Zauberformel Inklusion
1. Mai 2009, Jacques Auvergne
Die Integration ist gescheitert, sagen freiheitlich demokratische Mahner wie Ralph Giordano[1], die eben jene Integration verteidigen und jenen sie ermöglichenden gesellschaftlichen Frieden zu schätzen wissen und erhalten wollen. Beliebt macht man sich mit dieser Haltung 2008 und 2009 in der bundesdeutschen Öffentlichkeit allerdings nicht gerade, denn dazu müsste etwa der Funktionär eines Wohlfahrtsverbandes oder Stadtjugendamtes beispielsweise bereit sein, sich zu universellen Menschenrechten zu bekennen und zugleich vernehmbar eine eigene teilweise oder jedenfalls vorläufige Niederlage einzugestehen. Doch wie in den besonders hektischen Teilen („schnelles Geld machen“) der Ökonomie die Blender und Hochstapler den Ton angeben, so scheint auch die dem evangelischen Johann Hinrich Wichern (Rauhes Haus), der atheistischen und der katholischen Arbeiterbewegung, der Deutschen Jugendbewegung, der Reformpädagogik, der Totalitarismuskritik (Hannah Ahrendt) und nicht zuletzt der gut vier Jahrzehnte alten Studentenrevolte entsprossene Soziale Arbeit nicht nach Dickbrettbohrerei und Mühsal zu lechzen, sondern nach undurchsichtig ausgehandelten Pfründen und etwas lokalpolitischem Ruhm.
Dass Integration gelegentlich dem Wettbewerb in der hohen Kunst des schönen Scheins (impression-management[2]) geglichen hat und gerade in der entgrenzten Toleranz gegenüber dem radikalen Islam zur Als ob Veranstaltung verkommen konnte, hat sich, wenn auch vorerst meist hinter vorgehaltener Hand, herumgesprochen. „Ich mach mir die Welt … wie sie mir gefällt“, singt die allmächtige Pippi Langstrumpf, und Dietrich Schwanitz diagnostizierte, dass die akademische Landschaft selbst zur „Quelle einer geisterhaften Wirklichkeitsverdünnung“ werden konnte[3]. Vielleicht entsprechen dieser wirklichkeitsverdünnten, dabei jedoch stets verlässlich islamfreundlichen Form von gut bezahlter Sponti-Pädagogik und professionell kalkulierter Protestkultur die Liedworte des Herbert Grönemeyer:
die armeen aus gummibärchen
die panzer aus marzipan
kriege werden aufgegessen
einfacher plan
kindlich genial
Eigentlich kann der politische (orthodoxe) Islam als eine systematisch diskriminierende Ideologie, die Frauen herabwürdigt und entrechtet sowie Nichtmuslime und Islamapostaten in sozialrassistischer beziehungsweise kulturrassistischer Weise als Wesen minderen Wertes definiert den utopisch-unverbindlichen Anspruch der Inklusion gar nicht mit tragen. Bedeutet soziale Inklusion doch, dass jeder Mensch in seiner Individualität (atheistisch oder religiös, welcher Hautfarbe, Sprache oder Leistungsfähigkeit auch immer, nichtbehindert oder behindert, hetero- oder homosexuell) akzeptiert wird und als (eben ein) Individuum im Hier und Jetzt volle Teilhabe hat. In der die Zwangsverheiratung durch den Vater billigenden Scharia[4] (Islam) und im fiqh (auch Islam) aber ist für die Frau oder ist für den religiös wie sozial verachteten dhimmī (Juden, Christen) gesellschaftliche „volle Teilhabe“ von Allāh persönlich für alle Zeit verhindert worden. Damit sind Scharia und Fiqh grundrechtswidrig (BRD 1949) und menschenrechtswidrig (UN 1948).
es gibt kein gut, es gibt kein böse
es gibt kein schwarz, es gibt kein weiß
es gibt zahnlücken
statt zu unterdrücken
gibt’s erdbeereis auf lebenszeit
immer für ’ne überraschung gut
Eine Inklusionspartnerschaft (oder Integrationspartnerschaft wie Schäubles Deutsche Islamkonferenz) mit den Vertretern der Islamverbände bliebe einstweilen schlichte Selbstbeschädigung und wäre eine ebenso wenig nachhaltige Demokratie („democracy against itself“) wie ein fiktiver demokratischer Dialog um 1930 mit den werdenden Nationalsozialisten oder ein interreligiöser Dialog um 1990 mit einer sich zunehmend terroristisch entwickelnden Ōmu Shinrikyō („Aum-Sekte“ manichäischen Weltekels) des absoluten Gehorsam fordernden Shōkō Asahara.
Der Allāh der ewigen, teils sadistisch diskriminierenden, teils verlässlich willkürlichen Scharia fordert absoluten Gehorsam, die undemokratischen (islamrechtlichen) Urteile zu Personenstandsrecht[5] und Erbrecht[6] der vormodernen (Vergeltungsrecht so genannten Talionsprinzips, vgl. diyya Blutgeld[7]; die islamistische Fethullah Gülen-Bewegung bewirbt und verharmlost die diyya[8]) Scharia Gerichte ermöglichen keinen Widerspruch oder Einspruch, die Fatwas der radikalen, geheiligt frauenverachtenden und regelmäßig antisemitischen Gelehrten um hidschāb- und Terrorfreund Yūsuf al Qaradāwī werden womöglich in Europas antimodernen Parallelgesellschaften einen schier unentrinnbaren Konformitätsdruck erzeugen. Diese genannten Werte, ihre Institutionen (Europäischer Fatwa Rat ECFR[9]) und politreligiös aktiven Einzelpersonen darf eine sich freiheitlich-demokratisch verstehende Gesellschaft keinesfalls „inkludieren“, dem Einzelnen darf vielmehr sehr wohl („intolerant, exkludierend“) abverlangt werden, sich von seinem demokratiefeindlichen Gedankengut zu distanzieren.
Die Freunde des Begriffes oder vielmehr der Zauberformel der Inklusion scheinen von politischem oder religiösem Extremismus keine Kenntnis zu haben, was für einen berufenen und fleißigen Kindergärtner oder Sonderpädagogen zunächst kein Ausweis großer Unfähigkeit ist. Vielleicht hätte das Konzept der Inklusion auch keinen Schaden zu stiften gedroht, wenn es im Bereich der Heilpädagogik und Sonderpädagogik, etwa im Arbeiten für Teilhabe und Eingliederung behinderter Kinder in zu schaffenden barrierefreie Kindergärten („geändertes System“) verblieben wäre. Wahrscheinlich noch nicht einmal das, dem Klient wird (empowerment) womöglich nichts mehr abverlangt, echte Erfolge beim Befähigen werden beim Inklusionskonzept schlicht unüberprüfbar und verstecken sich hinter dem berüchtigten Index-Fragebögen („gut, dass wir darüber geredet haben“). Doch der infantilen Gesellschaft (verschleierte oder verkitschte Scharia, interkultureller oder interreligiöser Dialog; ein die Prügelverse und Apostaten-Mordaufrufe ausblendender „Bambi-Islam“) gelang es, so sehr verschiedene Dinge wie kindliche Halbseitenlähmung und den Ekel vor den Ungläubigen ausgleichend und wertschätzend einzubeziehen und gleichzustellen, Hörbehinderung und Frauendressur (hidschāb vermeidbarer Behinderung) äquidistant zu diskutieren und (unverändert) zu integrieren sprich zu inkludieren.
Beginnen entgrenzt tolerante Altachtundsechziger nun damit, europäisches gleichheitsfeministisches Emanzipationsbestreben (Alice Schwarzer) und orthodox-islamische Wohlverhaltenskontrolle in eine Inklusionspartnerschaft zu bringen? Von der kulturellen Moderne wird dabei nicht mehr viel übrig bleiben. Gut gedacht ist eben nicht gut gemacht: Ein inkludierter Radikalismus (Mun-Sekte; Kinder Gottes; Scientology; inkludierte deutsche, türkische oder arabische Bewunderung für Hitlerismus und Nationalsozialismus; inkludierte Konzepte und Institutionen des Scharia Islam um dhimma, fiqh; dschihād; Kalifat) wird Hedonismus und Spaßkultur ein jähes Ende bereiten, was für die Damen und Herren Spaßvögel doch eigentlich bedauerlich sein müsste.
sie sind die wahren anarchisten
lieben das chaos, räumen ab
kennen keine rechte, keine pflichten
ungebeugte kraft, massenhaft
ungestümer stolz
Freilich geht Demokratie nicht gegen die Demokraten. Genau hier vernebelt eine nach wie vor zur Arbeit an der Integration verpflichtete, nämlich an universellen Menschenrechten orientierte die Soziale Arbeit mit dem glitschigen Begriff der Inklusion jede weitere (womöglich unerwünschte?) Qualitätskontrolle, jedenfalls eine jede wissenschaftliche Überprüfbarkeit. Entgrenzte Empirie: Wenn es extremistisch und nachdemokratisch wird, eben noch rasch einen Fragebogen austeilen. Man spielt ein wenig Demokratie, guckt betroffen oder knipst professionell ein engagiertes Lächeln an. Und lässt die in ihre Großfamilie eingesperrten, der völlig selbstverständlichen Zwangsverheiratung ausgelieferten Menschen dasselbe Kreuzchen auf dem Index-Fragebogen zeichnen wie die Tochter einer Gleichheitsfeministin. Aus den einstigen Ansprüchen des widerständigen zivilen Ungehorsams (civil disobedience, Thoreau) und der genauen Kenntnis um Oben und Unten (I have a dream, King) wurde die sich nun gegen die kulturelle Moderne richtende (Ethik und) Ästhetik der Wertebeliebigkeit, wie sie im in diesen Text eingestreuten Lied „Kinder an die Macht“ des (von ihm vielleicht ja ganz anders gemeinten) Herbert Grönemeyer aufklingt. Die selbstverliebte und infantile Gesellschaft wurde der Freiheit überdrüssig.
gebt den kindern das kommando
sie berechnen nicht, was sie tun
die welt gehört in kinderhände
dem trübsinn ein ende
Globalisierungskritiker und islamische Revolutionäre aller Länder vereinigt euch. Sonderpädagogen, Pädagogen und Sozialarbeiter, lassen wir unsere Klienten Allahs kultursensibles Familien- und Personenstandsrecht inkludieren und moderieren wir dazu. All different, all equal, verteilen wir Fatwas und Koranverse gratis. Kopftücher machen immun gegen Rassismus. Betreiben wir mit Index-Fragebogen und Mediation die Implementierung der ewigen Scharia.
Muslimmädchen, den Schulsport betreffend, ist deine Duschkabine denn auch wirklich deiner Religion entsprechend? Als Ressource kannst du die benachbarte Moschee heranziehen. Vergiss nicht, muslimisches Mädchen, was bei der letzten Fragebogenaktion festgestellt wurde: „Auch haben sich Eltern über den ‚Mangel an Anstand’ beklagt, der im Sportunterricht durch die Duschordnung entsteht[10]“. Muslimjunge, verstößt dein Biologieunterricht denn nicht gegen deine religiösen Werte? Großartig, wie inkludiert du antwortest: „I feel uncomfortable in certain lessons because of my religious beliefs [11]”! Dann mach dein Kreuzchen bitte hier, der atheistische Professor wird die Fragebogen vertraulich und wissenschaftlich auswerten und mit dem Vorstand deiner Moscheegemeinde zwanglos besprechen.
Sagen Sie, ungläubiger pädagogischer Kollege, fühlen Sie sich gemobbt? Dann machen Sie ihr Kreuzchen bitte hier. Ob so eine Meinung allerdings ein Zeichen der Intoleranz ist, werden Ihre Kollegen gleich jetzt mit dem Imam im großen Kreis diskutieren müssen.
wir werden in grund und boden gelacht
kinder an die macht
Ein Praktisches hat die unter infantil entgrenzten Inklusionsbeschwörern verbreitete Behauptung, dass die Integration ja gar nicht länger gelingen müsse, weil die Inklusion erstere nun überhöhe und vollende, dann allerdings doch. Schließlich ist es kein Geringerer als der Europäische Fatwa-Rat (ECFR), der betont, an einer vollständigen Integration der europäischen Muslime überhaupt nicht interessiert zu sein: [Wir verspüren] die Tendenz, ein Gleichgewicht zwischen den Erfordernissen der Integration und den Erfordernissen des Bewahrens kultureller und religiöser Eigenheiten [anzustreben], „The trend that encourages an equilibrum between the requirements of integration and the requirements of preserving religious and cultural peculiarities“[12].
Die Integration ist gescheitert, Allahgott sei Dank. Eine beliebig gewordene Migrationsarbeit und eine narzisstische Pädagogik geben sich im Mai 2009 selbst den offensichtlich wertfreien und ziellosen Kurs vor: „Von der Integration zur Inklusion“.
Die Scheichs vom ECFR können zufrieden sein.
Jacques Auvergne
[1] http://www.welt.de/wams_print/article2054424/Ralph_Giordano_erklaert_Integration_fuer_gescheitert.html
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Impression-Management
[3] http://www.humanistische-aktion.de/infantil.htm
[4] http://wiki.mun-sh.de/s/Verhinderung_von_Kinderehen_und_Zwangsheiraten
[5] http://www.islamic-sharia.org/marriage-fiqh-of-mar
[6] http://www.islamic-sharia.org/family-inheritance/can-i-inherit-my-biological-fathers-wealth-and-should-i-be-attributed-to.html
[7] http://de.wikipedia.org/wiki/Blutgeld
[8] http://www.fontaene.de/archiv/nr-10/rechte_von_opfern04.htm
[9] http://www.e-cfr.org/en/
[10] http://www.eenet.org.uk/index_inclusion/Index%20German.pdf
[11] http://www.eenet.org.uk/index_inclusion/Index%20English.pdf
[12] http://www.e-cfr.org/en/index.php?ArticleID=303
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