Nein zu jedem Versuch, den Kinder- und Jugendschutz (Keine Ehe unter achtzehn) aufzuweichen
Was zu befürchten war, ist seit dem 12. Mai 2017 eingetreten: Im letzten möglichen Augenblick wird durch die Länderkammer der durchaus gelungene Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen angegriffen. Der Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/12086) war am 28. April 2017 in erster Lesung beraten worden. Jetzt ist zu verhindern, dass Deutschland in den nächsten Wochen die Frühehen, ob jesidisch, bei den Roma oder als Kinderehen nach islamischem Nikah (Heirat vor dem Imam, beispielsweise die islamischen Kinderehen Griechenlands), straffrei stellt. Erneut behandelt jetzt der Bundestag das Thema (Öffentliche Anhörung des Rechtsausschusses zur Bekämpfung von Kinderehen am 17. Mai 2017). Von Ümmühan Karagözlü und Jacques Auvergne.
In seiner 957. Sitzung am 12. Mai 2017 bittet der Bundesrat (BR 275/17(B) Beschlussdrucksache) darum, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob „insbesondere bei einem besonderen kulturellen Hintergrund“ Ausnahmen hinsichtlich des Heiratsmindestalters von achtzehn Jahren zu ermöglichen sind.
Den in der Begründung des Gesetzentwurfs genannten Bereich möglicher Rechtfertigungen für eine Minderjährigenehe, beispielsweise eine schwere und lebensbedrohliche Erkrankung oder eine krankheitsbedingte Suizidgefahr des minderjährigen Ehegatten, hält die Länderkammer für allzu eng und lässt über weitere Ausnahmen nachdenken.
Nachvollziehbarkeit sowie Verlässlichkeit und Rechtssicherheit sollen dem Einzelfall weichen. Das Verfassungsorgan Bundesrat betont, dass vor dem Hintergrund der „prioritären Pflicht zur Berücksichtigung des Kindeswohls pauschale Lösungen nicht in Betracht kommen“ und fordert die „einzelfallbezogene Prüfung des Wohls des oder der betroffenen Minderjährigen in einem familiengerichtlichen Verfahren“.
Selbstverständlich hat das Verbot einer Ehe beispielsweise mit einer erst 14 oder 15 Jahre alten ‚Ehefrau‘ nicht nur im Einzelfall zu gelten, sondern ernst gemeint sowie ausnahmslos (Bundesrat: „pauschal“).
Völlig altersgemäß kann ein Minderjähriger, also ein Mensch unter 18 Jahren, die persönlichen Folgen eines Ehevertrags und Ehelebens nicht abschätzen und ist daher in seine Heirat nicht einwilligungsfähig, ihm fehlt die Ehemündigkeit. Dass Deutschland das Heiratsalter auf 18 Jahre, ohne Ausnahme, anheben will, ist daher überfällig.
Während Kindeswohl nichts anderes bedeuten kann als ‚Keine Heirat unter achtzehn‘, vermengt der Bundesrat in seinem Beschluss vom 12. Mai den Kindeswohlbegriff mit demjenigen eines die Gerechtigkeit angeblich sichernden Einzelfalles („aus Kindeswohlgesichtspunkten und Gründen der Einzelfallgerechtigkeit“). Selbst bei „besonderen kulturellen“ Gründen (Döner statt Currywurst?) unterscheidet sich das Kindeswohl eines noch nicht volljährigen Menschen mit Einwanderungsgeschichte nicht von demjenigen eines Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund.
Auch der Bundesrat unterliegt dem Verfassungsrecht. Art. 20 (3) GG: „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung […] gebunden“. Daher hat die Länderkammer zu beachten: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich (GG Art. 3 (1)), niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden (s. GG 3 (3)).
Auch ein ganzheitlich verstandenes Kindeswohl („insgesamt das Wohl des Kindes“) hat der Bundesrat nicht mit dem sozialen Umfeld des Mädchens oder Jungen oder mit den seelischen Wünschen oder Nöten des Minderjährigen zu vermischen. Eine Ehe mit allen Rechten und Pflichten einzugehen kann dem Kindeswohl niemals entsprechen. Kinder oder Jugendliche gehören in keinem Fall vor den Traualtar oder ins Ehebett, auch „weitere besondere soziale und psychologische Belange der betroffenen Minderjährigen“ rechtfertigen keine Kinderehen.
Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, der 40 jährige ‚Ehemann‘ einer Vierzehnjährigen ist nicht als Begleitperson anzuerkennen, sind durch das Jugendamt in Obhut zu nehmen. Für eventuelle Kinder der Kinder existieren entsprechende Gesetze und Unterstützungsangebote. Es spricht nichts dagegen, dass die beiden Menschen weiterhin ggf. begleiteten Kontakt halten und sich sehen. Wenn sie sich lieben und zusammen leben möchten, können sie heiraten, sobald jeder 18 Jahre alt geworden ist.
Ümmühan Karagözlü; Jacques Auvergne
Q u e l l e n
Bundesrat am 12.05.2017
Drucksache 275/17 (Beschluss)
Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen
http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2017/0201-0300/275-17(B).pdf
Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen
Regierungsentwurf
RegE: Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen
http://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Bekaempfung_Kinderehe.html?nn=6704238
Deutscher Bundestag
Drucksache18/12086
25.04.2017
Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen (Vorabfassung)
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/120/1812086.pdf
Die Koalitionsfraktionen haben einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Kinderehen (18/12086) eingebracht, der am Mittwoch, 17. Mai 2017, im Mittelpunkt einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz steht. Die Sitzung unter Leitung von Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) beginnt um 15 Uhr im Sitzungssaal 2.600 des Paul-Löbe-Hauses in Berlin.
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2017/kw20-pa-recht-kinderehe/506500
https://www.bundestag.de/ausschuesse18/a06/anhoerungen/bekaempfung-kinderehen/505928
An den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages
20.08.2016
Eherecht Pet 4-18-07-4030-036062
Keine Heirat unter achtzehn – auch nicht auf Kinderwunsch
Text der Petition
Der Deutsche Bundestag möge beschließen:
1 Es sind ausnahmslos keine Ehen mehr anzuerkennen, bei denen ein Partner jünger als 16 Jahre ist, was auch für religiöse Eheschließungen gilt wie die islamische Imam-Nikah.
2 Im Ausland geschlossene Ehen, auch religiöse, können auf Antrag eines Partners oder des Jugendamtes aufgehoben werden.
3 Gesetzliche Absicherung einer Altersgrenze für Ehemündigkeit von 18 Jahren und Abschaffung der bisher gültigen deutschen Ausnahmegenehmigung einer Heirat bereits ab 16 Jahren.
4 Wiedereinführung der standesamtlichen Voraustrauung und Benennung der religiösen Voraustrauung, auch der Imam-Nikah, als Straftatbestand.
5 Verbot der Bewerbung der Imam-Nikah in der universitären Imamausbildung sowie Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer für den bekennenden Islamischen Religionsunterricht (IRU).
6 Verbot der Bewerbung der Imam-Nikah im öffentlichen Schulunterricht, auch im bekennenden Islamischen Religionsunterricht.
7 Resolution des Deutschen Bundestages: Aufforderung an die Hellenische Republik, seit 1981 Mitglied in der Europäischen Union, die seit 1920 (Vertrag von Sèvres) bzw. 1923 (Vertrag von Lausanne) implementierte Scharia aus dem Griechischen Recht zu entfernen, ein Ehe- und Familienrecht ohne religiös oder anderweitig begründete Rechtsspaltung einzuführen und ein Heiratsalter von 18 Jahren durchzusetzen.
Begründung
Islamisches Recht ist Scharia. […]
https://schariagegner.wordpress.com/2016/08/20/petition-gegen-kinderehen/
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