Posts Tagged ‘körperliche Unversehrtheit’

taz: „Wissenslücken und Tabus“ zur FGM

Oktober 21, 2019

(Kommentiert zum Artikel der Patricia Hecht (Klitoris ab, Schamlippen zugenäht) in der taz vom 10.10.2019. Von Edward von Roy am 21.10.2019.)

Noch die geringst invasive Form der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) muss verboten werden, weltweit, also auch FGM Typ Ia oder Typ IV.

Eine Legalisierung beispielsweise der sogenannten milden Sunna (FGM Typ Ia oder IV nach der Klassifikation der WHO) ist zu verhindern.

Die gründliche Arbeit des High Court of Australia (The Queen v. Magennis and The Queen v. Vaziri Case Nos. S43/2019, S44/2019 and S45/2019) überzeugt. Auch die USA, vgl. FGM-Rechtsstreit zu Dr. Jumana Nagarwala, brauchen endlich ein wirklich funktionierendes US-weites Gesetz gegen FGM.

https://taz.de/Weibliche-Genitalverstuemmelung/!5632582&s=Genitalverst%C3%BCmmelung/

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(Kommentiert zum Artikel der Patricia Hecht (Wissenslücken und Tabus) in der taz vom 11.10.2019. Von Edward von Roy am 21.10.2019.)

Kulturrelativisten wie Kavita Shah Arora und Allan J Jacobs kämpfen dafür, die WHO-Klassifikation zur weiblichen Genitalverstümmelung oder Female Genital Mutilation (FGM) zu zerspalten in einen weiterhin verbotenen und einen ihrer Meinung nach zeitnah straffrei zu stellenden Teil. Das ist unbedingt zu verhindern; alle vier Typen der weiblichen Genitalverstümmelung, das ist FGM Typ I, II, III, IV, müssen verboten bleiben.

Daher darf auch eine angebliche De-minimis-FGM (vgl. arabisch: chitan al-inath, indonesisch: sunat perempuan, malaysisch: khitan wanita), beispielsweise als die sogenannte milde Sunna (d. i. eine FGM Typ Ia oder gehört, als pinprick bzw. ritual nick, in den Bereich einer FGM IV), nicht erlaubt werden.

https://taz.de/Weibliche-Genitalverstuemmelung/!5628915/

Minderjährige Mädchen oder Jungen können ihrer Beschneidung nicht rechtswirksam zustimmen, weil sie nicht einwilligungsfähig sind

August 28, 2017

ختان

ḫitān

kadın ve erkek sünneti

FGM oder MGM nach Koran und Sunna

Kindeswunsch auf Beschnittenwerden auch für Mädchen bald Gesetz?

Britischer Medizinethiker fordert das verstaatlichte Befragen des männlichen oder weiblichen Kindes nach dessen baldiger Genitalverstümmelung (MGM oder FGM)

Das jeweils geltende Gesetz, so fordert es der Research Fellow am Oxford Uehiro Centre for Practical Ethics, soll endlich sicherstellen, dass Kinder befragt werden dürfen, ob sie einen Teil ihres Geschlechtsorgans der Religion oder Tradition opfern. Zitate aus dem jüngsten Text des Verharmlosers der Jungenbeschneidung (MGM) und Wegbereiters der Mädchenbeschneidung (FGM) Brian D. Earp: Hat die weibliche Genitalverstümmelung gesundheitliche Vorteile? Das Problem mit der Medikalisierung der Moralität, Originaltitel: Does Female Genital Mutilation Have Health Benefits? The Problem with Medicalizing Morality.

Ob wir als Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen in aller Welt minderjährige Drogenkonsumenten oder Drogenkuriere, Kindersoldaten, Minderjährige im Bordell, Kindesmissbrauch oder Kinderehen erfolgreich verhindern wollen, stets hat die Altersgrenze 18 Jahre benannt und durchgesetzt zu werden. Weder in den Kinderschutz noch in das Kindeswohl ist dabei ein Aushandeln von Altersgrenzen der Einwilligungsfähigkeit in Bezug auf eine rituelle Genitaloperation integrierbar, auch nicht in Bezug auf den Bereich der Jugendlichen, in Deutschland meint das bekanntlich das Alter der 14 bis 17 Jahr alten Menschen. Kinder raus aus Ehebett, Soldatenuniform oder Bordell, Kinder weg von den rituellen Beschneidungsmessern, Kind ist Mensch unter achtzehn Jahren.

Leider duldet die UN-Kinderrechtskonvention (KRK) eine gegebenenfalls anzuwendende rechtliche Einschränkung sprich ein abgesenktes Eintrittsalter ins Dasein als Erwachsener („soweit die Volljährigkeit nach dem auf das Kind anzuwendenden Recht nicht früher eintritt; unless under the law applicable to the child, majority is attained earlier“), doch heißt es, immerhin, in Artikel 1 der KRK ganz grundsätzlich: „Im Sinne dieses Übereinkommens ist ein Kind jeder Mensch, der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat; a child means every human being below the age of eighteen years“. Eindeutiger ist da schon die African Charter on the Rights of the Child (1990) Article 2 Definition of a Child (For the purposes of this Charter, a child means every human being below the age of 18 years. Aux termes de la présente Charte, on entend par „Enfant“ tout être humain âgé de moins de 18 ans).

Medizinethiker Brian D. Earp schmuggelt den Kindeswunsch auf männliche oder weibliche Genitalverstümmelung in die Hörsäle und Parlamente. Stoppen wir diesen Mann, denn der Staat hat nicht die kindliche Wunschbeschneidung, sondern die kindliche genitale Intaktheit zu sichern. Schluss mit dem enthemmt religionsfreundlichen und wenig zufällig beschneiderfreundlichen Geplapper über Genitalautonomie (genital autonomy), Schluss mit dem Geschwätz über ein informiertes Einwilligen (informed consent) in Bezug auf eine nicht medizinisch indizierte Beschneidung an einem unter 18 Jahre alten Menschen.

Übersetzung (gekürzt) und Kommentare von Jacques Auvergne (2017). UPDATE: Earp reagiert, Auvergne antwortet.

Der Brite Brian Earp, eigentlich Brian David Earp und bekannt als Brian D. Earp, hat einen Abschluss in Experimentalpsychologie und studierte neben Psychologie auch Philosophie und Kognitionswissenschaft. Earp, der gemeinsam mit dem aus Australien stammenden Philosophen Julian Savulescu allen Ernstes über Neuro-Enhancement in Liebe und Ehe nachdenkt, arbeitet am The Oxford Centre for Neuroethics (OCN) und schaltet sich bei jeder Gelegenheit in die berüchtigte sogenannte Beschneidungsdebatte ein. Diese allerdings braucht von uns Sozialpädagogen gar nicht erst geführt werden, denn wir diskutieren schließlich auch nicht lang und breit über das Pro und Kontra von Drogen für Kinder, Kindersex, Kindersoldaten, Kinderehen. Religion im Sinne einer persönlichen Spiritualität bekommt vielen Menschen ganz ausgezeichnet, einige wöchentliche Gebete und Riten sind zusätzlich eine feine Kultur, doch ansonsten muss beides weg, Beschneidungsdebatte und Beschneidungsmesser. Schluss mit den Debatten, wir knipsen hiermit, Zirkumzision sowie FGM betreffend, das Licht aus im Debattierclub.

Die rituelle genitale Versehrung, man rede von Genitalverstümmelung, meint nicht nur jene 50 % der Menschheit, die männlichen Geschlechts ist. In Detroit, Michigan, USA sitzt Dr. Jumana Nagarwala im Gefängnis, eine Ärztin und religiöse (islamische) Mädchenbeschneiderin. Die schiitischen Dawudi Bohra beschneiden ihre sieben Jahre alten Mädchen, für die Debattenfreunde ein willkommener Anlass zum Diskutieren, unser Lichtausknipsen hat nichts geholfen und sogleich ist Brian D. Earp zur Stelle mit einem umfangreichen Text, den er am 15. August 2017 vom Sydney aus auf dem Onlinemagazin Quillette veröffentlichen ließ, allerdings noch am selben Tag bei BMJ (London) einstellte. Does Female Genital Mutilation Have Health Benefits? The Problem with Medicalizing Morality,[1] unautorisierte und gekürzte Übersetzung ins Deutsche.

Hat die weibliche Genitalverstümmelung gesundheitliche Vorteile? Das Problem mit der Medikalisierung der Moralität

(Von Brian D. Earp. Zuerst auf Quillette (Sydney) am 15.08.2017.)

Vier Mitglieder der islamischen Glaubensströmung der Dawudi Bohra, die in Detroit, Michigan leben, wurden vor kurzem wegen Durchführung von weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) angeklagt. Dies ist das erste Mal, dass die US-Regierung einen Fall von „FGM“ verfolgt; ein entsprechendes Bundesgesetz war 1996 verabschiedet worden. Die Weltöffentlichkeit beobachtet sehr genau, wie sich der Fall entwickelt.

So vieles kommt hier ins Spiel: Multikultur, Religionsfreiheit und die Grenzen der Toleranz einerseits, der Umfang der Rechte von Kindern und von Minderheitengruppen andererseits, darüber hinaus sogar das Konzept von „Schaden“.

Warum setzt Earp (an “FGM” case) im ersten Absatz den Begriff von der weiblichen Genitalverstümmelung, englisch Female genital mutilation (FGM), in Anführungsstriche? Möglicherweise fanden in Michigan islamische Genitalverstümmelungen von FGM Typ I oder II statt, doch selbst für den Fall, dass es nicht möglich sein wird, der Ärztin und Muslima Dr. Jumana Nagarwala mehr nachzuweisen als einen Einstich (prick) oder Einschnitt (incision, nick), beide dem Bereich von FGM Typ IV zuzurechnen, FGM ist FGM ist FGM. Insbesondere aber hat Earp (even the very concept of “harm”) den Schadensbegriff, die mit jeder, also auch noch mit der geringst invasiven weiblichen Genitalverstümmelung einhergehende körperliche und zusätzliche psychische Schädigung nicht zu apostrophieren.

Earp weiß natürlich, wie politische Korrektheit funktioniert. Erst ganz wenige Ärzte auf der Welt wagen, die einer FGM Typ Ib Klitoris(teil)amputation oder Typ II Labien(teil)amputation durchaus vergleichbare Zirkumzision, die Vorhautamputation an Jungen als Schaden und irreversible Schädigung zu beschreiben. Ein entsprechend mutiger Parlamentarier, etliche dieser Spezies sind Arzt, sähe seine Wiederwahl sicherlich gefährdet angesichts der seit 2007 Zehntausende, Hunderttausende männliche kindliche Genitale verstümmelnden Afrikaprogramme für sogenannte Freiwillige medizinische Beschneidung von Männern (VMMC – Voluntary Medicine Male Circumcision) einerseits und in Anbetracht der sehr hohen Zahl von Schariagehorsamen unter den 1,6 Milliarden Muslimen weltweit andererseits.

Wenn sie nun schon nicht nützlich ist, schädlich sein, Schaden stiften darf die Jungenbeschneidung auf keinen Fall. Auch in Deutschland ist dieses Ausblenden der Fakten Staatsdoktrin und wird, wenn wir das nicht im letzten Augenblick verhindern, die zeitnahe Straffreistellung der Chatna (Chitan al-inath, sunat perempuan), der islamisch begründeten FGM nach sich ziehen. Der Fiqh der Schafiiten bewertet die Beschneidung des Kindes als religiös zwingend (wadschib) und ist hier zwischen Junge und Mädchen zu unterscheiden gar nicht erst bereit. Ein Islam ohne FGM ist noch nicht erfunden.

Individualrechte versus Gruppenrechte – hat der 18 Jahre alt gewordene männliche oder weibliche Mensch das Recht auf einen intakten Körper, insbesondere auf ein intaktes Geschlechtsorgan? Wir Intaktivisten spalten die Schülerschaft eben nicht auf in Christenkinder, Judenkinder, kleine Muslime oder kleine Atheisten, sondern fordern: Keine Beschneidung unter 18 Jahren.

Schaden (harm) ist uns auch keine Idee (concept), sondern wissenschaftlich überprüfbare Tatsache. FGM schadet immer.

Allzu hastig erzählt Brian D. Earp Ungefähres über die vier Typen weiblicher Genitalverstümmelung zu (FGM Typ I, II, III, IV) und wendet sich dem rituellen Einstich zu, einer FGM Typ IV. Der optimistische Beschneidungsrhetoriker aus Oxford spricht von einem rituell hervorquellenden Tropfen Blut und weiß nicht oder verschweigt, dass die islamische Mädchenbeschneidung, bei einer FGM Typ IV bleibt es so gut wie nie, den Teufel abhalten und den Weg ins Paradies ebnen soll einerseits und zum anderen ein Bekenntnis zur einem jeden Bereich des Lebens regelnden Wohlverhalten und Gesetz ist. Islamische weibliche Beschneidung (FGM), der Chitan al-inath bzw. die Chatna, funktioniert islamisch nicht ohne die Möglichkeit von Talaq und Zweitfrau. Die Praxis der Chatna ohne die Pflicht zum Hidschab geht islamisch nicht. Chatna ohne korangemäß halbiertes weibliches Erbe funktioniert nicht.

Oft, allzu oft amputiert die Chatna gerade bei den Dawudi Bohra viel von der Klitoris, was Earp an dieser Stelle nicht sagt, der gerade über den religiösen Nadelstich in die Klitorisvorhaut nachdenkt (pricking the foreskin or “hood” of the clitoris to release a drop of blood), wohingegen gerade auch die Bohra das rituell zu reinigende weibliche Kind, falls sie es überhaupt bei einem Nadelstich belassen, in die Schamlippen stechen oder, wenig zufällig, in das Lustorgan Nummer Eins, in die Klitoris.

Gesundes Gewebe wird in der Regel durch dieses Verfahren nicht entfernt, das in Communities, in denen es üblich ist, oft durch ausgebildetes medizinisches Personal durchgeführt wird. Langfristige nachteilige gesundheitliche Folgen sind vermutlich selten.

Einmal abgesehen davon, dass das Mädchen, spätestens wenn die Schwiegermutter den Besitz einer Klitoris für Sünde (haram) hält, jederzeit nachbeschnitten werden kann, FGM, auch die geringste, beschädigt stets das Vertrauen des Mädchens in Eltern, Umfeld und Umwelt, anders gesagt: FGM traumatisiert psychisch immer, was wiederum bedeutet: sie schadet immer. Der körperliche Schaden kommt dazu, auch aus einem Einschnitt oder Nadelstich kann, wer weiß, ob die Immunabwehr des Kindes gerade stark ist oder ob in der Klinik MRSA vagabundiert, eine Nekrose oder Sepsis entstehen, was wiederum tödlich sein kann. Nadelstich mit Nebenwirkung Tod, Herr Earp?

Erste und widersprüchliche Berichte deuten darauf hin, dass die Dawudi Bohra eine, siehe oben, FGM Typ IV Variante Nadelstich in die Klitorisvorhaut durchführen, mithin eine Form weiblicher Beschneidung praktizieren, wenn auch nicht jene extremen Formen, die so oft in den westlichen Medien hervorgehoben werden.

Drei Bemerkungen. Erstens. Was soll das Gerede von widersprüchlichen Berichten, selbstverständlich beschneiden die Dawudi Bohra ihre sieben Jahre alten Mädchen. Zweitens. Earp, wir hatten gesehen, dass er den Ort des Stechens nicht korrekt angibt, sagt female genital cutting, weibliche Beschneidung, wo er female genital mutilation mindestens unverzüglich hätte beklagen müssen, weibliche Genitalverstümmelung, FGM. Drittens. Westliche Medien (in the Western media), gibt es für Earp auch Eastern media, Oriental media, Islamic media? Wie es in den Siebziger Jahren schon Ali Schariati betrieb, versucht der Multikulturalist und Kulturkreistheoretiker Brian D. Earp die eine Welt mit ihren unteilbaren allgemeinen Menschenrechten aufzuspalten in Okzident und Orient.

Earp, der als Fachmann für Ethik zwischen Atheistenkind, Judenkind, Christenkind und Muslimkind gerade nicht hätte unterscheiden dürfen, verschweigt die zahlenmäßig hundertfach größere Religion Islam und zeigt auf das kleine jüdische Religionsvolk.

Nicht nebenbei ist anzumerken, dass es eine Charakterlosigkeit und Gemeinheit leider auch in unserem Kreis der Intaktivisten gibt, wo man, genau unter dieser Bezeichnung (intactivism, intactivists), bereits früh und richtigerweise gegen die mythisch begründete oder gedankenlose und in jedem Fall schlimme Routine der nordamerikanischen Säuglingsbeschneidung gekämpft hat.

Erwähnte Gemeinheit besteht darin, wir können es bündig zusammenfassen und gleich kommt ein kleiner deutscher Aufschrei von MOGiS bis gbs, den Juden das Beschneiden verbieten zu wollen und den Muslimen nicht.

Denn alles andere als zufällig marschierte im Herbst 2012 die gesamte deutsche Heerschar des gesetzlichen Alternativentwurfs, die Jungen beschneiden Ja bitte, aber erst ab vierzehn Jahren, Heerführer waren Walter Otte, Victor Schiering und Gislinde Nauy (diese noch 2014: „Die Säkularen Grünen treten für den Anstoß einer (…) ergebnisoffenen Debatte ein. (…) Wir schlagen (…) eine Übergangsregelung von fünf Jahren vor, in denen die Jungengenitalbeschneidung strafrechtlich nicht verfolgt wird. (…) Bereits einsichts- und einwilligungsfähige Jungen müssen umfassend über die Operationsrisiken und die zu erwartenden Auswirkungen auf ihr späteres Sexualempfinden aufgeklärt werden und im Zweifelsfall ein Vetorecht gegenüber dem Eingriff besitzen“,[2] man lese den Satz noch einmal und ersetze dabei Jungen durch Mädchen) sowie im Herbst 2012 MdB Marlene Rupprecht, genau in diese Richtung: den Juden, nur sie müssen ihr Ritual genau am achten Tag begehen, das Beschneiden verbieten zu wollen und den Muslimen nicht. Letztere können gemäß Scharia bis zum Alter des Jungen von vierzehn Jahren (15 Mondjahre) warten. (Auf Erden wird Allahs Bodenpersonal auf die himmlische Erlaubnis der Beschneidung des männlichen Babys am siebten Tag selbstverständlich nicht verzichten.)

2013 war Rupprecht federführende Autorin (rapporteur) für Resolution 1952 des Europarats (Punkt 7.5.2 „medizinische, hygienische und andere Bedingungen für Praktiken wie die medizinisch nicht gerechtfertigte Beschneidung junger Knaben klar zu definieren“, Punkt 7.7 plädiert für die Ausarbeitung „spezifischer juristischer Regelungen, um zu gewährleisten, dass bestimmte Operationen und Praktiken nicht ausgeführt werden, bevor ein Kind nicht alt genug ist, um zu Rate gezogen zu werden“,[3] auch hier sollte man das einmal probeweise laut lesen und dabei Junge durch Mädchen ersetzen). Jetzt bitte der kleine deutsche Aufschrei von MOGiS bis gbs und hiermit zurück zum Wegbereiter der transatlantischen milden Sunna (Islamic FGM) Brian D. Earp.

Das Verteidigungsteam hat bereits signalisiert, dass es den „risikoarmen“ Aspekt des fraglichen Genitalbeschneidens hervorheben wird und behauptet, dass es nicht als Verstümmelung gelten sollte. Es ist doch weit weniger invasiv als der Brit mila, die jüdische rituelle männliche Beschneidung, die bei Minderjährigen in den USA gesetzlich erlaubt ist und von niemandem in Frage gestellt wird.

In Sachen amerikanische Neugeborenenbeschneidung jüdische Familien zu erwähnen ist nicht angebracht, denn in den vergangenen Jahrzehnten drohten in US-amerikanischen Hospitälern alle neugeborenen männlichen Babys Opfer der Säuglingsbeschneidung zu werden. Einer fleißigen Intaktivistenbewegung verdanken erst neuerdings viele männliche Amerikaner, trotz der fortgesetzten täglichen schlimmen Routine in den Krankenhäusern, einen unversehrten Penis, darunter auch etliche Juden übrigens.

Selbstredend muss die Zeit möglichst bald kommen, an der das Genital des noch keine 18 Jahre alten Jungen – oder gleichaltrigen Mädchens – vor rituellen Operationen absolut geschützt ist. Earps Aufgabe wäre es eigentlich, hierzu beizutragen.

Doch unethisch und geschmacklos billigt Earp mit dem heutigen Leid der US-amerikanischen oder britischen Jungen das morgige Leid der Mädchen.

Dass auf Dauer kein freiheitlicher Rechtsstaat das Genital einer Geschlechtsklasse bedingungslos schützen und zugleich das Geschlechtsteil der anderen Hälfte seiner Bürger allerlei rituellen oder kulturellen Beschneidungen zum Opfer fallen lassen kann, versteht sich von selbst. Der ohnehin verfassungswidrige deutsche § 1631d BGB kann keinen Bestand haben. Neben vielen anderen haben vor drei Jahren Meyer und Ringel sowie Tatjana Hörnle die Straffreistellung einiger Formen der FGM gefordert.

Als karrieregeiler Berichterstatter muss man auch bei geänderten äußeren Bedingungen weiterhin oben schwimmen. Deshalb begab sich der Beschneidungsrhetoriker im vergangenen Jahr (In defence of genital autonomy for children) optimistisch auf diese Rutschbahn hinein in eine künftige transatlantische FGM (Abstract: „I suggest that children of whatever sex or gender should be free from having healthy parts of their most intimate sexual organs either damaged or removed, before they can understand what is at stake in such an intervention and agree to it themselves“), man beachte dabei, wen Brian D. Earp seit 2016 beschneiden lassen will: Kinder (children), also auch die Mädchen.

Derlei Ansinnen muss jeder Intaktivist zurückweisen, denn völlig altersentsprechend ist ein Kind nicht in der Lage, eine solche, seinen erst künftigen Erwachsenenkörper und eine seine erwachsene Sexualität und Partnerschaft betreffende Entscheidung zu fällen. Anders gesagt und auf den Text von 2016 bezogen (In defence of genital autonomy for children), ließe sich dem dortigen letzten Satz (until such a time as the individual who will actually be affected by them is in a position to weigh the pros and cons in light of her (or his) own values) dann zustimmen, wenn Earp unzweideutig die Altersgrenze achtzehn Jahre gefordert hätte. Das hat er aber gerade nicht, er fordert vielmehr künftige Gesetze für beschneidungsfrohe oder jedenfalls beschneidungsfromme Kinder (children).

Wie gesagt, auch der Research Fellow am Oxford Uehiro Centre for Practical Ethics erkennt, dass kein Staat auf Dauer die eine Hälfte der Kinder auf Elternwunsch beschneiden lassen kann und die andere Hälfte auf keinen Fall. In der Tat steht den USA, Großbritannien und Deutschland eine gewaltige Änderung unmittelbar bevor. Der Welterklärer aus Oxford:

Sobald die Rechtsanwälte der Bohra einen geschlechtsspezifischen oder religiösen Doppelstandard im bestehenden US-amerikanischen Recht aufzeigen können, werden die rechtlichen Folgen ganz erheblich sein. Entweder muss die männliche Beschneidung in irgendeiner Weise eingeschränkt oder es müssen „kleinere“ Formen von FGM erlaubt werden, wie auch immer, das Ergebnis wird explosiv sein.

Die vielleicht etwas stumpf gewordenen Klingen der Beschneidungsmesser dürfen nachgeschärft werden und Nachvollziehbarkeit war gestern. Mystiker Earp ruft nach mehr Besinnlichkeit:

Zu „gut“ und „schlecht“ gibt es mehr als nur gesund versus ungesund.

Was soll der Geiz, ein bisschen gesund reicht doch. Wir müssen nach höheren Werten fragen, körperliche Unversehrtheit ist schließlich nicht alles im Leben. Ist doch noch genug drangeblieben an Penis oder Vulva. There is more to “good” and “bad” than healthy versus unhealthy.

Denn wie uns der Bohra-Fall jetzt zeigen wird, liegen ernsthafte, sogar gefährliche Nachteile in jedem Bestreben, das moralische Denken zu medikalisieren oder die medizinische Forschung zu moralisieren. In beiden Fällen behaupte ich, zumindest wenn es um das Genitalbeschneiden der Kinder geht, dass die augenscheinlich voreingenommene Politik der WHO die Dinge viel schlimmer macht.

Wieso, die WHO-Klassifikation ist ganz ausgezeichnet und noch die geringst invasive Form der weiblichen Genitalverstümmelung muss überall verboten bleiben oder werden, kompromisslos. Earp sieht das sozusagen toleranter.

Wie wir eingangs gehört hatten, grübelt der englische Neuromantiker gemeinsam mit dem Australier Savulescu über den Einsatz von Pychostimulanzien mit dem Ziel der geistigen Leistungssteigerung in Ehe und Liebe. Allen Ernstes soll eine Prise Hirndoping Partnerschaft und Sex gesteigerte Intensität oder jedenfalls mehr Lebensqualität schenken, Praxistipps demnächst in Buchform gebracht, und überhaupt, der mechanistische und entseelte, der gnadenlos verwissenschaftlichte Blick auf die Welt ist ein Jammer:

„Die heutige Tendenz ist, alles einzuebnen und plattzuwalzen, indem wir ‘alles erforschen’, erkennt Julian Savulescu, ein Philosoph an der Universität Oxford und fährt fort: „Die Leute möchten unbedingt glauben, dass es nur das Beweisbare, dass es allein die Evidenz ist, nach der wir unser Tun ausrichten sollen.“ Die Menschen verstehen das so falsch. Sobald wir unsere ethische Analyse auf platte Nutzen-Risiko-Relationen reduzieren, verfehlen wir die wichtigen Fragen nach den Werten.

Ein der Mystik ergebenes Freundespaar, von Oxford aus schwärmen gleich zwei Neuromantiker dafür, dem Zauber und der Erhabenheit wieder eine Chance zu geben … und dem zauberhaften und erhabenen Kinderbeschneiden.

Betrachten wir zu diesem Zweck doch den rituellen Einstich oder Einschnitt (beides zu FGM Typ IV) oder die männliche Beschneidung, und fragen wir uns, was in Bezug auf diese Bräuche ein ethisches Problem darstellen könnte; Nutzen wie Risiken lassen wir einmal beiseite. Mehrere Möglichkeiten geraten in unser Blickfeld.

Jaja, diese vielen Jungen hier und diese vielen Mädchen da, und überall um die Kinder herum schwirren Menschenbilder, Religionen, Traditionen und Beschneidungsmesser. Weil alles anders sein könnte oder auch nicht, hinterfragt Brian D. Earp mutig das jeweilige Nichtbeschneiden oder auch Weiterbeschneiden:

Ganz unabhängig vom Geschlecht des Kindes und von der Eingriffstiefe als dem Schweregrad der irreversiblen Verletzung oder Versehrung hören wir von einer subkulturell oder auch mehrheitsgesellschaftlich wahrgenommenen, angeblichen Notwendigkeit, die Genitalien der Kinder zu beschneiden. Bekanntlich gilt diese männliche oder weibliche Beschneidung als Voraussetzung für die Aufnahme in die Gemeinschaft. Ein derartiges Ritual, das schließlich alles andere als selbstverständlich sein sollte, können wir sicherlich plausibel in Frage stellen.

Fast gewissenhaft geht der über Zirkumzision und FGM grübelnde Brite ein bisschen in sich. Denn ob es Junge oder Mädchen ist (children grow up to feel disturbed by what they take to be an intimate violation carried out when they were too young to understand or refuse), ein über seine Beschneidung unzufrieden aufwachsendes Kind kann doch gewiss niemand von uns wollen.

Kinder wachsen heran, an denen die rituelle Verletzung oder Verstümmelung der Intimzone durchgeführt wurde, als sie zu jung waren, um der Zirkumzision oder FGM zuzustimmen oder sie abzulehnen.

Ach Fräulein Jumana, was für ein hübsches Messerchen sie doch heute wieder mit sich führen für die islamische Chatna auf Kindeswunsch.

Wer sich von Kopf bis Fuß wohl in seiner Haut fühlt, weibliche oder männliche Vorhaut eingeschlossen bittesehr, wer den menschlichen Leib als Ganzes wertschätzt, der ruft gar nicht erst nach einer Sonderrolle für Vulva oder Penis. Erst das trennende Wort, dann die trennende Messerklinge, abgetrennt denken um elegant abzuschneiden, dazu definiert Earp das humane Genital als unbedingt extravagant und exklusiv.

Genitalien sind anders als andere Körperteile.

Zum Abschneiden auf Kindeswunsch freizugeben, Earp meint offensichtlich das, wenn er sagt: The genitals are not like other parts of the body.

Nein, vom kindlichen Körperfleisch wird den Ahnen oder dem Himmel kein Opfer mehr gebracht, gar nichts wird rituell amputiert, weder vom Geschlechtsteil noch von einem anderen Körperteil und weder auf Elternwunsch noch auf Kindeswunsch.

Jetzt schwärmt Earp davon, das männliche oder weibliche Kind am Genital immer nur sehr sanft zu schneiden und am besten nur, wenn es zustimmt.

Auch besteht die Möglichkeit einer psychischen Schädigung. Obwohl es schwierig ist, diese wissenschaftlich zu messen, variiert dieser Schaden zweifellos im Zusammenhang mit der geistigen und emotionalen Disposition des Kindes und mit dem Timing und den Umständen des Schneidens.

Antrag abgelehnt. Smooth birth, sanfte Geburt gibt es, sanfte FGM nicht.

Weg und Ziel zum Kinderglück läge mithin im rechten Zeitbestimmen (timing), nur die MGM oder FGM zum rechten Zeitpunkt befreie das Kind glücklich von jeder psychischen Schädigung … und von einer gehörigen Portion Genital.

Einige Bohra-Frauen berichten beispielsweise, emotional traumatisiert zu sein von dem, was ihnen passiert ist, als sie kleine Mädchen waren – diese Verwirrung, diese Schmerzen, diese Peinlichkeit, mit entblößtem Genital niedergedrückt zu werden. Andere Frauen hingegen bestehen darauf, dass es ihnen nichts ausmacht und dass sie stolz darauf waren, beschnitten zu werden. Eine ähnliche Meinungsvielfalt finden wir unter religiös beschnittenen Männern.

Earps Kurs ist jetzt überdeutlich, er will das Einwilligen des Mädchens in die religiöse Chatna (FGM) der Bohra, den genitalautonomen Wunsch des Mädchens auf Beschnittenwerden. Nur über das rechte Alter darf in den Ministerien und Parlamenten jetzt noch ein bisschen gefeilscht werden. Für Earp sind offensichtlich einige der schiitischen siebenjährigen Mädchen reif genug gewesen, ihre Chatna psychisch ganz ausgezeichnet und sogar mental gewinnbringend, etwa den Selbstwert steigernd („stolz“) zu verarbeiten.

Der Optimist aus Oxford, nanu, glaubt etwas gehört zu haben von vernünftiger Krankheitsprophylaxe in Form von Schamlippenkorrektur an einem Neugeborenen.

Es ist nicht unplausibel, dass bestimmte „milde“ Formen von FGC, wie eine neonatale Labioplastik, das Risiko von verschiedenen Krankheiten reduzieren könnten.

Die unter den Bohra so schlimm verbreitete Krankheit Labiophobie kann endlich kuriert werden, der Schamlippenschreck.

Earp kommt auf den anstehenden großen amerikanischen Strafrechtsprozess zur islamischen FGM zu sprechen. Erstmals in der Geschichte der USA begann im April 2017 ein Strafprozess nach 18 USC 116 (female genital mutilation), nachdem in Detroit, Michigan, die Ärztin Dr. Jumana Nagarwala sowie die Eheleute Attar angezeigt worden sind. Die drei Beschuldigten sind Angehörige der schiitischen Dawudi Bohra (United States of America v. JUMANA NAGARWALA; United States of America v. D-1 FAKHRUDDIN ATTAR, D-2 FARlDA ATTAR).

Um ehrlich zu sein, hat sich die US-Regierung wahrscheinlich in die schlimmste denkbare Situation hinein manövriert, nur um aller Welt zu zeigen, dass es ihr „sehr ernst“ ist, eine FGM strafrechtlich zu verfolgen. Damit aber setzt sie sich durchaus plausiblen Anschuldigungen zu antimuslimischer Voreingenommenheit aus sowie dem Vorwurf, einen sexistischen Doppelstandard zu pflegen.

Der Hauptgrund dafür ist wie folgt. Wenn sie verurteilt sind, stehen die muslimischen Minderheitsangehörigen vor zehn Jahren Gefängnishaft, nur weil sie, angeblich, eine Form von FGM praktizieren, die körperlich weniger invasiv ist als andere Formen des medizinisch unnötigen Genitalbeschneidens, die in den westlichen Ländern rechtlich toleriert werden.

Denn schließlich gibt es die männliche Beschneidung. Es gibt auch chirurgische genitale „Normalisierung“ an intersexuellen Kindern sowie die operative „Reparatur“ des Hymens mit dem Ziel der Illusion von Jungfräulichkeit. Und es gibt zumindest einige sogenannte „kosmetische“ weibliche Genitaloperationen, die zunehmend an Minderjährigen durchgeführt werden.

Earp wirft einen Blick auf die Zirkumzision. Richtig, Einschnitt oder Einstich (FGM Typ IV) sind vergleichsweise weniger invasiv. Aber wozu das Gequatsche? Noch die geringst invasive FGM muss überall auf der Welt untersagt bleiben oder endlich verboten werden.

Anders als der „Ritual-Nick“, der typischerweise nicht die Form oder Funktion der äußeren (weiblichen) Genitalien verändert, verändert die männliche Beschneidung beide auf Dauer.

Die Zirkumzision entfernt per definitionem den größten Teil oder die gesamte Vorhaut, bei einem Erwachsenen sind diese rund 50 Quadratzentimeter elastisches Gewebe der empfindlichste Teil des Penis in Bezug auf leichte Berührung.

In Bezug auf leichteste Berührung, leichtesten Zug oder leichteste Vibration, auf das Wahrnehmen von Wärme oder von stetigem leichtem Druck, so empfindsam und für Sexualität und Partnerschaft so bedeutsam wie Klitoris oder Labien.

Dann nennt Earp einige Komplikationen männlicher Beschneidung, knapp aber korrekt, leider ohne, obwohl es kinderrechtlich wie medizinethisch geboten ist, zu fordern, dass nicht die Jungenvorhäute, sondern die Beschneidungsmesser auf den Müllhaufen der Weltgeschichte gehören.

Die Rechtsanwälte der Bohra werden die genannten Unstimmigkeiten sicherlich anprangern. Wenn rituelle männliche Beschneidung nicht nur gesetzlich zulässig, sondern in den USA völlig unreguliert ist, so werden sie argumentieren, wie kann dann ein Verfahren, das weit weniger Risiken birgt und auch körperlich weniger schädlich ist, als Bundes-Strafsache eingestuft werden? Sie werden auch auf die religiöse Bedeutung der „weiblichen Beschneidung“ unter den Bohra hinweisen und uns fragen: Sind religiöse Praktiken in den Vereinigten Staaten und anderen westlichen Ländern denn etwa nicht mit starkem Rechtsschutz gewährleistet?

Die Staatsanwaltschaft wird mit ziemlicher Sicherheit diese zwei Argumentationslinien verfolgen. Erstens werden sie argumentieren, dass FGM keine religiöse Praxis ist, sondern „bloß“ eine kulturelle Tradition, weil es keine Erwähnung der weiblichen Beschneidung im Koran gibt. Zweitens werden sie darauf hinweisen, dass die männliche Beschneidung mit bestimmten gesundheitlichen Vorteilen verbunden ist, während die FGM „keine gesundheitlichen Vorteile hat“ (wie von der WHO angegeben).

Beide Strategien betreffend dürfte Earp vermutlich richtig liegen. Tatsächlich ist zu befürchten, dass ein Staatsanwalt zu Prozessbeginn – absolut faktenfern – sagt, der Islam kenne keine FGM. Auf beiden Seiten des Atlantiks möchte man die Lüge bzw. das Märchen vom FGM-freien Islam doch so gerne glauben.

Doch auch Brian D. Earp kann es wissen und sagt es an dieser Stelle nicht: Mindestens sunnitisch-schafiitisch sowie bei den schiitischen Bohra (allen Bohra, nicht nur den Dawudi Bohra) ist die Beschneidung des Kindes wadschib, religiös verpflichtend, und eben nicht die Beschneidung lediglich des männlichen Kindes.

Der Islam funktioniert nicht durch fromme Koranlektüre, sondern ist die den gesamten Alltag ordnende, rechtsverbindliche und inschallah vor der Hölle bewahrende Anwendung von Koran und Sunna. Und genau dort, in den Überlieferungen der Aussprüche und Handlungen des Propheten Mohammed sowie der Aussprüche und Handlungen Dritter, die er stillschweigend gebilligt hat, da steht sie, die Empfehlung oder auch, das sagt dir dein Scheich, Imam, Vater oder Ehemann, die Verpflichtung zur weiblichen Beschneidung.

Islam ist nicht Lesen im Koran, sondern Gehorsam nach Koran und Hadith.

Eines Tages begegnete Mohammed der zum Islam konvertierten professionellen Kitzlerabschneiderin (muqaṭṭiʿatu l-buẓūr, amputatrice di clitoridi, coupeuse de clitoris, cutter of clitorises) Umm ʿAṭiyya. Die aus Angst vor Bestrafung im Diesseits und im Jenseits sehr um Glaubensgehorsam bemühte Umm Atiyya, manche reden von Umm Habibi, befragte den Propheten nach der religiösen Rechtmäßigkeit ihrer Berufstätigkeit und Allahs Sprachrohr stellte fest:

أشمِّي ولا تنهَكي

ašimmī wa-lā tanhakī

[Cut] slightly and do not overdo it

[Schneide] leicht und übertreibe nicht

Oder Mohammed verkündete den Willen des Himmels so:

اختفضن ولا تنهكن

iḫtafiḍna wa-lā tanhikna

Cut [slightly] without exaggeration

Schneide [leicht] und ohne Übertreibung

Seither ist das dem kleinen Mädchen zu amputierende Quantum und Volumen an Genitalgewebe, vielfältig und flexibel, als Viertel eines Reiskorns, als Guavensamen, Bohne, Blattspitze, Nadelkopf (the size of a nail clipping, a quarter-grain of rice, a guava seed, a bean, the tip of a leaf, or the head of a needle) definiert worden oder als Hahnenkamm (the crest of a rooster), wobei überirdisch verschwommen bleibt, ob die sogenannte Bohne oder dergleichen jetzt aus der Schamlippe, aus der Klitorisvorhaut oder aber aus der Klitoris herausgeschnitten werden muss und schon eher gesichert ist, dass jede somalische, kurdische oder indonesische Beschneiderin von Zeit zu Zeit sehr üppige Bohnen sowie ausgesprochen fleischige Hahnenkämme zwischen ihren Fingerspitzen dreht.

Islam ist Gehorsam und Führung. Al-Azhar für alle Sunniten, Darul Uloom Deoband mindestens für die Hanafiten, Yusuf al-Qaradawi nicht lediglich für die die Umma führende Muslimbruderschaft, die Teheraner Mullahs mindestens für die Zwölferschia und der Syedna für die Dawudi, sie alle sind ausgesprochen verbindlich auch in Sachen FGM und Islam. Die irdische islamische Führung ist vorhanden, letztlich seit 1400 Jahren, und Souverän ist ohnehin keiner denn Allah.

Der Mann aus Oxford wird ein bisschen nachdenklich: ist die weibliche Beschneidung denn nun Empfehlung oder Befehl? Schmerzlich vermisst Earp den hier Eindeutigkeit herstellenden gesamtislamischen Führer.

Es gibt keine endgültige Autorität im Islam, um solche Streitigkeiten zu beenden, und so debattiert man bis heute.

Ganz im Sinne von Scheich und Muslimbruder Mustafa Cerić (A single muslim authority) fleht Brian D. Earp sie heran, die islamische Spitzenbehörde. Earp weiß, dass den Dawudi die Chatna als gelebter Glaube gilt, doch dass der schuldhafte Verstoß gegen die Scharia auf ewig vom Ziel des Daseins ausschließt, der ewigen Nähe zu Allah, schreibt der Plapperer zur Islamic FGM nicht.

Die Kleriker der Dawudi Bohra begründen die Mädchenbeschneidung religiös.

Wie wir bereits gesagt haben, vermeidet Earp, überall, wo auch er die Kausalität von Islam und FGM sehen und beklagen müsste, offen zuzugeben: mindestens für sunnitische Schafiiten und schiitische Dawudi Bohra ist die – auch in den USA verbotene – Mädchenbeschneidung oder FGM genau so sehr Religionspflicht wie die Jungenbeschneidung. Karrierebeflissen vermeidet er die gebotene Islamkritik.

Die Jungenbeschneidung betreffend, verwirbelt Earp nun Religion mit Kultur zum Doppelgesicht und Doppelbegriff von der religiösen und kulturellen Tradition, allerlei offensichtlich fließt für Earp irgendwie zusammen in die große bunte Beschneidungsentscheidung:

Die meisten Beschneidungen geschehen aufgrund religiöser und kultureller Traditionen. Im Westen, obwohl dortige Eltern die Widerspruch gegen die Beschneidungspraxis nahelegende medizinische Literatur benutzen könnten, tun die meisten Eltern das, was sie aus einer Vielzahl nichtmedizinischer Gründen wollen. Hier wird deutlich, dass Religion, Kultur, ästhetische Präferenz, familiäre Identität und persönliche Erfahrung in ihre Entscheidung einfließen.

Schiitische Muslime beschneiden ihre Jungen und Mädchen in Australien (Scheich Shabbir Mohammedbhai Vaziri) und in den USA (Dr. Jumana Nagarwala), wo bitte spürt Earp jetzt The West, das geheimnisvolle Westland? Wir hatten es bereits gesehen, ganz wie Schariati vor 40 Jahren im Iran, so versucht der britische Kulturrelativist und Kulturkreistheoretiker Earp die eine Welt mit ihren unteilbaren universellen Menschenrechten zu zerspalten in West und Ost, in den gottvergessenen Okzident und den schariapflichtigen Orient. Wo aber die Scharia verpflichtend ist, da ist auch die FGM Pflicht.

Durch die Wiederholung des Mantras – in fast jedem Artikel zur weiblichen Genitalbeschneidung –, dass „FGM keine gesundheitlichen Vorteile hat“, sendet man das völlig falsche Signal. Dieses Mantra impliziert, dass, wenn FGM gesundheitliche Vorteile hatte, sie doch nicht so schlimm wäre.

Völlig richtig, nur, typisch Earp, Geplapper bar jeder ethischen Konsequenz. Intaktivisten und überhaupt Kinderrechtler müssen Fundamentalisten des Nichtbeschneidens sein, die, weil Dialog immer ein Sich in der Mitte Treffen, ein Aushandeln bedeutet, mit den Freunden von MGM oder FGM niemals in den Dialog treten.

Brian D. Earp lässt die Katze aus dem Sack!

FGM Typ I, II, III oder IV auf Kindeswunsch!

Alle Kinder – weiblich, männlich und intersex – haben ein überzeugendes Interesse an intakten Genitalien. Alles andere ist gleichgültig, nur sie selbst sollten entscheiden, ob sie wollen, dass ihre „intimen Teile“ eingeschnitten, eingestochen, mit einer Schamlippenkorrektur versehen, „normalisiert“, beschnitten oder zusammengenäht werden, und das in einem Alter, in dem sie einschätzen können, was wirklich auf dem Spiel steht.

Nicht Kinder. Menschen können das – völlig altersgemäß mit achtzehn Jahren.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass ein absolutes Verbot solcher Genitalbeschneidungen, ausgeübt an Kindern vor dem Alter der Fähigkeit zum informierten Einwilligen, günstig ist. Vielmehr kann sich ein gesetzliches Verbot als ein sehr ungeschickter Versuch erweisen, sozialen Wandel herbeizuführen, und mehr schaden als nützen. Wenn wir beispielsweise junge Mädchen aus den Häusern ihrer Eltern herausreißen und ihre Genitalien auf der Suche nach „Beweisen“ invasiv untersuchen und ihre Eltern, die ihre Kinder zweifellos lieben, ins Gefängnis werfen, dann könnte das traumatischer sein als die Handlung des Schneidens.

Medizinethiker Brian D. Earp quatscht ihn herein in Hörsaal und Parlament, den Kindeswunsch auf männliche oder weibliche Genitalverstümmelung.

Nicht Verbot und Verunglimpfung gebe ich den Vorzug, sondern Debatte und Dialog. Denn wie auch immer man sich dem Thema nähert, es ist an der Zeit, über die müden (und falschen) Dichotomien männlich gegen weiblich hinauszugehen, über Religion gegen Kultur hinauszugehen oder über gesundheitliche Vorteile gegen keine gesundheitlichen Vorteile. Der Horizont für Kritiker des Genitalbeschneidens beginnt sich zu weiten und jetzt sollten sie endlich im Fokus stehen: die Kinder gegenüber den Erwachsenen – denn es geht um körperliche Autonomie und informiertes Einwilligen.

Schluss mit dem Dialog, das intakte Kindergenital steht nicht zur Debatte.

Ob Mädchen oder Junge, keine Beschneidung unter achtzehn.

Jacques Auvergne

Q u e l l e n

[1] Does Female Genital Mutilation Have Health Benefits? The Problem with Medicalizing Morality | by Brian D. Earp | BMJ 15.08.2017

http://blogs.bmj.com/medical-ethics/2017/08/15/does-female-genital-mutilation-have-health-benefits-the-problem-with-medicalizing-morality/

Zuerst, am selben Tag, bei Quillette, Editor in Chief Claire Lehmann

http://quillette.com/2017/08/15/female-genital-mutilation-health-benefits-problem-medicalizing-morality/#comment-9158

[2] Säkulare Grüne (2014) Hintergrundpapier Jungenbeschneidung

Gislinde Nauy, Dana Kühnau, Mariana Pinzón Becht, Walter Otte, Victor Schiering

http://saekulare-gruene.de/wp-content/uploads/2014/08/Hintergrundpapier_Jungenbeschneidung.pdf

[3] Council of Europe, Parliamentary Assembly, rapporteur Ms Rupprecht

Resolution 1952 (2013) Children’s right to physical integrity

7.5.2. clearly define the medical, sanitary and other conditions to be ensured for practices which are today widely carried out in certain religious communities, such as the non-medically justified circumcision of young boys;

7.7. raise awareness about the need to ensure the participation of children in decisions concerning their physical integrity wherever appropriate and possible, and to adopt specific legal provisions to ensure that certain operations and practices will not be carried out before a child is old enough to be consulted.

http://semantic-pace.net/tools/pdf.aspx?doc=aHR0cDovL2Fzc2VtYmx5LmNvZS5pbnQvbncveG1sL1hSZWYvWDJILURXLWV4dHIuYXNwP2ZpbGVpZD0yMDE3NCZsYW5nPUVO&xsl=aHR0cDovL3NlbWFudGljcGFjZS5uZXQvWHNsdC9QZGYvWFJlZi1XRC1BVC1YTUwyUERGLnhzbA==&xsltparams=ZmlsZWlkPTIwMTc0

UPDATE (30.08.2017)

Earp fühlt sich missverstanden: „Die größtmöglich verzerrte Version meiner Ansichten“, „ein derartig schlimmes Missverstehen“, „diese grotesk falschen Darstellungen meiner Ansichten“

„Hallo, leider lese ich kein Deutsch, doch wenn Google Translate in irgendeiner Weise zuverlässig ist, scheint es mir, dass Sie meinen Artikel sehr falsch verstanden haben. Vielmehr scheinen Sie mich derart stark missverstanden zu haben, dass sich die größtmöglich verzerrte Version meiner Ansichten ergibt.

Anscheinend denken Sie, dass ich die nichttherapeutische weibliche Genitalbeschneidung unterstütze? Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt! Ich habe die Frage aufgeworfen, ob das gesetzliche Verbot die effektivste Strategie sein wird, da es bekanntlich historisch nicht besonders effektiv gewesen, den Versuch zu unternehmen, wie in San Francisco (und in Deutschland) geschehen, die männliche Beschneidung zu kriminalisieren. Vielmehr wurden noch stets reaktionäre Gesetze verabschiedet, die sicherlich noch schwerer zu bekämpfen sind.

Wir beide mögen eine unterschiedliche Auffassung darüber haben, wie die Praktiken der Beschneidung des Kinderkörpers beendet werden können, aber ich muss schon sagen, dass ich noch nie einen Bericht über einen meiner Texte gelesen habe – wie gesagt, wenn Google Translate genau ist –, der ein derartig schlimmes Missverstehen aufweist in Bezug auf fast jedes meiner Argumente.

Ich weiß ja nicht genau, wer der Autor dieses Blogs ist, aber wenn Sie eine Diskussion über Skype oder so etwas wünschen würden, dann können wir diese grotesk falschen Darstellungen meiner Ansichten sicherlich begradigen.“

Brian Earp am 29.08.2017 um 18:52 Uhr (Deutsch Eifelginster)

Dear mister Earp,

thank you for your comment.

Many people say: „It’s a personal choice.“ Let us say NO to genital autonomy for our children, ‚child‘ is any person below the age of 18 years, and YES to their genital intactness.

Completely according to age and development, a child (child is a person below eighteen years of age) is not able to consent to a medically not-indicated female or male circumcision (FGM or MGM).

Even the least invasive form of female or male circumcision harms by limiting the innate potential of man.

Genital circumcision is nothing but the result of group pressure and, once carried out, destroys the confidence in the fellow human beings.

Because that is the unspoken message: We accept you only if you obey, with an intact genital you are not welcome with us.

In particular, the trust between father and child as well as between mother and child is undermined by the ritual. The child will soon recognize: you could not protect me or you did not want to protect me.

The child is angry at his parents and, on the other hand, in future, will decide to have his child circumcised or will motivate his child to be circumcised. We must succeed in ending this cycle of fear, violence and mutilation.

A de minimis FGM will not be sufficient, but the child can be re-cut at any time. In many communities the girl, who is not sufficiently invasive, will not be able to marry, or she will not be allowed to be a heir.

Among Shafii Sunni muslims or among Bohra Shia, the girl’s own parents or later husband and mother-in-law will despise the „wrongly circumcised“ woman as sinful, haram (حرام) and ritually unclean, najis (نجس‎‎).

Therefore, we also have to ban the FGM type Ia amputation of the clitoral hood as well as the FGM type IV subtype incision or needle stitch.

The WHO classification for female genital mutilation may not under any circumstances be split into a still prohibited and another, allegedly low-invasive and then permitted part.

Let us fight together for the worldwide ban on any medically unidentified operation on human beings under 18 years of age.

Best regards

Jacques Auvergne

“MALES need protection as females do,” says Lloyd Schofield

http://www.economist.com/node/18712852?story_id=18712852&fsrc=rss

He thinks the decision to be circumcised should be the choice of each male when he’s over 18 years old. Schofield

http://blogs.kqed.org/newsfix/2011/06/08/live-9-a-m-circumcision-ban-author-and-opponent-discuss-the-issue/

haram (حرام)

https://en.wikipedia.org/wiki/Haram

najis (نجس‎‎)

https://en.wikipedia.org/wiki/Najis

Indonesian authorities tried to ban FGM […], but the Indonesian Ulema Council (MUI) issued a fatwa saying that female circumcision was part of religious practice.

http://www.thejakartapost.com/news/2016/02/06/fgm-indonesia-hits-alarming-level.html

In 2009, the National Council of Islamic Religious Affairs (JAKIM) in Malaysia introduced a surprising and controversial Fatwa declaring female circumcision to be obligatory (wajib) for all Muslim women.

http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S027753951500103X

wajib (واجب), fard (فرض), a religious duty commanded by Allah (God)

https://en.wikipedia.org/wiki/Fard

Islamic Law on Female Circumcision – Answering Islam

The Arabic word bazr [بظر] does not mean „prepuce of the clitoris“, it means the clitoris itself (cf. the entry in the Arabic-English Dictionary). The deceptive translation by Nuh Ha Mim Keller, made for Western consumption, obscures the Shafi’i law, given by ‘Umdat al-Salik, that circumcision of girls by excision of the clitoris is mandatory. This particular form of female circumcision is widely practiced in Egypt, where the Shafi’i school of Sunni law is followed.

http://answering-islam.org/Sharia/fem_circumcision.html

بظر baZr

https://ar.wikipedia.org/wiki/%D8%A8%D8%B8%D8%B1

Clitoris

https://fr.wikipedia.org/wiki/Clitoris

Jungenbeschneidung

Oktober 25, 2007

فطرة

fiṭra

natürliches Ausgerichtetsein auf Allah hin

Blutige Neugeburt im afropazifischen Jägerbund

Zehnter Themenkreis. In einem Landstrich oder Familienverband, in dem alle Mädchen zu beschneiden sind, ist die Unbeschnittene nicht heiratsfähig und ruft ihr unreiner Leib die bösen Geister heran oder die koranisch verbürgten Dschinnen. Beim globalen Top-Tabuthema Jungenbeschneidung ist es ganz entsprechend und ist der Unbeschnittene hochwahrscheinlich kein vollwertiger Mann und folglich kein ehrenwerter Mensch. Im aufklärungsverweigernden Islam von Scharia und Fiqh gilt das nicht per Kult-OP veränderte männliche Genital als Heilsgefährdung. Wer weiß, bleibt auch nur ein Junge unbeschnitten, könnten die Seelen ganzer Grundschulklassen oder Straßenzüge denn nicht auf ewig in der Hölle brennen? Ein Plädoyer für die körperliche Unversehrtheit wenigstens des Kindes und Jugendlichen, die zu den allgemeinen Menschenrechten zu rechnen ist und die auch durch elterlich angestrebte Seelenrettung, „Religionsfreiheit“, Liebe zum Archaischen oder durch postmoderne Multikulturkonzepte nicht außer Kraft zu setzen ist. Von Jacques Auvergne (2007).

Meine als Kind aus Oberschlesien übergesiedelte Nachbarin, ausgebildete Sozialpädagogin, deutscher Pass, hat drei Kinder, drei Söhne (11, 8 und 6 Jahre) von drei verschiedenen Vätern: einem Kroaten, einem Russlanddeutschen und einem Ägypter. Zu allen drei Männern hat sie und haben die Kinder seit Jahren leider keinen Kontakt. Doch da gibt es die Cousine des Ägypters und die wohnt im Stadtviertel. Im Sommer 2006 besuchte die verheiratete Ägypterin die allein erziehende Mutter und empfiehlt ihr, „zur Gesundheit und zum Wohlbefinden des Jüngsten“ die unter Medizinern als Zirkumzision bekannte „Beschneidung“ durchführen zu lassen. Nach 20 Besuchen und bei immer heftigerem Drängen der Freundin („Ich kann nachts nicht schlafen vor Herzweh weil ich mir vorstelle, dass der Junge unbeschnitten bleibt“) gab die Deutsche nach und suchte einen Kinderarzt auf, nicht ohne ihren kleinen Sohn mit allerlei Listen auf eine angebliche Überflüssigkeit der Vorhaut aufmerksam zu machen. Der erste Arzt lehnte ab, der zweite, ein Urologe, führte die Operation auf Krankenkassenkosten durch, medizinische absolute Indikation bestand nicht. Inzwischen hat sie auch ihre beiden anderen Jungen beschneiden lassen können, man staune über ihre Argumentation: „aus Gerechtigkeit“. Eine relative Indikation dürfte sich gefunden haben, der Mythos Phimose funktioniert bei Kinderärzten oder Krankenhäusern und vielleicht fand sich ein Hauch von Entzündung an den kindlichen Vorhäuten.

Hier ist der ethnische, „multikulturelle“ Charakter der Entscheidung pro Zirkumzision einen Blick wert und die Frage, warum gegen das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit verstoßen wurde.

Objektiv gesagt stoßen zwei Kulturen aufeinander: eine, welche die Jungenbeschneidung als obligatorisch betrachtet und die andere, die sie traditionell nicht kennt. Es wurde nicht, als Kompromiss wäre das ja immerhin denkbar, ein Ersatzritual vollzogen. Auch folgte man nun gar nicht dem traditionellen europäischen (oder chinesischen oder indischen) Stil der genitalen Unversehrtheit. Sondern man folgte, vielleicht in einer modischen Orientbegeisterung oder aus Höflichkeit, der islamischen Alltagspraxis des längst in sein Herkunftsland verschwundenen biologischen Vaters.

So, wie diese deutsche Familie die Jungenbeschneidung akzeptiert hat und irgendwann in eine weitere Generation tradieren wird oder schon bald ihre Nachbarn überzeugt, mag sich in vergangenen Epochen die MGM innerhalb von Afrika ausgebreitet haben, Landstrich für Landstrich.

FGM gibt es nur dort, wo es MGM gibt, und beide, wohl mehrere Jahrtausende alte Arten der Genitalverstümmelung stammen nicht vom Himmel (eher schon von machtbewussten Schamanen) und wurden erst allmählich attraktiv, Kilometer für Kilometer und Dorf um Dorf. Auch wenn bereits Australiens traditionell lebende Ureinwohner Genitalmutilationen durchführten, dürfen wir eine Vorvergangenheit intakter Geschlechtsorgane annehmen, die von den heutigen Himmelswächtern als Zeit der Unwissenheit (Götzenkult; Dschahiliyya) dargestellt werden muss. Das Abschneiden der Penisvorhaut ist eben nicht Natur, vielmehr ist das Gesamtkonzept von der islamischen Fitra (fiṭra), dem natürlichen Ausgerichtetsein auf Allah hin etwas Andressiertes und eine nicht hinnehmbare Einschränkung kindlicher Unbeschwertheit und Potentiale. Die Theologie der Fitra mitsamt ihrer „die Seele vor der Hölle rettenden“ Praxis der Genitalbeschneidung ist in moderne Bildungsarbeit oder Justiz ebenso wenig zu „integrieren“ wie Kindbraut oder Burka.

Von den zwei Kulturen, beschneidungsobligatorisch versus beschneidungsindifferent, fordert auch nur die eine, die andere, die der alten Europäer, hatte die Beschneidung von Jungen seit Jahrhunderten übersehen, bis auf ein paar Diskussionen in der frühesten Christenheit. Eine Ausnahme war der englische Sprachraum des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, wo Ärzte für die Zirkumzision warben. In sind den USA sind Routinebeschneidungen dann jahrzehntelang leider völlig üblich gewesen, andererseits konnte sich dort eine starke Anti-MGM-Lobby entwickeln. Seit 1999 empfehlen US-Ärzteverbände die Routinebeschneidung nicht mehr und prompt beginnt die amerikanische Quote der Neubeschnittenen erfreulich zu sinken. Die legendäre „kulturelle Sondersorte Mensch“ namens Umma blockt jede Diskussion zur MGM ab, wie beim Thema der repressiven Schariapflichten leider immer noch üblich und versteckt sich hinter angeblichen Hygienevorteilen oder bedroht Kritiker (nun, Islamkritiker) offen.

Wie kommen Islam und Judentum zur Amputation des Praeputiums? Ein die Beschneidung (Brit Mila) erstanwendender Abraham ist ein frommer Mythos, viel ältere Kulturen im östlichen Afrika dürften die erste Heimat der Zirkumzision sein. Die menschheitsgeschichtliche Beschneidung ist damit nicht jüdisch, sondern steinzeitlich, und auch die Aborigines beschneiden sicherlich länger als der vor 4000 Jahren genitalchirurgisch angeblich eine Axt verwendende achtzigjährige Stammvater fraglicher Historizität. Mohammed oder dessen Erbverwalter standardisierten die wahrscheinlich in dem einen oder anderen polytheistisch-altarabischen Stamm vorhandene und von diesem von benachbarten Juden, Ägyptern, Niloten oder Somaliern übernommene MGM als Bestandteil der Pflichtenlehre, spätere Jahrhunderte legten fest: ohne Jungenbeschneidung keine Religion und ohne Hidschab („Kopftuch“) auch nicht, alles andere regelt Yusuf al-Qaradawi.

Bruno Bettelheim (Die symbolischen Wunden – Pubertätsriten und der Neid des Mannes, englisch 1954 als: Symbolic Wounds; Puberty Rites and the Envious Male) forschte eingehend zu dem bis heute irritierend tabubehafteten Thema Jungenbeschneidung so vieler afrikanischer und pazifischer Völker. Er kommt zum Schluss, dass die Beschneidung einem etwas kläglichen Versuch der Aneignung der magischen weiblichen Geburtskraft durch die neidischen Jägerbünde entspreche. Blut müsse fließen wie bei einer Geburt. Diese blutige Initiation werde zum Gottesdienst.

Solche Neugeburt in die Kriegerkaste hinein würdigt die eigentliche Geburt herab, überkrönt diese jedenfalls hierarchisch, denn nur Männer werden zu Kulturwesen (Stichwort „Mann wird gemacht“), die Frau bleibe dem Erdhaften und Animalischen nahe. Als Betriebsprogramm eines jeden Patriarchats kommt uns Europäern eine derartige misogyne Denkfigur durchaus bekannt vor (Griechen, Römer; Paulus; Vatikan), auch wenn das christianisierte Europa traditionelle Genitalmutilationen nur von seinen zumeist neidisch bis argwöhnisch beäugten Nachbarn jüdischen Glaubens ahnt oder aus der christlich verstandenen Malerei eines Friedrich Herlin (1466) oder Guido Reni (1635-1640) kennt, die die Beschneidung Jesu darstellten.

Es ist wohl die Exotik der Körpermutilation in einem postmodernen Alltag der Geheimnislosigkeit, Belanglosigkeit und Seichtheit, welche ausgerechnet die nordamerikanische Pop-Ikone Madonna 2006 zur bislang glücklicherweise wohl nicht umgesetzten Aussage hinreißen ließ: „Ich will meinen kleinen Adoptivsohn aus Malawi gemäß den heiligen Riten der hebräischen Kabbalah zirkumzisieren, beschneiden, lassen!“ Ein paar hundert Menschen protestierten empört, darunter Hindus, Atheisten, Juden, Christen und sogar Kabbalisten. Der biologische Vater des Knaben ermahnte ebenfalls Adoptivmutter Madonna: „bei uns in Malawi gibt es keine Jungenbeschneidung, bitte tun sie diese unnötige Operation meinem Sohn nicht an.“ Muslime aber waren wohl nicht unter den Protestierenden, und dieses Schweigen muss uns Pädagogen oder Sozialarbeiter interessieren.

Denn nur Necla Kelek war vor zwei Jahren mutig genug, in ihrem: Die verlorenen Söhne – Plädoyer zur Befreiung des muslimischen Mannes (bei Kiepenheuer und Witsch, Köln 2006) ihre Glaubensschwestern und Glaubensbrüder zum sofortigen Abschaffen des traumatisierenden Brauchtums der Routinebeschneidung an männlichen Kindern aufzufordern. Vorerst sind es weltweit nur ganz wenige Muslimas und Muslime, die diesen aufgeklärten Vorschlag offen unterstützen, die Masse der Umma (muslimische Weltgemeinde) schweigt, sei es aus Angst vor sozialer Ausgrenzung, aus sexualmagischen Motiven oder aus Furch vor Allahs vermutetem Missfallen. Jedenfalls verfolgen in Deutschland selbst die bildungsnäheren Menschen unter den türkeistämmigen Migranten die Strategie, zu Necla Keleks Beschneidungskritik feige zu schweigen.

Nichts scheint die Tradition der Sünnet ändern zu können, niemand verlässt dieses Kartell einer Generation um Generation und Junge für Junge aufs Neue zu wiederholenden Szene des blutigen Unterwerfens unter das Clan- und Männerrecht. Offiziell im Namen des Islam und das sogar mit einigem Recht: denn wenn auch die Beschneidung nicht im Koran steht, so fordert doch die Überlieferung (Sunna) aller Rechtsschulen die Amputation jener bergend-hüllenden, sozusagen weiblichen sensiblen Hautfalte, die eigentlich von Natur aus integraler Bestandteil des männlichen Genitales sein und bleiben sollte. Sahih Buchari (Kapitel Libas – Die Kleidung, Hadith Nummer 5890) stellt den Willen Allahs fest: „Zur Fitra gehört das Abrasieren der Schamhaare, das Schneiden der (Finger- und Fuß-) Nägel und das Kurzschneiden des Schnurrbarts“, um zu präzisieren: „Zur Fitra gehören fünf Dinge: Die Beschneidung, das Abrasieren der Schamhaare, das Kurzschneiden des Schnurrbarts, das Schneiden der (Finger- und Fuß-) Nägel und das Auszupfen der Achselhaare (Nr. 5891).

Die Beschneidung. Seelisch und sozial ein Kastrationsängste berührendes Leiden, blutig und vor den schweigend zuschauenden Zeugen der ewigen Großfamilie – du bist Opfer geworden, darfst es aber dein Leben lang nicht sagen. Ur Szene islamischer Gewalterfahrung, möglicherweise ja berechtigend zur Verachtung der unreinen, für das Höllenfeuer bestimmten weil zumeist unbeschnittenen Männer (und ihrer Frauen!).

Nordostafrikanische Hirtenstämme dürften einzelnen arabischen Clans die Beschneidung, weit vor Mohammed, einstmals überliefert haben und manche alten Ägypter kannten die Jungenbeschneidung. Doch aus der Stammesfehde der Quraish und Sulaim (Mohammed in Mekka und Medina) wurde eine Weltreligion. Und wieder einmal ist Islam im interreligiösen Vergleich die Kultur des radikalen Spaltens: die Menschheit wird in zwei Quasi Rassen geteilt, in Beschneider und Nichtbeschneider, in Gläubige und Ungläubige.

Islamintern wird mit der Beschneidung, ebenso wie mit dem Kopftuch, die Gender Apartheid der zwei angeblich einander wesensfremden Kollektive der Männer und Frauen verewigt – seelisch „halbierte Menschen“ (Dinnerstein). Community konforme sexuelle Aufträge werden dem Jungen mit der Beschneidung mitgegeben. Zu einem selbst bestimmten Leben, zum Erarbeiten einer „eigenen Geschichte“ (Kelek) wird mit der Zwangsbeschneidung nun leider nicht gerade ermuntert.

Fitra ist ein verzerrter Blick auf die Natur, den menschlichen Körper, die Gesellschaft und das Weltganze. Fitra ist die ideologisierte Menschennatur aus radikal islamischem Blickwinkel, heutzutage aus revolutionär gegenmoderner Perspektive.

Nebenbei sagt Fitra auch, dass jeder Mensch „von Natur aus“ Muslim sei. Islam erklärt sich als „natürlich“, „der Natur gemäß“. Wer den „naturhaften“ Islam kritisiert, handele also gegen seine eigene Natur. Ein günstiges Argument der Erpressung. Du bist Islamkritiker: damit bist du widernatürlich … sofern du dich hier erpressen lässt.

Ein „vom Himmel herab gekommenes“ steinzeitliches Stammesritual sickert in die in Ausdünnung befindliche kulturelle Moderne und spaltet Schulklasse und Kollegenkreis in Initiierte und Unveredelte, Paradiestaugliche und Gottlose. Sagen wir als Pädagogen oder Sozialarbeiter Ja zur körperlichen Unversehrtheit, und begründen dieses mit den universellen Menschenrechten vom 10. Dezember 1948 und dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989. Saudi-Arabien hat die UN-Kinderrechtskonvention 1996 zwar ratifiziert, das aber zugleich eingeschränkt, da sie nur so weit gelten dürfe, wie ihre Artikel „nicht in Konflikt mit den Vorgaben des Islamischen Gesetzes [Scharia] geraten“ (with respect to all such articles as are in conflict with the provisions of Islamic law).

Allahs Gesetz steht – weltweit – im Zweifelsfall ganz offensichtlich über dem Kindeswohl, jedenfalls glaubt das auch die Islamische Republik Iran bzw. deren Obrigkeit. 1991 unterzeichnet und drei Jahre darauf ratifiziert, ist das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (Convention on the Rights of the Child) der Vereinten Nationen vom Mullahregime selbstbewusst kommentiert worden mit einem Zurückweisen aller Normen, die gegen die Islamische Scharia verstoßen könnten (The Islamic Republic of Iran is making reservation to the articles and provisions which may be contrary to the Islamic Shariah; so steht es im Vorbehalt). 1994 wurde angemerkt, dass man ihren Inhalt nicht anzuwenden bereit ist, soweit er „nicht kompatibel mit den Islamischen Gesetzen“ ist (The Government of the Islamic Republic of Iran reserves the right not to apply any provisions or articles of the Convention that are incompatible with Islamic Laws; so der Vorbehalt bei Ratifizierung).

Indonesien, Kuweit, Katar, Syrien, alle diese und noch mehr „islampflichtige“ Staaten schränkten die 11. Kinderrechtskonvention aus heiliger Überzeugung ein und ließen das Islamische Gesetz (Islamic Shariah, Islamic Laws) dabei ausdrücklich unangetastet. Uns Universalisten und Kritikern der diversen Kulturkreistheorien geht es dabei um Kinderrechtsverletzungen wie Verheiratungen sehr junger Mädchen – und sicherlich auch um die Routinebeschneidung, denn Jungengenitale bleiben in den genannten Staaten, anders als UN-Konventionen, nicht unangetastet, sondern werden, mit derselben heiligen Gewissheit beschnitten. Saudi-Arabien und der Iran haben ihre Religion richtig verstanden, im Islam von Scharia und Fiqh zerstört das Heilige das Heile.

Erwachsene mögen an sich eine Schönheitsoperation durchführen, pauschal empfehlen kann man das allerdings sicherlich nicht, Kinder jedoch sind gar nicht einwilligungsfähig.

Fleischopfer vom lebenden Objekt und vermeintliche Reinheit und Gottesfurcht beweisende Initiationsnarben gehören ins Geschichtsbuch und nicht auf den Kinderkörper.

Der Schariagehorsam ist eben nicht angeboren, es gibt kein Kopftuch-Gen und die Umma ist auch keine Rasse.

Die schafiitische Rechtsschule, etwa mit Imam an-Nawawi oder im Rechtskompendium des Ahmad ibn Naqib al-Misri, fordert und praktiziert die Amputation des baẓr (pl. buẓūr), also der Klitoris – und nicht lediglich der Klitorisvorhaut, wie der US-amerikanische Sufi-Scheich Nuh Ha Mim Keller ungerührt, westlichen Ohren schmeichelnd, das Buch Reliance of the Traveller zielsicher falsch übersetzt.

Wer die islamische Jungenbeschneidung nicht pauschal ablehnt wird juristisch nichts erfolgreich gegen die FGM tun können solange das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes noch gilt. Umgekehrt ist und bleibt die medizinisch nicht indizierte Jungenbeschneidung selbstverständlich eine HGM oder human genital mutilation, eine Genitalerstümmelung. Diese gilt es abzuwehren, wir dürfen den alle Mädchen und Jungen sexualisierenden islamischen Gruppenzwang und traumatisierenden Beschneidungsritus nicht für naturgegeben oder „vom Himmel gewollt“ halten.

Sagen wir Nein zur Routinebeschneidung an Jungen.

Jacques Auvergne