Posts Tagged ‘Frauenrollen’

Nein zum Eva-Prinzip

November 30, 2007

NDR kündigt Eva Herman

Pop-Stars, SportlerInnen, bekannte SchauspielerInnen und sicherlich auch durchs Fernsehen bekannte NachrichtensprecherInnen, Moderatorinnen und TalkmasterInnen sind Personen des öffentlichen Interesses. Sie sind in aller Munde, sie werden von Fans umjubelt, sie verdienen gut. Aber sie geraten auch besonders schnell ins Kreuzfeuer der Kritik. Und die ist meist nicht zimperlich mit ihnen.

Dieser Sachverhalt gehört ebenso zu den Schattenseiten des Dasein einer/s VIPs wie die Tatsache, nur in seltenen Ausnahmefällen Privatmensch zu sein. Das ist sicherlich hart und auch für die Familie schwierig. Wer sich jedoch für ein solches Leben entscheidet, muss sich damit abfinden, dass sie / er zunächst VertreterIn der BRD, Vorbild für die Jugend, sowie als durchs Fernsehen bekannte Moderatorin und Talk-Gastgeberinerin eben auch Repräsentantin der Sendeanstalt in der Öffentlichkeit ist, dann erst Lieschen Müller. Bekanntermaßen werden diese bekannten Persönlichkeiten viel genauer beobachtet als Privatleute, sie stehen unter besonders scharfem Beschuss der KritikerInnen und jedes ihrer Worte wird auf die Goldwaage gelegt. Wer sich also trotz der dünnen Luft oben halten will, muss tatsächlich ’sauber formulieren‘, und darf keine ‚Aussagen in einer Verbindung bringen, die nicht sonderlich intelligent‘ ist.

Auch nicht, wenn man Eva Herman heißt.

Nachdem es zum Zerwürfnis mit der Redaktion der Tagesschau wegen des ins Kreuzfeuer der Kritik geratenen Frauen- und Familienbildes ihres im August 2006 erschienen Buches (dessen Titel die Autorin bewusst nicht nennt) gekommen war, hatte Herman schon auf Insistieren der Verantwortlichen ihren Job als Nachrichtensprecherin des allabendlichen ausgestrahlten Zugpferdes und Quotenbringers der ARD niedergelegt. Jetzt kündigte auch der NDR seiner freien Mitarbeiterin die Zusammenarbeit auf.

Damit beendete ein weiterer öffentlich-rechtlicher Sender das hier fast 20 Jahre lang bestehende Arbeitsverhältnis der 48-jährigen Männerversteherin mit sofortiger Wirkung. Wie der Programmdirektor Volker Herres bekannt gab, sei nach Ansicht des Senders eine Fortsetzung ihrer Tätigkeit nicht vertretbar, weil die Tätigkeit als Publizistin nicht länger mit ihrer Funktion als Fernsehmoderatorin und Talk-Gastgeberin zu vereinbaren sei. Grund für die harsche Reaktion des Rundfunksenders sind gleich mehrere grobe Schnitzer. So hat die selbst ernannte Schutzpatronin längst überholt geglaubter Frauen- und Mütterbilder einen geplanten Auftritt bei einer Unterorganisation der rechtspopulistischen FPÖ erst nach Intervention abgesagt.

Daraufhin hat der Sender der ehemaligen Moderatorin unmissverständlich zu verstehen gegeben, zukünftig alles zu unterlassen, das geeignet sei ihr Ansehen als Moderatorin und Talk-Gastgeberin in der Öffentlichkeit zu schädigen und damit eben auch die Einstellung der Zuschauer und Hörer zum NDR negativ zu beeinflussen. Dabei ist die PR-Managerin des nur Hausfrau und Mutter Prinzips darauf hingewiesen worden, dass eine deutliche Trennung zwischen ihrer Tätigkeit als Publizisten und der Aufgabe beim Sender unumgänglich ist.

Gegen diese unmissverständlichen Vereinbarungen hat Herman immer wieder verstoßen. Das endgültige Aus kam dann für die Befürworterin des Heimchen am Herd Prinzips als sie anlässlich eines PR-Termins ihres zweiten Buches das Mutterbild der Nazis glorifizierte und die Achtundsechziger für den Werteverfall und das Versagen der Familienpolitik verantwortlich machte. Selbstverständlich hat die Bild am Sonntag diese Steilvorlage zur Verkaufsbelebung ihres Blattes genutzt und einen Eye-Catcher aus diesen Aussagen gemacht. Nachdem Herman dem Sender gegenüber die Richtigkeit der Darstellungen in dem bekannten Printmedium bestätigte, zog der NDR die Notbremse und beendete die Zusammenarbeit. Wie schön für Frau Herman, kann sie doch endlich nachdem sie uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden und über unser wahres Wesen aufgeklärt hat, endlich ihrer wahren Bestimmung nachgehen und für ihren Mann Weibchen und Heimchen am Herd sein und ihrem Sohn eine gute, nicht berufstätige Mutter.

Wenn diese ‚Femme Fatale‘ für die Emanzipation von Frauen und Männern nicht in die rechte Ecke gestellt werden will, dann fühlt sie sich in der Nähe der Scharia-AnhängerInnen vielleicht wohler. Der im frühen Mittelalter stecken gebliebene Islam sieht ebenfalls die Berufstätigkeit der Frauen nicht vor, schließt sie damit aus einem großen Teil des öffentlichen Lebens aus und fördert Frauen- und Männerbilder, die mit einer kulturellen Moderne nicht vereinbar sind und Handlungsmöglichkeiten einschränken, anstatt Gestaltungsmöglichkeiten zu erweitern.

Männer, welcher sexuellen Ausrichtung auch immer, die den Verstand ausschalten wollen, weil sie eine attraktive, vorteilhaft gekleidete Frau sehen, bleiben genau die gleichen unentwickelten Persönlichkeiten wie Frauen, welcher sexuellen Ausrichtung auch immer, die nur Heilige oder nur Hure sein wollen. Beide, Männer wie Frauen sind dann psychisch deformierte, halbierte Persönlichkeiten, die sich auf pathologische Weise ergänzen und bestätigen. Diese verhängnisvolle Kooperation nennt sich kulturelle Vormoderne oder Patriarchat.

Ümmühan Karagözlü

Kopftuchpädagogik

November 11, 2007

Kopftuchpädagogik

Ein Bericht aus Deutschland

von Jacques Auvergne

Lale, nennen wir sie einmal so, Lale war neun Jahre alt und ein Mädchen aus Deutschland mit Migrationsvordergrund. Nanu, es müsse doch Migrationshintergrund heißen, mag der aufmerksame Leser mir nun entgegnen. Fünf Minuten bitte, Sie werden dann sehen, wer oder was hier in den Hintergrund tritt. Oder eben in den Vordergrund. Kulturelle Moderne oder anatolisches Dorf.

Lale ist am pfälzischen Rhein geboren und verlebte so etwas Ähnliches wie ihre Kindheit ohne nähere Beziehungen zu den Ureinwohnern. Kinderspiele oder Spielen überhaupt spielte für sie keine besondere Rolle. Die türkisch‑stämmige Familie ist radikal unkreativ. Dafür können beide Eltern den Koran auswendig.

Die Intelligenz des gelehrigen Vogels Papagei: überraschend klanggetreues Nachplappern. Das Sozusagen‑Wissen, das Als‑ob‑Verstehen, es globalisiert sich, leider sogar unabhängig von der Religion

Lales Vater, nennen wir ihn Herrn Yildiz, er ist einfacher Verkäufer und hat einen deutschen Wortschatz von 200 bis höchstens 250 Wörtern, was ihn wie seine deutsche Umgebung täglich erkennbar ärgert und behindert. Ach, Yildiz ist schon zwanzig Jahre hier und mindestens durchschnittlich intelligent. Andere Familienväter würden die Sprache der Ureinwohner lernen. Nicht so Yildiz, nebenberuflich Aushilfsprediger in einer gar nicht so kleinen pfälzischen Moscheegemeinde.

Familie Yildiz ist also auch sehr gläubig. Jedenfalls tragen Mutter, Oma sowie die zahllosen Tanten fußlange staubgraue oder taubenblaue Mäntel und gucken versteinert aus dem kleinen Gesichtsoval ihres ebenfalls taubenblauen oder staubgrauen Kopftuchs. Hat doch was, Taubenblau auf Mausgrau – orientalische textile Pracht stellte ich mir anders vor, litt aber vielleicht an Vorurteilen. In der pfälzischen Kleinstadt, nennen wir sie Altendorf, mit ihrem selten geringen Ausländeranteil von noch 4 % sieht eine solche Frauenkolonne mindestens in der Abenddämmerung arg erschreckend aus, wie eine Prozession von Geistern, Nonnen oder Mumien. Man fühlt sich unwillkürlich an Umberto Eco erinnert, «Im Namen der Rose» und damals wäre so ein Schwarm aschfahl gewandeter Weibchen wohl auch nicht besonders aufgefallen. Die Altendorfer Deutschen indes, gerade auch die Frauen, sie werden ihre Ratlosigkeit über die Altendorfer Muslime wohl niemals offen zugeben, was wiederum mich so ratlos mach, dass ich diesen Text niederschreibe.

Die Yildiz sprechen zu Hause erklärlicherweise kein Wort Deutsch. In den Häusern rechts und links in der Altendorfer Birkenstraße wird halt eine fremde Sprache gesprochen, die deutsche. Wer nur 200 oder 100 Worte Deutsch spricht, Mann und Frau sammelten zudem Worte etwas verschieden gearteter Lebensfelder, der wäre auf Hilfe zum Spracherwerb zumindest für seine zwei Söhne und drei Töchter angewiesen. Lernen? Ach ja, Schule.

Da Schulpflicht bestand, musste das Mädchen auch zur Schule gehen. Die kleine Lale hatte im ersten und zweiten Schuljahr rückenlanges, rabenschwarzes und ganz glattes Haar und über den Augenbrauen zum Pony geschnitten hielt die Frisur auch ganz ohne Haarklammern. Frisur, Figur und Gesicht ergaben ein gefälliges und altersgerechtes Gesamtbild. So einem Kind kann man doch was beibringen, dachten ihre Lehrerinnen und Lehrer. Im Rechnen lag Lale drei Jahre zurück also auf dem Niveau einer vor vier Monate eingeschulten Erstklässlerin, die Erfolge im deutschen Sprechen blieben auch nach drei Schuljahren auf gutem Kindergarten‑Niveau, Schriftbild wie Schreibfertigkeit entsprachen ebenfalls etwa einer Erstklässlerin. Aber besser als nichts und prinzipiell lebenslang ausbaufähig.

Zudem kippt seit 1995 in vielen Grundschulen das Niveau größerer Teile aller Klassen sehr ’in Lales Richtung’. Ursächlich hierbei wird der Anteil der Migrantenkinder sein, die alle wie Lale aufwachsen. Die deutschen Schulen bemühen sich erfolgreich, diese Bildungs‑Zeitbombe schön zu frisieren. Leistungshürden wie Wortschatz werden halt ’aktualisiert’. Die Praxis, auf das Geben von ehrlichen Schulnoten zu verzichten tat ein Übriges, die Integrationskatastrophe im Bildungsbereich zu verschleiern

Mit Jungen durfte Lale allerdings nicht sprechen, schon gar nicht mit deutschen. Sie wird wohl immer behaupten, das freiwillig getan zu haben. Mit deutschen Mädchen durfte oder wollte Lale auch nur drei Sätze pro Woche reden. Mit den manteltragenden Frauen der Familie indes wurde und wird sich pausenlos auf türkisch unterhalten und auch das Verhältnis zur Mutter stimmte, damals, soweit man als türkische Tochter die arroganteste Ziege und machtgeilste Natter der Birkenstraße eben lieben kann. So weit weder optimal noch hoffnungslos.

Dann aber passierte etwas.

Lale bekam ihre Menarche, ihre erste Monatsblutung. Extrem früh, mit neun, das aber kommt bei orientalisch‑stämmigen und dazu noch risikoreich übergewichtigen Mädchen durchaus vor. Naja, werden Sie sagen, die Menstruation halt, na und? Diese jedoch war so etwas wie ein Signal, auf das die Mutter, deutscher Wortschatz übrigens nur 100 Worte und damit halb so viel wie ihr Mann, anscheinend nur gewartet hatte.

Die Haare müssen weg

Lales Haare sollten sofort radikal abgeschnitten werden, das war die mütterliche Forderung. Ayip – Ayip! Schande – Schande, wenn eine gewordene Frau noch länger ihr langes Haar offen zeigt. Und Menstruation ist halt Frau, basta. Kopftuch oder Schere, am besten beides, auch basta. Das Kind konnte vor Angst nicht schlafen und heulte sich wütend bei den letzten verbliebenen außerfamiliären Bezugspersonen aus.

Um es vorweg zu nehmen: diesen ist heute der Kontakt zur Familie Yildiz ebenso wortlos wie vollständig entzogen worden, durchaus mit Hilfe der betroffenen Grundschule übrigens. Damit Sie mich richtig verstehen, die Familie ist nicht in die Türkei gezogen. Vielmehr wohnt sie am pfälzischen Rheinufer. Ja, in Altendorf. Jaja, Birkenstraße.

Es begann ein Kampf um jedes Haar. Es begann ein Kampf um jeden Zentimeter Haarlänge, ein Krieg, der ziemlich genau ein Quartal dauerte und in dem das Kind kleidungsbezogen noch nicht weiter auffiel. Seelisch durchlitt das Kind große Qualen bei seinem Widerstand gegen den ständig drohenden Frisörtermin. Und wöchentlich fiel eine Handbreit Kinderhaar der Unbarmherzigkeit der mütterlich‑muslimischen Frisörschere zum Opfer. Doch die kleine Lale gab nicht auf. Das Mädchen kämpfte wie eine Löwin.

Sie wurde allerdings zu Kompromissen gezwungen, die im Ergebnis etwas drollig oder exotisch aussahen, nämlich ein verspielt wirkendes tägliches Einflechten von etwa sechzig bunten Gummibändchen, durchaus kunstsinnig. Wenn ich nicht gewusst hätte, welches Elend des Kampfes zwischen Mutter und Tochter sich hinter diesen gummibunten zwanzig Zöpfchen verbirgt, hätte ich diese Mädchenfrisur begeistert für die nächste Sommersaison empfohlen und die kleine Lale als hippe Trendsetterin ausgerufen. Doch ich wusste Näheres.

Zeit des Drecks

Es begann eine Zeit des Schmutzes. Es begann eine Zeit der mütterlicherseits organisierten provokanten kindlichen Verdrecktheit, die vom Kind wohl bis heute nur halb bewusst durchschaut ist und die wohl leider auch niemals je gänzlich durchschaut werden wird. Die Mutter trug dabei allerdings saubere Sachen.

Lale könnte künftig einmal in jahrelanger Arbeit dieses ihr Gefängnis Familie verstehen lernen – sie wird es vermutlich nicht tun. Dieses Geheimnis kollektiv knacken hieße die Menschheit vom versteinerten Scharia‑Islam zu befreien und von 5000 Jahren Patriarchat gleich mit, so will es mir als Romantiker manches Mal erscheinen. Zurück aber zu Lales Haar. In dem es nämlich geheimnisvoll zu leben begann.

Die Phase des verzweifelt‑wütenden Zöpfchenwickelns, dauerte weitere zwölf Wochen. Wochen, in denen das Mädchen auf 50 Meter sichtbare, dicke bräunliche und schwärzliche Flecken auf dem Weiß- und Rosagrund der schrecklich unpassenden Hemdchen trug. Oder vielmehr tragen musste. Tageweise trug Lale Bandana‑ähnliche Haarbänder, das bekannte Kopftuchsubstitut. Das Mädchen jedenfalls verdreckte erbärmlich, ohne dieses äußere Schmutzigsein wirklich wahrhaben zu können. Die Brüder hingegen? Wie aus dem Ei gepellt, blitzsauber die Markenkleidung, adrettes Haar, wie immer halt. Jungs geben auch keinen Anlass zu Ayip, so ist es, Allah sei Dank.

Wir als Lales Nachhilfelehrerinnen und Nachhilfelehrer begannen zu diskutieren: warum wird das Kind jeden Tag dreckiger? Begannen zu überlegen, ob wir das Jugendamt informieren sollten. War die Familie in Armut geraten? Sollte die Waschmaschine kaputt sein und deren Reparatur zu teuer? Doch nein: die Brüder tragen feine, teure und makellos saubere Kleidung. Hat das Mädchen eine Sponti‑Phase der burschikosen Selbstverwirklichung, ist sie seelisch belastet, oder, oder?

Inzwischen trug Lale an manchen Tagen Opas abgelegte weiße Feinripp‑Unterhose als Überhose unter bizarr hässlichen, seit Jahren längst zu kurz gewordenen Röckchen. Die weiße Als‑ob‑Strumpfhose war lehm- und asphaltstaubverdreckt, jedenfalls schmutzfleckig.

Zu dieser weißen Unterhose ist hier Dreierlei anzumerken. Erstens würde man auf dem Weißgrund den mütterlicherseits erhofften Dreck öffentlich besser sehen können. Zweitens geben die wenige Tage darauf seitlich auf jedem Unterhosenbein von Mutter Yildiz in Handarbeit applizierten rabenschwarzen kleinen Samtschleifchen dem Beinkleid etwas Lächerliches und dabei zugleich ebenso Verwerflich‑Obszönes wie den kalkulierten Anschein des Absichtslosen. Die Mutter spielte in dieses Wochen ganz bewusst ’überlastete kinderreiche arme Mutter’, gerade um die Deutschen zu blenden. Sie ließ sich, Verantwortlichkeit und Fürsorglichkeit heuchelnd, geduldig für ihre Tochter von mitfühlenden Lehrerinnen neue Kleidungsstücke schenken, die dann jedes Mal sogleich auf rätselhafte Weise verschwanden, damit die widerspenstige Lale dreckfleckig herum laufen konnte. Drittens bestand die mütterliche Intention ganz offensichtlich darin, den Blick der sozialen Umwelt zwar sehr wohl auf das bockige Kind zu wenden, aber eben nicht auf dessen Gesicht! Diese Absicht nicht durchschauend aber sehr genau spürend hält Lale seit jener Zeit ihren Kopf in Demut gesenkt. Ihr wesensgemäßer Widerstand brach in diesen Wochen mehr und mehr zusammen und mit ihm ein Teil ihrer einzigartigen Persönlichkeit.

Heute weiß ich: die Mutter hat das Mädchen erniedrigt und vorgeführt. Du bist es, meine Tochter, als moralisch verkommenes Wesen auch nicht wert, äußerlich sauber zu sein! Ich wasche dir deine Sachen nicht mehr, so lange du kein Kopftuch trägst! Mädchen mit offenen und immer noch zu langen Haaren sind schandebefleckt und das soll man auf 50 Meter dann auch sehen. Wie schon erwähnt, man sah es, auf 50 Meter

Opas zur Mädchenüberhose umfunktionierte Unterhose jedenfalls changierte in ihrer täglich wechselnden Fleckigkeit irgendwo zwischen Dalmatiner und Apfelschimmel. Nein, kein Camouflage, kein Military‑Look. Einfach nur dreckig.

Bald aber glänzte des Mädchens staubiges Haar so speckig, dass man sich über einen ranzigen Geruch nicht mehr gewundert hätte.

Es juckt

Lale begann sich hinter den Ohren zu kratzen. Meine Kollegin verstand sofort, haute vor Wut auf den Tisch und fand 500 riesige Nissen nebst einem Dutzend flink im völlig verfetteten Haar herum steigenden Läusen. Das arme Mädchen! Lales Tränen rollten. Läuse, welche Schande für die Familie und zudem würde das sicher auch Prügelstrafen zeitigen. Die Nachhilfelehrerin erzählte Lales großem Bruder vom Kopflausbefall und vom Umgehen mit dem Problem Kopflaus und bot der Familie ein Gespräch an.

Abends klingelte bei der Nachhilfelehrerin das Telefon. Ein stolzer Vater Yildiz begehrte zu wissen, welches Kind sein Kind mit Läusen infiziert habe: „Wer war dass?“ schrie er wütend und tief getroffen, in der einen Hand fraglos den Telefonhörer, was ihn jedenfalls nicht daran hinderte, mit der anderen Hand seiner Lausetochter ins Gesicht zu schlagen, die daraufhin klagend aufheulte.

Das war ganz ungewöhnlich! Nicht, dass Lale geschlagen wurde, das tat die Mutter mehrmals pro Woche. Sondern das der Vater es tat, denn Kindererziehung ist nicht Teil der traditionellen türkischen Männerrolle.

Diesem anderen, unbekannten und ’schuldigen’ Vater jedenfalls wolle er mal rasch die Meinung sagen, vor Sonnenuntergang noch und von Mann zu Mann. Ob der fromme Muslim wirklich einen fremden Familienvater verprügelt hätte, das weiß nur Allah, ich jedoch befürchte es. In der Tat hatten in den letzten Wochen die Kopflausfälle in Altendorf ärgerlich zugenommen, von Anfang an seltsamerweise gehäuft gerade auch im Bereich um die Birkenstraße.

Am nächsten Morgen stand die Nachhilfelehrerin um halb acht vorm Grundschul‑Lehrerzimmer und warnte die Direktorin vor Laus und Kind. Keinen Augenblick zu früh, denn Großfamilie Yildiz rauschte heran, beide Eltern dabei und ein paar der mausgrauen Manteltanten, die mit aufgesetzter Unschuldsmine Lale in den Klassenraum schieben wollten. Die Klassenlehrerin verhinderte dies. Und beurlaubte Lale, bis zum hoffentlich baldigen Zeitpunkt auf amtsärztlich attestierte Lausefreiheit, guten Morgen.

In der Folgewoche kam Lale noch ein letztes Mal ins gut besuchte Lernzimmer des Nachhilfegruppe: „Ich komme nicht mehr“. Sie schwieg fünf Sekunden. „Ist denn keiner darüber traurig!?“, drehte sich um und ging weg. Abends weinte dann Lales Nachhilfelehrerin.

Lale ist Tage später noch einmal gesehen worden, säuberlich gekleidet und mit auf zehn Zentimeter Länge sittsam gestutzten Haaren. Die Familie hat den Kontakt zur Nachhilfeschule bewusst abgebrochen. Leider hat sich damit für uns Lales Spur bis auf weiteres verloren, zumal wir nicht wissen (sollen), welche weiterführende Schule das Mädchen besucht.

Das alles ist zwei Jahre her. Lale, wir haben dich nicht vergessen.

Jacques Auvergne

Prinzipientreue und Dummheit. Zwei Seiten einer Medaille

Oktober 4, 2007

Prinzipienreiter nennt man die Menschen, die trotz besseren Wissens an Meinungen Forschungsergebnissen und Ideologien kleben. Es ist menschlich Fehler zu machen. Sollte sich herausstellen, etwa durch neue Erkenntnisse oder präzisere Untersuchungsmethoden, einen Sachverhalt falsch bewertet zu haben, ist es einfach dumm, auf dieser Irrlehre zu bestehen und sie weiter zu verbreiten. Wir würden dann beispielsweise noch heute an den Schwachsinn des Weibes glauben. Schon Konrad Adenauer meinte einmal: „Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern.“ Man kann über diesen bekannten deutschen Politiker durchaus geteilter Meinung sein, aber Grips hatte der.

Um uns zu orientieren und zu recht zu finden, bilden wir uns Urteile über Menschen und Umwelt. Doch können wir uns irren. In Abwandlung des Spruchs der Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung ändern kann, erinnere ich meine SchülerInnen öfters daran, dass wir einen kritischen Verstand haben, damit das Denken seine Richtung ändern kann. Ein für mich sehr wichtiger Lehrer war als Kind begeisterter Hitlerjunge, bis die damals ca. Zehnjährigen dazu aufgefordert wurden, ihr soziales Umfeld zu bespitzeln und RegierungskritikerInnen zu denunzieren. Seitdem kam er nur noch widerwillig zu den Treffen und versuchte sich zu drücken, wo er nur konnte.

Dieses Beispiel zeigt, auch Idole müssen überprüfbar, kritisierbar bleiben. Es beweist aber auch, dass jede/jeder die/der ihren/seinen klaren Verstand gebraucht, totalitäre Zwänge durchschauen und versuchen kann, sich aus totalitären Zwängen zu befreien, wenn sie/er nur genug Rückrad, Zivilcourage und Unterstützer/ Unterstützerinnen hat. Diese Eigenschaften werden zugegebenermaßen wesentlich durch Erziehung und Sozialisation stark beeinflusst, jedoch lernen wir außer am Modell auch durch Einsicht. Auch da ist unser Verstand gefragt, den wir lebenslang schulen können, durch gute Bücher, durch diskutieren mit vielen Menschen, die durchaus anderer Meinung sein können, durch gute Beispiele, durch eigene Erfahrung aber nie ohne Reflexion.

Koran und Scharia sind nach geltender Auffassung der wichtigsten sunnitischen und schiitischen Rechtsschulen und politisch-islamischen Strömungen nicht kritisierbar, weil der Inhalt von Allah selbst durch den Erzengel Gabriel an Mohamed übermittelt sein soll. Somit ist der fundamentalistische Islam prinzipientreu aber nicht reformierbar.

Pazifismus aus Prinzip ist im Extremfall Selbstmord. Ich denke es war Henryk M. Broder der es auf den Punkt brachte: ’Wenn die militanten Palästinenser ihre Waffen niederlegen, gibt es Frieden, wenn Israel die Waffen niederlegt, gibt es Kein Israel mehr.

Ümmühan Karagözlü

’Sapere aude’. Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen[1].

Gewalt gegen Frauen gerade in muslimischen Familien

Oktober 2, 2007

Auch ich bin es so leid …

immer wieder von häuslicher Gewalt lesen und hören zu müssen, gegen wen auch immer sie gerichtet ist, von wem auch immer sie ausgeht. Als Frau trifft mich natürlich besonders Diskriminierung, Brutalität und Gemeinheit gegen Frauen.

Vor allem bereitet mir großes Unbehagen, wie man über dieses Thema spricht oder besser nicht spricht. Wie man damit umgeht, oder besser nicht umgeht. Bisher jedenfalls.

Da werden deutlich sichtbare Hämatome überschminkt, Ausreden erfunden, man gibt sich selbst die Schuld, man hat doch selbst provoziert, das ‘Just World Denken’ der Anderen bestätigt, dass an einem Streit nie nur einer Schuld ist. Im Treppenhaus wird getuschelt, die Opfer schämen sich, schweigen verdrängen oder verharmlosen, trauen sich nicht Anzeige zu erstatten.

Vor allem Frauen sind Ziel von verschiedensten physischen, psychischen und verbalen Übergriffen. Besonders hilflos sind Kinder und wieder sind es vor allem Mädchen, die von sexueller Gewalt, einer besonders perfiden, eindeutig männlich dominierten Gewaltform bedroht sind.

Auch ich weigere mich, politisch korrekt verschweigen zu müssen, dass Gewalt in Familien und binationalen Ehen besonders oft von muslimischen Tätern ausgeht. Ich werde auch nicht verschweigen, dass die weiblichen Opfer wesentlich häufiger aus dem islamischen sozio-kulturellen Hintergrund stammen, dass sogar die Gefahr, Opfer solcher erniedrigenden Attacken zu werden, bei Frauen mit islamischem Glaubensbekenntniss eklatant höher ist.

Offensichtlich sind muslimische Frauen und Mädchen durch zusätzliche, besonders patriarchale, vormoderne Gewalt wie Verschleierung, Steinigung, Zwangsverheiratung, Genitalverstümmelung, Jungfäulichkeitskult und Ehrenmord bedroht.

Allen, die sich zum Thema Gewalt an Frauen informieren wollen, empfehle ich die Homepage http://www.terre-des-femmes.de/ .

Übrigens starten rund um den 25. November Aktionen zur Kampagne ’Gewalt gegen Frauen ist Alltag‘. Sicherlich ist dies eine gute Gelegenheit Farbe zu bekennen und jede Form von Gewalt an Frauen öffentlich zu ächten. Infos ebenfalls bei terre des femmes.

Ümmühan Karagözlü

Integrationsgipfel

September 23, 2007

Türkische Verbände ziehen es vor, dem Integrationsgipfel der Bundesregierung fern zu bleiben
von Jacques Auvergne

Vierundzwanzig Stunden vorher sagten sie ab. Den dramatischen Effekt haben die Sprecher der türkisch-islamischen Verbände in Deutschland (TGD, DITIB usw.) sicherlich sorgsam kalkuliert, zusätzlich sind sie vielleicht auch überfordert sowie untereinander uneins. Ihr islamischen Verbandsvertreter – lasst mich euch so ansprechen.

Warum missfiel euch diese von Merkel und Schäuble bereitete Chance eines gemeinsamen Gespräches mit der Bundesregierung derartig, dass sie den Integrationsgipfel kühl verschmähten?

Zur Erhellung eurer Motivation mag ein im Internet veröffentlichtes Schreiben dienen, das sich auch auf den zweiten Blick mit den bezeichnend dürren Aussagen der islamischen Verbandsvertreter kongenial zu decken scheint.

Auch auf euer larmoyantes und albernes Beleidigtspielen über das eurerseits erwünschte extrem niedrige Nachzugsalter für eure Heiratspartner gehen wir im Folgenden ein.

Ja, allerdings verlangen wir Demokratinnen und Demokraten, dass eure Frauen und Männer den Islam verlassen dürfen, ohne totgeschlagen zu werden oder schärfstem sozialem Mobbing seitens von Allahs Fußvolk in ihrem bundesdeutschen Kiez ausgesetzt zu sein.

Ja, wir Demokratinnen und Demokraten verlangen allerdings von euch, den Koran als zeitbedingt, als mysogyn (frauendiskriminierend) und als neurosenah sehen zu dürfen und das auch sagen zu können, was eure intelligentesten und/oder mutigsten Frauen und Männer weltweit längst taten und tun und weshalb sie sich in der freien Welt vor euch Islamisten verstecken mussten und bis auf Weiteres zumeist auch verstecken müssen.

Ja, wir Demokratinnen und Demokraten verlangen die Anerkennung von lesbischen oder schwulen Lebensentwürfen, eine persönliche Selbstbestimmtheit, die wir nicht zuletzt auch den lesbischen Muslimas in Deutschland und Europa oder den schwulen Muslimen in Deutschland und Europa garantieren.

Vorsicht bleibt ohnehin geboten, ob eine jede staatliche Selbstverpflichtung mit Islamverbänden nicht der Einführung der Dhimmitude nahe kommt, mithin der Etablierung eines politreligiösen Dar al-Islam frischer Eroberung. Islamisten jedenfalls hätten gegen solches auch gar nichts einzuwenden und den schafblöden Europäern ist dieses religionsrechtliche Problem bislang kaum aufgefallen.

Ihr türkischen Islamverbände in Deutschland habt ein Problem: die Orthodoxie in Ghom, Nadjaf oder an Kairos Al-Azhar-Universität beharrt seit Jahrhunderten auf einer grundsätzlichen und weltweiten Geltung des genannten sklavenhalterischen und totalitären Religionsrechtes, der repressiven Scharia. Da sich aber auch Europas, Nordamerikas und Australiens bzw. Neuseelands Islamverbände nicht von den theokratischen Rechtsgelehrten ihrer islamischen Herkunftskulturen distanzieren können ohne als Verräter oder Apostaten (Abtrünnige, vom Glauben Abgefallene) zu gelten, werden beide und werdet auch ihr von TGD oder DITIB die Scharia nicht als unzeitgemäß zu erklären wagen, sei es in Kairo, Istanbul oder Köln.

Ihr wollt die Scharia an Rhein und Elbe, um ins koranisch verheißene Paradies zu kommen. Ihr wollt das Kalifat, sonst gibt`s Minuspunkte bei der Auferstehung, so erzählt ihr in euren Koranschulen. Ihr haltet, gesteht uns das, die Scharia dem Grundgesetz für sittlich überlegen.

Die antidemokratischen Fanatiker unter den Muslimen tun dieses aus Überzeugung, die anderen wohl eher aus einem gewissen brutalen Konformitätsdruck. Denn wer als Türkin oder Türke den zeitbedingten, frauenfeindlichen und neurotischen Koran kritisiert, die oder der sollte an der rheinischen Haustüre besser kein Klingelschild mehr haben. Deshalb also schweigen 90% der Muslimas und Muslime zu ihrer Religion, schon weil ihr ihnen durch generationenlange Gehirnwäsche Angst vor Allahs Höllenstrafen anerzogen habt. Deshalb bleibt der weltweite Islam im Würgegriff der radikalen Demokratiehasser, der ’frommen’ Theokraten. Denn von zwei Gläubigen hat der Radikalere halt stets Recht.

Der Islam ist eine Geisel seiner eigenen beiden Extremismen: seines bronzezeitlichen Traditionalismus und seines pseudomodernen Islamismus. Islamkritik ist verboten, kritisches Denken überhaupt. Denken überhaupt. Deshalb gehen keine Nobelpreise in islamische Staaten und deshalb ist den religiösen Führungskreisen an einem permanenten wie fortgesetzten Dummhalten der Basis gelegen. Protest der Bildungsfernen etwa an der Staatsregierung von Pakistan oder Ägypten findet so immer nur mit ’dem’ Buch in der Hand statt und gleicht dem immer neu inszenierten rituellen Vatermord. Der monströs große, willkürliche und brutale innere Vater, den es auszulachen gälte, er bleibt unerkannt.

Alle islamischen Staaten zwischen Marokko und Indonesien sind vorläufig wenig mehr denn soziale Hühnerleitern (Gerangel an der Futterkrippe) oder auch Haifischbecken (Kannibalismus; Treibjagd gegen Dhimmis und Apostaten), alle islamischen Staaten können nicht viel mehr, als auf die Option Militärdiktatur oder auf die Option Gottesstaat zurückgreifen. Bronzezeitliche oder sogar steinzeitliche vorislamische Rituale wie die Klitorisamputation Ägyptens, die vormoderne Routine-Jungenbeschneidung, das blutige Bettlaken der Hochzeitsnacht, die Blutrache Albaniens oder die Ehrenmordpraxis Anatoliens werden im derart versteinerten und fortschrittsfeindlichen Islam nahezu perfekt konserviert. Europas gynäkologisch Ausgebildete beginnen, Jungfernhäutchen rekonstruieren zu lernen. Berliner Türkinnen gehen dazu neuerdings als Nichtmehrjungfrau bzw. Nochnichtjungfrau ins grenznahe polnische Szczecin / Stettin – abartig, sexistisch und vormodern.

Ja, die absolute Gleichwertigkeit der Geschlechter verlangen wir Demokraten von euch islamischen Verbandsvertretern anzuerkennen. Es sind auch Muslimas und Muslime unter uns islamkritischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, aber auch Atheistinnen und Atheisten und sogar Exmuslimas und Exmuslime.

Ja, wir erwarten, dass eure Töchter und Söhne am Sexualkundeunterricht staatlicher Schulen teilnehmen.

Ja, wir muten euren Töchtern und Söhnen zu und wir trauen es ihnen zu, dass sie sich mit Pädagogik, Psychologie, Religionswissenschaft, Menschenrechten, Geschichte und Politik befassen. Sie werden ihren – und deinen – Erziehungsstil in Frage stellen, deine Vorstellungen von Sitte. Wir werden sie darüber hinaus dazu ermuntern, ihren Lebensweg selbst zu gehen, ihre Lebensgeschichte selbst zu schreiben und wir versuchen dafür zu sorgen, dass du sie möglichst wenig daran hinderst.

Die koranisch legitimierte geringere Stellung der Frau (geringwertige Frauenaussage vor Gericht; nur 50 % des Erbes) wird jede Demokratin und jeder Demokrat angreifen müssen, gleich welcher Religion oder Nichtreligion. Ihr Verbandssprecher von TGD und DITIB seid eingeladen am demokratischen Haus Deutschland mitzubauen … oder auch nicht mitzubauen. Dann bleibt, ihr Vertreter vom ’Türkischer Gemeinde’ oder vom ’Anstalt für Religion’, dann bleibt den demokratischen Integrationsgesprächen bitte einfach fern.

Ihr seid fern geblieben. Ihr habt euch in eure Parallelgesellschaften verkrochen, die straßenzugweise leider bereits den Charakter einer antidemokratischen Gegengesellschaft hat.

Denn das unterstellen wir euch: ihr seid bestrebt, die Kluft zwischen Nichtmuslimen und Muslimen zu vertiefen. Darin ähnelt ihr ironischerweise ’unseren’ Rechtsextremisten, wenngleich letztere auch überwiegend anders motiviert sind. Den Hass auf die Moderne teilen allerdings beide, die Unterdrückung der Frau, die vormoderne Auffassung von Sexualität einschließlich Homosexualität sowie die hierarchisch-undemokratische Gesellschaft, das gefällt beiden, euch Islamisten wie ’unseren’ Neonazis.

Wir haben nichts zu verhandeln, ’ein bisschen Scharia’ ist mit uns nicht zu machen.

Und eben darum muss es der Demokratie gehen, auch und gerade den muslimischen Demokratinnen und Demokraten weltweit: die totalitäre Scharia als unzeitgemäß zu erklären, das islamische Religionsgesetz als Hindernis zu verstehen auf dem Weg hin in Gesellschaften, die den Namen kulturelle Moderne wirklich verdienen.

Ja, ihr werdet es dulden müssen, dass wir Europäer uns über Religionen lustig machen. “Es gibt kein Recht darauf, nicht beleidigt zu werden“, sagte dazu einmal jemand. Etliche eurer Intellektuellen künstlerisch Tätigen sind vor Leuten wie euch aus Iran oder Ägypten zu uns nach Europa geflohen, eben gerade um sich ironisch oder kreativ über die Kriecherei und Korruption des islamischen Innenlebens lustig zu machen. Die schreiben längst auch Bücher (Rushdie) oder malen Cartoons (Satrapi), die sind längst juristisch, pädagogisch oder psychologisch ausgebildet. Und sie, Muslimas und Muslime wohl gemerkt, haben wenig Lust, sich von euch Theokraten nun, statt am Kaspischen Meer oder am Nil, nun auch an Rhein oder Nordsee gängeln zu lassen.

In vielen Aspekten ist der zeitbedingte und manichäische Koran heute, in einer Kultur, die auf Individualität und Emanzipation, das heißt auf ein selbst bestimmtes Leben der oder des Einzelnen Wert legt, als entwicklungsfeindlich anzusehen. Der Scharia-Islam ist als unterdrückerisch, antisemitisch und quasi-rassistisch anzusehen. Als Stütze einer individuellen Spiritualität mag der Koran dem muslimischen Menschen dienen (müssen) oder auch nicht, doch sehr viel mehr kann Religion in der säkularen Moderne nun nicht sein denn individuelle Spiritualität.

Distanziert euch von jeder Scharia. Predigt den Verzicht auf das Kalifat.

Einen ’wahren Gott’ anerkennt Demokratie nicht. Fundamentalistischen Demokratieskeptiker haben wir Europäer selber, Kreationisten, Evangelikale, Mormonen, Jehovas Zeugen und viele andere Spinner. Mit dem Unterschied, dass nörgelnde Muslime Bomben in Madrid und London legen, verbiesterte Neuapostoliker aber keine Raketen auf Kairo oder Islamabad abfeuern. Ihr Islamisten jedoch sprengt euch im Irak zum Freitagsgebet wechselseitig aus der Moschee und drangsaliert, foltert oder ermordet Christen in vielen islamisch geprägten Staaten, so viel hat sich mittlerweile herumgesprochen über den ’friedlichen’ Islam.

Ihr ermordet Homosexuelle in Bangladesch, ihr hackt Dieben die Hand ab im Iran, ihr steinigt Ehebrecherinnen an so vielen Orten. Zugegeben, vor 500 Jahren haben wir Europäer das auch gemacht mit Indios, Waldensern oder Hexen, aber wir haben ein bisschen dazu gelernt. Nun lernt ihr Muslimas und Muslime mal, es wird euch nicht schaden.

Wir verstecken eure islamkritischen Intellektuellen vor euch, wir verteidigen lesbische und schwule muslimische Menschen vor euch, zu uns flüchten eure Frauen und Töchter vor der Ehrenmordpraxis oder der allgegenwärtigen arrangierten Ehe. Und wir laden euch zum Integrationsgipfel.

Ihr bliebt fern. 2007.

Welche Ausreden, welches larmoyant inszenierte Wehgeklage und welche raffinierten Beschuldigungen lasst ihr euch 2008 einfallen?

Im Scherz: lebe nicht in Deutschland, lieber Islamverbandsvertreter, wechsle doch einfach deinen Wohnort: die Vereinigten Arabischen Emirate sind für ihre Toleranz gegenüber lesbischen oder schwulen Lebensentwürfen berühmt, Saudi-Arabien ist für seine Freiheit des Religionswechsels anerkannt, Ägypten für seinen humanen Strafvollzug und Algerien für die Transparenz seiner Gerichtprozesse. Was also machst du an Donau, Rhein, Main, Elbe oder Spree? Das im Scherz.

Im Ernst: wir muten dir Einiges zu, ja. Und wir trauen es dir zu. Demokratie ist eine Zumutung. Trau dich.

Jacques Auvergne