes zu fassen. Mit der islamrechtlichen Amputation von Händen und Köpfen scheint Frau Kaddor keine Probleme zu haben. Kaddor will die Rechtsspaltung, Kaddor will die muslimische Sondergesetzlichkeit mit Fatwa-Räten und dazugehörigen Muftis, mit Scharia-Gerichtshöfen.
9 Muhammad. Für die meisten Muslime ist er ein Mensch, der keine Fehler hatte und in allem perfekt war. Er war stets freundlich zu allen Menschen und gerecht in allen Lebenslagen.
K: Mit der neunjährigen Ehefrau Aischa geschlechtlich verkehren, das soll fehlerfrei und perfekt sein? Lamya Kaddor hat ja bemerkenswerte Ansichten. Auch wundert es mich, dass Kaddor als verheiratete Frau damit einverstanden ist, mit bis zu drei Nebenfrauen ihres Ehegatten rechnen zu müssen, von Konkubinen nicht zu reden.
A: Mohammed war ein Feldherr, darauf aus, Beute zu machen, Nachbarstämme zu besiegen und einzugemeinden, Sklaven und Frauen zu erbeuten. Er vertrieb den Stamm der Banū Nadīr aus einer fruchtbaren Oase und ließ die männlichen Angehörigen der Banū Quraiza persönlich allesamt ermorden. Die Frauen wurden selbstverständlich gefangen genommen, manche versklavt, andere geheiratet, in jedem Fall islamisiert. Mohammed war also durchaus brutal. Lamya Kaddor müsste Mohammed hörbar kritisieren.
10 Noch wichtiger ist es, die jungen Muslime in Deutschland zu religionsmündigen Menschen zu erziehen
K: Religionsmündigkeit definiert Wikipedia als „das Recht eines Kindes, über seine Religionszugehörigkeit selbst zu entscheiden.“
A: Kaddor müsste ihre Schülern Möglichkeiten der Korankritik, Schariakritik und Islamapostasie aufzeigen und erklären und gegebenenfalls die vierzehnjährigen Apostatinnen und Apostaten wohlwollend und wertschätzend begleiten und vor den wütenden Eltern schützen. Das wäre Erziehung zur Religionsmündigkeit, wir werden Frau Kaddor dahingehend beobachten müssen.
K: In Wirklichkeit dürfen – laut Kaddor und Koran 3:7 – noch nicht einmal mehrdeutige Koranverse autonom ausgelegt werden. Kaddor arbeitet also gegen die Religionsmündigkeit, nahezu die gesamte islamische Geistlichkeit tut das. Sie können aus dogmatischen Gründen derzeit und wohl noch auf einige Jahrzehnte nicht anders, ohne bid’a (Neuerung) und kufr (Unglaube) zu begehen. So eine „Religion“ ist in der kulturellen Moderne nicht schulreif.
A: Allerdings. Auch auf Jahrzehnte.
10 … gibt es auch in Deutschland den Islam in vielen Erscheinungsformen
A: Warum ruft Frau Kaddor nicht aus: „In welcher Gesellschaft wollen wir in zwanzig Jahren leben?“ Denn das ist unsere Verantwortung, wenn es nun wenig fundamentalistische, orthodoxe und sehr fundamentalistische Muslime gibt – welche der Gruppen hat in Zukunft die Deutungshoheit zum Thema Islam?
K: Frau Kaddor ist tolerant. Hauptsache, die Scharia wird nicht angetastet.
10 Muslime … in der Bildungspyramide der deutschen Gesellschaft nicht proportional vertreten
A: Wie wäre es mit Lernen? Fleiß? Unterstellt Kaddor dem deutschen Bildungssystem islamfeindlichen Kulturrassismus, systematische Diskriminierung der an Allah Glaubenden?
K: Bildungsferne ist nicht an die Gene gebunden, sondern wird sozial vererbt, das gilt auch für autochthone (deutschstämmige) Familien.
A: Islam und Bildungsverweigerung ist leider immer noch ein (sozial)pädagogischer Teufelskreis.
K: Im Haus gibt es kein Buch. Kinder haben kein Spielzeug. Dürfen keine Fragen stellen. Erleben ihre Eltern nicht beim neugierigen Lernen, beim Lesen. Eltern waren und sind zu träge, sich aufzumachen und die Sprache des Gastlandes gründlich zu erlernen. Die Mädchen haben einen eingeschränkten Bewegungshorizont, damit einen eingeschränkten Erfahrungshorizont.
A: Viele deutsche Türken sind sozusagen niemals ausgewandert. Ja, die Mädchen werden vielfach weggesperrt und zwangsverheiratet. Da gestaltet niemand ein eigenes Weltbild, das ja die Großfamilie in Frage stellen würde.
K: Und die Scharia als Machwerk, Maske und Fessel entlarven würde. Stichwort selbst gewählte Fremdheit zum einen.
A: Kerker Großfamilie zum anderen.
10 Der Islam wird häufig mit Fundamentalismus gleichgesetzt
K: Wundert uns das jetzt?
A: Mit Kaddors Gottes- und Weltbild wird das eher noch schlimmer werden, fürchte ich. Denn Selbstbild, Gottesbild und Weltbild sind jedem Individuum innerpsychisch in einem Gleichgewicht aufeinander bezogen wie die Elemente eines Mobilé. Mit dem angsterfüllten Wohlverhalten eines Sunna-Fundamentalismus oder einem antidemokratischen ordnungspolitischen Scharia-Islam ist ein reifes Weltbild nicht zu entwickeln.
K: Kaddor versäumt es, sich zur kulturellen Moderne zu bekennen. So aber wird der flächendeckende Islamunterricht im Stile des von Lamya Kaddor mitverantworteten Schulbuchs ’Saphir 5/6’ zur Gefahr für gelingende Integration. Mit Angst vor der Höllenstrafe im Jenseits und Allahs strafendem Missfallen im Diesseits ist weder die Religionsmündigkeit noch ein selbst bestimmtes Leben zugänglich. Alle Kinder haben das Recht auf eine eigene Biographie.
10 (Mit dem islamischen Religionsunterricht in deutscher Sprache) könnten Kinder befähigt werden, sich in deutscher Sprache über ihren Glauben zu äußern
K: Das können sie noch nicht einmal auf Türkisch, Kurdisch oder Arabisch.
A: Selbst erwachsene, autochthone Konvertiten zum Islam geben nur Stereotype wieder. Da ist niemals persönliche Spiritualität sprachfähig geworden, da wird papageiengleich nachgeplappert.
K: In der Tat, die (meisten) Deutschen hätten die Sprache und sind im Allgemeinen sogar säkular und kritisch sozialisiert worden. Kaum muslimisiert, ist es mit dem Entwickeln eines persönlichen Gottesbildes vorbei.
A: Auch Lamya Kaddor findet kein Wörtchen einer eigenen Gottesvorstellung, verrät uns keinen Krümel persönlicher Spiritualität. Sie ist Empfängerin von Fatwen und ruft die Schüler zum schariatischen Wohlverhalten gemäß der jeweiligen Madhhab und Großfamilie des Schülers auf. Den Schülern bleibt damit zum eventuell unvermeidlichen eigenwilligen Protest nichts als das Schlupfloch, die Eltern an islamischer Radikalität zu übertreffen.
K: Die Scharia ist für orthodoxe (politreligiöse) Muslime „die ewige, unverhandelbare“ (Großmufti Cerić) islamische Pflichtenlehre, die nach ordnungspolitischer, letztlich auch militärpolitischer Totalität strebt und die den Gott Allah als obersten Gesetzgeber und Souverän darstellt. Der Scharia sind auch alle Nichtmuslime zu unterwerfen. Nach den „ewigen“ Regeln der Scharia dürfen Muslime an der Ausübung ihrer „Pflichten“ auch von Nichtmuslimen nicht gehindert werden. Das versteht Kaddor unter Integration.
A: Für Parteigänger der Scharia, des politischen Islam gilt die parlamentarische Demokratie als sittlich minderwertig und letztlich widergöttlich. Kaddor will die Scharia.
10 Noch wichtiger ist es, die jungen Muslime in Deutschland zu religionsmündigen Menschen zu erziehen, damit sie den Islam in Deutschland – in all seinen Facetten – selbstbewusst leben können.
K: Welche Facetten bitte sind denn hier gemeint?
A: Kinderheirat oder Handabhacken?
K: Doch wohl hoffentlich nur diejenigen Facetten, die mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Unter Religionsmündigkeit verstehe ich kritisches Reflektieren religiöser Traditionen und Normen, Befähigung der Schülerinnen und Schüler zur religionswissenschaftlichen Außenansicht sowie die dezidiert bejahte negative Religionsfreiheit bis hin zum ermöglichten Verlassen der Glaubensgemeinschaft ohne Sorge um Gesundheit und Leben. Ebenfalls ist der Begriff der Familienehre zu hinterfragen.
A: Und derjenige der traditionellen islamischen Gender-Konstruktion, die Mann und Frau als radikal wesensverschieden definiert und die Frau religiös wie rechtlich und politisch systematisch diskriminiert.
K: Der Islam muss lernen, zwischen Religion und Politik zu unterscheiden, zwischen privater, persönlicher Spiritualität und Parlamentsdebatte.
A: Säkulare Demokraten können erwarten, dass sich Frau Kaddor von den Konzepten der ’hakimiyya(t) Allah’(Gottesherrschaft) und ’din wa daula’ (Islam als Religion und Staatlichkeit) hörbar distanziert.
11 Wer jedoch als Muslim angegriffen oder verdächtigt wird, reagiert auch als Muslim.
A: Kaddor spricht wohl über einen Nichtmuslim, der einen Muslim (verbal) angreift oder eine Verdächtigung äußert. Gehört das in eine Lehrerfibel?
K: Warnung vor dem bissigen Hund! Das kann doch wohl nicht wahr sein. Haben Muslime sich nicht genau so an demokratische Spielregeln zu halten wie alle anderen auch?
A: Man stelle sich vor: „Achtung, freilaufende kleine Katholiken, im Beleidigungsfall reagieren sie wie kleine Katholiken!“
12 Nur durch ein Aufeinanderzugehen ist Integration möglich
K: Gute Idee, wie wäre es denn, Frau Kaddor?
A: Will Kaddor uns ein schlechtes Gewissen machen, die Nichtmuslime sollen sich des Muslimdiskriminierens schuldig fühlen? Der rhetorische Islam sonnt sich in seiner selbst gewählten Opferrolle. Kalkuliert.
K: Wo ist denn bitte die Handreichung für muslimische Eltern, in der erklärt wird, wie man mit dem demokratisch-säkularen Staat, seinen Institutionen und Angestellten umgeht? Diese Frage geht an Thomas Kufen. Und an Lamya Kaddor: Wo sind denn, Elternsprechtage und Elternversammlungen betreffend, die muslimischen Eltern der letzten vierzig Jahre gewesen? Einwanderer, die dauerhaft in Deutschland leben möchten, sollten Deutsch lernen. Das wäre der erste Schritt, der auch für Muslime gilt. Der zweite wäre, Deutsch mit den Kindern zu sprechen.
12 Koran: Nehmt nicht meine Feinde und eure Feinde zu Freunden. 13 Dschihad: Großer Dschihad, kleiner Dschihad
K: Kaddor argumentiert mit dem Koran: Alle Nichtmuslime sind Feinde Allahs und Feinde der Muslime. Mit dieser militanten Ethik zersetzen, untergraben wir die schulische Klassengemeinschaft. Wie sollen Kinder, die gerade im islamischen Bekenntnisunterricht gelernt haben, dass sie ihre Klassenkameradinnen und Klassenkameraden zu hassen haben, in den folgenden Stunden miteinander friedlich auskommen? Respektvolles Umgehen miteinander ist mit der Dschihad-Doktrin nicht möglich, auch nicht mit der Doktrin des von Frau Kaddor erwähnten großen Dschihad, der der islamischen Psychohygiene, der Selbstreinigung diene. Freundschaft zu Ungläubigen besudele die Seele des korantreuen Kindes. Frau Kaddor, wie war das doch mit dem aufeinander Zugehen?
A: Kaddor folgt dem islamischen Rechtsgrundsatz “al-walā w’al-bara’ā“, die sich auf Deutsch etwa mit „Lieben, was Allah liebt, und hassen, was Allah hasst“ übersetzen lässt. Auch von dieser Doktrin muss Pädagogin Kaddor sich hörbar und glaubwürdig verabschieden.
K: Lamya Kaddor hat dazu keine persönliche Meinung: So versteht sie ihr Amt.
13 Märtyrertod: Paradies, 72 Jungfrauen
A: Kaddor verbreitet das Dogma vom Märtyrertod und lehrt, dass 72 Jungfrauen den Märtyrer im Paradies erwarten. Das soll moderne Pädagogik sein?
K: Wie können wir zulassen, dass diese grundgesetzwidrigen Dogmen islamischer Religion in unseren Klassenzimmern gelehrt werden? Kaddor als die Ausbilderin der künftigen muslimischen Religionslehrerinnen und Religionslehrer hat dieses konfliktreiche Erbe aufzuarbeiten und religionskritisch zu problematisieren.
A: Dem schahīd (Märtyrer) stünden 72 Jungfrauen sexuell zur Verfügung, was für ein Macho-Mythos. Die absolut wortgläubige Kaddor trägt das einfach so weiter in die nächste Generation.
K: Und das als Frau! Hier wird deutlich, dass der aus dem Grundgesetz abzuleitende Gleichheitsfeminismus mit Koran wie auch Scharia nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Selbstverständlich steht dem Märtyrer immer unverbrauchte Ware zur Verfügung, die nicht altert.
A: Unbegrenztes Haltbarkeitsdatum.
K: Beschmutzen kann er sich auch nicht, denn sie sind rein, da sie keine Menstruation haben und nicht gebären. Misogyner geht`s nimmer.
A: Die menschenverachtenden Gebote kultischer Reinheit bei den entsprechenden antrainierten Ängsten vor angeblicher Besudelung (Verbot, den Tempel zu betreten usw.) durch Menstruationsblut, Sperma und den schwangeren Leib der Frau, wie sie teilweise im afropazifischen und eben auch im orientalischen Menschenbild jahrtausendelang tradiert worden sind, sie sind neurotisch und vormodern, die moderne Pädagogik muss sie ablehnen. Lamya Kaddor ist nicht in der Lage, sich dieser bürgergesellschaftlichen und zivilisatorischen Aufgabe zu stellen. Mit dieser Haltung darf sie nicht vor einer säkular gedachten Schulklasse stehen. Wer kontrolliert eigentlich unsere Lehrer?
K: Niemand! Anything goes.
A: Woodstock goes caliphate.
13 dār al-islām, dār al-harb
A: Allahs Endsieg: Den kosmische Kampf zwischen Gut und Böse gilt es, im Hier und Jetzt zu bestreiten.
13 Muslime in Deutschland: Die Scharia [bildet sich nicht ab] in der Verfassung
K: Allerdings, hier gilt das Grundgesetz, nicht die Scharia. Kaddor bzw. Kufen schreibt abwechselnd Scharia und šarī’a, was die elektronische Suchfunktion (vielleicht ja gezielt) erschwert und zu unterschiedlichen Treffern führt.
13 [die Scharia als für die BRD ohne Verfassungsrang] im schulischen Bereich zu einem Dilemma führt, besonders wenn es beispielsweise um den koedukativen Schwimm- und Sportunterricht geht
K: Wieso nur im schulischen Bereich, für Demokratinnen und Demokraten gilt das Grundgesetz, das mit der Scharia nirgendwo kompatibel ist, auch nicht im Erb- und Familienrecht.
A: Vom Strafrecht nicht zu reden, vielleicht vermisst Kaddor ja die verfassungsrechtlich garantierten Peitschenhiebe.
13 Die überwiegende Mehrheit der muslimischen Haushalte fühlt sich dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gegenüber verpflichtet und lebt danach
K: Das Innenministerium kommt zu einer ganz anderen Auffassung, wie die Studie ’Muslime in Deutschland’ (2007) feststellt. Hans-Ulrich Jörges, berichtet in ’Die vergrabene Bombe’ von der alltäglichen familiären Gewalt in muslimischen Einwandererfamilien. Erwähnenswert ist hier auch der Integrationsbericht der Bundesbeauftragten für Integration Dr. Maria Böhmer.
13 [Muslime in Deutschland haben] die Tendenz, die Eigenständigkeit zu erhalten und zu pflegen
A: Sollten wir nicht eher von Abschottung sprechen?
K: Erdogans Beauftragung an die Deutschtürken, sich nicht zu integrieren? Um es mit Arzu Toker zu sagen: „Grundrechte à la carte. Die Demokratie ist jedoch kein Selbstbedienungsladen.
A: Es liegt eine Gefahr für gelingende Integration darin, die Arbeitsmigranten in Europa als ansar (Unterstützer, in Yathrib nachmals Medina) zu sehen und die muslimisch dominierten Straßenzüge als Brückenkopf einer hidschra, der legendären Auswanderung mit dem Ziel der Gründung oder Ausweitung des islamischen Staatswesens nach dem Medina-Modell (Raddatz) zu betrachten.
14 Häufig ist man nur mit Muslimen befreundet
A: Der Tochter aus muslimischem Elternhaus ist es schlich verboten, einen autochthon-nichtmuslimischen oder auch einen selbst gewählten muslimischen Freund zu haben, ganz im Einklang mit der von Frau Kaddor so geschätzten Scharia übrigens.
K: Mädchen dürfen noch nicht einmal zu einheimischen Freundinnen (den ’Feindinnen Allahs’), oft noch nicht einmal zu türkisch-muslimischen Freundinnen. Jede muslimische Familie bildet eine abgeschottete Welt, eine Wagenburg, in die nur Verwandte Zutritt haben.
A: Ehen der Töchter (und Söhne) werden regelmäßig abgesprochen, kein Wunder, der Freundeskreis ist total eingeschränkt, vorsortiert.
14 Deutschland. Eine Heimat, die sie oft nicht spüren lässt, dass sie ein Teil dieser Gesellschaft sind
K: Welchen Teppich sollen wir den muslimisch geprägten Einwanderern denn noch ausrollen? Deutschland bietet ihnen ein nahezu kostenfreies Bildungssystem, stellt Jungen wie auch Mädchen (!) gute berufliche Chancen, garantiert Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit sowie Schutz von Leib und Leben.
A: Nur mit dem Schutz vor Zwangsehe, islamisch motiviertem Ehrenmord und schafiitischer oder seitens der al-Azhar gebilligter FGM (und MGM) hapert es noch ein wenig.
K: Die weltweite Rezession macht vor niemandem Halt und trifft vor allem bildungsferne Jugendliche. Mit Islam oder gar der von Kaddor implizit unterstellten Islamfeindlichkeit hat das nichts zu tun, eher schon mit mangelnder Lernbereitschaft, die man leider auch bei deutschstämmigen Kindern und Jugendlichen findet.
A: Arbeitslosigkeit ist frustrierend – auch für Nichtmuslime.
14 Die sogenannte Mehrheitsgesellschaft muss der Minderheit [lediglich der Muslime?] die Hand ausstrecken und Angebote machen. Diese Angebote wurden in den letzten 30 Jahren allerdings nicht gemacht.
K: In der Tat hätten gute Angebote der Sprachförderung die sprachliche Integration erleichtert.
A: Bildungskurse, die vor islamischem Fundamentalismus warnen, wären auch sehr sinnvoll gewesen.
K: Es ist nur auffällig, dass beim Sprachtest im Kindergarten viele Mädchen und Jungen nicht anwesend sind. Testaufbau und Supervision ist ausbaufähig.
14 Integration braucht von beiden Seiten Bewegung aufeinander zu
K: Das Grundgesetz ist nicht verhandelbar.
15 Kann es der Schule gelingen, ethnisch, sprachlich, kulturell, religiös homogene Gruppenbildung der Schülerinnen und Schüler zu durchbrechen, zu mischen (…)
K: Dann müsste erst einmal das türkische Mädchen neben einem „nichtmuslimischen“ Jungen sitzen, zeichnen, laufen und schwimmen dürfen. In der Nachmittagsbetreuung sollte man dafür sorgen, dass die Kinder und Jugendlichen nur Deutsch miteinander sprechen. Ich kann als türkische Mutter meiner Tochter erlauben, die „urdeutschen“ (Ateş) Kinder von nebenan zum Geburtstag einzuladen und die Tochter zu den nichtmuslimischen Kindern und Jugendlichen zu einer Party gehen zu lassen. Und dann die Klassenfahrten! Die Sportvereine, die niederschwelligen Traditionsvereine, die Pfadfinder, die Musikschulen, die Schulprojekte! Gelegenheit der Begegnung gäbe es reichlich.
A: Stattdessen zementiert Kaddor in aller Unauffälligkeit die Kategorien der Sondergesetzlichkeit und angeblichen Wesensverschiedenheit: Die Gruppe der Nichtmuslime und diejenigen der angeblich so ganz ’anders’ gearteten Muslime, immer wieder verfestigt sie diese Klassifikation.
15 Zunächst gilt es, die Gruppenbildung als einen natürlichen, notwendigen und nicht steuerbaren Vorgang zu akzeptieren
A: Im Ansatz gescheitert, damals die ’akzeptierende Jugendarbeit’ bei jugendlichen Neonazis. Nein, wir sollen einschreiten, Kinder brauchen Grenzen, Neonazis und Islamisten und Schariafreunde auch. Gruppenbildung: Will Kaddor das fitra-Konzept, Mädchen würden eine awra (aurah) haben, Mädchen seien total anders als Jungen?
K: Das glaubt Kaddor, sie will die Segregation.
A: Sie will die Trennung in dār al-harb und die dār al-islam im ’geometrisch zerrissenen’ Klassenzimmer. Kaddor unterscheidet (’dichotom’ und womöglich kulturrassistisch) in die Kategorie der nichtschariatisch lebenden und der schariatisch lebenden Kinder und Jugendlichen.
K: Als korantreue, der Scharia verpflichtete Religionspädagogin muss sie das wohl. Ein weiterer Beweis, dass islamischer Religionsunterricht die Integration nicht erleichtert, sondern erschwert.
A: So eine Religion kann kein ordentliches Lehrfach sein.
16 Sportunterricht
A: Kaddor vermeidet es, sich zum koedukativen Sportunterricht und Schwimmunterricht zu bekennen.
K: Das sollte sie aber tun, wo sie doch ausdrücklich bei Eltern vorhandene Probleme („Dilemma“) zwischen gemischtgeschlechtlichem Sportunterricht und den Forderungen von Islam und Scharia sieht.
18 [Islamisch erzogene Kinder] „Wir dürfen uns Gott nicht vorstellen. Das ist harām (verboten) und wir kommen in die Hölle dafür!“ Sie sind es nicht gewohnt, über Gott nachzudenken. Das eigenständige Denken wird von vielen Seiten nicht gefördert.
K: Über Allah und seine Schöpfung nachzudenken und darüber auch noch zu reden oder gar islamische Werte und Normen zu kritisieren ist bei Höllenstrafe im Jenseits und Prügelstrafe auf Erden unzulässig. Dieser islamische Habitus hat leider auch Konsequenzen für alle anderen Schulfächer, namentlich für Biologie (Evolution, Gespräch über Tiere), Sexualkunde (Fortpflanzung und Geburt, angstfreie Betrachtung des unbekleideten Leibes, Verteufelung des weiblichen Körpers), Kunst, Naturwissenschaften und Sport. Die gesamte Natur (Ökologie) wird von muslimisch geprägten Menschen allzu schnell dem Korsett des Fundamentalismus unterworfen, Tierschutz und Umweltschutz werden, emotional wie kognitiv, allenfalls erschwert erreicht. Empathie und neugierige Weltaufgeschlossenheit sind für ostasiatische oder südeuropäische Kinder viel eher zugänglich, islamisch sozialisierte Kinder jedoch scheinen innerlich dem Vorwurf von bid’a (Neuerung) und schirk (Beigesellung) ausweichen zu müssen.
A: Eigene, persönliche Religiosität findet eigene, eigenwillige und eigensinnige Sprache. Der Islam aber denkt bis heute vor allen Dingen in den Kollektivismen von Stamm, Nation („das Türkentum“, „wir, die Kurden“) und Umma (muslimische Weltgemeinschaft) und tut sich schwer damit, dem Individuum Eigenwilligkeit und Eigensinn zuzugestehen. Alles Nichtislamische soll nicht nur abgelehnt, sondern aktiv gehasst werden, da wird die staatliche Schule oder die säkulare Wissenschaft rasch zum vermeintlichen Götzendienst. Jeder Fiqh-Islam oder Scharia-Islam ist mit dem Aufbau von äußeren wie innerseelischen Lernbarrieren verbunden (zumal beim Kind), oder aber (gerade beim Erwachsenen) mit der Abspaltung des Spirituell-Emotionalen vom Kritisch-Rationalen, hin zum ’fundamentalistischen Weltbetrachten’, wie man es etwa von akademischen Kreationisten kennt (islamisch Harun Yahya, Mustafa Akyol).
K: Statt frühkindlicher religiöser Erziehung sollten Mädchen und Jungen spielend und experimentierend ihre Welt entdecken. Kinderbücher, Bauklötze oder Puppen wird man in nordafrikanischen oder kleinasiatischen Familien meist vergebens suchen.
A: Desgleichen Malsachen, zeichnen hieße ja, sich Pläne machen dürfen, „sich etwas ausmalen“. Wir sind nicht gegen Religion. Religionskundliches Wissen und Mythen sind der Entwicklung förderlich. Kinder brauchen Märchen, ja. Antrainierte, angeprügelte Angst vor der Hölle brauchen Kinder jedoch nicht.
18 „Wenn der Hodscha das gesagt hat, ist es ja wohl richtig!“ – Die derzeit einzige Instanz, die diesen Tendenzen entgegenwirken kann, ist die öffentliche Schule.
K: Allerdings, die Schule mit ihren der Säkularität verpflichteten Lehrkräften, die in der aufklärungshumanistischen Tradition von Voltaire und Kant stehen, ist die einzige Lösung, Kinder gegen Fundamentalismus zu immunisieren.
A: Frau Karagözlü stimme ich zu, und ob wir diese Qualitätskriterien für unsere staatlichen Schulen aus dem Goethe-Humboldtschen Wertgefüge ableiten oder aus dem antitotalitaristischen und herrschaftskritischen der siebziger Jahre ist dabei zweitrangig. Entscheidender ist es da wohl, den politischen (orthodoxen) Islam als totalitäre Herrschaftsordnung zu entmystifizieren.
K: Bezeichnenderweise spricht Frau Kaddor die Problematik der islamischen Unfähigkeit zur Reflexion und Kritik zwar ebenso an wie die schwarze Pädagogik der Großfamilien und Koranschulen. Jetzt bietet sie uns was als Lösung an? Den korantreuen Islamunterricht, dessen Inhalt von jeder Schülerin und jedem Schülern nicht hinterfragt werden darf. Wie Kaddor (Seite 8 der Handreichung) den Koranvers 3:7 sagen lässt, interpretieren, deuten nur die Uneinsichtigen und Streit Suchenden.
A: Wo ist das Kaddor-Konzept zu ihrer Lehrerausbildung, wo sind die Leitlinien, nach denen „ihre“ jetzt noch bei Kaddor studierenden Lehrerinnen und Lehrer später „Islam unterrichten“ sollen? Wo ist Kaddors Gottesbild, wo ihre überprüfbare Didaktik zu Höle, Teufel, Scharia, Fiqh, Dschihād, Dhimma oder Kalifat?
19 Der Glaube daran, dass alles vorherbestimmt ist. Vorherbestimmungen
A: Kaddor vertritt eine irgendwie gezügelte Variante der orthodoxen islamischen Prädestinationslehre und will vor extremem Fatalismus islampädagogisch warnen? Das wäre in Ordnung. Die Prädestination war im Christentum auch mal ein „Problem“, beispielsweise für Calvin oder für die transatlantisch-protestantische „christliche“ Auffassung eines ’Am Reichen zeigt sich das vorweggenommene Himmelreich’.
Theologisch geht es beim Dogma der Vorherbestimmung stets um Gottes Allmacht, Gottes Gnade, des Menschen Willensfreiheit, die menschliche Verantwortlichkeit für seine Taten. Es geht um ein Gottesbild – und damit um ein Menschenbild, um Erziehungsaufgaben. Islamisch zentral: Gender-Apartheid, Dschihad-Doktrin, Dhimmī-Status und Apostatenmord. Qadar (maskulin, der qadar), wörtlich ’das Zugeteilte’ ist der islamische Begriff für Vorherbestimmung oder zu ertragendes Schicksal oder gottgewolltes Los. Der qadar führt uns zum fitra-Konzept der politischen Scharia (die ’fitra’ steht unter muslimischen Fundamentalisten für ’natürliche Veranlagung, Art und Weise des Erschaffen-Seins’, fitra ist islamische Ideologisierung des Körpers). Nach der fitra beispielsweise ist jeder Mensch ’von Natur aus’ Muslim. Kaddor möchte sich offensichtlich nicht vom Dogma der fitra distanzieren. Aus der fitra lässt sich sogar die Kopftuchpflicht ableiten und das Verbot für Männer, kurze Hosen zu tragen und sich die Penisvorhaut nicht rituell amputieren zu lassen. Wer gegen die ewigen Prinzipien der fitra verstößt, wird bestraft werden – alles qadar. Das Los, das dir Allah zugeteilt hat, ist zu tragen, als indonesische oder ägyptische Muslima eben die FGM, die von der schafiitischen Rechtsschule oder der so genannten Universität der Kairoer al-Azhar verteidigte Genitalverstümmelung. FGM ist beides, fitra und qadar.
K: Wenn ich mich dem qadar, der ’göttlichen Vorhersehung’ unterwerfe, im Türkischen sagt man Kismet, verzichte ich auf Einflussnahme, Gestaltungsoption und persönliche Verantwortlichkeit. Ernährungsfehler, körperliche und geistige Handicaps, Krankheit und Unfall, sexuell übertragbare Krankheiten sind dann ebenso Schicksal und Allahs Wille wie Umweltverschmutzung, Klimawandel, Bodenversalzung oder die Desertifikation, das Voranschreiten der Wüsten. Die genetischen Risiken der Cousinen-Ehen oder die Ausbreitung von AIDS und anderen Geschlechtskrankheiten (Abhilfe wäre die Verwendung von Kondomen) wären dann unvermeidlich. Die Logik des qadar geht bestens einher mit Lernverweigerung, inszenierter Larmoyanz und der Unfähigkeit, Kritik zu äußern oder entgegenzunehmen.
19 Alle eigenen Interessen sind der Familie unterzuordnen, denn die Interessen der Familie stellen das höchste Gut dar. Darunter leidet die Persönlichkeitsentwicklung.
K: Na endlich! Ein wichtiges Thema. Die traditionelle arabische oder islamische Erziehung verlangt die Auflösung, Auslöschung des Individuellen. Mädchen und Frauen tragen in der Öffentlichkeit Kopftuch, um dieses (öffentliche) Verloschensein äußerlich zu dokumentieren, was muslimischen (wie nichtmuslimischen) Menschen allerdings zumeist nicht bewusst ist. Außerhalb des Hauses hat die muslimische Frau keine ’Rolle’, der öffentliche Raum ist nicht nur männerrechtlich, sondern auch maskulin.
A: In der islamischen Mystik etwa der Sufis wird das hingebungsvolle Aufgeben des autonomen Selbst in eine Ekstase oder Trance hinein als der tadscharrud (tajarrud) bezeichnet, als die Abstreifung des Ego, der Begriff wird gelegentlich auch in Bezug auf das Umkleiden nach der sakralen Reinigung auf der haddsch-Wallfahrt verwendet.
Die Individualität unterjochen lassen, sich in Großfamilie, Moscheegemeinde, Madhhab und Umma hineinzwingen lassen (Islam bedeutet wörtlich Unterwerfung), als Befehlsempfänger in den Tages- und Jahresrhythmen, Fieberkurven der politischen Empörung und in den von Ayatollah oder Mufti vorgeschriebenen Weltbildern mitmarschieren, das ließe sich als politischer tadscharrud bezeichnen. Die Tochter zwangsweise zu verheiraten (oder schafiitisch beschneiden zu lassen), weil alle das tun oder als Türke den Armeniervölkermord leugnen weil alle das tun wäre dann der ’soziale tadscharrud’ islamischen Wohlverhaltens.
Der unter heutigen Islamisten wertgeschätzte Gründer der Muslimbruderschaft (1928 ) Hassan al-Banna habe den Begriff tadscharrud sehr betont, berichtet 2008 der in Großbritannien viel gelesene, radikale malaysische Blog DakWah hiLaHi und findet zu ’tajarrud’ die klaren Maßgaben, in sich selbst jede Spur von menschengemachten Ideologien und anderen Ismen wie etwa Sozialismus oder Kapitalismus auszulöschen, um den unverfälschten, unvermischten, reinen kosmischen Islam durch sich strömen zu lassen. Sich geplant als lebende Bombe gemeinsam mit nicht informierten Ungläubigen in die Luft zu sprengen wäre mit al-Banna gesprochen vielleicht dschihadistischer tadscharrud. Darunter leidet die Persönlichkeitsentwicklung (Kaddor).
K: Früher sagte man in Deutschland: „Wes` Brot ich ess`, des Lied ich sing`“ oder, vor 1968: „Solange du die Füße unter meinen Tisch stellst …“. Das versteht Kaddor also unter Erziehung zur Religionsmündigkeit. Kaddor lakonisch: Darunter leidet die Persönlichkeitsentwicklung. Sie kritisiert diesen Missstand mit keinem Wort.
19 Das ewige Hintenanstellen der eigenen Interessen vor den Familieninteressen
A: Sie meint wohl: „hinter den Familieninteressen“, die Familieninteressen gehen vor, das Bedürfnis des Individuums wird abgehängt, abgedrängt …
K: … Kaddor weiß genau, was sie tut und was sie sagt. Wie steht sie zur Unkultur der ’Waschung der Familienehre’ (Mord aus falsch verstandener Ehre)? Das soll die Persönlichkeitsenwicklung behindern? Das ist doch wohl untertrieben, das Mädchen ist tot.
A: Will Kaddor („Familieninteressen“) die islamische Kultur der Zwangsheirat und der ägyptischen, kurdisch-irakischen oder indonesischen FGM? Sie schweigt.
K: Betreibt sie den kitman, die Lüge durch Auslassung?
A: Islamische Rhetorik: Die taqiyya, der kitman, der īhām.
Die taqiyya (eher nur bei Not für Leib oder Seele) oder der īhām (eher ohne Notlage, also bei Mission (da’wa), Werbung für den Islamverband, Moscheebauwunsch oder bei Bezness) sind Lügen durch aktive Falschaussage. Der besonders orthodoxe Imam mag sagen: Diese Moschee wird die Integration befördern, der Bezness-Profi mit treuem Blick beteuern: Ich bin nicht verheiratet, du musst nicht konvertieren und in der islamischen Ehe wird die Frau niemals geprügelt.
Der kitman hingegen ist das Lügen durch gezielte Auslassung, die halbe Wahrheit nur wird gesagt, als kalkulierte Doppelbotschaft oder sogar Mehrfachbotschaft für ein an Wissen über die Scharī’a intern strukturiertes, ein verschieden gut informiertes Publikum: Sich offiziell nichts nachweisen lassen. Wohlwollender könnte man den kitman als die Poesie der kunstvollen Anspielung verstehen, als eine dem Eingeweihten Etliches an Bildung verratende Hintergründigkeit, als mystische Tiefe oder einfach als ein zweiter mit-gemeinter Sinn.
Während die taqiyya die aktive, wortgewordene Lüge darstellt, meint der kitman den Krieg der Andeutung, die List der Halbwahrheit, der ’dschihād der Stille’, das um die Sache herum Reden, ein zwar teilweises, doch nicht weniger gezieltes Verschweigen der Wahrheit.
Die kunstvolle Lüge. Nur Allah ist von unübertrefflicher List, der Koran nennt ihn „den besten aller Ränkeschmiede“ (13:33, 13:42).
Die Rhetorik des ’Lügens für den Glauben’ ist weniger Programm, eher eine Art Welt- und Lebensgefühl. Gewissermaßen bewahrheitet sich die Lüge in der grundsätzlichen Korruption jedes Machthabers zwischen Marokko und Malaysia, in der allgemeinen Rechtlosigkeit und Vetternwirtschaft und, nicht zuletzt, im hohen Maß familiärer Gewalt und Gewalt in der Erziehung. Das kunstvolle Lügen dient dem Überleben in der islamischen Gesellschaft.
19 [muslimische Jugendliche in Deutschland] Der Glaube an die Gerechtigkeit Gottes in seinem berechtigten Fordern und Strafen
K: Wenn du zwangsverheiratet oder als Mädchen oder Frau genitalverstümmelt bist (Schafiiten, al-Azhar), ist das gerecht? Ehrenmord als Allahs berechtigtes Strafen?
20 [muslimische Jugendliche in Deutschland] Der Koran ist für sie das gültige Wort Gottes, das befolgt werden muss
K: Die Ehefrau, die nicht mit ihrem Mann geschlechtlich verkehren möchte, soll korangetreu erst gemahnt, dann gemieden und zuletzt geschlagen werden.
A: Aber nur mit der Hand und nicht ins Gesicht. Oder mit einem Stöckchen.
K: Laut Koran muss die Frau eine bis drei Nebenfrauen dulden.
A: Kaddor will die Polygamie, die ganze Scharia.
20 [muslimische Kindergartenkinder, Schulkinder und jugendliche Schüler in Deutschland] erleben das Nebeneinander verschiedener Religionen, Säkularismus und Gleichgültigkeit. Wie kann die Schule helfen, wenn Verbindliches relativiert und Religiöses nicht mehr mit Ehrfurcht beachtet wird?
K: Ambiguitätstoleranz ist das Zauberwort. In einer freiheitlichen Demokratie hat das Individuum die zu bewältigende Entwicklungsaufgabe, eine Fülle von Lebensstilen kennenzulernen und zu vergleichen und sich einen ganz persönlichen Habitus, eine ganz eigenwillige Biographie zu erarbeiten. Der Auftrag von Pädagoginnen und Pädagogen ist es, für die Kleinen eben spielerisch-kreativ, Wissensinhalte zu vermitteln, die Beobachtungsfähigkeit des jungen Menschen zu schärfen, sein Reflexionsvermögen und seine Kritikfähigkeit zu fördern. Schule ist Schutzraum und Experimentierfeld zugleich, gerade für das Ausprobieren von Geschlechterrollen. Das Klassenzimmer ist auch der Raum, der vor radikalen religiösen Ansichten schützen muss, nicht zuletzt vor islamischen, wie sie Wahhabiten, Milli Görüş, Muslimbruderschaft und Salafiyya in unseren Städten propagieren. Kopftücher gerade auch bei sehr jungen Schülerinnen ironisieren dieses entwicklungsförderliche Milieu weltanschaulicher Neutralität. Es ist durchaus gewollt, dass eine Vielfalt von Weltdeutungen, dass die ’Religion im Plural’, zu der eben auch atheistische, agnostische, pantheistische Auffassungen gehören, gleichwertig nebeneinander gestellt werden. Die kulturelle Moderne stellt sich der Herausforderung des Wertewandels und Wertepluralismus. Dazu gehört Toleranz dem Andersdenkenden und Andersgläubigen gegenüber. Damit hat der Islam Schwierigkeiten.
A: Entdecke die Möglichkeiten. Genau genommen ist jedem Mitmenschen anderes ’heilig’ als mir und hat jeder Mensch seine eigene Sicht auf das Absolute oder Göttliche, manche mögen sagen: Auf Gott. Ich kann ja mit ihm über meine derzeit favorisierten Werte und aktuellen Gottesbilder diskutieren, ihn überzeugen, mich überzeugen lassen.
25 [Einhaltung der Gebetszeiten für Schüler] Gott ist aus dem Leben der meisten Musliminnen und Muslime nicht wegzudenken.
K: Allah hat im Klassenzimmer Sendepause. Im Ernst, an einer bekenntnisfreien Schule haben Scharia und Sunna nicht den Ton anzugeben, auch nicht Bibel, Thora, Baghavad-Gita oder der zoroastrische Avesta. Die streng gläubigen Muslime können sich eine eigene Schule bauen, beispielsweise statt KGS, Katholische Grundschule, eine IGS, Islamische Grundschule. Da mag der Unterricht durch Gebetszeiten strukturiert werden, an staatlichen Schulen nicht. Und auch an islamischen deutschen Schulen haben die universellen Menschenrechte von 1948 ebenso volle Gültigkeit wie die Grundrechte der Bundesrepublik Deutschland.
27 [Unterrichtsbefreiiung für christliche Schüler bei kirchlichen Weltjugendtagen und Kirchentagen]
K: Hat die staatliche Schule nicht zu berücksichtigen, Religion ist Privatsache. Es dürfte für die Organisatoren kein Problem sein, den Schulbesuch der schulpflichtigen Teilnehmer bei der Kongressplanung zu berücksichtigen.
27 Speisegebote und Fasten. Die Speisegebote der Muslime sollten berücksichtigt und respektiert werden. Auf diese Weise kann eine Ausgrenzung vermieden werden.
A: Umgekehrt, die islamischen Speisegebote grenzen die Ungläubigen aus.
K: Es bleibt nicht beim Verbot des Schweinefleischverzehrs, es gibt Stufen zunehmender Radikalität: geschächtet, besonders halāl geschächtet, Zertifikat vom Imam, besonderes Zertifikat vom Großmufti, Geschlechtertrennung beim Essen in der Schulkantine, verschiedenes Besteck und Geschirr für halāl-Speisen und nicht-halāl-Speisen, Anwesenheitsverbot für schweinefleischverzehrende Nichtmuslime beim Mahl der Rechtgläubigen, Verbot von Schweinefleischverzehr, Anwesenheitsverbot von allen Nichtmuslimen, Verbot der Essenszubereitung von nicht-halāl-Speisen in der selben Küche, Verbot von nichtmuslimischem Küchenpersonal. Islamische Küche grenzt planmäßig aus.
28 [Speisegesetze gehören zur Kategorie] „Erlaubtes und Verbotenes“
A: Kaddors „Kategorie“ findet sich auch im Buchtitel des einflussreichen Predigers Yūsuf al-Qaradāwi („Erlaubtes und Verbotenes im Islam“), in dem der Gründer und politreligiöse Chef des Europäischen Fatwa-Rates das Verprügeln („leicht schlagen, nur mit den Händen, nicht ins Gesicht“) der ungehörigen Ehefrau empfiehlt und die Todesstrafe bei Unzucht, Homosexualität und Apostasie. Herr al-Qaradāwi gilt als eine der höchsten Autoritäten des sunnitischen Islam und billigt Selbstmordattentate („islamisches Märtyrertum“) gegen Israelis, auch gegen Frauen und Kinder.
Nur Allah und Lamya Kaddor wissen, ob es ein Zufall ist, dass „Erlaubtes und Verbotenes“ (Kaddor) nicht nur eine „Kategorie“ (Kaddor) ist, sondern ein Schulbuch. Ein Schulbuch, das Anas Shakfeh als der oberste Inspektor aller Religionspädagogen für das österreichische Schulfach islamischer Religionsunterricht zehn Jahre lang einsetzte. Shakfeh leitet mit autoritärem Führungsstil und unbescheidenem Vertretungsanspruch sein wenig transparentes islampädagogisches Institutsgeflecht (IGGiÖ; IRPI mit dem Leiter Amir Zaidan, im selben Haus die IRPA), das vom österreichischen Staat monopolartig mit der Kontrolle der schulischen Religionserziehung aller Kinder und Jugendlichen aus muslimisch geprägtem Elternhaus betraut ist. Näheres zu Shakfeh unter Seite 59, Kamel-Fatwa / Amir Zaidan. Das Schulbuch ’Erlaubtes und Verbotenes im Islam’ ermuntert dazu, von Menschen gemachte Gesetze zu verwerfen und die einzig gültigen Gesetze vorzuziehen, das seien die von Allah geschaffenen. Ob Kaddor von diesem Buch noch nie gehört hat, in dem Yūsuf al-Qaradāwi lehrt, dass kein Mensch, sondern nur Allah sagen könne, was erlaubt und was verboten ist?
K: Kultische Speisegesetze definieren die ’Anderen’ als sittlich minderwertig und ekelhaft, Ekel erregend. Besonders ’motivierte’ junge Muslime halten in der immer und immer rigider durchzusetzenden Tugend-Politik, im halāl-Terror Übergriffe gegen ’unislamische Gesetzesbrecher’ für gerechtfertigt. Die staatliche Schule wird die islamischen Speisegebote daher immer wieder eingrenzen müssen.
A: Kaddor will die totale Sunna, den Sunna-Fundamentalismus.
K: Der Monat Ramadan, religiöses Fasten (welcher Glaubenslehre auch immer) sollte von der weltlichen Schule nicht berücksichtigt werden. Schülerinnen und Schüler sind von der angeblichen Pflicht, tagsüber nichts zu trinken, unbedingt zu befreien, besser vom gesamten Fasten. Vier Wochen Lernausfall können sich die Mädchen und Jungen nicht leisten. Sehr ungesund ist die Sache auch noch. In der Pubertät und im Wachstum ist der Körper mit dem Aufbau von hormonellem Gleichgewicht, Knochen- und Hirnsubstanz genügend ausgelastet, nicht umsonst besteht in der Zivilisation das Verbot von Kinderarbeit. Leider habe ich es als Sozialpädagogin öfter erleben müssen, dass vor allem Mädchen durch die Fastenvorschriften in Essstörungen gerutscht sind.
A: Für beginnenden Diabetes ist Fasten katastrophal, durch Bewegungsmangel (die nahezu wahnhaft in Bezug auf „unkeusches Verhalten“ kontrollierten Mädchen dürfen ja nicht raus und aus Angst vor zerrissenem Jungfernhäutchen keinen Sport machen) haben junge Deutschtürkinnen in erheblich hohem Maße Diabetes. Aufschlussreich, dass Lamya Kaddor wieder einmal ein Sonderrecht für ein ethnoreligiöses Kollektiv einfordert. Thomas Kufen scheint zu einer derartigen Segregation und ethnokulturellen Apartheid schlicht keine Meinung zu haben und signiert die Handreichung.
So wachsen die unsichtbaren Mauern der parallelen Gesellschaft. Das reaktionäre Kalifat mit seiner Dhimma weitet sich Straße um Straße aus und verfestigt sich, Deutschland ’islamisiert’. Die Chancen für so genannte ’muslimische’ Kinder und Jugendliche, die sich herausbildende islamische Gegengesellschaft zu verlassen, beginnen zu sinken. Merken wir denn gar nichts mehr: ’Muslimische Kinder’, warum dulden wir solch eine Klassen- oder Kastenbildung eigentlich? Es heißt an der weltlichen Schule, die schließlich aus den Steuermitteln aller Bürger bezahlt wird: ’Kinder’ und nicht etwa ’muslimische Kinder’!
K: Weil Schule ein Ort des Lehrens und Lernens nicht nur von theoretischem Wissen, sondern ein Raum der Persönlichkeitsbildung ist, muss der Eindruck entstehen, solche archaischen Speise- und Fastenvorschriften würde zur pädagogisch legitimierten Charakterschulung gehören. Die alten Achtundsechziger, die schließlich die Bildungspolitik über vier Jahrzehnte geprägt haben, legen heute eine fragwürdige Auffassung von Emanzipation und Partizipation an den Tag.
A: Man duldet die Pädagogik des Gottesstaates, entgrenzt tolerant! Doch wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein.
32 Für den weiblichen Teil der Familie bedeutet der Ramadan meist eine stressige Zeit, weil die Essensvorbereitung sehr viel Zeit einnimmt.
K: Wie wär`s, wenn die Jungs und Männer den Mädchen und Frauen mal helfen würden, statt nur zu konsumieren? Aber nein, das ist eines stolzen Moslems nicht würdig. Lamya Kaddor erweist sich als patriarchalische Traditionalistin. Nicht nur im Ramadan trägt die jüngere Schwester beide Schultaschen, ihre und die des älteren Bruders. Dieser stößt ein Glas Wasser um, und Schwester wischt auf, wenn ich nicht eingreife und dem ’kleinen Prinzen’ das Wischtuch in die Hand drücke.
32 Auch sollte die Schule muslimischen Schülerinnen und Schülern kein Alibi liefern, sich über [islamische] Vorschriften hinwegzusetzen. (…) Die Schule darf nur in sehr begrenztem Maße Einschränkungen bekannter [wohl: Islamischer] Vorschriften zulassen.
A: Wollen islamische Religionslehrer Deutschlands Lehrer und Schüler jeder Religion oder Ex-Religion als muslimische Sittenwächter einspannen? Sollen wir, multikulturell, die muslimischen Kinder und Jugendlichen überwachen? Man könnte von Erpressung sprechen: Sobald eine „Vorschrift“ „bekannt“ ist, soll die Schule sie, offensichtlich im Namen der Religionsfreiheit, weitestgehend ermöglichen.
K: Hier geht es wohl weniger um Überwachung als vielmehr darum, Lehrerinnen und Lehrern einen islamkonformen Maulkorb zu verpassen. An die Gleichberechtigung im Grundgesetz zu erinnern wäre ein „Alibi“ (Kaddor) für die Mädchen, am geliebten Schwimmunterricht teilzunehmen.
34 Ein Muslim ist stets bemüht, im Sinne der Familie oder Gemeinschaft zu denken. Er stellt seine eigenen Ansprüche stets zurück.
A: Zu Tränen rührend, diese Nächstenliebe, das sind schon Altruisten.
K: Klar, du darfst nicht aus der Reihe tanzen, du wirst zwangsverheiratet werden. Großvater weiß heute schon, wie du morgen handeln wirst. Und wehe, wenn nicht.
34 Familie, islamrechtlich. Im Koran lassen sich zahlreiche Stellen zur Familie finden, die beinahe jeden Bereich des Zusammenlebens regeln
A: Was hat die Frau an der weltlichen Schule zu suchen, die gehört an eine pakistanische Madrasa, Koranschule. Die Frau steckt seelisch im Mittelalter.
K: Das ist so, als wollte die evangelische Religionspädagogik zur Familienmoral des alten Testamentes aufrufen.
34 Koran. Frauen sind die Saatfelder für die Männer. Verboten wird [im Koran] der Geschlechtsverkehr während der Menstruation und tagsüber während des Ramadan.
K: Zoontjesfabriek nannte Ayaan Hirsi Ali den weiblichen Teil einer solchen Zwangsehe, Söhnchenfabrik.
A: Was für eine Jahrtausende alte Sexualmagie, der Kult um das Menstruationsblut, das die Frau rituell-moralisch verdrecke, verunreinige. Saatfeld ist Fruchtbarkeitsmagie, viele Kinder werden von der Gottheit erhofft, der Mann wird zum Spender allen menschlichen und kulturellen Lebens, die irgendwie erdhafte Frau bleibe eher Gefäß des Geistes. Das ist die ’software’ des misogynen Kriegerbundes, des Patriarchats. Was will Thomas Kufen den deutschen Frauen damit sagen? Mutterkreuz?
K: Das Eva-Prinzip: Für eine neue Weiblichkeit. Bei Amazon für 18,00 €.
35 Der Mann ist islamrechtlich das Oberhaupt der Familie.
A: Muslimisch erzogene Mädchen aufgepasst: Die Lehrerin Kaddor will für euch die entrechtende nikāh, die frauenfeindliche Imam-Ehe, nichts Anderes. Schluss mit der Rechtssicherheit der auf dem Standesamt geschlossenen Ehe. Der Mann sagt: „Talaq talaq talaq“, und schon bist du als seine Ehefrau, islamrechtlich einwandfrei, für immer verstoßen.
K: Neuerdings auch per e-mail oder SMS, . Die Kinder bleiben übrigens bei ihm, und Unterhalt bekommst du trotz Unterhaltsreformgesetz nicht. Eine Religionslehrerin an staatlichen Schulen muss aktiv für die Zivilehe werben.
36 Die Söhne haben die Pflicht, auf ihre Schwestern und die jüngeren Familienmitglieder zu achten.
A: Zu achten? Wohl zu überwachen, zu gängeln. Das ist schlimm genug und muss besprochen werden. Es muss aber auch geändert werden, und dafür wäre Kaddor zuständig.
K: Die Kinder, nicht nur die Söhne, haben sogar die eigene Mutter zu überwachen. Vormoderne Islampädagogik: Als Junge sollst du lernen, die Frauen zu bewachen, zu kontrollieren. Darum schreit der Vierjährige alle zwei Minuten mit ’Anäää’ nach seiner Mutter, um sie an der unsichtbaren Leine zu halten. Das ist durchaus auch in ihrem Interesse, denn wenn sie sich um ihn kümmern muss hat sie, für alle Nachbarn erkennbar (das Alarm-Quengeln ist verstummt) keine Gelegenheit gehabt, auf „unkeusche“ Gedanken zu kommen.
A: Bei kleinen Seehunden auf der Sandbank sagt man ’Heuler’.
K: Man stelle sich nun vor, mehrere dieser kleinen Robben bewohnten deine häusliche Nachbarschaft, die im Wechselgesang bzw. Kanon die Ehre der jeweiligen züchtigen Hausfrau akustisch umsetzen würden. Jetzt muss ich aber ernst werden: Drei Viertel der Ehen dieser Mütter sind ’arrangiert’, also erzwungen. Leicht erklärlich, dass diesen permanent überwachten und von ihren Nachbarinnen wegen des Lärms kritisierten, wahnsinnig genervten Frauen zehn oder auch zwanzig Mal täglich ’die Hand ausrutscht’. Kaddors an Koran, Scharia und Fatwen orientierte Islampädagogik wird zu einer Änderung dieses häuslich-erzieherischen Elends auch nicht viel beitragen. Die Noch-Kinder werden wohl in einigen Jahren ebenfalls überwiegend zwangsverheiratet werden.
36 Wer eine Familie zerstört, dem gebührt keine Ehre
A: Kaddor orakelt, kultursensibel und differenziert, zum Ethos der orientalischen Ehrenmordmilieus. Sie stellt sich den aufklärungshumanistisch geprägten (in Europa zumeist nichtmuslimischen) Lehrerinnen und Lehrern gegenüber als die Kenntnisreiche dar, die Kundige, doch versäumt es, sich dazu zu bekennen, mit aller Kraft gegen die Logik des Patriarchats und die Kerkermauern der Festung Großfamilie anzureden und zu erziehen. In der Hand hält sie den Koran, die Hadithen und ein paar Fatwas. Sie verwendet keine indirekte Rede, nichts an ihren Aussagen verrät uns die Fähigkeit zur Außenansicht.
Sie wird kleine Patriarchinnen und Patriarchen erziehen und ist ganz empört, wenn jemand sagt, zwischen ’Ehrenmord’ und Islam bestünde ein Zusammenhang. Sie ist vielleicht schlicht unfähig, den Zusammenhang zu sehen, der zwischen der koranischen Prügelerlaubnis oder der die Frau entrechtenden nikāh-Ehe und der familiären Gewalt in muslimisch geprägten Familien besteht.
K: Habe ich das richtig versanden: „Wer eine Familie zerstört, dem gebührt keine Ehre“, sagt die Lehrerin aus Dinslaken-Lohberg? Wie meint sie das? Kerem Sürücü meldete seine begabte sechzehnjährige Tochter vom Berliner Gymnasium ab und zwang sie in eine Ehe in Kurdistan, ist das „ehrenhaft“? Hatun musste wegen Streitigkeiten mit dem Ehemann und dessen streng religiöser Familie hochschwanger zurück nach Deutschland flüchten. Weil sie sich gegen dieses Unrecht wehrte, „zerstörte sie die Familie“?
Diesen Schaden richtete doch eher Vater Kerem an, der die aussichtsreiche Zukunft der Tochter und gegen die falsch verstandene familiäre Ehre eintauschte. „Schande“ habe die junge Mutter über die Großfamilie gebracht, ihr jüngster Bruder als ihr bestellter Mörder wurde mit einer goldenen Uhr belohnt. Auch die an der Tat beteiligten anderen Brüder werden in dieser Familie und von der patriarchalischen sozialen Umgebung als „Helden“ gefeiert. Die Brüder hätten die „besudelte Ehre“, den die „unsittliche Schlampe“ durch ihr „deutsches“ Verhalten zu verantworten hätte, „rein gewaschen“. Die männlichen Täter haben in Wirklichkeit die Großfamilie zerstört und dem kleinen Can die Mutter genommen, damit gebührt ihnen aus pädagogischer wie aus freiheitlich-demokratischer Sicht keine Ehre. Zu allem Überfluss und islamrechtlich korrekt beanspruchten sie vor dem deutschen Familiengericht das Sorgerecht für Can, das ihnen allerdings verweigert wurde.
36 Verhält sich die Frau oder Tochter unsittlich, so bereitet sie nicht nur der eigenen Familie Schande, sondern gleich der ganzen Großfamilie. (…) Die Angst des Mädchens, lebenslang mit dem Image einer „Schlampe“ leben zu müssen (…)
K: Was versteht die islamische Theologin unter unsittlich, was unter Schande, klärt sie ihre Schülerinnen und Schüler über diese vormodernen Ansichten auf?
37 … wenn ein muslimisches Mädchen einen nicht-muslimischen Freund hat. Die Mädchen in solchen oder ähnlichen „schandhaften“ Liebesbeziehungen kommen gelegentlich sogar durch so genannte Ehrenmorde ums Leben.
K: Das schariarechtliche Schwerverbrechen, einen Menschen zu lieben. Islam pur. Kaddor will den Übertritt des Mannes zum Islam, dessen Zwangskonversion?
A: Der Mann würde lebenslang sagen, freiwillig konvertiert zu haben. Wie heißt es doch so schön: Es gibt keinen Zwang im Glauben. Das ist vormodern, eine Art Kastensystem, der Islam muss auch an dieser Stelle reformiert werden, die muslimisch erzogene Tochter muss einen Nichtmuslim heiraten dürfen, der, und dessen noch ungeborenes Kind, nicht als Muslim leben muss.
K: Zunächst muss sie ihren Ehepartner überhaupt selbst aussuchen dürfen, der wali-Heiratsvormund ist ein Indikator für fehlende Gleichberechtigung.
37 So genannte Ehrenmorde. Das sind jedoch äußerst seltene Fälle.
A: 08. Dezember 2008, in Essen erschlägt ein türkischer Mann seine Ehefrau, er hatte seine deutschstämmige Frau oft misshandelt und war von der Polizei mit einem Hausverbot belegt worden, Kinder: mindestens ein Sohn. 16. Dezember 2008, in der Dorstener Innenstadt wird eine vor Tagen bereits ins Frauenhaus geflüchtete Muslima nahezu geschächtet, ihr Mann hat ihr mit einem Messer die Kehle aufgeschnitten, so dass sie stirbt, zwei Kinder, Tochter 6, Sohn 8 Jahre alt. 01. Januar 2009, eine Achtzehnjährige wird von ihrem „nach türkischem Recht“ (Imamehe?) angetrauten türkischen Cousin und Ehemann auf einem Feldweg in Gütersloh-Harsewinkel erstochen und anschließend mit dem Auto überfahren. 03. Januar 2009, eine Berliner Lehrerin, möglicherweise Importbraut, wird von ihrem Ehemann erschossen, 2 Töchter aus erster Ehe (24, 27). Islam in Deutschland: Ehrenmord über Ehrenmord, vier Ehrenmorde in den letzten zehn Wochen, Dunkelziffer unbekannt. „Äußerst seltene Fälle“ (Kaddor).
37. Diese so genannten Ehrenmorde sind kein islamisches Phänomen, man findet sie beispielsweise auch in christlich geprägten Ländern Südeuropas.
K: Es mag sein, dass auch in nicht islamisch geprägten Gebieten der Erde solche abscheulichen Verbrechen möglich sind, Hinduismus und Jesidentum sind zu nennen, die Milieus der Roma. Was unternimmt der Islam gegen diese Untaten in den eigenen Reihen? Wie begegnet die islamische Religionspädagogin Kaddor diesem „Phänomen“? Nur zu behaupten, dass habe nichts mit dem Islam zu tun ist mir zu wenig.
A: Tote Frauen als Phänomen zu bezeichnen, was für eine Geschmacklosigkeit und Pietätlosigkeit.
K: Was würde Frau Kaddor beispielsweise zu einer Aussage erwidern, wie sie die Nachbarin der von ihrem Bruder, sicherlich ganz im Sinne der Familie Obeidi ermordete Schwester und Tochter Morsal vor der Kamera sinngemäß tätigte: „Die Familie hatte in schweres Problem, sie musste handeln.“ Morsal hat für die Nachbarin noch nicht einmal einen Namen, ihr ’ehrloser’ Name ist ausgelöscht, der Name des Stammes ist wieder makellos.
37 [Schule statt Familie] Jungen müssen gegenüber den Mädchen ein neues Rollenverständnis gewinnen.
K: Die beschriebenen Vorstellungen von Geschlechterrollen und traditionellen Familienhierarchien sind, allerdings, den Anforderungen des beruflichen, schulischen und privaten Lernens abträglich. Privatsphäre und persönliche intime Rückzugsräume, persönliches Eigentum auch als Kind oder gar Mädchen ist in traditionalistischen muslimischen Familien im Maghreb, in Köln, Kleinasien oder Duisburg unüblich. So ist es völlig normal, dass die ältere Schwester sich ungefragt im Kleiderschrank der jüngeren bedient, die kleine Tochter dürfte ihrerseits nicht einmal wagen, die Schranktür der Großen zu öffnen. Abschließbare Zimmer oder Schränke gibt es nicht. Taschengeld ist weithin unbekannt, wenn überhaupt, haben die Männer der Familie Zugang zu Geld.
Dem familienseits erwünschten Umstand, dass beim Einkaufen der Bruder das Portemonnaie hat und für die (große) Schwester (mit) bezahlt, wäre eine gleichberechtigte Lebensweise entgegen zu setzen. Der Koran kann da keine Orientierung geben. Wir sehen, wie deutschtürkische Mädchen zwischen 6 und 16 Jahren für jedes Kaugummi und jeden Bleistift bei ihrem (nicht selten jüngeren) Bruder um ein paar Münzen betteln müssen, die der Pascha meist noch nicht aus der Hand gibt, sondern an der Kasse an der Schwester vorbei dem Kassenpersonal aushändigt.
A: Männersache, im Islam ist Geld Männergeld. Es gibt in Europa muslimische Einwandererfamilien, in denen die Frauen als einzige arbeiten und den Männern Jahr für Jahr ihren Monatsverdienst abgeben, ohne im Alltag auch nur einen Euro in der Hand zu haben. In den Herkunftsländern haben (die) Frauen grundsätzlich kein Bankkonto, das dürfte hier oft nicht viel anders sein.
K: Wer Mädchenarbeit macht, soll dafür sorgen, dass jedes Mädchen ihr eigenes Konto bei der Sparkasse eröffnet und lernt, ihre finanziellen Ressourcen einzuteilen, bei Plünderungsgefahr durch höherrangige Familienangehörige eben ohne Wissen der Familie.
A: Bei Jungen und jungen Männern mit muslimischem Elternhaus sind Verschuldung und Spielsucht ein Problem, bei Erwachsenen die betrügerischen Konzepte von Spareinlagen oder Anteilsscheinen wie Yimpaş oder Kombassan. Wir Sozialpädagogen sollten zudem gegen schariakonforme Geldanlagen explizit Reklame machen dürfen, dürfen es aber arbeitsrechtlich meist nicht.
K: Die mittelalterlichen Geschlechterrollen, die sich an märchenhaften Prinzen und Prinzessinnen in Bagdad oder im alten Istanbul orientieren, taugen nicht für Werkstatt, Hochschule oder Großraumbüro.
A: Koransuren und Hadithen entstammen aus einer Kultur und Epoche, die sehr frauenfeindlich geprägt war und zum heiligen Hass auf alle Nichtmuslime aufrief. Die Salafisten, Muslimbrüder, Milli-Görüş-Freunde und Fatwa-Konsumenten orientieren sich ins sittliche und menschenrechtliche Mittelalter. Da muss in der Tat ein „neues Rollenverständnis“ (Zitat Kaddor) her. Völlig fern scheint Lamya Kaddor dem Geist von Sayyid Qutb und Yūsuf al-Qaradāwi jedoch nicht zu stehen, für die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 wirbt sie jedenfalls nicht gerade aufdringlich, ihr Schweigen könnten wir als wortlose Zustimmung zum ’Schariavorbehalt’ über die universellen Menschenrechte und die deutschen Grundrechte deuten.
38 (….), was bei Anerkennung der Unterschiede beider Geschlechter Gleichberechtigung bedeutet.
K: Ja klar, nach der Geschlechterideologie der Scharia ist Gleichberechtigung Sünde. Kaddor will die Geschlechterapartheid an Deutschlands staatlichen Schulen lehren. Kaddors Menschenbild, speziell Frauenbild, steht im Einklang mit der Kairoer Erklärung der Menschenrechte von 1990. In Artikel 6 heißt es dort: „Die Frau ist dem Mann an Würde gleich. Sie hat Rechte und Pflichten“, das ist Nebeldeutsch sprich taqiyya, nur die dem Mann in allen Lebensbereichen unterworfene Frau habe „Würde“. Nach dem Koran erbt die Frau nur die Hälfte von dem, was ein Mann erbt. Kaddors Šarī’a = die Scharia schreibt vor, dass die Aussage einer Frau vor Gericht nur halb so viel gilt wie die eines Mannes. In Staaten wie Iran oder Pakistan wird es einer Frau kaum möglich sein, eine Vergewaltigung anzuzeigen, weil sie die dafür nötigen vier männlichen Zeugen nicht aufbringen können wird, vielmehr läuft sie Gefahr, der Verleumdung und zudem noch des Ehebruchs angeklagt zu werden. Das bedeutet in Ländern mit umgesetztem Scharia-Strafrecht die öffentliche Auspeitschung und die mögliche Steinigung.
Die Kairoer Erklärung umgeht, vermeidet bewusst das Wort Gleichberechtigung, sie will keine Gleichberechtigung, und genau so, schariagetreu, sieht es Lamya Kaddor. Artikel 24 regelt den absoluten Schariavorbehalt, Artikel 25 den absoluten Vorbehalt der Scharia über jede Judikative und Exekutive.
A: Das freiheitlich-demokratische Prinzip der Gewaltenteilung ist im politischen Islam aufgehoben, zudem darf es „Gleichberechtigung“ nur in den Grenzen von Allahs „Pflichtenlehre“ namens Scharia geben. Schariatreu statt verfassungstreu, Kaddor will die sexualpolitische und ordnungspolitische Scharia, Kaddor will das Kalifat.
38 [Auch muslimische] Mädchen [können in der deutschen Schule ein] unbefangenes Miteinander der Geschlechter entwickeln.
K: Da stimme ich Frau Kaddor völlig zu, allerdings unter der Bedingung, dass Schule auch für Schülerinnen kopftuchfreie Zone ist. Dann nämlich ist das Klassenzimmer tatsächlich ein Experimentierfeld und zugleich geschützter Raum, in dem für alle Mädchen und Jungen (nämlich auch die nichtmuslimischen) ein unbefangenes Rollenlernen möglich ist.
A: Eine Geschlechtertrennung darf allenfalls aus pädagogischen Gründen beispielsweise gelegentlich innerhalb der Sexualkunde genutzt werden, zeitweise im Sport und eventuell und zeitlich sehr begrenzt in naturwissenschaftlichen Fächern, niemals aber grundsätzlich.
38 Beide Eltern, Mutter und Vater müssen den Kontakt zur Schule pflegen und an den Elternpflegschaftssitzungen teilnehmen. Trotz mancher Sprachprobleme (…)
K: Volle Zustimmung! „Sprachproblemen“ lässt sich abhelfen, in dem man Deutsch lernt. Doch sollten diese Kurse ebenfalls möglichst nicht geschlechtergetrennt abgehalten werden und auch nicht in der Moschee stattfinden. An diesen Sprachkursen sollten immer auch nichtmuslimische Menschen teilnehmen. Unter der Voraussetzung, dass auch nichtmuslimische Frauen teilnehmen und der Kurs nicht im islamischen Gotteshaus stattfindet, unterstütze ich auch Sprachkurse für Mütter, die wie in allen Familien die Vermittlerinnen der Muttersprache wie auch der Zweitsprache Deutsch sind.
38 Beim Eintritt in die Schule wie beim Übergang zu anderen Schulen bedarf es der sorgfältigen Vorbereitung und sensiblen Wahrnehmung der Besonderheiten und Erwartungen aller Eltern und ihres sozialen und kulturellen Hintergrundes.
K: Das ist Kulturrassismus oder mindestens Kulturrelativismus, . Dass Pädagoginnen und Pädagogen professionell vorbereitet sind, sollte außer Frage stehen, die „Besonderheiten und Erwartungen aller Eltern“ sollten unabhängig von Religion und kulturellem Hintergrund anhand von aufklärungshumanistischen, wissenschaftlichen Kriterien sensibel wahrgenommen werden. Auch das gehört zur Professionalität.
A: Unterstellt Kaddor universalistisch Denkenden, „unsensibel“ (Kaddor) zu sein? Jaja, kultursensibel, islamsensibel, der antidemokratischen Scharia gegenüber duldsam, dem Kalifat zugeneigt …
40 Mann und Frau sind aus koranischer Sicht gleich und werden von Gott als Seine Geschöpfe gleich und gerecht behandelt bzw. beurteilt
A: Koran und Scharia verpflichten jeden Muslim zur Ungleichbehandlung von Mann und Frau, damit tut solches auch der Islam, denn einen anderen als den orthodoxen (politischen) Islam gibt es leider erst in Ansätzen (wie etwa Tibi und Kalisch). Die Säkularisierung dieser Religion steht noch bevor, Kaddor will zu dieser Modernisierung und Demokratisierung offensichtlich nichts beitragen.
K: Kaddor ist offensichtlich nicht willens oder in der Lage, Dogma und Orthodoxie des Islam zu kritisieren. Auch zu dieser ’Außenansicht’ müsste sie aufrufen.
40-41 Koran 4:34 [der so genannte Prügelvers]
K: Die textgläubige Muslima Lamya Kaddor sollte Geschichtswissenschaften grundsätzlich den Historikern überlassen. Asbāb an-nuzūl ist keine Wissenschaft, sondern kenntnisreiche Spekulation im Einklang mit der Scharia. Zu welcher der beiden erwähnten Interpretationen der Sure 4:34 sich die / der Gläubige auch immer entscheiden mag, das Schlagen der Ehefrau ist eine Körperverletzung nach StGB und damit strafrechtlich relevant. Die Aufklärung ist sehr wohl auf den Islam übertragbar, beispielsweise durch die historisch-kritische Methode. Fundamentalistinnen wie Kaddor verhindern das jedoch. Deutschlands erste Ausbilderin von künftigen islamischen Religionspädagoginnen und ‑pädagogen zwingt eben auch die Wissenschaften wie Geschichte, Psychologie und Pädagogik unter das Dogma des Schariavorbehalts.
A: Ebenso die Religionswissenschaft. Kaddor unterschlägt uns, dass es die fünfzehn Jahre ältere, zunächst nichtmuslimische Heidin Chadīdscha gewesen ist, Speditionskauffrau und seine Arbeitgeberin übrigens, die den jungen, talentierten Mohammed ehelichte. Vor dem ersten subjektiven Offenbarungserlebnis im Jahre 612 gab es auf der arabischen Halbinsel sehr verschiedene Formen von Stammes-Eherecht (monogam, polygam, geehelichte Sklavin, Genuss-Ehe) bzw. monogam jüdischer oder christlicher Eheschließung, und es ist vermutlich Gräuelpropaganda, zu behaupten, „die polytheistischen Araber“ hätten dauernd tote Neugeborene begraben und bei ihnen wären Frauen rechtlos, mittel- und besitzlos gewesen. Dass der Islam bis heute die Polygamie, richtiger Polygynie grundsätzlich pflegt, erklärt Kaddor flugs zur frühmittelalterlichen Sozialreform. Die institutionelle Entrechtung der Frau in jeder heutigen Imam-Ehe ist der Pädagogin keine Silbe wert. Sie will Deutschlands aus muslimisch geprägtem Elternhaus stammenden Kinder und Jugendliche, orientiert an den Leitsignalen der Hadithe und Fatwen, den (wörtlich) „gebahnten Weg (zur Tränke)“ der Scharia zurück ins angeblich makellose asr as-saadet, ins Zeitalter der Glückseligkeit schicken. Die Dame ist reaktionär ausgerichtet und ein Gott namens Allah ist ihr, absoluten Gehorsam fordernder und damit politisch relevanter, Gesetzgeber. Sie lehrt damit nicht Religion, sondern absoluten Gehorsam, Politreligion.
42 Frauen, die ihr Haus nur dann verlassen, wenn es nicht mehr anders geht (Arztbesuche, Elternsprechtage etc.), bei denen die Ehemänner den ganzen Tag für den Lebensunterhalt arbeiten. Die Frau bewegt sich allein bzw. ohne Erlaubnis ihres Mannes nicht aus dem Haus. Doch solche Verhältnisse findet man nur noch relativ selten vor.
A: Die dem Männerrecht radikal unterworfene Frau ist, ob in Kairo, Dubai oder Duisburg-Marxloh, gleichsam eingemauert, jeder öffentliche Platz ist männerbündische Zone. Kaddor lehnt dieses durchaus islamische Konzept nicht hörbar ab.
K: Kaddor marginalisiert und bagatellisiert. Aus meiner Erfahrung als Sozialarbeiterin kann ich ihre Aussage, das Verbannen der Frau in den häuslichen Bereich käme selten vor, nicht bestätigen. Ich erlebe junge Mütter in der Öffentlichkeit nur, wenn sie ihre rollentypischen Aufgaben erledigen: Einkaufen, das Kind zum oder vom Kindergarten begleiten, sich in Mütterkursen aller Art mit Frauen treffen. Männerfreie Zone, schariakonform. Bei Elternabenden, Schulfesten oder auf dem Fußballplatz fehlen sie. Bei der Polizei, auf dem Jugendamt, bei Anmeldung zur Schule dürfen sie allerhöchstens den Mann begleiten – und schweigen, auch wegen ihrer schlechten Sprachkenntnisse.
42 [neuerdings gebe es junge muslimische Liebespaare, die] händehaltend durch die Fußgängerzonen laufen und sich sogar den ein- oder anderen Kuss geben.
K: Nie gesehen, Kaddor kann nicht in Nordrhein-Westfalen wohnen. Allerdings sieht man in Deutschland seit Jahrzehnten immer wieder, dass muslimische Jungen und junge Männer sich ein einheimisches jedenfalls nichtmuslimisches Mädchen „angeln“, Russinnen und Tschechinnen bevorzugt. Die Familienprinzen spielen, öffentlichkeitswirksam, gerne den Gigolo und Gockel, und drängen die Mädchen der Ungläubigen, die ihre Rolle in der islamischen Community nicht kennen, in die jeder Frau angeblich naturgegebene Rolle der ewigen Verführerin.
42 Mädchen helfen nach der Schule im Haushalt, [für] Jungen beginnt die Freizeit: In einigen Familien hat die Frau als Hausfrau und Mutter zu funktionieren, der Mann sich um den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen.
K: Und das soll so bleiben? Die kulturelle Moderne oder Europa im 21. Jahrhundert stellt jedem Individuum eine selbst entworfene Biographie. Nur den Musliminnen nicht?
A: Und was ist mit den muslimischen Männern, haben sie in den nächsten Jahrzehnten keine andere Perspektive, als Hüter der fraulichen Tugend und Wegbereiter des Kalifats zu sein? Sicherlich hat ein männliches oder weibliches Individuum (in grundgesetzlichen Grenzen) das Recht, im selbst verantworteten geistigen Mittelalter zu leben. Hoffentlich kommt es da auch bald wieder heraus, vielleicht über die Selbsthilfegruppe der ’Fundamentals anonymous’ oder eine Flucht ins Männer- oder Frauenhaus.
K: Die Möglichkeit, sein bisheriges Lebenskonzept zu ändern, sieht der Scharia-Islam bei Gefahr an Gesundheit und Leben nicht vor. Wo bleiben da Selbstbestimmung, Partizipation und Chancengleichheit? Diese Werte sind uns freiheitlichen Demokratinnen und Demokraten wichtig.
43 Da es jedoch zu einem islamischen Leben gehört, sich nicht gegen die Eltern aufzulehnen
K: Wo bleibt da die Erziehung zur Außenansicht, Frau Kaddor? Das sollen religionsmündige Menschen werden, die noch nicht einmal Papi und Mami geschweige denn Koran und Scharia kritisieren dürfen? Wenn wir einmal von nur 25 % Zwangsehen unter Deutschlands Türkinnen und Türken ausgehen, müssen diese jungen Menschen dann dem elterlichen Willen islamisch Folge leisten? Wie soll bereits zwangsverheirateten oder zwangsverlobten Schülerinnen, die künftig bei von Frau Kaddor ausgebildeten islamischen Religionslehrerinnen und ‑lehrern im Unterricht sitzen werden, der Weg in eine Beratungsstelle oder gar die Flucht in ein Frauenhaus gelingen? Was sollen sie von Mädchen und Frauen halten, die die sich dem Elternwunsch und damit wohl der islamischen Pflichtenlehre nicht fügen? Können solche Jungen und Mädchen um ihre Freiheit kämpfen?
A: Scheinheilig vermeidet die Autorin die indirekte Rede. Wir dürfen ihr bis auf weiteres unterstellen, diese Haltung des absoluten Gehorsams pädagogisch-professionell zu billigen, eine Haltung, die sie (ohne Anführungsstriche) ganz klar als islamisch bezeichnet. So etwas gibt es im Judentum oder Christentum wohl seit Jahrzehnten lediglich in ultra-konservativen und gottlob winzigen Milieus.
43 Bulimie und Magersucht [unter muslimischen Mädchen in Deutschland] gehören mittlerweile zum Tagesgeschäft für Sozialpädagogen
K: Ja, Essstörungen sind eine Form von Autoaggression und wie das sogenannte Schlitzen in der Tat auch unter muslimischen Mädchen und Frauen verbreitet. Dazu gehören jedoch auch Adipositas und, in der Folge, Diabetes.
A: Die Kausalität von Fundamentalismus und Essstörung beziehungsweise Patriarchalismus und Essstörung sieht Kaddor nicht.
K: Lieber Jacques, du gibst mir das Stichwort. Anorexie bringen Psychologinnen und Psychologen mit Ablehnung der subjektiv verhassten Frauenrolle in Verbindung. Die sekundären Geschlechtsmerkmale bilden sich nicht jahrelang nicht voll aus oder sogar zurück, manche haben mit siebzehn oder achtzehn ihre Menarche noch nicht. Unter Bulimie leiden meistens extrem ehrgeizige oder perfektionistische Mädchen und Frauen, die sich dem Erwartungsdruck in der Familie wie in der Community, uneingestanden, nicht gewachsen fühlen. Dann gibt es noch Islam und Frustfressen, gerade bei der auferlegten Bewegungsarmut problematisch.
A: Den jungen Männern steht die Möglichkeit offen, zur lokalen Rauschgiftmafia oder in den terroristischen dschihād zu ziehen, um ihre nicht bewältigten pubertären Konflikte zu lösen. Bei der HAMAS Kassam-Raketen auf Sderot abfeuern statt mit Papa heftig zu diskutieren.
43 Wie finden alle die gleiche Anerkennung, unabhängig von der durch das Geschlecht bestimmten Rolle
A: Warum soll ich den dezidiert misogynen islamischen Macho genau so wertschätzen wie den männlichen Gleichheitsfeministen?
K: Spötter könnten sagen, ’wo ist das Problem’? Selbstverständlich bekommen alle kopftuchtragenden Muslimas die gleiche Anerkennung der muslimischen Lehrerin und des muslimischen Lehrers. Alle nichtkopftuchtragenden Mädchen bekommen ebenfalls innerhalb dieser Gruppe das gleiche Maß an Anerkennung. Doch beide Gruppen eben nicht dieselbe! An unterster Stelle stehen die Nichtmuslime. Frauenrechte sind im Islam niemals universell.
A: Scharia ist Ungleichbehandlung. Kaddor sagt (zwar) Geschlechtsrolle doch meint sie vermutlich Scharia-Geschlechtsrolle. Wir dürfen und müssen jedoch ein Denksystem diskriminieren, das seinerseits diskriminiert.
45 Von der Grundschule an genießen die Mädchen von vielen Lehrerinnen und Lehrern, nicht zuletzt wegen ihrer schnelleren Entwicklung, größere Aufmerksamkeit, Anerkennung und Förderung in fachlich-inhaltlicher Hinsicht.
K: Wenn das so wäre, dann wäre das nur ein weiterer Beweis dafür, dass die Gender-Thematik eben universell ist.
A: ’Christenkinder’ und ’Heidenkinder’ behandeln wir gleich, ebenso hell- und dunkelhäutige. Auch zwischen Muslimkindern und Exmuslimkindern machen wir keinen Unterschied. Die Chancengleichheit für Mädchen und Jungen zu gewährleisten, bedarf in jedem Bereich der Pädagogik ständiger Selbstkritik und Korrektur, ohne religiöse Rechtleitung. Quelle und Maßgabe für ein jedes Reflektieren über das ’soziale Geschlecht’ (gender) ist die Wissenschaft, nicht Allahs Pflichtenlehre. Der von Politik (Wolfgang Schäuble, Thomas Kufen, Armin Laschet), Kirche (CIBEDO), Lehrergewerkschaft (GEW, ver:di) und Islamverbänden heiß ersehnte islamische Religionsunterricht an staatlichen Schulen muss unter einem Wissenschaftsvorbehalt stehen, nicht jedoch Wissenschaft und Lehre unter Schariavorbehalt.
K: Kaddors Beobachtung teile ich nicht. Gerade die im Durchschnitt eineinhalb Jahre früher einsetzende körperliche Reife verleitet die Mädchen, im Unterricht abgelenkt zu sein und verliebt ihren Tagträumen nachzuhängen oder Pop-Stars nachzueifern und in Bezug auf den Kleidungsstil zu kopieren. Das ist der Stoff fürs Getuschel unter den Mädchen, in den Pausen wie im Unterricht. Außerdem glaube ich nicht, dass Mädchen in den naturwissenschaftlichen Fächern die nötige Unterstützung bekommen.
45 Rolleneinstellung
K: Könnte die “Rolleneinstellung” etwa durch den Besuch in der Koranschule mitverursacht sein, in welchem die bei Ralph Ghadban wiedergegebenen Hadithe gelehrt werden, die jede Frau nicht nur als teuflische Verführerin, sondern auch als geistig schwaches Wesen darstellen?
45 Bei allem Eingehen und Reagieren auf mitgebrachte und im Verhalten erkennbare Rolleneinstellung darf nicht der Eindruck entstehen, dass von allen verlangt wird, sich der aktuellen, hier gültigen Norm unterzuordnen. Bei den Jungen und Mädchen soll ein Verhalten überwunden werden, das die eigene Teilhabe (…) und eine selbstbestimmte Entwicklung erschwert.
K: Dieser Satz ist ein weiteres Beispiel für Kaddorsches Nebeldeutsch.
A: Oder Doppelsprech, so denn nebenbei ruft sie ja möglicherweise zum Sturz der grundrechtlichen Normen auf, ohne das man ihr das nachweisen könnte. Wie kann Thomas Kufen so einen, jede Logik verhöhnende Provokation unterzeichnen und in seinem Ministerium drucken lassen.
K: Koran und Scharia sind über tausend Jahre alt. Die „aktuelle, hier gültige Norm“ (Kaddor) ist das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, und der haben sich selbstverständlich „alle unterzuordnen“, auch Frau Kaddor.
46 Kleidungsvorschriften im Islam [legen Koran und Hadithe d. h. legt die Scharia fest].
A: Der Rest der Menschheit hat mitbekommen, dass der Islam seine Angehörigen, besonders die weiblichen, einem geheiligten Reglement von Kleidungsvorschriften unterwirft, das theologisch als ’naturhaftes, natürliches’ Sittengesetz dargestellt werden muss. Nichtmuslime sind damit eben auch kleidungsbezogen unsittlich lebende Menschen. Wie im indischen Kastensystem die Brahmanen die edelste aller Menschengruppen darstelle und diesen Anspruch auf moralisch-religiöse Führung der Gesamtgesellschaft gelegentlich in der, strukturell exklusiven, Kleidung widerspiegeln lässt, zerteilt die so genannte islamische Kleidung die Menschen verschiedener Religionen sichtbar in Muslime und Nichtmuslime.
Im Laufe der Jahrhunderte mögen sich grundlegende Kleidungsweisen geändert haben, dem Islam geht es nach wie vor um das Bekunden der sittlichen Andersartigkeit, um eine selbst gewählte Abgrenzung von den Nichtmuslimen. Islamintern wird das Individuum in das Korsett des schariatischen Wohlverhaltens gezwungen, eine Kritik an der angeblich von Allah geschaffenen ’islamischen Kleidung’ steht dem männlichen Muslim wie der Muslima nicht zu.
Männerkleidung und Frauenkleidung sind nach Scharia und orthodoxer Geistlichkeit ganz unterschiedlich, denn geradezu konzeptionell ist bereits ein der Kleidungsnorm zugrunde liegender, angeblich natürlicher (fitra) Schambegriff gender-gespalten. Es geht also einerseits um Abgrenzung von den Nichtmuslimen, dann um die Geschlechterideologie der radikalen Spaltung in männlich und weiblich, es geht um die Ideologisierung des Frauenkörpers.
K: Wieder und wieder erschwert die angeblich religiös legitimierte, selbst gewählte Fremdheit die gelingende Integration. Außerhalb des Islam ist (heutzutage) es in dieser Radikalität nirgends üblich, die Gruppe der anders Denkenden und anders Glaubenden derartig zu diskriminieren. Jeder Mensch hat seinen subjektiven tabubehafteten Schambereich, seine Intimzone, in der Regel geht es um Bedeckung der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale. In der aufgeklärten Moderne gibt es Zonen wie Sauna und FKK-Strand, in denen aus medizinischen oder persönlichen Gründen auch diese Tabus nicht gelten. Das wäre im Kontrollbereich des orthodoxen Islam leider nach wie vor nicht denkbar.
A: Politischer Islam und Kleidung: Die Scharia-Gesellschaft ist immer Gegengesellschaft. Der Kleidungsdschihad als Krieg gegen die kulturelle Moderne zielt auf Sonderrechte für „die Muslime“ und will die schariatisch segregierten Siedlungen und Lebensweisen, will die politreligiös aus islamischer Sicht letzten Endes stets zu verhindernde Empathie und Solidarität der Gesamtgesellschaft.
K: Nicht nur darum geht es, wie der völlig ernst gemeinte Begriff Schamtuchträgerin des Feridun Zaimoğlu (2007) belegt, der eigentlich von Schande-Tuch hätte sprechen müssen, denn das Gegenteil von Ehre ist nicht Scham, sondern Schande. Die von der Scharia vorgeschriebene Intimsphäre der Männer reicht von Bauchnabel (einschließlich) bis zu den Knien (auch einschließlich), umfasst damit etwa 30 % des Körpers. Die Frau jedoch darf nach Auffassung der weltweiten islamischen Geistlichkeit eigentlich nur Hände und Gesicht zeigen und eventuell die Füße, damit sind etwa 95 % ihres Körpers schariatisch zu bedecken. Die Frau sei mit dem Teufel im Bunde und Zwietracht verbreitende Verführerin. Die Kleidungsordnung bejaht nicht nur die patriarchalische, fundamentalistische Doktrin der Dichotomie zwischen Mann und Frau, es geht auch um den Konkurrenzkampf Frau gegen Frau, nämlich reine, verschleierte Frau gegen die unzüchtige Frau mit offenen Haaren. Zickenterror in der ’Religion des Friedens.’
A: Du hast recht, Ümmühan, die aufgezwungene, ’sittsam zu fühlende’ so genannte islamische Scham ist ein Trick schwarzer Pädagogik, der die permanent drohende soziale Exklusion moralisch legitimieren soll und irgendwann zum islampädagogisch gewünschten Selbstekel führt. Scham wäre innengesteuert (gehört auch gar nicht zu den Grundemotionen nach Plutchik), doch es geht um Gesichtsverlust für den Clan (!), um Ansehensverlust der Menschen im nahen sozialen Umfeld durch die Menschen des weiteren Umfeldes aufgrund eines vermeintlichen Schmutzflecks im Kollektiv. Auch Zaimoğlus Begriff von Scham verschleiert, dass es um die emotionale Innenwelt eines Individuums gar nicht geht, bedroht ist der (gewaltsam außengesteuerte) Status einer kleinen Kette von Menschen, die ihrer Pflicht als Sittenwächter nicht nachgekommen sind.
K: Allahs Haarspaltereien sind kein Scherz, es gehe um die Ewigkeit, um deinen Platz im Himmel … oder in der Hölle.
47 Auffällig ist, dass manche Mädchen sich erst nach der Heirat als Frau ansehen bzw. gesehen werden und sie dann zum Zeichen des Verheiratet-Seins ein Kopftuch aufsetzen.
K: Diese Kleidungsgewohnheit würde dem alten europäischen „unter die Haube kommen / bringen“ entsprechen. Die bei Kaddor erwähnte islamische Verhaltensweise ist jedoch selten geworden. 1973 und 1974, zu Woodstock-Zeiten, trugen meine weiblichen türkischen Verwandten in Deutschland ihr Haar offen, auch manche türkisch-muslimischen Männer hatten, der Mode der Siebziger entsprechend, längere Haare. Erst seit wenigen Jahren sind Grundschülerinnen von sechs oder sieben Jahren mit Kopftuch auch in meiner Stadt zu sehen, von den weiblichen muslimischen Teenagern tragen inzwischen sechzig Prozent „türban“.
A: Warum redet Kaddor nicht davon, dass für viele muslimische Mütter nach wie vor die, letztlich sexualmagische, Menarche das Ereignis ist, die Mädchenzeit für beendet zu erklären und das Kind zur Frau? Warum verschweigt sie uns die in großen Teilen der islamisch geprägten Welt vorherrschende Einschätzung, dass ein Mädchen mit neun Jahren „Frau“ ist, ob im archaischen Jemen oder im staatstotalitären, islamistischen Iran?
48 ganz zu schweigen von den Fällen, in denen eine Frau quasi gegen ihren Willen das Kopftuch trägt. (…) Das Motiv, das dahinter steckt, ist nicht etwa, das Kind zu unterdrücken, sondern vielmehr die Liebe und Fürsorge der Eltern und der Wunsch, gottgefällig zu leben und den Qualen der Hölle zu entkommen.
K: Der Koran erwähnt das Paradies und die Hölle an vielen Stellen ausführlich. Man müsste, wie bei der Bibel inzwischen möglich, das heilige Buch der Muslime als Beschreibung historischer Menschenbilder, Gesellschaftsformen und Lebensweisen verstehen, an die eigentümliche Hoffnungen und Ängste gebunden waren und mit denen Politik betrieben wurde (man vergleiche den spätmittelalterlichen Ablasshandel).
A: Kaddor erzählt vom erweckten Bedarf etlicher Muslime, „den Qualen der Hölle zu entkommen“. Es wird Zeit, dass der Islam auf die Drohung mit der imaginierten Höllenstrafe verzichtet. Dazu müsste man allerdings den Koran nicht wortgetreu auffassen dürfen. Der Fundamentalismus ist sozusagen auf der Flucht vor Sigmund Freud (und Charles Darwin, siehe Kreationismus), eben auch der islamische.
K: Kaddor behauptet, dass das Kopftuch kein Hinderungsgrund sei, sich untugendhaft zu verhalten. Das ist definitiv falsch. Einerseits erinnert das Tuch auf dem Kopf (psychologisch wirkt es, sowohl für die Trägerin als auch für das muslimische oder nichtmuslimische Umfeld als ’mnemotechnische Stütze’) die Trägerin ständig an den einzuhaltenden koranisch-schariatischen Verhaltenskodex. Ein Mädchen mit Kopftuch muss der muslimischen Lehrerin als fromm und strebsam gelten, ein Vorurteil, das sich in den so genannten Kopfnoten der Zeugnisse niederschlagen könnte. Die nichtmuslimische Lehrerin könnte schariakompatibel manipuliert werden und, halb bewusst, zum Büttel islamischen Wohlverhaltens werden. Schlimmstenfalls könnte die nichtmuslimische Lehrerin die muslimischen Kopftuchmädchen beispielsweise zum Einhalten des Fastens auffordern oder die nichtmuslimischen Mädchen und Jungen dazu motivieren, im Ramadan solidarisch mitzufasten oder „Rücksicht zu nehmen“ und das Butterbrot heimlich zu essen – das ist in Deutschland bereits vorgekommen.
Andererseits grenzt das Kopftuch deutlich die „gläubigen, reinen“ Frauen von Weitem sichtbar von den „Unreinen“ ab. Nicht zuletzt ist die Trägerin als eine praktizierende Muslima gekennzeichnet, die der Kontrolle von wali, mahram und umma unterworfen ist. Sie geht keinen Schritt mehr unbeobachtet, ständig steht sie unter Kontrolle. Schlimmstenfalls fordern sie sogar Nichtmuslime zum Einhalten der Scharia auf, worauf Lamya Kaddors beziehungsweise Thomas Kufens Handreichung, die sich ja an Deutschlands Lehrerinnen und Lehrer beziehungsweise Kindergärtnerinnen und Kindergärtner richtet, durchaus zielt. Die Freiheit, das Kopftuch ungestraft wieder auszuziehen, besteht aus Sicht der Sunna nicht.
A: Auch die Nichtmuslime dürfen sich durch das Kopftuch beleidigt fühlen, werden sie doch durch die Scharia (Dhimmitude) als sittlich minderwertig definiert. Männliche Muslime sind durch jedes sichtbar werdende Kopftuch als triebgesteuert (Fatma Bläser) definiert und sind zusätzlich aufgerufen, die antidemokratische Ordnungspolitik der „ewigen“ (Mustafa Cerić) Scharia durchzusetzen (dschihād), sprich die kulturelle Moderne abzubauen und das Kalifat aufzubauen.
48 Betrachtet man Muslime in ihrer Gesamtheit, so stellt man fest, dass sich ihre Kleidung sehr stark nach den Ländern und den Kulturen richtet, in denen sie leben
A: Wie stark ist sehr stark, wie schwach? Kaddor versucht, zu bagatellisieren, sie will uns Kritikern von hijāb und niqāb zuvorkommen, in dem sie die Öffentlichkeit glauben machen will, irgendwie wären die Muslime hinsichtlich ihrer Kleidung angepasst. Das aber ist falsch, die islamische, kulturell segregierte Lebensweise gründet gerade auf der Kleidungs-Apartheid. Nach dem Motto: Ohne Kopftuch keine Politreligion.
K: Die in der Ausbildung islamischer Religionspädagoginnen und Religionspädagogen tätige Kaddor kennt das radikalislamische Prinzip der ’at-takfīr w’al-hidschra’ nicht, den ’Rückzug von den (Lebensweisen der) Ungläubigen als (innere) Auswanderung’, das heißt die Gründung einer an der Scharia ausgerichteten Siedlung der Tugendhaften in der minderwertigen und unmoralischen ’dār al-harb’? Da es, gerade auch nach Kaddor, ein verpflichtendes Gebot sei, sich islamisch zu kleiden, wird die „Gesamtheit“ (Kaddor) der Muslime sich einerseits stets durch (extreme) Verhüllung des Frauenkörpers von der Umgebungsgesellschaft abzugrenzen trachten und sich andererseits darum bemühen, auch die Kleidungsgewohnheiten der Nichtmuslime islamkompatibel zu beeinflussen. Die von Frau Kaddor mit dem Ziel der Verharmlosung zitierten legendären bauchfreien indischen Sari-Muslimas wird man selbst in Indien mittlerweile vergeblich suchen. Wir müssen über den gegenwärtigen Fundamentalisierungsprozess reden, der in traditionell islamischen Staaten oder Regionen wie Indonesien, , Ägypten, , oder der Türkei, stattfindet, in denen sich Polit-Scharia, Tschador und Niqāb auszubreiten beginnen. Auch diesen, nicht zuletzt frauenrechtlich bedenklichen Wandel in Richtung einer Theokratie übergeht Kaddor bei dieser Bemerkung großzügig.
48 Festzuhalten bleibt: Das Kopftuch ist für seine Trägerinnen ein Tuch, das einem bestimmten Zweck dient, nämlich aus einem freien Willen heraus Gott ergeben zu sein.
K: Im Islam soll der Mann die Frau zwingen, das Kopftuch zu tragen.
A: Frömmelei. Und Falschaussage. Gerade noch hat sie zugegeben, dass es durchaus Mädchen und Frauen gibt, die zum Kopftuchtragen gezwungen werden: Wie kann die Pädagogin aus Nordrhein-Westfalen dann diese Aussage tätigen, denn zumindest den unfreiwilligen Kopftuchträgerinnen fällt die Dame nun in den Rücken. Kopftuch bedeutet: Die Frau ist Mangelwesen, mit einem Mangel an „Bedeckung“ auf die Welt gekommen. Unter muslimischen Schariakritikern ist der Spruch geläufig: „Wollte Gott, dass die Frauen Kopftuch tragen, hätte er sie mit einem solchen erschaffen“, diese Islamkritiker könnten sogar das fitra-Konzept gegen (!) den hijāb oder gar niqāb (Gesichtsschleier) verwenden (sie sollten allerdings besser gar nicht ’islamisch argumentieren’, sondern universalistisch-aufklärungshumanistisch sprich wissenschaftlich). Bemerkenswert: Lamya Kaddor schweigt zu Tschador oder niqāb.
K: Zur Freiheit, das Kopftuch anzuziehen, gehört immer auch die Freiheit, es jederzeit ohne Nachteile und ohne Angst vor Bestrafung ablegen zu dürfen.
50 Wenn muslimische Mädchen ihre besondere Rolle und Eigenständigkeit sowie ihre religiöse Bindung durch Kleidung oder Kopftuch ausdrücken wollen, ist dies anzuerkennen und den Mitschülern gegenüber zu vermitteln; die Entscheidungen sind zu würdigen und die Schülerinnen sind vor Spötteleien und Vorwürfen zu schützen
K: Frau Kaddor macht sich … die Welt, widde-widde, wie sie ihr gefällt! Einerseits soll man nicht kulturalisieren und ethnisieren, andererseits soll es Lex Islam geben. Wo sind bitteschön die Befindlichkeiten der nichtmuslimischen Mädchen, wer berücksichtigt die? Ist die Meinung einer Tochter aus atheistischem, jüdischem oder ex-muslimischem Elternhaus, die das Kopftuch als Zeichen der Unterdrückung von Mädchen und Frauen versteht, nicht genau so zu berücksichtigen und wertzuschätzen?
Wer schützt die „christlichen Mädchen“ vor dem Mobbing ihrer kopftuchtragenden Klassenkameraden, die abwertend auf ihre nichtverschleierten Mitschülerinnen herabschauen?
Eltern, die ihre Kinder möglicherweise bewusst auf einer konfessionell nicht gebundenen Schule angemeldet haben, sehen sich in ihrem Vertrauen, dass sie in das aufklärungshumanistische Konzept einer öffentlichen staatlichen Schule gesetzt haben, getäuscht, wenn religiöse Werte und Normen das Klassenzimmer zu beeinflussen beginnen.
A: „Muslimische Mädchen in ihrer besonderen Eigenständigkeit“, ja, und evangelisch-freikirchlichen Mädchen in ihrer „besonderen Eigenständigkeit“, und russlanddeutsche oder atheistischen Mädchen oder buddhistischen Mädchen? Wir brauchen keine Sondergesetzlichkeit für ethnoreligiöse Kollektive, auch keine für kleine Jusos oder Messdiener. Schule ist der Ort der Integration, der in den jungen Menschen die Neugier auf Zwischentöne wecken soll, sie zur Selbsterfahrung und zum Dulden von Widersprüchen ermuntern soll, zum Selberschreiben einer individuellen Lebensgeschichte.
Zur Rechtlosigkeit der Islamapostaten oder Bahá’í im Iran oder in Ägypten, schweigt Lamya Kaddor, doch das Kopftuch steht eben auch für diese islamischen Realitäten. In keinem vom Islam geprägten Staat zwischen Marokko und Malaysia gibt es Pressefreiheit oder Religionsfreiheit oder universelle Menschenrechte – soll das so bleiben, sehr geehrte Frau Kaddor? Vom Konzept der Dhimma (Dhimmitude) distanziert sich Lamya Kaddor nicht. Denn auch die Dhimma wird, wie die nach Kohärenz und Totalität strebende (politische) Scharia, durch das Kopftuch versinnbildlicht.
50 Es bedarf aber der Erklärung und des Bemühens um Verständnis für Unterschiede, wenn das Kopftuch unbeanstandet bleibt, aber die Baseballkappe im Unterricht abgenommen werden soll.
K: Genau.
Richtig, bei beiden Kleidungsstücken, Kopftuch und Sportkappe, handelt es sich um Kopfbedeckungen: Wenn ich das eine verbiete, kann ich das andere nicht zulassen. Wenn wir als säkulare Lehrerinnen und Lehrer staatlicher Schulen das Kopftuch im Klassenzimmer zulassen, während wir alle anderen Kopfbedeckungen untersagen, geben wir ihm eine herausragende Stellung. Gerade wenn wir das Kopftuch als „religiöses Symbol“ und als „religiöse Pflicht“ deuten, geben wir dem textilen Konfliktstoff eine geradezu sakrale Bedeutung, was wir als professionelle Garanten der staatlichen Neutralität nicht tun dürfen. Entsprechend darf im Büro eines auf die freiheitliche Demokratie vereidigten Integrationsbeauftragten kein Bild eines heiligen Tempels an der Wand hängen, damit auch kein Foto einer Moschee, auch keines, das man geschenkt bekommen hat.
A: Du hast sehr geradlinig argumentiert, Ümmühan. Dem Fußballfan ist seine in den „heiligen“ Farben des Traditionsvereins gehaltene Mütze ja womöglich genau so kostbar wie der Konvertitinnentochter ihre hübsche Haarverhüllung. Obschon ihre Haare ja vielleicht nicht weniger hübsch sind. Doch Jungenhaare sind so hässlich nun auch wieder nicht. Es ist Schülerinnen und Schülern durchaus zuzumuten, im Klassenzimmer die Haare der jungen Leute des eigenen und des anderen Geschlechts anzugucken, ohne vor deren Schönheit den Verstand zu verlieren.
50 es kann zweckmäßig sein, die Fragen um Kopftuch und Kleidung mit den Schülerinnen einer Klasse allein zu besprechen. Die Mädchen entwickeln vielleicht untereinander eher Verständnis und können Lösungsmöglichkeiten erörtern. [Auch] könnte es geboten sein, Jungen alleine [ohne die Mädchen] auf ihr Verhalten und ihre Einstellungen [zur islamischen Mädchenkleidung und zum Kopftuch] anzusprechen
A: Werden im Mädchengespräch Jungen dämonisiert? Wird unter Jungen die der männlichen Sexualität angeblich so wesensverschiedene weibliche Sexualität und Körperlichkeit dämonisiert?
K: Aufschlussreich ist, dass die Pädagogin aus Dinslaken-Lohberg den Konfliktstoff Kopftuch in geschlechtshomogenen Gruppen diskutieren möchte. Hat sie Angst, dass die Gender-spaltenden Argumente des fundamentalistischen Islam offenkundig werden? Den nichtmuslimischen Mädchen in einer geschlechtergemischten Diskussionsrunde könnte bewusst werden, dass sie sexuelles Freiwild für patriarchalisch denkende (muslimische) Jungen und junge Männer sind. Mädchen unter sich werden womöglich eine kopftuchtolerante Position einnehmen, um die Anzahl der Konkurrentinnen zu verringern. Und die verbissen Rechtgläubigen missionieren mit da’wa an der Schule und glauben, mit dem angeblich pflichtgemäßen Kopftuchtragen persönliche hassanat, paradiesische Pluspunkte zu erwerben. An Schulen im Namen einer falsch verstandenen Toleranz geduldete so genannte islamische Kleidung für Mädchen und Frauen hat Auswirkungen auf beide Geschlechter, auf Muslime wie Nichtmuslime. Gerade auch die Jungen jeder Weltanschauung oder Religion dürfen sich nicht den Mund den Mund verbieten lassen.
A: Danke, auch die Jungen gehören zu den Opfern der Fundamentalisierung, auch wenn sie sich erfahrungsgemäß gerne einbilden, die (islamische, patriarchalische) Sache im Griff zu haben und besonders souverän, heldenhaft sowie selbstbestimmt zu sein. Islam gefährdet eben auch Männer, allein deshalb beispielsweise, weil im blühenden Kalifat nur noch seelisch versklavte Frauen anzutreffen sind. Kaddor hätte mit geschlechtshomogenen Gesprächen zur so genannten islamischen Mädchen- und Frauenkleidung ein erstes Stück Geschlechtertrennung durchgesetzt, ausgerechnet zu dem selbst für viele von uns Erwachsenen oft halb-bewussten und damit für fundamentalistische Manipulation stets gefährdeten Bereich der Ideologisierung des Sexuellen beziehungsweise Leiblichen. Kaddors anvisierte ’geschlechtssensible Diskussion’ hat mit wissenschaftlich orientierter Sexualaufklärung oder mit nachvollziehbar pädagogisch ausgerichteter Kleingruppenarbeit nichts zu tun.
50 … das Eigenständige, das Besondere, die Differenzen …
K: Ja ist es jetzt gut?!
52 Vor allem fühlen sich muslimische Eltern häufig durch die strengen Moralvorstellungen des Islams dazu verpflichtet, ihre pubertierenden Töchter vor dem gemeinsamen Schwimmunterricht zu schützen
K: Kaddor sagt: „… ihre Töchter zu schützen“, wovor, vor den Blicken der männlichen Mitschüler oder Lehrer? Nicht vor dem Ertrinken schützen, dazu lernt man übrigens Schwimmen, nein, vor dem Angeguckt-Werden. Und das soll Generation für Generation so weiter gehen, liebe Frau Kaddor? Misstrauen Sie der Kompetenz und Professionalität der Pädagoginnen und Pädagogen im Staatsdienst, die auf die Sicherheit und gesunde Entwicklung aller Kinder und Jugendlichen, auch der nichtmuslimischen Mädchen übrigens, achten?
Sollen bundesdeutsche Lehrerinnen und Lehrer ihre der Aufklärung und dem Humanismus verpflichtete Ausbildung diesen streng gläubigen muslimischen Eltern zuliebe über Bord werfen und als Büttel des Kalifats mittelalterliche Menschenbilder tradieren helfen?
Auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf hält den koedukativen Schwimmunterricht für zumutbar.
A: Die Eltern würden sich verpflichtet fühlen, behauptet Kaddor, ihre Töchter von einem jeden koedukativen Sport- und Schwimmunterricht abzumelden, verpflichtet durch den Islam und den Koran? Diese orthodoxen Milieus sind in der Tat einer Erwartungshaltung unterworfen, jedoch nicht nur derjenigen des Korans, sondern mindestens ebenso derjenigen der Unterwerfung fordernden und mit Exklusion drohenden Großfamilie. Der Disziplinierung im Sinne von Scharia und Sunna dient, gerade auch in der deutschen Diaspora, eine Art schmerzende Daumenschraube des alltäglichen Getuschels und Getratsches.
Dass dieser vielfach ungeheuerlich hohe psychische Druck leider reale Folgen haben kann, beweisen die Zwangsverheiratungen und Ehrenmorde, von denen jedoch sich die kulturelle Moderne nicht erpressen lassen darf. Schwimmen können ist Bildungsziel für jedes einzelne Kind, da steht keine von einer Frau Kaddor künstlich geschaffene Kindergemeinschaft („die muslimischen Mädchen/Kinder“) eines ethnoreligiösen Kollektivs unter abgesondertem Recht.
53 Jungen könnten Mädchen „zu nahe kommen“ und durch diese Art von Belästigung die Ehre der Mädchen beschmutzen. Da die Ehre der Mädchen unbedingt rein zu halten ist, muss jede Situation vermieden werden, in denen ein Mädchen von einem Jungen sowohl verbal als auch physisch belästigt werden könnte. (…) Jede unkontrollierbare Situation, in der die Ehre der Tochter unter Umständen auf dem Spiel steht, muss vermieden werden
K: Wie werden sich die Eltern der nichtmuslimischen Jungen verhalten, die ihren Söhnen und Töchtern ein an den universellen Menschenrechten orientiertes Frauen- und Männerbild vermittelt haben, wenn auch ihren Söhnen generelle Triebhaftigkeit unterstellt wird?
Meinen Sohn jedenfalls würde ich von einer Schule abmelden wollen, die nach solchen vormodernen Verhaltensvorschriften arbeitet, die solche Geschlechterbilder und Familienkonstellationen unterstützt.
53 Zum Sporttreiben finden wir bei Jugendlichen in verschiedenen Altersstufen sehr unterschiedliche Einstellungen. Unterschiedlich bei Mädchen und Jungen nimmt die Bewegungsfreude der Kinder mit zunehmenden Alter ab, wenn kein strukturiertes Bewegungsangebot in Vereinen, in der Schule (…) die Bewegungsfähigkeit sowie die Freude am Sport erhält und ausbaut.
K: Tatsächlich nimmt die Bewegungsfreude mit zunehmendem Alter ab, das gilt in besonderem Maße für die Phase der 15- bis 25-Jährigen, wenn schulische und häusliche Pflichten wie auch Entwicklungsaufgaben umfassender werden. Gerade deswegen ist es wichtig, dass Mädchen und Jungen bereits im Grundschulalter Schwimmen lernen, um als (junge) Erwachsene auf diese grundsätzlich erworbene Fähigkeit selbstbewusst zurückgreifen zu können. Sport dient der Charakter- und Persönlichkeitsbildung und beugt Krankheiten vor.
Der Anteil an adipösen, das heißt extrem übergewichtigen Jungen gerade auch innerhalb von Deutschlands türkeistämmig-muslimischer Community ist seit einem Jahrzehnt bedenklich hoch, denn gerade diese kleinen Paschas verbringen ihre Freizeit vor dem Computer, Fernseher oder der Spielkonsole. Diese Medienverwahrlosung bei zeitgleich vorhandenem Konformitätsdruck durch die Gleichaltrigen gleichen Geschlechts (’peers’) durchkreuzt die gesundheitsförderliche und wohl auch natürliche Bewegungsfreude vor allem der Jungen. Die Mädchen dagegen gerade in muslimisch geprägten Familien sind aufgrund der ihnen abverlangten häuslichen Pflichten von gesundheitsschädlichem Bewegungsmangel betroffen.
53 Bei der Kleidung [im Sport] ist für alle Jugendlichen klar, dass man sich an der Ausrüstung im nationalen und internationalen Sport orientiert.
A: Eben universell, ein Stück Humanisierung und Globalisierung, denn solange die Ausrüstung in Design und Qualität an den Maßgaben der Funktionalität, Ergonomie und Gesundheitsförderung orientiert ist und nicht am ideologischen Keuschheitskodex und Moralkorsett des Scharia-Islam, kann mir das nur recht sein.
K: Sicherheit, Bewegungsfreiheit und Hautfreundlichkeit sind wichtige Kriterien für Sportbekleidung. Ich bin auch für Humanisierung, wenn damit individuelle Entwicklungschancen gemeint sind und nicht durchgesetzte Geschlechterapartheid oder Sonderbekleidung für das Islamkollektiv oder ein anderes Kollektiv. Alle anderen Empfindlichkeiten der Elternhäuser haben die Schule grundsätzlich nicht zu interessieren.
A: Ja, es geht den Islam-Legalisten um den Streit nicht für Individualrechte, sondern für Gruppenrechte. Der politische Islam will Rechte eines Kollektivs durchsetzen, welches seine Individuen gleichsam frisst, schluckt. Auch Kaddor will diesen Vorrang der Gruppenrechte vor den Individualrechten beziehungsweise Bürgerrechten. Wir Sozialpädagogen hingegen unterstützen die Forderung von Professor Bassam Tibi, der den deutschen Muslimen zumutet, sich als ’citoyen’, als Staatsbürger zu verstehen und sich von Scharia-Islam und Fiqh-Islam zu distanzieren.
K: Citoyenne und citoyen, bitte, Staatsbürgerinnen und Staatsbürger.
A: Habe ich doch gemeint.
K: Das ist das europäische Patriarchat, Frauen sind immer „irgendwie“ mit-gemeint.
54-55 [durch muslimische Familien gewünschte Befreiung vom Schulsport oder Schwimmunterricht]
K: Wenn Eltern oder Erziehungsberechtigte ihre Kinder vom Schulsport befreien lassen, auch ärztliche Atteste sind, bei jeder Schülerin und jedem Schüler sehr kritisch zu prüfen, dann ist das für mich ein Alarmsignal, das auf eine konservative, orthodoxe Interpretation des Islam schließen lässt. Hier ist die von Lamya Kaddor so gerne im Munde geführte „Sensibilität“ wirklich gefragt. Nicht selten sind es gerade diese Milieus, in denen Prügel und Zwangsheirat drohen.
A: Auch scheint mir die Gefahr von Ketten-Reaktionen gegeben, ein Sich-Ausbreiten vom angeblich spontanen Wunsch nach Abmeldung vom Schulsport unter den sich wechselseitig überwachenden und zugleich ja vielleicht fundamentalisierenden Familien islamisch geprägter Straßenzüge. Die Islamverbände und radikalen Moscheegemeinden agitieren hart, die Abmeldeformulare können über einschlägige Internet-Seiten von islamloyalen Eltern gefunden und ausgedruckt werden , .
55 Artikel 7 Absatz 1 Grundgesetz
K: Kaddor interpretiert das Grundgesetz recht großzügig. So heißt es in Artikel 7 Absatz 1 GG: „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates“. Um diesen Absatz in Kaddors Sinne auszulegen, muss man weit vom Gesetzestext abweichen, wenn man wie Kaddor den staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag ableiten will.
A: Aufsicht heißt: Die Republik überprüft und genehmigt für alle Schultypen Lehrinhalt, Lehrmethodik und Curriculum, auch für Privatschulen oder Bekenntnisschulen. Es gilt die Hoheit des Staates, der Vorrang des Grundgesetzes, nicht der Vorrang der Scharia.
K: Im Artikel 7 Absatz 2 betont und garantiert der Staat die Freiheit der Erziehungsberechtigten, zumeist der Eltern, über die Teilnahme des Kindes (d. h. des unter 14 jährigen jungen Menschen) am Religionsunterricht zu bestimmen. Säkularen Muslimen oder Ex-Muslimen ist damit zugesichert, dass sie ihr Kind ohne Gefahr für Gesundheit und Leben vom (islamischen) Religionsunterricht abmelden dürfen. So wichtig ist der Verfassung die negative Religionsfreiheit (anders als Prof. Schachtschneider vermutet).
55 Um jedoch vom Schwimmunterricht befreit zu werden, muss die Schülerin glaubwürdig darlegen können, dass sie durch die Teilnahme in einen Gewissenskonflikt kommt.
K: Das wird ja wohl kein Problem sein: Wenn mir nur oft genug vorgehalten wird, dass ich mich „islamisch zu bedecken“ habe, um ins Paradies zu kommen, gerate ich rasch in den islampädagogisch erwünschten Gewissenskonflikt. Die koranisch angedrohten Höllenstrafen dürften eigentlich ausreichen, notfalls helfen die Erziehungsberechtigten mit islamkonformer Prügel nach. So erklären sich die 44,5 Prozent türkischer Migrantenkinder mit Misshandlungen und schweren körperlichen Züchtigungen in den Familien.
A: Statt den geschlechtergetrennten Sportunterricht durchzusetzen, sollte sich Pädagogin Kaddor hörbar von der Hölle verabschieden.
K: Das kann sie nicht, das wäre lebensgefährlich.
A: Ich denke, es gibt keinen Zwang im Glauben?
K: Du musst verleugnen, gezwungen zu sein, sonst geht es dir schlecht.
A: Die allseits einschüchternde Doktrin der Scharia würde verdampfen, gäbe es nicht diese kopftstarken Milieus, die von der ’autoritären Persönlichkeit’ geprägt sind. Ohne die mitnichten angeborene, vielmehr permanent und angestrengt erzeugte Familien- und Gruppenkultur des ’autoritären Charakters’ wäre der Islam reformfähig, demokratietauglich.
56 [Sport, Schulsport. Es] ist darauf zu achten, dass durch (…) Schamvorstellungen keine zusätzlichen Belastungen (…) auftreten. Deshalb ist eine besondere Aufsicht bei der Trennung der Geschlechter beim Umkleiden u. Ä. von großer Bedeutung.
A: Es reicht doch wohl, dass Allahs Auge ständig guckt, guckst du? Kaddor will die islamsensiblen Sittenwächter in der Mädel- und Buben-Umkleidekabine! Urlaubsgrüße aus dem Mittelalter.
K: Wie wird Pädagogin Kaddor das den Schülerinnen und Schülern erklären, dass ab sofort für die Mädchen eine Sittenwächterin und für die Jungen ein Sittenwächter in der Duschkabine Wache schiebt? Was sagen die Mädchen und Jungen eigentlich dazu, plötzlich unter der prickelnd-erfrischenden Duschbrause sittenstreng beäugt zu werden? Ob Deutschlands nichtmuslimische oder ex-muslimische Eltern derartige pädagogische Konzepte der Überwachung begrüßen werden?
A: Ich fürchte, die kommen sich schariatisch-erregt vor, das Kontrolliertwerden bezüglich eines tabuhaft-dämonischen Sexuellen steuert zwei neurotische Ebenen an, steuert sowohl die voyeuristisch-exhibitionistische als auch die masochistisch-sadistische Ebene an, damit hat die Scharia auf obszön-verklemmte Weise Sex-Appeal. Islam geilt auf.
K: Lernziel: Du darfst dir nicht vertrauen, dein Körper zieht, zumal als Frau, das Satanische an. Als Frau bist du, so die Logik von Koran, Hadithen und Scharia, teuflische Verführerin. Als männlicher Jugendlicher bist du (dschihadistischer) Beauftragter deines Trieblebens, ist dein Ausüben sexualisierter Gewalt dein von Allah auferlegtes Schicksal. Die von der Scharia vorgesehene Rolle jeder Frau als Verführerin gilt auch für die nichtmuslimischen Mädchen, ebenso definiert sie konzeptionell (fitra, ’aura) auch den sittlich minderwertigen (dhimma) männlichen Nichtmuslim als wesensgemäßen Triebtäter. Allahs Patriarchat. Derart verunsicherte Muslimas werden niemals zugeben, zur Verschleierung des Haares gezwungen worden zu sein. Sie werden immer davon überzeugt sein, dass das Kopftuch schützt. Was macht dieses Erziehungskonzept mit den nichtmuslimischen Klassenkameradinnen und Klassenkameraden?
A: Aufpasser in Waschsaal und Duschkabine? Nicht etwa schulischerseits die (panische) Kontrolle auf Drogen, nein, es geht der ordnungspolitischen Scharia um Überwachung des Genitalen und Sexuellen. Bei Mädchen und bei Jungen. Mädchen als angebliche Täterin der Vergewaltigung nach weiblichem Verführen, Jungen als angebliches Opfer weiblicher Verführung. Die Scharia vertauscht Täter und Opfer. Die gelangweilte Demokratie war der Freiheit überdrüssig, sie fordert den Nebel der „kultursensiblen“ Wertebeliebigkeit, in welchem sie ganz richtig jene schmerzenden Sklavenketten wittert, nach denen sie begierig ist.
58 Ihre Töchter müssen bis zur Eheschließung unberührt bleiben und haben ihre Jungfräulichkeit um jeden Preis zu bewahren.
K Das haben sie, auch um den Preis des Lebens.
58 Dies kann in besonders konservativen Familien dazu führen, dass als letztes Mittel sogar Gewalt angewendet werden muss.
A: Alle Gewalt geht vom Volke aus. Körperliche Unversehrtheit ist ein wichtiges Rechtsgut. Richtig, orthodoxe islamische Milieus und familiäre Gewalt gehören eng zusammen.
59 Kamel-Fatwa [Kaddor zitiert und erklärt ausführlich die Kamel-Fatwa]. Bis heute berufen sich viele streng gläubige Eltern auf das von einem Islamologen ausgestellte Rechtsgutachten. Diese so genannte „Kamel-Fatwa“ besagt, das Musliminnen ohne männliche Begleitung nicht an einer Klassen- oder Studienfahrt teilnehmen dürfen, deren Entfernung größer ist als die Strecke, die ein Kamel während einer Tages- und Nachtreise zurücklegen kann (…), etwa 80 Kilometer.
A: Die Kamel-Fatwa wurde von dem Islamisten Amir Zaidan unterzeichnet, der nach eigenen Aussagen das Gedankengut der fundamentalistischen Muslimbruderschaft vertritt, das auch ganz praktisch Terrorismus umfasst. Zaidan studierte im radikalislamischen Studienzentrum (von Saint-Léger-de-Fougeret bei) Château-Chinon (Burgund, Frankreich), das heißt im der Muslimbruderschaft nahe stehenden Institut Européenne des Sciences Humaines (IESH). Dort im burgundischen IESH wird angehenden Imamen die für Deutschlands Intellektuelle so folkloristisch-harmlos erscheinende nikāh (islamische Imam-Ehe) gelehrt und steht al-Qaradāwi als spirituelle islamische Autorität in hohen Ehren.
Vielleicht unterstützt Kaddor teilweise die islampädagogischen Ambitionen des syrischen Zaidan, der in Österreich das Islamische Religionspädagogische Institut (IRPI) leitet? Zu IRPI siehe auch hier unter Seite 28 „Speisegesetze. Erlaubtes und Verbotenes“. Eine schariafreundliche Akademie namens IRPA, Wien, steht der Kairoer al-Azhar nahe und ist im selben Haus ansässig wie das IRPI, Zaidan führt etwas autokratisch die ebenso einflussreiche wie nebulöse Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ). Aufgrund von österreichischen Gesetzen, die bis ins Jahr 1912 und sogar 1874 zurück reichen, hat die IGGiÖ den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und gilt sie als anerkannte Religionsgemeinschaft in Österreich.
Den religionspolitischen Kurs der staatlich gewürdigten und rechtlich privilegierten IGGiÖ geben der Sympathisant der Muslimbruderschaft Amir Zaidan und der islampädagogisch an Yūsuf al-Qaradāwi orientierte Anas Shakfeh vor. Der weltweit höchst einflussreiche Gelehrte al-Qaradāwi vertritt die islamischen theologischen Positionen, dass für jede Frau das Kopftuch und die Körperbedeckung bis auf Gesicht und Hände verpflichtend sei, dass die Ehefrau vom Ehemann geschlagen werden dürfe (nur leicht, nicht ins Gesicht), dass weibliche Genitalverstümmelung erlaubt sei (nur etwas schneiden). Selbstmordattentate gegen die dār al-harb, beispielsweise gegen Israel, so al-Qaradāwi, seien schon in Ordnung, und Homosexuelle hätten öffentlich hundert Peitschenhiebe verdient.
Kaddor verschweigt uns, dass (Kaddor: „Islamologe“) ’Islamologie’ keine anerkannte Wissenschaft ist und zu ’Islamwissenschaft’ ungefähr so steht wie Astrologie zu Astronomie oder Alchimie zu Chemie. Der Verfassungsschutz von Baden-Württemberg nennt Amir Zaidan „höflich gesagt einen ultraorthodoxen Muslimen“ während die deutsche Islamwissenschaftlerin Claudia Dantschke erklärt: „Zaidan hat in Hessen für seine Mitglieder faktisch versucht, eine Art parallele Rechtsordnung durchzusetzen.“ Woraufhin es uns täglich mit muslimischen Migrantenkindern arbeitenden Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen wenig nachvollziehbar erscheint, dass der erklärte Bewunderer der Gedanken der Muslimbruderschaft, Herr Amir Zaidan, ganz offiziell Lehrer für den islamischen Religionsunterricht an Österreichs Schulen ausbilden darf.
Im November 2007 nahm Österreichs Vizekanzler Molterer die kaum zuzumutende Qual auf sich und las das seit 24 Jahren bestehende Curriculum der Islamlehrer-Ausbildung. Wilhelm Molterer (ÖVP) entdeckte beim leider stets so anstrengenden Lesen („ich machte mir die Mühe“), dass in dem von Amir Zaidan geprägten Institut seit einem Vierteljahrhundert nichts anderes als die an der ganzen Scharia ausgerichtete islamische Gesellschaftsordnung gelehrt wird, der Islamstaat, das Kalifat. Gut für die freiheitliche Demokratie, dass Molterer sofort und laut eine Änderung des Lehrplans forderte: „Wir haben in Österreich einen demokratischen Rechtsstaat und keinen islamischen Staat!“ Der verantwortliche, aus Syrien stammende Anas Shakfeh sagte zu, den schulischen Unterrichtsinhalt ’islamischer Staat’ (Shakfeh: „diese Formulierung“) zu streichen. Das schulische Lehren der Scharia scheint Herrn Molterer unbesorgt zu lassen, vielleicht kennt er die politisch folgenreiche ewige Pflichtenlehre nicht.
Wikipedia berichtet, dass Shakfeh ein ganzes Jahrzehnt lang unbeanstandet das Schulbuch ’Erlaubtes und Verbotenes im Islam’ des einflussreichen islamistischen Predigers al-Qaradāwi verwendet hat und heute für 360 Religionslehrer und 2.700 Schulen in Wien zuständig ist als der einzige Fachinspektor für islamische Religionslehrer. Kritiker halten Shakfehs IGGiÖ, die gerechtfertigt nur einen winzigen Bruchteil der Muslime Österreichs vertreten dürfe, doch beanspruche, alle Muslime zu vertreten, für undurchsichtig und für undemokratisch geführt.
61 Klassenfahrt. In dem Prozess des gemeinsamen Planens kann es hilfreich sein, wenn sich eine muslimische Mutter oder ein Vater oder auch eine besondere Vertrauensperson bereit erklärt, die Klasse auf der Fahrt zu begleiten. Manchmal hilft ein zwangloses Zusammensein der Eltern in der Vorbereitungsphase
K: Fahrtbegleiter, Kontrolletti oder was? Womöglich der Hodscha aus der Moscheegemeinde? Es gibt auch orientalische Atheistinnen und Atheisten, die wären, wenn überhaupt, die geeigneteren, objektiveren Begleiterinnen und Begleiter, da auch nichtmuslimische oder sogar entschieden islamkritische Schülerinnen und Schüler den Anspruch darauf haben, nicht von der Scharia oder sonst einer (angeblichen) Religionspflicht gegängelt zu werden. Das rituelle islamische Gebet kann übrigens nachgeholt werden, es ist nicht sinnvoll, das gemeinsame Programm beim Aufenthalt in Schullandheim oder Jugendherberge fünfmal täglich zu unterbrechen. Der gemeinschaftsbildende Effekt einer Klassenfahrt wäre aufgebrochen, wenn Teilgruppen sich segregieren, um sich zu Kulthandlungen zurückzuziehen. Aus dem gleichen Grund appelliere ich an alle, die Klassenfahrt als kopftuchfreie Zeit zu gestalten.
A: Man sollte auf Eltern verzichten, die Kinder brauchen gerade den für sie vielleicht ja erstmaligen „elternlosen“ Freiraum.
K: Bei Klassenfahrten können aktive Eltern ihre Dienste der Nachbarschule oder wenigstens Parallelklasse anbieten. Aus pädagogischen Gründen sollten Eltern ihre eigenen Kinder auf schulischen Veranstaltungen nicht betreuen, grundsätzlich mögen sich Mütter und Väter mit und ohne Religion gerne in die Gemeinwesenarbeit ihres Wohnortes einbringen.
A: Ein zwangloses Elterntreffen, überhaupt eine gute Gemeinschaft unter den Eltern der Klasse oder Jahrgangsstufe oder Schule ist sicherlich eine nützliche Kultur und einigen Einsatz wert.
62 Gute Gelegenheiten für einen solchen Austausch, an dem sich alle beteiligen sollten, sind Zusammenkünfte der Schüler, Eltern und Lehrer nach Klassenfahrten. Dabei können Bilder, Filme und andere Produkte der Fahrt gezeigt werden; (…) es sollte deutlich werden, welche Erwartungen und Befürchtungen erfüllt bzw. überwunden wurden.
K: Ein guter Vorschlag, der leider noch viel zu selten umgesetzt wird.
63 In der vorislamischen Zeit, der sogenannten Dschahiliya, war es nicht nur üblich, neugeborene Mädchen bei lebendigem Leibe zu begraben, sondern ebenfalls aus Armut sämtliche Kinder zu töten. Deshalb haben muslimische Eltern die Pflicht, sich um ihre Kinder zu sorgen und diese nicht aus Armut oder aus anderen Gründen zu vernachlässigen oder gar zu töten.
A: Die Menschen der Zeit der dschāhiliyya können also nicht alle arm gewesen sein, sonst hätten sie sich vollständig ausgerottet. Was für eine wissenschaftsferne Gräuelpropaganda gegen die Kulturen der Antike.
K: Sind für Kaddor nichtreligiöse Eltern oder Eltern anderer Religionen und Weltanschauungen grausame Barbaren? Abgesehen davon, dass alle Eltern, welcher Religion oder Nichtreligion auch immer, ihre Kinder schützen und fördern müssten, sollten so genannte muslimische Eltern auch nicht riskieren, ihre Mädchen genital zu verstümmeln (female genital mutilation, FGM). Genau dieses, Leib und Seele extrem zerstörende Initiationsritual jedoch fordert die islamische Rechtsschule der Schafiiten verpflichtend ein, die Kairoer al-Azhar und die Muslimbruderschaft billigen oder empfehen die FGM da, wo es angeblich nötig ist, während die höchste Autorität des sunnitischen Islams, Yūsuf al-Qaradāwi, die Frauenbeschneidung großzügig als „erlaubt“ toleriert.
Für mich sind häusliche Gewalt, Zwangsverheiratung von Mädchen und Jungen sowie der Tugendterror, der noch halbe Kinder in den Suizid treibt (autobiographisch bei Serap Çileli: ’Wir sind eure Töchter, nicht eure Ehre’; literarisch bei Orhan Pamuk: ’Schnee’), keine Form elterlicher Fürsorge.
A: Mit dschāhiliyya ist im Islam die vorislamische Zeit gemeint als die ’Zeit der Unwissenheit’, sie entspricht ungefähr dem christlich-dogmatischen Begriff ’vorchristliche Barbarei’ oder ’Heidentum’. Der Islamist Sayyid Qutb deutete den Begriff dschāhiliyya tagespolitisch und bezichtigte alle Gegner seines islamischen Fundamentalismus als Anhänger und Angehörige der dschāhiliyya, sprich als sittlich minderwertige Menschen, als de-facto-Islamapostaten, Feinde Allāhs. Ist Kaddor, die uns die orthodoxe islamische Auffassung des Begriffs aufwändig erklärt und ihn zugleich in die Gegenwart transponiert, ist ihr die islamistische Lesart von dschāhiliyya unbekannt?
63 Im Koran ist an keiner weiteren Stelle eine Pflicht der Eltern gegenüber den Kindern aufgeführt. Vielmehr müssen sich die Kinder den Eltern gegenüber verpflichten.
K: Bin ich froh, dass ich in einem Land lebe, in dem das Grundgesetz gilt, das in Grundgesetz Artikel 6 Absatz 2 vom „natürlichen Recht“ und von der „zuvörderst (…) obliegenden Pflicht“ zur „Pflege und Erziehung der Kinder“ spricht, die für alle (!) Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten gilt. Hier geht es eben nicht nur um die Garantie, dafür zu sorgen, dass das Kind überlebt, sondern elterliche Fürsorgepflicht umfasst Erziehung zur Mündigkeit im Denken und Handeln sowie zu der individuellen Teilhabe an der demokratischen Gesellschaft.
Die elterliche Rolle, wie sie das Grundgesetz voraussetzt, fördert Fähigkeiten und Talente und befähigt das Kind, sich selbständig Wissen aus allgemein zugänglichen Quellen anzueignen. In solchen Familien pflegt man einen liberalen, emanzipatorischen Erziehungsstil, der Mädchen und Jungen gleichermaßen altersgerecht in die Lage versetzt, sich an Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Während derart aufwachsende junge Menschen nach und nach ihre Biographie völlig eigenständig entwerfen können, sind korangetreu erzogene Kinder bestimmten, vormodernen Lebenskonzepten unterworfen. Sich des eigenen Verstandes zu bedienen (Kant, sapere aude) bleibt durch die islamische Pflichtenlehre nachhaltig verboten.
A: Im klassischen Islam ist das Kind Besitz der Eltern, Wertanlage, die zu verheiratende Tochter ist eine Art Handelsgut (Brautgeld , ). Eine Individualität ist von Koran und Scharia gar nicht vorgesehen, Frauen sind schariarechtlich zu diskriminieren, Nichtmuslime haben geringeren Status.
K: Die / der Einzelne ist Erfüllungs- und Vollstreckungsgehilfe von Stamm und Umma, der die Reinheit der Frauen überwacht und den beschlossenen Ehrenmord vollzieht.
64 Der ungütige und respektlose Umgang mit seinen Eltern wird vom Propheten als zweitschwerste Sünde nach der Anbetung anderer Götter bzw. Götzen neben Gott [Allāh] gesehen.
K: Schirk, Beigesellung, der Islam wirft den trinitarischen (de facto allen) Christen traditionell vor, mit dem Jesus als Gottessohn ’Beigesellung’ zu betreiben; Kaddor schreibt ärgerlicherweise Širk, was die elektronische Suchfunktion zum Begriff Schirk erschwert.
A: Klar, Papi und Mami sind ja auch fast so erschreckend und unhinterfragbar wie Gott. Es ist eine zu leistende Entwicklungsaufgabe des vielleicht Acht- bis Sechzehnjährigen, allmählich die gerade durch Religion und Tradition postulierte jedenfalls verstärkte angebliche Allmacht und Unfehlbarkeit der Eltern zu relativieren und die, vielleicht verzeihlichen jedenfalls erklärlichen, ganz individuellen Schwächen der Eltern zu erkennen und sich vom elterlicherseits eingeforderten Gehorsam loszulösen.
Religionsunterricht, der für die freiheitliche Demokratie tauglich sein soll, muss diese Aufgabe des individuellen Erwachsenwerdens (Emanzipation) begleiten. Kaddor müsste zu dieser behutsamen Kritik an der archetypisch-abstrakten wie konkret-persönlichen Elternrolle, eine Kritik, die von jedem erwachsen werdenden jungen Menschen zu leisten ist, hörbar ermutigen beziehungsweise zu ihr überhaupt erst einmal in der Lage sein. Kaddor distanziert sich nicht von der islamisch verlangten („vom Propheten“, Kaddor) Gehorsamspflicht den Eltern und der Sunna-Tradition gegenüber, was der tausend Jahre alten, radikalen Außensteuerung der arabischen Kindererziehung entspricht beziehungsweise diese erklärt, die ein jedes autonomes Urteilen zu verhindern trachtet und, bislang recht erfolgreich, der kulturellen Moderne Widerstand leistet.
Diese Kultur des Einschüchterns und Gehorchens verschmilzt weltweit mit dem so genannten Islam. Es könnte einen anders orientierten Islam geben, der das Gewissen über den Gehorsam stellt, wie ihn etwa Ayaan Hirsi Ali fordert. Lamya Kaddor will diese, an Aufklärung und Psychoanalyse gereifte Religiosität nach besten Kräften und wohl auch mit der erstaunlich großzügigen Billigung der nordrhein-westfälischen Landesregierung verhindern. Schulischer Religionsunterricht an staatlichen Schulen jedoch darf kein die Emanzipation des Individuums verhindernder, die universellen Menschenrechte mit dem dreist eingeforderten Schariavorbehalt ironisierender Polit-Islam sein.
Hier, bei Lehre und Verbreitung der Scharia, haben „alle Deutschen“ durch Artikel 20 Absatz 4 des Grundgesetzes das Recht zum Widerstand: „gegen jeden, der es unternimmt, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen.“ Die von Thomas Kufen unterschriebene Handreichung der Lamya Kaddor sollte vom Bundesamt für Verfassungsschutz auf eine etwaige extremistische, gegen den Fortbestand der für alle (auch für Menschen aus muslimischem Großeltern- und Elternhaus) zugänglichen freiheitlichen Grundordnung gerichtete Gesinnung und Propaganda geprüft werden.
Zusätzlich ist der in der Handreichung vielfach begangene explizite Aufruf zur Befolgung von Partikeln der letztlich kohärenten und totalen Scharia womöglich ja dazu geeignet, die Menschenwürde dadurch zu gefährden, dass sie Teile der Bevölkerung angreift. Nichtmuslime, Islam-Apostaten sowie alle Mädchen und Frauen werden von der Scharia (Koran, Hadithe, Fatwas; die Konzepte von Dhimma, Dschihad, Kalifat) diskreditiert. Das aber würde über den vielleicht betroffenen Jugendmedienschutz hinaus eine Gefährdung des öffentlichen Friedens darstellen, Tatbestandsmerkmal von § 130 StGB (Volksverhetzung).
Islamische Religionslehrer, sollte die Bundesrepublik sie überhaupt an den öffentlichen Schulen zulassen wollen, müssen sich von der konzeptionellen Erziehung zur Scharia distanzieren und dürfen die Scharia auch nicht in Elementen in einem das Kind oder den Jugendlichen einschüchternden und „überwältigenden“ Bekenntnisunterricht im Klassenzimmer lehren.
K: Islamischer Religionsunterricht ist bis auf Weiteres nicht schulreif. Vor allem die Damen und Herren, die offen oder verdeckt in Islamverbänden in Führungspositionen organisiert sind, haben mein Vertrauen für alle Zeit verspielt.
A: Im Sinne von Artikel 7 Absatz 3 ist der so genannte Islam, solange er ein auf absoluten Pflichtengehorsam (Scharia) und grundrechtswidrige Rechtsfindung (Fiqh) gegründeter herrschaftspolitischer Kult ist, keine Religionsgemeinschaft. Ein islamischer Religionsunterricht, Kaddors hier analysierte Handreichung mag das hinreichend belegen, kann einstweilen an Deutschands öffentlichen Bildungseinrichtungen von Kindergarten bis Gymnasium nicht erteilt werden. Nach Kaddors eigener Aussage ist „die Aufklärung für den Islam nicht übertragbar“, das soll wohl heißen: Die Aufklärung ist auf den Islam nicht anwendbar. Wir möchten ihr entgegnen: Sehr geehrte Frau Kaddor, solange Sie die grundrechtswidrige Scharia propagieren, sind Ihr Lehrinhalt auf die schulisch gebotene Erziehung im Einklang mit der FDGO nicht anwendbar.
65 [An die] beruflichen Perspektiven der Kinder stellen viele muslimische Eltern keine allzu hohen Ansprüche. Vor allem Mädchen werden nicht ermuntert, eine Ausbildung zu machen. Oft ist es Schülerinnen und Schülern nicht besonders wichtig, welchem Beruf sie später nachkommen werden.
K: Die erfolgreiche Bewältigung beruflicher Herausforderungen erfordert eine Haltung der neugierigen Weltzugewandtheit, der Selbstsicherheit, der Kreativität und der geradezu wissenschaftlich zu nennenden Experimentierfreude. Wie Kaddor selber zugibt, steht „muslimischen“ jungen Menschen eine derartige Haltung und Denkweise nicht zu. Schülerinnen und Schüler aus muslimisch geprägtem Elternhaus entwickeln, trotz ausreichender Begabung, deshalb wenig Lerneifer, weil sie vor allem als Töchter keine individuelle Biographie entwickeln dürfen.
Speziell von den Mädchen wird erwartet, sich in die traditionelle islamische Frauenrolle einzufügen. Dagegen aufzubegehren ist die zweitgrößte Sünde, zitiert Kaddor, gefährdet das „Ansehen“ der Familie und muss geahndet werden. Auch den Jungen ist es in der Regel nicht gestattet, nonkonformistisch zu leben, als Sittenwächter haben sie jedoch deutlich mehr Kontrollmacht. Berufliche Integration scheitert nicht nur an der aufnehmenden Gesellschaft.
A: Berufliche Integration, ökonomische Autonomie des Individuums droht die Unhinterfragbarkeit von Großfamilie, Fatwa und Sunna in Frage zu stellen, was es aus Sicht der Fundamentalisten natürlich zu verhindern gilt. Die Herrschaftskultur des Tochtertausches (Zwangsheirat) will energieaufwändig (dschihād) verteidigt sein.
65 So gut der Kontakt in der Großfamilie ist, so selten sind meist Begegnungen mit Nachbarn, mit den Familien der Arbeitskollegen und den Familien der Mitschüler und Mitschülerinnen, vor allem wenn sie nicht aus demselben Kulturkreis kommen. Die Rangordnung in der Familie könnte nämlich gefährdet werden
K: Der von Lamya Kaddor hervorgehobene „gute Kontakt“ zur Großfamilie besteht nur, solange jede und jeder das ungeschriebene Regelwerk (man könnte von Familiensunna oder Stammesscharia sprechen) einhält. Kontakte zu „feindlichen Außenwelt“ werden systematisch unterbunden, damit keine „neuen Sitten“ (islamrechtlich bid’a, Neuerung) einsickern können. Das würde nämlich nicht nur die tradierte familiäre Hierarchie gefährden, sondern Zwietracht (fitna, die Ur-Panik der Umma) unter die Angehörigen bringen.
66 [Integration werde auch verhindert durch die] Überheblichkeit der Mehrheitsgesellschaft
A: Manchmal erscheint mir die Kultur der Freunde von Koran und Scharia als arrogant und als die Nichtmuslime in Theorie und Praxis herabwürdigend. Musliminnen und Muslime sehen sich gerne als Opfer, das rechtfertigt weitere Fundamentalisierung oder sogar Aggressivität als eine angeblich notwendige Verteidigung.
K: Die säkulare kulturelle Moderne bezeichnet die Muslime nicht als Nachkommen von Affen und Schweinen. Die Deutschen nennen die Türken nicht ungläubig, unrein. Im Ernst, Überheblichkeit gibt es doch wohl in jeder Kultur, sie ist eine veränderbare, dabei ablegenswerte Eigenschaft.
66 [muslimische Eltern und Familien haben] eigene Vorstellungen von Autoritäten, Erziehungszielen und Bildungschancen
K: Patriarchalisch eingestellte Eltern auf der ganzen Welt pflegen ihren Töchtern zu sagen: „Was brauchst du einen Beruf, du heiratest ja doch und bekommst Kinder.“ Solchen Eltern sollte man, übrigens gerade auch als Religionslehrerin, antworten: „Warum nicht beides, viele Frauen fühlen sich diesen Herausforderungen durchaus gewachsen, sie sind gerne berufstätige Hausfrau und Mutter.“
A: Kaddor verteidigt phänomenale „eigene Vorstellungen“ muslimischer Eltern in Bezug auf „Autoritäten, Erziehungsziele und Bildungschancen“? Was ist denn, wenn zu diesen elterlichen „Autoritäten“ Hassprediger der Erbakan-Doktrin gehören, die „Erziehungsziele“ denen der HAMAS entsprechen oder die „Bildungschancen“ für Mädchen denen der Wahhabiten oder Taliban, müssen wir das dann kultursensibel begrüßen?
66 Notwendig und erfolgreich ist eine auf die muslimischen Eltern bezogene spezielle und intensive Elternarbeit der Schule
K: Nein, das ist nicht notwendig. Im Gegenteil, die Schule darf „die Muslime“ als Kollektiv in keiner Weise würdigen. Alle Eltern werden gleich angesprochen. Kontakt zu allen, zu jeder und jedem, ja, aber bitte keine Sondervorschriften „bezogen auf“ (Kaddor) ein ethno-religiöses Kollektiv. Tee und Kekse ja, aber für jeden, doch bitte keine kommunikative schulische Islamkultur, schließlich gibt es auch orientalisch-stämmige Christinnen und Christen oder orientalisch-stämmige Atheistinnen und Atheisten sowie säkulare Musliminnen und säkulare Muslime …
A: … die alle auf Ansprache im Einklang mit Sunna und Scharia womöglich keinen gesteigerten Wert legen. Sittenwächter im Lehrerzimmer.
67 Sprachprobleme. Übersetzungen von Mitteilungen / Formblättern
K: Bis auf Flüchtlinge, die vor drei Tagen nur mit einem Koffer nach Deutschland gekommen sind, hätte jeder sich noch in der alten Heimat auf die neue Sprache und Gesellschaft vorbereiten können. Die mittlerweile nachzuweisenden Deutschkenntnisse beim Nachzug von Angehörigen sollten als Chance gesehen werden.
A: Permanente neue Übersetzungen von schulischen Elterninformationen oder Formblättern ins Türkische oder Arabische begünstigen die Parallelkultur, hier gilt es Schüler wie Eltern zu ermuntern und, durchaus in Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Schule, Deutsch zu lernen. Im Notfall und bei Gesundheitsinformationen bitte zweisprachig, es wird dann ja besonders ersichtlich, wie dringend es ist, Deutsch zu lernen. Auch die Import-Bräute sollen Deutsch lernen, darunter auch die, die schon seit Jahren ohne ein Wort der Landessprache zu reden (reden zu dürfen) in der Bundesrepublik leben. Jene Importbräute, die wie Gefangene in ihren ’vierzig Quadratmetern Deutschland’ leben.
K: Unabhängig von Religion oder Kulturkreis ist Bequemlichkeit eine weit verbreitete menschliche Eigenschaft. „Verwöhnen“ wir Migrantinnen und Migranten weiterhin, indem wir ihnen Übersetzerinnen und Übersetzer zur Seite stellen, werden sie sich dieser „Krücke“ weiterhin bedienen. Ein anderer Vorteil ausreichender Sprachkenntnisse ist, dass Eltern nicht lebenslang auf die Kompetenz ihrer Kinder zurückgreifen müssten. Das ist für beide Seiten, Eltern und Kinder, vorteilhaft: Der eine braucht sich nicht länger als „sprachloser Bittsteller“ zu „erniedrigen“, die Kinder bekommen nicht mehr Macht, als ihnen entwicklungsgemäß zusteht. Mit dem sozialen Umfeld in Kontakt treten zu können, im Notfall die „Ureinwohner“ um Hilfe bitten zu können, ist eine unter Umständen lebensrettende Ressource.
67 Fehlzeiten, Verspätungen. [Nur] gut türkisch sprechende Sozialarbeiter mit Zuwanderungsgeschichte [werden Ernst genommen] weil es den Eltern peinlich ist, wenn jemand aus ihrem Kulturkreis auf die Versäumnisse der Eltern bzw. ihrer Kinder hinweist
A: Die Deutschen soll man also weiterhin nicht ernst nehmen müssen.
K: Kannst du das nicht anders ausdrücken, Jacques? Aber du hast Recht. Ginge es nach Kaddor, muss es jemand mit Zuwanderungsgeschichte sein, der damit den muslimischen Familien den „Knigge des deutschen Schulwesens“ erklärt. Eine deutsche Kollegin, die Spaß daran hatte, die türkische Sprache zu lernen, reicht Kaddor nicht.
A: Nachhaltig kulturalisieren und ethnisieren, der muslimische „Kulturkreis“ (Kaddor) darf das? Das Risiko dieses von Kaddor vorgesehenen, vielleicht allzu bequemen Kulturdolmetschers scheint mir auf Migrantenseite ein wachsendes Unverständnis und eine wachsende emotionale Ferne zu „den Deutschen und ihrer Schule“ zu sein und damit die zunehmende Segregation. Die Autorität der autochthonen Lehrer wird untergraben.
68 Hausbesuche
K: Wie stellt sich Kaddor die schulische Kultur der Hausbesuche vor? Sollen nur leistungsschwache Schüler besucht werden oder nur sozial auffällige? Oder etwa nur solche mit Migrationshintergrund? Sinnvoll ist ein solches Vorgehen doch nur, wenn alle Schülerinnen und Schüler im Laufe des Schuljahres Hausbesuch bekämen. Da jedoch die finanziellen, personellen und zeitlichen Ressourcen für solche Vorhaben nicht vorhanden sind, sollte darauf bestanden werden, dass die Eltern den Kontakt zur Schule suchen, am besten aus eigener Initiative, aber durchaus auch nach einer Einladung zum Gespräch. ’Empowerment’ in der Elternarbeit wäre hier gefragt.
A: Kaddor hat den italienischen, kroatischen und russischen Muttersprachler „mit Zuwanderungsgeschichte“ vergessen. Wir sollten drauf bestehen, dass auch ein echter wilder deutscher Lehrer bei den „besonderen“ Eltern mit Migrationshintergrund akzeptiert wird, das ist zuzumuten, wir muten euch Einwanderern Deutschland zu und die Deutschen gleich mit.
68 Bei der Beratung und den Hilfen zum Übergang von der Schule in die Berufsausbildung kann und muss die Schule nicht nur für die Schülerinnen und Schüler, sondern auch für die Eltern Kontakte zur Arbeitswelt herstellen und über Berufsbilder und Zugänge zum Beruf informieren.
K: Auch hier zeigt sich, wie wichtig Sprachkompetenzen in der Landessprache sind.
Ich halte meine Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern für ausreichend kompetent, Kontakt zu Firmen und Behörden selbst aufzunehmen. Chancengleichheit setzt gleiche Startbedingungen voraus, muslimische Schülerinnen und Schüler brauchen keine Privilegien. Von der ersten Klasse an muss die Schule sich drauf konzentrieren, jedes einzelne Mädchen, jeden einzelnen Jungen zu befähigen, autonom und souverän seinen Berufsweg einzuschlagen. Es ist ureigenste Aufgabe der Pädagoginnen und Pädagogen, den Jugendlichen die notwendigen Fähigkeiten und das theoretische Wissen dafür zu vermitteln. Über Berufsfelder, ‑chancen und Verdienstmöglichkeiten informieren die Agenturen für Arbeit und Jobcenter.
68 [Schule soll berufsberaterisch tätig sein] Gleichzeitig sind auch die Erfahrungen und Kenntnisse von Vätern und Müttern aus der Arbeitswelt wie auch deren Kontakte als Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu nutzen.
A: Nur Community-intern? Sollen „muslimische Kinder“ um jeden Preis genau so leben (müssen) wie ihre Eltern – damit auch ja keiner ausbricht?
69 Moscheegemeinde. Von Seiten der Schule wäre es wünschenswert, in Moscheevereinen engagierte Eltern und andere Vertreter der Moschee einzubeziehen, wenn es um die Deutung und Klärung religiöser Vorschriften geht.
A: Falsch liebe Frau Kaddor, das wäre nun allerdings gar nicht wünschenswert, die öffentliche Schule fragt keine Imame oder Hodschas nach sittenpolitischer Rechtleitung, sondern bespricht Sunna-Fundamentalismus, Fatwas, Islamismus, Todesfatwas, Hasspredigten, arabische Architektur und türkische Kochrezepte in den entsprechenden Schulfächern wie Geschichte, Erdkunde, Soziologie oder Hauswirtschaft. Arabische Christen dürfen Schweinefleisch essen, und auch sie haben religiöse Vorschriften, was ja nicht heißt, dass alle Schüler Schweinefleisch essen müssen. Die Moral der sich im Stadtgebiet (Nebenthema: „Moscheekriege“ konkurrierender islamischer Strömungen) als „religiös“ definierenden Gemeinschaften darf nicht den öffentlichen Raum oder gar die Bildungsorte dominieren. Kinder und Jugendliche sind von der öffentlichen Schule nicht als in Kollektive eingesperrte Wesen zu betrachten, sondern als junge Individuen in der Entwicklung.
K: Kaddor hat das Prinzip des säkularen Staates nicht verstanden. In der Bundesrepublik Deutschland haben wir eine Trennung von staatlichen Einrichtungen und Religionsgemeinschaften.
70 Der Koran und die Sunna würden für die Regierung eines islamischen Staats die Grundlage bilden. In allen Belangen, die die Zivilgesellschaft oder den islamischen Staat betreffen, müssten die Aussagen aus dem Koran oder der Sunna zugrunde gelegt werden.
A: Würden sie. Richtig. Ohne Scharia kein Kalifat, Kaddor trifft die Sache. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein parlamentarischer Rechtsstaat, es gelten die an den universellen Menschenrechten orientierten Grundrechte. Möchte Lamya Kaddor den Scharia-Staat im Religionsunterricht lehren, dabei immer, wie hier, den grammatikalischen Konjunktiv verwendend?
K: Was versteht Kaddor unter dem Begriff „Zivilgesellschaft“? Meint sie die Bewohnerinnen und Bewohner einer islamischen Theokratie, das heißt eines Imamats oder Kalifats beziehungsweise eines islamischen Staates wie das neu entstandene Afghanistan, in dem jedes Gesetz unter Schariavorbehalt steht? Zivilgesellschaft hat mit Gewaltenteilung und freiheitlicher Demokratie zu tun, Kaddor jedoch redet in diesem Augenblick von einem Staatswesen, dessen oberster Souverän Allah ist.
70 Mit der Installierung eines islamischen Gottesstaates entsteht eine theokratische Struktur, die das Gemeinwohl aller Menschen und das Wohl des Individuums nach den Vorschriften des Korans und des Propheten sichern soll.
K: Absolut richtig. Diese Struktur hat die Pädagogin aus Dinslaken-Lohberg verstanden. Lamya Kaddor wird hier sehr deutlich: Die Theokratie hat keine Gewaltenteilung, keine Grundrechte, keine universellen Menschenrechte, der Einzelne ist nichts, die Umma alles. Individuelle Handlungsfreiheiten und Gestaltungsoptionen stehen niemandem mehr zu. Neugieriges Fragen, Erforschen der Welt, Reflektieren von Sachverhalten ist im islamischen Gottesstaat erwiesenermaßen ungesund.
A: Öffentliche Auspeitschungen finden statt, Atheisten oder Islamkritiker sind nach gebührender Ermahnung zu töten. Mit dem entsprechenden Warnhinweis auf Risiken und Nebenwirkungen der islamischen Theokratie versehen, informieren wir Islamkritiker ebenfalls zum Kalifat, doch Kaddor verschweigt uns eben die Risiken. Kaddor informiert Deutschlands Lehrerzimmer über den islamischen Gottesstaat und Thomas Kufen unterzeichnet die Sache. Alles Integration oder – was?
Im Gottesstaat ist von beidem nicht mehr zu sprechen, weder vom Individuum noch von einem Gemeinwohl. Kaddor lehrt das Kalifat.
70 Merkmale der islamischen Gesellschaft: Gerechtigkeit, Solidarität und Brüderlichkeit
A: Gerechte Steinigungen der Ehebrecherinnen, solidarischer Hass auf Dhimmis und Apostaten, brüderlich verübte Pressezensur.
K: Darum hat die Aussage einer Frau nur den halben Wert vor Gericht und erbt sie nur 50 %. Juden und Christen gehören ebenfalls nicht uneingeschränkt zu der von Kaddor so genannten Solidarität islamischer Theokratie. Die Ehefrau darf, wie im Koran angeordnet, straffrei geprügelt werden, auch hier das Grundrecht der körperlichen Unversehrt aufgehoben.
In einer „theokratischen Struktur“ (Kaddor) ist für Musliminnen und Muslime eine bürgerliche Ehe (Zivilehe) nicht länger zugänglich. Frauen haben sich den Männern grundsätzlich unterzuordnen. Scheidungen unterliegen der Gesetzmäßigkeit der an-nikāh, das heißt der Imam-Ehe, dem Mann ist die Scheidung unverhältnismäßig viel leichter gemacht, der geschiedenen Frau droht die soziale Exklusion und die zwangsweise Wiederverheiratung oder auch die Tötung durch ihre Herkunftsfamilie. Das Sorgerecht für Kinder hat nach der Scharia grundsätzlich der Vater.
71 Den Islam in Deutschland in deutscher Sprache zu vermitteln, sollte in der Zukunft von hier ausgebildeten Theologen bzw. Islamwissenschaftlern erfolgen.
A: Islamwissenschaftler sind nicht dazu ausgebildet, Theologie zu betreiben. Die antidemokratische Scharia und die vormoderne, fundamentalistische und patriarchalische Sunna zu lehren will ich als nichtmuslimischer Steuerzahler nicht mitfinanzieren, schon gar nicht die öffentlichen Schulen betreffend. Das Lehren des politischen (orthodoxen) Islam dient nicht dem Gemeinwohl. In unseren Universitäten wird darauf zu achten sein, dass die Islamwissenschaft nicht in den Würgegriff der islamischen Theologie gerät.
K: Auch hier äußert sich Kaddor sehr verschwommen. Kaddor ist Religionslehrerin an staatlichen Schulen. Überschreitet Kaddor damit nicht ihren Zuständigkeitsbereich? ’Geschichte des Christentums (Kirchengeschichte)’ ist, sehr geehrte Frau Kaddor, ein anderes Sachgebiet als ’Katholische Moraltheologie’ oder ’Fundamentaltheologie.’
72 Wer könnte Ansprechpartner für die Schule bei benachbarten Moscheevereinen sein? (…) In natürlicher und zwangsloser Weise können und sollten die Religionslehrkräfte den Kontakt zur Moscheegemeinde herstellen, aber auch die dort engagierten Eltern und dort eingebundene Schüler und Schülerinnen sind gute Vermittler.
K: Schura in der säkularen Schule? Der ’heiße Draht’ zu den islamischen Geistlichen der lokalen Moscheegemeinden. Wozu soll dieser ’kleine Dienstweg’ denn eingerichtet werden? Etwa, um schwarze Schafe unter den Schülern den Islamtheologen zu „melden“, damit der diesen Schüler „rechtleitet“? Deutschlands Pädagoginnen und Pädagogen sollten mit ihren erziehungsschwierigen Schülern auch ohne Unterstützung von Imam oder Hodscha klar kommen.
Listig versucht Kaddor über die Möglichkeit der künftig in Deutschland ausgebildeten Imame, Hodschas oder Islamtheologen, den Einfluss der Islamverbände und der ihnen angeschlossenen Moscheevereine auf die säkulare Schule bezüglich Seelsorge, Erziehungsberatung und bezüglich des islamischen Religionsunterrichts zu stärken. Hatte Dr. Wolfgang Schäuble den Einfluss der Koranschulen durch die Mitsprache der Schulverwaltung eindämmen wollen, wird durch die von Kaddor angedachte „vertrauensvolle“ enge Einbindung an die lokalen islamischen Gotteshäuser eben diese Indoktrination wieder zugelassen. Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte der Schule stünden unter permanenter Beobachtung hinsichtlich des (vermeintlichen) islamischen Wohl- oder Fehlverhaltens.
Da Kaddor der Auffassung ist, „die Aufklärung ist für den Islam nicht übertragbar“ und sich dafür einsetzt, dass diese Religion „in allen Facetten“ (Kaddor, diese Handreichung, 11) gelebt und damit auch gelehrt werden kann, politische Scharia und Kalifat eingeschlossen, müssen wir Demokratinnen und Demokraten aus Wissenschaft, Pädagogik und Politik diesem Wunsch entgegentreten, dass künftig ein erheblicher Teil der deutschen Bildungs-, Erziehungs-, und Kulturlandschaft jeder wissenschaftlichen Supervision und staatlichen Mitbestimmung systematisch entzogen sein soll. Die Islamverbände und die ihnen angeschlossenen Moscheegemeinden werden die dazu notwendige Transparenz niemals erreichen oder anstreben.
Uns könnten Parallelen zum berüchtigten und gefürchteten System der Blockleiter oder „Blockwarte“ der NSDAP auffallen, Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR mögen sich an die sichtbaren und unsichtbaren „Dienstleister“ des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) erinnert fühlen. Das gezielt einschüchternde, notfalls mit Gewalt durchgesetzte, System des Überwachens, Bespitzelns und Verschleierns ist durch und durch islamisch.
A: Einen anderen Islam gibt es nicht. Noch nicht.
73 evangelische Jugendarbeit. Ganztagsbereich
A: Will Kaddor künftig die islamische Jugendarbeit im Ganztagsbereich?
K: Natürlich, auch die Hausaufgabenbetreuung, Sprachförderung und Kulturpädagogik, die Erlebnispädagogik, die Jugendfreizeiten und Sprachcamps (Stichwort: Muslimische Pfadfinder) sollen islamverbandlich im Sinne der Scharia geregelt werden.
74 Im Rahmen eines islamischen Religionsunterrichts können Schüler und Schülerinnen zu mündigen Muslimen erzogen werden, die in der Lage sind, Glauben und Tradition kritisch zu hinterfragen.
K: Versteht Kaddor das sich in das Schicksal der Zwangsverheiratung durch die Eltern Ergeben von Kindern oder Jugendlichen und den damit verbundenen absoluten Gehorsam gegenüber den Eltern als Mündigkeit?
A: „Kritisch zu hinterfragen“, das ist die heute geradezu nostalgische, verklärende Emotionen weckende Sprache der deutschen Pädagogik der Jahre 1975 bis 1985. Damit erweckt Kaddor gezielt den Eindruck, ein Interesse an Emanzipation und Demokratisierung zu haben. Die Lehrerin vom Niederrhein macht taqlīd, Sunna-Orthodoxie.
K: Kaddors islampädagogische didaktische Priorität liegt weniger auf dem Verstehen und Kritisieren des Inhalts von Koranversen und Hadithen als auf dem melodischen Intonieren (Seite 70).
A: Was aber hat Stimmbildung und Hocharabischlernen mit Religionsmündigkeit, mit geistig-seelischer Autonomie zu tun? Mit einem ständigen Wiederholen der Forderungen von Sunna und Scharia, wie Kaddor es in der uns hier vorliegenden Lehrerhandreichung macht, gehen Charles Darwin oder Sigmund Freud wohl nicht zusammen. Weist Kaddor ihre Schüler im Religionsunterricht wertneutral auf Darwin und Freud hin?
74 Koran. Durch diese Verse wird klar, dass der Mensch bei seiner Erschaffung kein Wissen hatte, dieses hat er dann von Gott gelehrt bekommen.
A: Kaddor lebt im Mittelalter! Was für ein Fundamentalismus, daneben noch unsäglich arrogant, die Buddhisten oder Atheisten hätten ja dann ebenfalls all ihr Wissen von Frau Kaddors Allāhgott bekommen.
K: Haben sie ja auch, so der orthodoxe Islam. Die Menschen waren alle Muslime, sind alle muslimisch, sie glauben bloß, Atheist oder Jude oder sonst etwas zu sein.
74 Wissen suchen. Koran 2:31, 32. Tirmidhī
A: Der als Verfasser einer der sechs kanonischen Hadithensammlungen geltende at-Tirmidhī vertiefte das für alle Muslime verbindliche Konzept des „al-qada’ wa-’l qadar“, was sich mit „du planst, doch Gott bestimmt es vorher“ oder „Der Mensch beabsichtigt etwas, doch (wörtlich und) Gott muss es zulassen“ übertragen lässt. Im Deutschen gibt es das sinngemäß, wenn auch seit Jahrhunderten deutlich weniger fundamentalistisch, als „Der Mensch denkt und Gott lenkt!“ Die derzeit promovierende Kaddor scheint der islamischen Prädestinationslehre anzuhängen.
Ein bildungsverweigernder Schüler der (gar von einem Dhimmī-Lehrer) eine Note bekommt, sei es eine Eins oder eine Sechs, könnte in fatalistisch-fundamentalistischer Weise sagen: „„al-qada’ wa-’l qadar: Es stand geschrieben.“ Und wir wundern uns noch über die geringe Zahl der muslimisch sozialisierten Nobelpreisträger im Vergleich zu den japanisch oder südkoreanisch erzogenen?
In Koran 2:31, 32 lobpreist Adam den Allāhgott und sagt, dass es kein Wissen geben kann, das nicht von Gott kommt. Ein neuzeitlicher, allzu textgläubiger Muslim könnte zu der womöglichen Fehleinschätzung gelangen, dass alles Wissen, also auch die Technologie der Nichtmuslime somit nur von Allāh stammen kann. Solche auch in der zunehmend ’globalisierten’ kulturellen Moderne an der angeblichen Superiorität des Islam borniert festhaltenden Muslime gibt es nicht wenige. Will Kaddor den schulisch nicht selten prekär integrierten muslimischen Schülerinnen und Schülern einen Zugang zu einem säkularen Wissenserwerb verbauen?
75 Zudem käme es vielen muslimischen Eltern gelegen, wenn der Staat ihnen Teile der religiösen Erziehung der Kinder abnehmen würde.
K: Fundamentalistische Indoktrination auf Staatskosten, egal welcher Weltreligion oder Weltanschauung, können wir nicht bezahlen und erst recht nicht dulden.
A: Der Staat ist freiheitlich-demokratisch orientiert, nicht monotheistisch-theokratisch. Die öffentliche Schule darf keine Koranschule sein, da muss es, solange der Islam zur Totalität (Polit-Religion) und zur Verkündung einer absolut einzuhaltenden Gehorsamspflicht (Scharia) neigt, deutliche Unterschiede geben.
75 Religion [muslimischer Jugendlicher]. In einer oftmals fremden und ablehnenden Umgebung wirkt sie identitätsstiftend.
K: Ich kann Kaddors Aussage nicht zustimmen. Während die Jungen aus muslimisch geprägtem Elternhaus zumindest bis zu einem Alter von etwa 11 oder 12 Jahren ziemlich frei aufwachsen, kann man ihre Schwestern nicht früh genug auf die islamische Frauenrolle vorbereiten und an das Kopftuch gewöhnen. War es in orthodoxen Familien bisher übliche „religiöse“ Praxis, den Mädchen die „Bedeckung“ mit Beginn der Geschlechtsreife aufzudrängen, sieht man in den Straßen meiner Stadt immer häufiger Dreijährige mit hijāb.
A: Kaddor erweckt den Eindruck, „die“ muslimischen Jugendlichen würden in Deutschland pauschal abgelehnt, wohl von der nichtmuslimischen Mehrheitsgesellschaft. An dieser entgegengebrachten Sympathie, so sie denn seitens der Zuwanderer erwünscht ist, lässt sich jedoch arbeiten. Die erwähnte „fremde“ Umgebung kann man sich zur Heimat machen – wenn man es denn wollte. Türkischstämmige Jugendliche könnten Experten für Demokratiegeschichte, europäische Geschichte, Heimatkunde und Naturkunde sein, könnten sich in Vereinen der „fremden“ Ureinwohner engagieren. Ist die Fremdheit nicht vielmehr das Erziehungsziel der fundamentalistischen „Wagenburgen“?
75 Prinzipiell kann man sagen, dass die reine Lehre des Islams kaum gelebt wird.
A: Richtig, das geht nur in der islamischen Gesellschaft (Kalifat), alles andere ist Provisorium, halbe Sache. Nur der volle Einsatz für die politische Scharia, mit allen Kräften und Mitteln, würde die Seele des Muslims in der Diaspora (in der er sich aus orthodoxer Sicht nur vorübergehend aufhalten darf) retten. „Die reine Lehre des Islams“ heißt, das verschweigt uns Lamya Kaddor, nikāh, Imamehe, denn die Ziviltrauung würde die „Reinheit“ der Lehre bereits besudeln, da diese demokratisch-zivilrechtliche Errungenschaft (der standesamtlichen Ehe) nicht von Allāh stammt.
In Syrien, Ägypten und selbst in Saudi-Arabien wird mit dieser Aussage, dass „die reine Lehre des Islams kaum gelebt“ werde, die (ohnehin prekäre) staatliche Legitimität durch politisch aktive Islamisten (etwa der Muslimbruderschaft) ironisiert, in Frage gestellt. Aus Sicht von Tugendwächtern der totalen Sunna ist aber bereits der von jedem frommen Muslim zu benutzende miswak oder siwak, der hölzerne Zahnstocher des Propheten gemeint. Absolute Gehorsamspflicht der „ewigen“ Scharia und Sunna gegenüber ist verlässlich islamisch. Schlussendlich rechnet Allāh ab, nur dein Gehorsam der Großfamilie und Madhhab gegenüber rettet dich vor der schmerzlichen Verdammnis der Hölle. Allāh als Alibi für den prügelnden Ehemann und den seine Tochter zwangsverheiratenden Vater!
Klarheit hinsichtlich des „reinen Islams“ wird uns der an Yūsuf al-Qaradāwi orientierte europäische Fatwa-Rat ECFR schaffen, der denkt für dich, wenn dein Ehepartner oder Vater es etwa nicht tun sollte. Will Kaddor die Jugendlichen in eine seelische Abhängigkeit vom ECFR treiben? Ihre Aufgabe wäre es, die jungen Menschen gegen jeden Fundamentalismus zu immunisieren, gerade das würde dem Einzelnen den Weg in eine religiöse Mündigkeit und (damit) in eine freiheitliche, persönliche Spiritualität ermöglichen helfen. Stattdessen scheint Kaddor in Kollektiven zu denken: „die“ Muslime mit „ihren Besonderheiten“. Universelle Menschenrechte sind gut – für Nichtmuslime.
K: Für Kaddor als bekennend gläubige Muslima, die Koran, Scharia und Hadithen als einzige Quellen eines Allāh wohlgefälligen Lebens postuliert, sind die Würfel gefallen. Selbstverständlich wird die Religionslehrerin „ihre“ Schülerinnen und Schuler auf dem „Weg zur Quelle“ rechtleiten und vor jedem nichtislamischen Einfluss warnen. Wie die säkulare Schule mit dieser praktizierten Gegenkultur umgehen soll, wird sich zeigen und hängt auch von der örtlich zuständigen Schulaufsicht ab.
75 Bräuche, wie die spezielle Art, das Beschneidungsfest für kleine Jungen zu feiern
A: Routine-Jungenbeschneidung ist ein vormodernes, sexualmagisches Initiationsritual, gegen das sich alle moderne Pädagogik ganz grundsätzlich positionieren sollte, Ausnahme wäre lediglich die medizinisch indizierte Amputation der Penisvorhaut. Kaddor befürwortet die systematische Jungenbeschneidung, sie käme auch in einige Schwierigkeiten, würde sie die für die at-tahāra, die rituelle Reinheit und damit für die „Gültigkeit“ des Gebets angeblich unverzichtbare (männliche) Beschneidung in Frage stellen. Jungenbeschneidung ohne medizinischen Grund ist eine Form des sexuellen Missbrauchs und selbstverständlich auch des Verstoßes gegen die grundgesetzlich garantierte körperliche Unversehrtheit. Ebenso wie eine muslimische Frau erst dann in der kulturellen Moderne angekommen ist, wenn sie ihre Tochter nicht zwingt (auch nicht mit dem Allah als Alibi), ein Kopftuch zu tragen, ist auch ein muslimischer Vater erst dann Teil der an den Erkenntnissen von Psychologie und Fundamentalismuskritik gereiften Weltzivilisation, der durchsetzen kann, dass seinem Sohn Präputium und Frenulum erhalten bleiben, sofern kein (säkularer) Mediziner es anders empfiehlt. Weltweit wird Jungenbeschneidung rhetorisch ganz aggressiv bagatellisiert. Es geht um Macht und Ohnmacht, um ein „heiliges“ Unterwerfungsritual, das dazu berechtige, andere zu unterwerfen. Die Ur-Erfahrung des kultisch-rituell „beschnittenen“ Jungen, im genitalen und intimen Bereich Opfer geworden zu sein, ist grundsätzlich Anknüpfungspunkt für die von der „Religion“ geduldete Ausübung sexualisierter Gewalt an Frauen und Männern. Im orthodoxen Islam ist Dreierlei verschmolzen, das Sakrale, das Sexuelle und das Militaristische. Heiliger sexualpolitischer Krieg.
75-76 Die Vermischung der Religion mit Traditionen und Bräuchen. (…) Denn kulturelles Handeln ist veränderbar, göttliche Gesetze sind es nicht.
K: Zur weiblichen islamischen Genitalverstümmelung, wie sie der Theologe ibn-Taymiyya (gestorben 1328), die heutigen Schafiiten beispielsweise in Indonesien oder mehrere prominente al-Azhar-Prediger favorisieren, schweigt Pädagogin Kaddor.
Was, wenn ein bereits oder noch nicht genitalverstümmeltes Mädchen aus Indonesien, Somalia, Irak oder Ägypten bei ihr im islamischen Religionsunterricht sitzt? Wenn FGM „veränderbarer Brauch“ ist, spricht Kaddor die Eltern und / oder die Betroffenen an, um die Genitalverstümmelung wenigstens an jüngeren Schwestern zu verhindern? Pädagoginnen und Pädagogen müssen den Kontakt zu Beratungsstellen zum Thema ’female genital mutilation’ (FGM) anbieten (können).
Wie geht Frau Kaddor mit den in Deutschland lebenden muslimischen Mädchen und Frauen um, denen eine Verstümmelung hier oder im Heimatland droht? Wie mit denen, die bereits genital verstümmelt sind?
Bezeichnenderweise wird die Genitalverstümmelung im Namen des Männerrechts von Frauen an Frauen ausgeübt. Oft hält die eigene Mutter das Kind bei dem qualvollen Ritual persönlich fest. Schier unentwirrbar ist das Amalgam von Motivationen und Emotionen, die die weibliche Täterschaft an der patriarchalischen FGM tradieren. Natürlich möchte die Mutter, die davon überzeugt ist, dass nur eine „beschnittene“ Frau eine ehrbare, heiratsfähige Ehefrau sein kann, dieses geheiligte Reinigungs- und Initiationsritual ihren Töchtern nicht vorenthalten. Es gibt ihr aber auch Identität, Status und Macht. Der Männerbund profitiert von der sich gegenseitig überwachenden und verstümmelnden Frauenschaft, die ihre Aggression gegen Geschlechtsgenossinnen richtet und nicht gegen die männliche Stammesführung. In der Gewalt ’Frau gegen Frau’ wird eine der Wurzeln des gegenseitigen weib-weiblichen Misstrauens und der Frauenkonkurrenz jedes Patriarchats liegen.
Wenn ein Mädchen noch nicht einmal seiner Mutter vertrauen kann, die lügt („Sie versprachen mir ein herrliches Fest“), der Gewalt ausliefert und behauptet, der unzerstörte Frauenleib sei abstoßend, satanisch und ekelhaft unrein, und die die selbst erfahrene Traumatisierung abstreitet, wie soll es jemals einer anderen Frau vertrauen können? Es ist richtig, dass FGM uralt, vorislamisch ist. Ich vermisse jedoch eine glaubwürdige und endgültige Abkehr der weltweiten islamischen Geistlichkeit von der islamisch khifadh oder khafdh genannten FGM. Religionspädagoginnen an säkularen Schulen haben sich eindeutig gegen die FGM zu positionieren.
A: Erschreckend, wie gleichgültig, wie kalt Kaddor Menschen als in ein Kollektiv eingesperrte Wesen konstruiert und verewigt, sei es madhhab oder Stamm. Kaddor will dir und mir verhindern, eine wirklich eigenwillige Biographie zu schreiben, ein selbst bestimmtes Leben zu führen. Kaddor kennt die Bedeutung der orientalischen Großfamilie genau, sie duldet wissentlich den sich gegen die kulturelle Moderne wirksam verstärkenden Sunna-Familialismus und Sunna-Tribalismus.
K: Die Kinder und Jugendlichen sollen die göttlichen Gesetze, die „reine“, unverschmutzte Scharia befolgen.
76 Um das Verwobensein von kulturellen Traditionen und Religion zu lösen, müssen Muslime „aufgeklärt“ werden. Diese „Aufklärung“ können sie u. a. in der Moschee erhalten oder durch einen staatlich beaufsichtigten islamischen Religionsunterricht, wenn die Unterrichtenden eine entsprechend solide Ausbildung (in Europa) erhalten haben.
A: In einer geradezu manichäisch anmutenden, extremdualistischen Manier lobt Kaddor die reine, hehre Religion und will die Verunreinigungen, die lokale und epochale Kulturen oder Traditionen angeblich in Sunna und Scharia hinterlassen hätten, auswaschen. Für diese imaginierte politreligiöse Katharsis missbraucht Kaddor den auf die historische Neuzeit, die Epoche des 18. Jahrhunderts und auf die Fundamentalismuskritik bezogenen Begriff ’Aufklärung’.
K: Ob die „klare, unvermischte“ Lehre des Scharia-Islam in Teheran, Kairo oder Dinslaken-Lohberg gelehrt wird, ist letztlich egal. Auch der „reine“ Islam (Kaddor: „göttlicher Wille“) bleibt, was er ist, selbst unter einer wie auch immer gearteten staatlichen Aufsicht: Partiell grundgesetzwidrig und mit den universellen Menschenrechten in keiner Weise kompatibel. Kaddor will die praktizierte „Aufklärung“, nämlich die Gegenaufklärung.
Während die der freiheitlichen Demokratie verpflichtete säkulare Schule junge Menschen zu autonomen, kritischen Persönlichkeiten heranbildet, zielt die schwarze Pädagogik (Rutschky, Miller, Foucault) jedes Fundamentalismus oder jeder Herrschaftsideologie auf Gehorsamspflicht, Auflösung des Ichs gegenüber der glorifizierten Gemeinschaft und Unterwerfung.
A: Meint die Autorin mit „solide Ausbildung (in Europa)“ Konzepte wie die ’Islamische Religionspädagogische Ausbildung’ des Islamisten und erklärten Bewunderers der Gedanken der Muslimbruderschaft Amir Zaidan in Wien (IGGiÖ, IRPI, IRPA)? Oder denkt sie eher an das französische IESH? Kaddor distanziert sich nicht von den Zaidan- oder IESH-Konzepten der dortigen „soliden“ religionspädagogischen Ausbildung.
76 [Islamischer Religionsunterricht an staatlichen Schulen] Nahezu die Gesamtheit aller muslimischen Eltern fordert diesen Unterricht, der einen großen Beitrag dazu leisten könnte, ihre Kinder in diesem Land zu integrieren.
K: Lamya Kaddor möchte alle muslimischen Kinder in der Bundesrepublik in die schariatisch orientierte Parallelkultur „integrieren“? Die individuelle Eingliederung in die ’riskanten Chancen’ (Ulrich Beck) einer hochtechnisierten Informations- und Dienstleistungsgesellschaft wird durch das vormoderne Menschenbild und die dem Islam inhärente Wissenschaftsfeindlichkeit (Kaddor: „Die Aufklärung ist für den Islam nicht übertragber“), speziell für Frauen, erheblich erschwert.
76 Doch ein islamischer Religionsunterricht kann und darf auf gar keinen Fall den Unterricht in der Moschee ersetzen. Ziel eines islamischen Religionsunterrichts muss es sein, Kinder zu mündigen und damit entscheidungsfähigen Muslimen zu erziehen.
K: „Mündig und entscheidungsfähig“ (Kaddor) durch einige eingeübte Gebete und auswendig gelernte Koranverse? Das kann die Verfasserin nicht meinen. Wie auch immer, Kaddor möchte wohl vorbauen. Unter der staatlichen Aufsicht in der Schule den ’Kuschel-Koran’ und ’Islam light’, die unverschleierte Polit-Scharia in der Moschee.
A: Der Einklang mit der Weltbürgerlichkeit, der Wissenschaftlichkeit namentlich der historisch-kritischen Methode und der ernst gemeinten und ausgehaltenen Verträglichkeit mit den Erkenntnissen der Psychoanalyse ist offensichtlich nicht Kaddors Arbeitswerkzeug. Doch nur dieses Qualitätskriterium wäre die Legitimation für einen ’schulreifen’, schultauglichen Religionsunterricht. Der Islam, wie er sich in der von Thomas Kufen publizierten Handreichung darstellt, kann ein Schulfach an einer Koranschule sein, nicht jedoch an einer öffentlichen Schule.
79 Wo es religiöse Elemente im Schulleben gibt, muss der Beitrag des Islams in Form einer Kooperation mit der Moscheegemeinde einbezogen werden.
A: Muss er nicht, da die einem Islamverband zugehörigen Moscheegemeinden nahezu alle einen ultrakonservativen Islam vertreten müssen. Nebenbei drohen islamistische, nationalistische, ethnische und sonstige politreligiöse Konflikte aus dem islamischen Teil der Erde über die Moscheegemeinden („Moscheekrieg“) den Schulfrieden zu gefährden. Es wird noch längere Zeit dauern, bis ’Moscheegemeinde’ so wenig demokratiegefährdend ist wie ’Kirchengemeinde’.
79 „Raum der Stille“
K: Gegen einen Meditationsraum habe ich nichts, solange keine religionsgemeinschaftliche Bindung vorherrscht und auch atheistisch, kirchenkritisch oder islamkritisch Denkende, jederzeit und gemeinsam mit allen anderen, Nutznießerinnen und Nutznießer dieser Räumlichkeit sind. Versuche eine radikalislamische Geschlechtertrennung in derartigen „Räumen der Stille“ durchzusetzen, hat es bereits gegeben. An einer nicht konfessionsgebundenen Schule hat keine Religion Räume oder Stunden zu prägen.
79 Nicht zuletzt, um ein Abkapseln der „Religiösen“ zu verhindern, ist der breite Dialog und die Zusammenarbeit des Religionsunterrichts mit allen anderen Fächern notwendig.
A: Eventuell vorhandene Radikale sollen nicht nur den Islamunterricht, sondern gleich alle Schulfächer ansteuern können?
K: In Bildungsinstituten haben Fundamentalisierung, Islamisierung beziehungsweise erzwungene Muslimisierung des Schulalltags und des Unterrichts keinen Platz. Das gilt auch für Naturwissenschaften, Kunst und Sport. Bekenntnisfreie Schulen sind Lernorte, die dem Anspruch von Wissenschaftlichkeit und moderner Pädagogik zu genügen haben.
Da’wa (politreligiöse Propaganda), die auf Nichtmuslime gerichtet ist, Schariatisierung des öffentlichen Raumes, Bilderverbot in Theorie und Praxis (Dr. Johannes Kandel in: Organisierter Islam in Deutschland und gesellschaftliche Integration, 2004, zum Thema Abmeldung vom Kunstunterricht) und umgesetzter theozentrischer Moralkodex bezüglich von Kleidung und Verhalten, all dies gefährdet den Schulfrieden.
A: Kinder haben das Recht, vor den anmaßenden Forderungen der Doktrin des Wohlverhaltens (Sunna) und dem Dogma der angeblich ewigen, unverhandelbaren Pflichtenlehre (Scharia) wenigstens für die Stunden ihres Schulbesuchs verschont zu werden. Das nennt man ’negative Religionsfreiheit’.
Sozialpädagogische Analyse zur Handreichung «Herausforderungen und Chancen in Bildungseinrichtungen» der Landesregierung NRW 2008.
Grundinformationen zur Demokratie von Jacques Auvergne und Ümmühan Karagözlü. Januar 2009
link zum buch von Assem Hefny Herrschaft und Islam: Religiös-politische Termini im Verständnis ägyptischer Autoren (ROI – Reihe für Osnabrücker…