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Kopftuchpädagogik

November 11, 2007

Kopftuchpädagogik

Ein Bericht aus Deutschland

von Jacques Auvergne

Lale, nennen wir sie einmal so, Lale war neun Jahre alt und ein Mädchen aus Deutschland mit Migrationsvordergrund. Nanu, es müsse doch Migrationshintergrund heißen, mag der aufmerksame Leser mir nun entgegnen. Fünf Minuten bitte, Sie werden dann sehen, wer oder was hier in den Hintergrund tritt. Oder eben in den Vordergrund. Kulturelle Moderne oder anatolisches Dorf.

Lale ist am pfälzischen Rhein geboren und verlebte so etwas Ähnliches wie ihre Kindheit ohne nähere Beziehungen zu den Ureinwohnern. Kinderspiele oder Spielen überhaupt spielte für sie keine besondere Rolle. Die türkisch‑stämmige Familie ist radikal unkreativ. Dafür können beide Eltern den Koran auswendig.

Die Intelligenz des gelehrigen Vogels Papagei: überraschend klanggetreues Nachplappern. Das Sozusagen‑Wissen, das Als‑ob‑Verstehen, es globalisiert sich, leider sogar unabhängig von der Religion

Lales Vater, nennen wir ihn Herrn Yildiz, er ist einfacher Verkäufer und hat einen deutschen Wortschatz von 200 bis höchstens 250 Wörtern, was ihn wie seine deutsche Umgebung täglich erkennbar ärgert und behindert. Ach, Yildiz ist schon zwanzig Jahre hier und mindestens durchschnittlich intelligent. Andere Familienväter würden die Sprache der Ureinwohner lernen. Nicht so Yildiz, nebenberuflich Aushilfsprediger in einer gar nicht so kleinen pfälzischen Moscheegemeinde.

Familie Yildiz ist also auch sehr gläubig. Jedenfalls tragen Mutter, Oma sowie die zahllosen Tanten fußlange staubgraue oder taubenblaue Mäntel und gucken versteinert aus dem kleinen Gesichtsoval ihres ebenfalls taubenblauen oder staubgrauen Kopftuchs. Hat doch was, Taubenblau auf Mausgrau – orientalische textile Pracht stellte ich mir anders vor, litt aber vielleicht an Vorurteilen. In der pfälzischen Kleinstadt, nennen wir sie Altendorf, mit ihrem selten geringen Ausländeranteil von noch 4 % sieht eine solche Frauenkolonne mindestens in der Abenddämmerung arg erschreckend aus, wie eine Prozession von Geistern, Nonnen oder Mumien. Man fühlt sich unwillkürlich an Umberto Eco erinnert, «Im Namen der Rose» und damals wäre so ein Schwarm aschfahl gewandeter Weibchen wohl auch nicht besonders aufgefallen. Die Altendorfer Deutschen indes, gerade auch die Frauen, sie werden ihre Ratlosigkeit über die Altendorfer Muslime wohl niemals offen zugeben, was wiederum mich so ratlos mach, dass ich diesen Text niederschreibe.

Die Yildiz sprechen zu Hause erklärlicherweise kein Wort Deutsch. In den Häusern rechts und links in der Altendorfer Birkenstraße wird halt eine fremde Sprache gesprochen, die deutsche. Wer nur 200 oder 100 Worte Deutsch spricht, Mann und Frau sammelten zudem Worte etwas verschieden gearteter Lebensfelder, der wäre auf Hilfe zum Spracherwerb zumindest für seine zwei Söhne und drei Töchter angewiesen. Lernen? Ach ja, Schule.

Da Schulpflicht bestand, musste das Mädchen auch zur Schule gehen. Die kleine Lale hatte im ersten und zweiten Schuljahr rückenlanges, rabenschwarzes und ganz glattes Haar und über den Augenbrauen zum Pony geschnitten hielt die Frisur auch ganz ohne Haarklammern. Frisur, Figur und Gesicht ergaben ein gefälliges und altersgerechtes Gesamtbild. So einem Kind kann man doch was beibringen, dachten ihre Lehrerinnen und Lehrer. Im Rechnen lag Lale drei Jahre zurück also auf dem Niveau einer vor vier Monate eingeschulten Erstklässlerin, die Erfolge im deutschen Sprechen blieben auch nach drei Schuljahren auf gutem Kindergarten‑Niveau, Schriftbild wie Schreibfertigkeit entsprachen ebenfalls etwa einer Erstklässlerin. Aber besser als nichts und prinzipiell lebenslang ausbaufähig.

Zudem kippt seit 1995 in vielen Grundschulen das Niveau größerer Teile aller Klassen sehr ’in Lales Richtung’. Ursächlich hierbei wird der Anteil der Migrantenkinder sein, die alle wie Lale aufwachsen. Die deutschen Schulen bemühen sich erfolgreich, diese Bildungs‑Zeitbombe schön zu frisieren. Leistungshürden wie Wortschatz werden halt ’aktualisiert’. Die Praxis, auf das Geben von ehrlichen Schulnoten zu verzichten tat ein Übriges, die Integrationskatastrophe im Bildungsbereich zu verschleiern

Mit Jungen durfte Lale allerdings nicht sprechen, schon gar nicht mit deutschen. Sie wird wohl immer behaupten, das freiwillig getan zu haben. Mit deutschen Mädchen durfte oder wollte Lale auch nur drei Sätze pro Woche reden. Mit den manteltragenden Frauen der Familie indes wurde und wird sich pausenlos auf türkisch unterhalten und auch das Verhältnis zur Mutter stimmte, damals, soweit man als türkische Tochter die arroganteste Ziege und machtgeilste Natter der Birkenstraße eben lieben kann. So weit weder optimal noch hoffnungslos.

Dann aber passierte etwas.

Lale bekam ihre Menarche, ihre erste Monatsblutung. Extrem früh, mit neun, das aber kommt bei orientalisch‑stämmigen und dazu noch risikoreich übergewichtigen Mädchen durchaus vor. Naja, werden Sie sagen, die Menstruation halt, na und? Diese jedoch war so etwas wie ein Signal, auf das die Mutter, deutscher Wortschatz übrigens nur 100 Worte und damit halb so viel wie ihr Mann, anscheinend nur gewartet hatte.

Die Haare müssen weg

Lales Haare sollten sofort radikal abgeschnitten werden, das war die mütterliche Forderung. Ayip – Ayip! Schande – Schande, wenn eine gewordene Frau noch länger ihr langes Haar offen zeigt. Und Menstruation ist halt Frau, basta. Kopftuch oder Schere, am besten beides, auch basta. Das Kind konnte vor Angst nicht schlafen und heulte sich wütend bei den letzten verbliebenen außerfamiliären Bezugspersonen aus.

Um es vorweg zu nehmen: diesen ist heute der Kontakt zur Familie Yildiz ebenso wortlos wie vollständig entzogen worden, durchaus mit Hilfe der betroffenen Grundschule übrigens. Damit Sie mich richtig verstehen, die Familie ist nicht in die Türkei gezogen. Vielmehr wohnt sie am pfälzischen Rheinufer. Ja, in Altendorf. Jaja, Birkenstraße.

Es begann ein Kampf um jedes Haar. Es begann ein Kampf um jeden Zentimeter Haarlänge, ein Krieg, der ziemlich genau ein Quartal dauerte und in dem das Kind kleidungsbezogen noch nicht weiter auffiel. Seelisch durchlitt das Kind große Qualen bei seinem Widerstand gegen den ständig drohenden Frisörtermin. Und wöchentlich fiel eine Handbreit Kinderhaar der Unbarmherzigkeit der mütterlich‑muslimischen Frisörschere zum Opfer. Doch die kleine Lale gab nicht auf. Das Mädchen kämpfte wie eine Löwin.

Sie wurde allerdings zu Kompromissen gezwungen, die im Ergebnis etwas drollig oder exotisch aussahen, nämlich ein verspielt wirkendes tägliches Einflechten von etwa sechzig bunten Gummibändchen, durchaus kunstsinnig. Wenn ich nicht gewusst hätte, welches Elend des Kampfes zwischen Mutter und Tochter sich hinter diesen gummibunten zwanzig Zöpfchen verbirgt, hätte ich diese Mädchenfrisur begeistert für die nächste Sommersaison empfohlen und die kleine Lale als hippe Trendsetterin ausgerufen. Doch ich wusste Näheres.

Zeit des Drecks

Es begann eine Zeit des Schmutzes. Es begann eine Zeit der mütterlicherseits organisierten provokanten kindlichen Verdrecktheit, die vom Kind wohl bis heute nur halb bewusst durchschaut ist und die wohl leider auch niemals je gänzlich durchschaut werden wird. Die Mutter trug dabei allerdings saubere Sachen.

Lale könnte künftig einmal in jahrelanger Arbeit dieses ihr Gefängnis Familie verstehen lernen – sie wird es vermutlich nicht tun. Dieses Geheimnis kollektiv knacken hieße die Menschheit vom versteinerten Scharia‑Islam zu befreien und von 5000 Jahren Patriarchat gleich mit, so will es mir als Romantiker manches Mal erscheinen. Zurück aber zu Lales Haar. In dem es nämlich geheimnisvoll zu leben begann.

Die Phase des verzweifelt‑wütenden Zöpfchenwickelns, dauerte weitere zwölf Wochen. Wochen, in denen das Mädchen auf 50 Meter sichtbare, dicke bräunliche und schwärzliche Flecken auf dem Weiß- und Rosagrund der schrecklich unpassenden Hemdchen trug. Oder vielmehr tragen musste. Tageweise trug Lale Bandana‑ähnliche Haarbänder, das bekannte Kopftuchsubstitut. Das Mädchen jedenfalls verdreckte erbärmlich, ohne dieses äußere Schmutzigsein wirklich wahrhaben zu können. Die Brüder hingegen? Wie aus dem Ei gepellt, blitzsauber die Markenkleidung, adrettes Haar, wie immer halt. Jungs geben auch keinen Anlass zu Ayip, so ist es, Allah sei Dank.

Wir als Lales Nachhilfelehrerinnen und Nachhilfelehrer begannen zu diskutieren: warum wird das Kind jeden Tag dreckiger? Begannen zu überlegen, ob wir das Jugendamt informieren sollten. War die Familie in Armut geraten? Sollte die Waschmaschine kaputt sein und deren Reparatur zu teuer? Doch nein: die Brüder tragen feine, teure und makellos saubere Kleidung. Hat das Mädchen eine Sponti‑Phase der burschikosen Selbstverwirklichung, ist sie seelisch belastet, oder, oder?

Inzwischen trug Lale an manchen Tagen Opas abgelegte weiße Feinripp‑Unterhose als Überhose unter bizarr hässlichen, seit Jahren längst zu kurz gewordenen Röckchen. Die weiße Als‑ob‑Strumpfhose war lehm- und asphaltstaubverdreckt, jedenfalls schmutzfleckig.

Zu dieser weißen Unterhose ist hier Dreierlei anzumerken. Erstens würde man auf dem Weißgrund den mütterlicherseits erhofften Dreck öffentlich besser sehen können. Zweitens geben die wenige Tage darauf seitlich auf jedem Unterhosenbein von Mutter Yildiz in Handarbeit applizierten rabenschwarzen kleinen Samtschleifchen dem Beinkleid etwas Lächerliches und dabei zugleich ebenso Verwerflich‑Obszönes wie den kalkulierten Anschein des Absichtslosen. Die Mutter spielte in dieses Wochen ganz bewusst ’überlastete kinderreiche arme Mutter’, gerade um die Deutschen zu blenden. Sie ließ sich, Verantwortlichkeit und Fürsorglichkeit heuchelnd, geduldig für ihre Tochter von mitfühlenden Lehrerinnen neue Kleidungsstücke schenken, die dann jedes Mal sogleich auf rätselhafte Weise verschwanden, damit die widerspenstige Lale dreckfleckig herum laufen konnte. Drittens bestand die mütterliche Intention ganz offensichtlich darin, den Blick der sozialen Umwelt zwar sehr wohl auf das bockige Kind zu wenden, aber eben nicht auf dessen Gesicht! Diese Absicht nicht durchschauend aber sehr genau spürend hält Lale seit jener Zeit ihren Kopf in Demut gesenkt. Ihr wesensgemäßer Widerstand brach in diesen Wochen mehr und mehr zusammen und mit ihm ein Teil ihrer einzigartigen Persönlichkeit.

Heute weiß ich: die Mutter hat das Mädchen erniedrigt und vorgeführt. Du bist es, meine Tochter, als moralisch verkommenes Wesen auch nicht wert, äußerlich sauber zu sein! Ich wasche dir deine Sachen nicht mehr, so lange du kein Kopftuch trägst! Mädchen mit offenen und immer noch zu langen Haaren sind schandebefleckt und das soll man auf 50 Meter dann auch sehen. Wie schon erwähnt, man sah es, auf 50 Meter

Opas zur Mädchenüberhose umfunktionierte Unterhose jedenfalls changierte in ihrer täglich wechselnden Fleckigkeit irgendwo zwischen Dalmatiner und Apfelschimmel. Nein, kein Camouflage, kein Military‑Look. Einfach nur dreckig.

Bald aber glänzte des Mädchens staubiges Haar so speckig, dass man sich über einen ranzigen Geruch nicht mehr gewundert hätte.

Es juckt

Lale begann sich hinter den Ohren zu kratzen. Meine Kollegin verstand sofort, haute vor Wut auf den Tisch und fand 500 riesige Nissen nebst einem Dutzend flink im völlig verfetteten Haar herum steigenden Läusen. Das arme Mädchen! Lales Tränen rollten. Läuse, welche Schande für die Familie und zudem würde das sicher auch Prügelstrafen zeitigen. Die Nachhilfelehrerin erzählte Lales großem Bruder vom Kopflausbefall und vom Umgehen mit dem Problem Kopflaus und bot der Familie ein Gespräch an.

Abends klingelte bei der Nachhilfelehrerin das Telefon. Ein stolzer Vater Yildiz begehrte zu wissen, welches Kind sein Kind mit Läusen infiziert habe: „Wer war dass?“ schrie er wütend und tief getroffen, in der einen Hand fraglos den Telefonhörer, was ihn jedenfalls nicht daran hinderte, mit der anderen Hand seiner Lausetochter ins Gesicht zu schlagen, die daraufhin klagend aufheulte.

Das war ganz ungewöhnlich! Nicht, dass Lale geschlagen wurde, das tat die Mutter mehrmals pro Woche. Sondern das der Vater es tat, denn Kindererziehung ist nicht Teil der traditionellen türkischen Männerrolle.

Diesem anderen, unbekannten und ’schuldigen’ Vater jedenfalls wolle er mal rasch die Meinung sagen, vor Sonnenuntergang noch und von Mann zu Mann. Ob der fromme Muslim wirklich einen fremden Familienvater verprügelt hätte, das weiß nur Allah, ich jedoch befürchte es. In der Tat hatten in den letzten Wochen die Kopflausfälle in Altendorf ärgerlich zugenommen, von Anfang an seltsamerweise gehäuft gerade auch im Bereich um die Birkenstraße.

Am nächsten Morgen stand die Nachhilfelehrerin um halb acht vorm Grundschul‑Lehrerzimmer und warnte die Direktorin vor Laus und Kind. Keinen Augenblick zu früh, denn Großfamilie Yildiz rauschte heran, beide Eltern dabei und ein paar der mausgrauen Manteltanten, die mit aufgesetzter Unschuldsmine Lale in den Klassenraum schieben wollten. Die Klassenlehrerin verhinderte dies. Und beurlaubte Lale, bis zum hoffentlich baldigen Zeitpunkt auf amtsärztlich attestierte Lausefreiheit, guten Morgen.

In der Folgewoche kam Lale noch ein letztes Mal ins gut besuchte Lernzimmer des Nachhilfegruppe: „Ich komme nicht mehr“. Sie schwieg fünf Sekunden. „Ist denn keiner darüber traurig!?“, drehte sich um und ging weg. Abends weinte dann Lales Nachhilfelehrerin.

Lale ist Tage später noch einmal gesehen worden, säuberlich gekleidet und mit auf zehn Zentimeter Länge sittsam gestutzten Haaren. Die Familie hat den Kontakt zur Nachhilfeschule bewusst abgebrochen. Leider hat sich damit für uns Lales Spur bis auf weiteres verloren, zumal wir nicht wissen (sollen), welche weiterführende Schule das Mädchen besucht.

Das alles ist zwei Jahre her. Lale, wir haben dich nicht vergessen.

Jacques Auvergne

Kein Kopftuch an öffentlichen Schulen

Oktober 1, 2007

Verwaltungsgericht Düsseldorf bestätigt Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen

An Nordrhein-Westfalens öffentlichen Schulen ist es muslimischen Lehrerinnen auch weiterhin nicht erlaubt, ein schariakonformes Kopftuch zu tragen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf wies die Klage der 52jährigen vom Christentum zum Islam konvertierten Hauptschullehrerin Brigitte Weiß ab. Das Gericht vertrat die Auffassung, das Kopftuch sei, egal welche Variante die Trägerinnen auch favorisieren, eine religiöse Bekundung und so ein Verstoß gegen die gebotene staatliche Neutralität an den öffentlichen Schulen. Die Klägerin will, gegen diese richterliche Entscheidung Berufung einlegen.

Die Düsseldorfer Richter schlossen sich der bisherigen vier Entscheidungen Nordrhein-westfälischer Gerichte an. Neu ist allerdings, dass diesmal einer langjährig im Schuldienst tätigen Beamtin das Tragen des Kopftuches während des Dienstes gerichtlich untersagt wurde, drei der vorherigen fundamentalistisch-islamisch orientierten Klägerinnen waren Angestellte, eine vierte Muslima wollte als Beamtin auf Probe eingestellt werden.

Ein Sprecher des Schulministeriums äußerte sich „sehr zufrieden“ über die Bestätigung des Verbotes. Auch dieses Weblog, das sich auch an Lehrende und Lernende der Sozialarbeit und Sozialpädagogik richtet, begrüßen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf, wenn es für uns auch interessante verfassungsrelevante Aspekte außer Acht lässt und es sich auf den gesamten öffentlichen Dienst beziehen sollte (s. Kopftucht ./. freiheitliche Grundordnung, Ümmühan Karagözlü).

Weiß steht seit 1980 als Lehrerin im Schuldienst und trägt seit ihrem Übertritt zum Islam 1994 den Vornamen M. Sie ist Funktionärin des permanent die Demokratie angreifenden, legalistisch-fundamentalistisch orientierten ’Zentralrates der Muslime in Deutschland’ (ZDM), dessen prominentester Vertreter der unter Demokraten umstrittene langjährige Vorsitzende Frauenarzt Nadeem Elias ist.

Nach eigenen Angaben bemühte sich Weiß seit ihrem Übertritt um die Erlaubnis, das Kopftuch auch im Schulunterricht tragen zu dürfen. Nach ihrer Darstellung hatte sie zunächst mit Rücksicht auf die Schulleitung auf das Kopftuch verzichtet und es nur außerhalb des Gebäudes getragen – zum Beispiel bei Klassenfahrten. Vor den Sommerferien 2006 jedoch entschied sie sich, auch im Schulgebäude ihre Haare zu bedecken.

Wenn der Lehrerin ein Leben nach den Gesetzen des Islams und somit der Scharia so am Herzen liegt, gibt ihr die Demokratie, deren Rechtsweg sie nun so intensiv in Anspruch nimmt, die Freiheit, an einer muslimischen Privatschule zu unterrichten oder aber gleich in einen Staat auszuwandern, in dem die patriarchale Großfamilie, der Koran und die Scharia den Alltag regieren und die Maßstäbe des Weltverstehens setzen. Darüber sollten wir alle nachdenken.

In Nordrhein-Westfalen tragen 22 Lehrerinnen das Kopftuch. Beispielhaft möchten wir der geneigten islamkritischen Leserschaft zwei Pädagoginnen vorstellen.

Frau Eva el‑Shabassy ist Lehrerin an der Grundschule Aachen‑Richterich und trägt seit 30 Jahren permanent Kopftuch, seit einer Zeit, in der ihre Altersgenossen sexuelle Befreiung und ’Mini-Mode’ ausprobierten, sie selbst jedoch die moralischen Vorzüge und die Frauenrechte des Islams zu erkennen glaubte und sich Ganzkörperbadeanzüge und lange Blusen nähte.

Seit zwei Jahrzehnten ist die mit einem demokratiekritischen Ägypter verheiratete el—Shabassy in islamistischen Organisationen aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft hoch aktiv, etwa für das ’Islamische Zentrum München’ und das ’Islamische Zentrum Aachen’.

“Der Ehebruch“, so el‑Shabassy, “ist ein Verbrechen wie der Mord“. “Etwas, was mit Steinigung geahndet werden muss?“, fragte der auf einmal sehr interessierte Journalist der ZEIT die Hauptschullehrerin. “Die Strafe steht in der Scharia“, so war ihre sachliche Antwort. Die fromme Lehrerin leidet nicht am postmodernen Werteverfall und fügte lächelnd hinzu: “Wenn einmal in hundert Jahren eine Frau gesteinigt wird, vielleicht werden dann ganz viele Ehen gerettet?“ Diese Frau will also, inch`Allah, die Steinigung für Ehebrecherinnen ins Strafrecht der BRD einführen.

Frau Renate Karaoglan ist ebenfalls zum Islam übergetreten und unterrichtet an der Max-Wittmann-Sonderschule in Dortmund. Seit ihrer Eheschließung mit einem Türken ist die Lehrerin ganzkörperverhüllt, verborgen unter einem strengen Kopftuch und in einen mausgrauen, knöchellangen Mantel gewandet: “Ich muss meine Scham bedecken“, so Karaoglan, die uns Ungläubigen mit einem “Ein Moslem kann unmöglich gegen die Scharia sein“ seelsorgerisch auf die Sprünge hilft. Auch ihre Tochter musste im Alter von elf Jahren ’ihre Scham bedecken’.

Wir Islamkritiker empfinden solche Verstöße gegen in der Verfassung garantierte Grundrechte als gravierendes Unrecht, als eine sexualisierte, dämonisierte Gender‑Apartheid, die Frauen qua Religionsgesetz zu minderwertigen, unreinen, die Männer verführenden Brutöfen erklärt. Das aber hat Europa seit der Aufklärung hinter sich, seit dem eingeführten Frauenwahlrecht im schweizerischen Kanton Appenzell sind hier Männer und Frauen gleich.

Gegen beide islamistischen Beamtinnen liefen disziplinarische Verfahren, doch durften sie in dieser Zeit weiter unterrichten. (ob das unter der Scharia auch möglich gewesen wäre?). Ohne die Arbeit der frauenrechtlerisch orientierten Zeitschrift EMMA jedoch hätten die offensichtlich großzügigen Schulaufsichtsbehörden Nordrhein‑Westfalens wohl noch nicht einmal wegen Verdachts auf Dienstpflichtsverletzung gegen die beiden Scharia‑Freundinnen ermittelt.

Zum Glück für die Demokratien in aller Welt gibt es auch unzählige Kopftuchgegnerinnen und Kopftuchgegner, gerade auch unter den Muslimas und Muslimen. Eine von ihnen ist die Rechtsanwältin Serap Cileli, für die jede Frau mit Kopftuch nach außen hin die fundamentalistische Rechtsordnung der Scharia symbolisiert und für die das Kopftuch ein Zeichen der vormodernen Unterordnung der Frau unter den Mann ist. Für Cileli ist das Kopftuch kein Zeichen des Glaubens, sondern ein mit dem demokratischen Rechtsstaat nicht zu vereinbarendes Symbol der Frauenunterdrückung und darüber hinaus Symbol der bewussten Ablehnung der Werte der Aufklärung, der Säkularität, der freiheitlichen Grundordnung

Selbst der deutsche Verfassungsrechtler Professor Josef Isensee von der Universität Bonn hält das Kopftuch für einen “Kulturimport, der den Frieden mit dem Verfassungsstaat nicht geschlossen hat“ und zur Argumentation von Deutschlands berühmtester Kopftuchlehrerin Fereshta Ludin meinte Isensee nur: “Amt ist Dienst, nicht Selbstverwirklichung“.

Auch wir haben große Zweifel, dass Fundamentalisten wie diese Lehrerinnen für die Aufgabe geeignet sind, junge Menschen auf ein emanzipiertes Leben in der säkularen, kulturellen Moderne eines demokratischen Rechtsstaates vorzubereiten und daher nicht an staatlichen Schulen unterrichten sollten.

Jacques Auvergne
Céleste de la Rivière