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Nein zum deutschen Panzerverkauf an das Saudi-Regime

August 10, 2011

Edward von Roy

Mönchengladbach

An den Deutschen Bundestag

Petitionsausschuss

10. August 2011

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Petition: Kein deutscher Panzerverkauf an repressives Regime

Der geplante deutsche Verkauf von Leopard-Panzern an den saudi-arabischen Unrechtsstaat ist grundgesetzwidrig und sofort zu stoppen.

Im Juli 2011 wurde der Öffentlichkeit bekannt, dass die Bundesrepublik Deutschland zweihundert Kampfpanzer des Typs Leopard 2A7+ an Saudi-Arabien verkaufen will.[1] Die religiöse Diktatur wendet permanent höchste Gewalt gegen Regierungskritiker bzw. Religionskritiker, Menschenrechtler und Journalisten an; elementarste Grundrechte wie die Gleichberechtigung von Mann und Frau sind im Gottesstaat per Gewohnheitsrecht und Verfassung außer Kraft gesetzt.[2] Ohne Genehmigung ihres Wali (männlicher Vormund) darf eine Frau das Land nicht verlassen, in den Städten ein Auto zu fahren ist ihr untersagt, Kontakt zu Nicht-Mahrams (nichtverwandten Männern bzw. dem Ehemann) ist ihr verboten, sie muss Hidschab (Schleier) tragen.

Sicherlich leidet die Exportnation Deutschland an Massenarbeitslosigkeit, doch sind nach dem Grundsatz der Unantastbarkeit der menschlichen Würde (GG Art. 1) innerhalb des Geltungsbereichs des deutschen Grundgesetzes Arbeitsplätze nicht durch Waffen- oder Panzerexport an Diktaturen zu sichern, auch nicht im Namen des Dialogs mit dem Islam.

Das freiheitlich-demokratische soldatische Leitbild der Bundeswehr, der Staatsbürger in Uniform, basiert als dem Grundgesetz verpflichtet auf der am 10.12.1948 festgestellten Universalität der Menschenrechte (AEMR). Im Sinne der grundgesetztreuen und AEMR-basierten „Inneren Führung“ der Bundeswehr ist die saudische Armee, die einen kulturell gegenmodernen, kulturrassistischen und geheiligt misogynen Staat verteidigt, nicht soldatisch.[3] Sofern sie nicht der verstärkten Umsetzung der allgemeinen Menschenrechte dient und damit dem Abbau der kulturrassistischen Scharia, ironisiert eine jede wirtschaftspolitische oder militärische Kooperation Deutschlands mit einer islamischen Diktatur das Grundgesetz und stellt seine Nachhaltigkeit aufs Spiel. Während wissenschaftliche oder kulturelle Kooperation noch der langfristigen nahöstlichen Demokratisierung dienen könnte, ist der folternde und Auspeitschungen anordnende Gottesstaat[4] auch von Deutschland aus nicht militärisch aufzurüsten.

Saudi-Arabien könnte deutsche Panzer nicht lediglich zur Niederschlagung von Aufständen im eigenen Land oder im benachbarten Bahrain einsetzen. Es griff 2010 mit achtzehn Luftschlägen Dörfer der schiitischen Minderheit des Jemen an,[5] was einen Krieg oder Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran darstellen mag,[6] der jederzeit eskalieren kann. 10 bis 15 % der Bevölkerung Saudi-Arabiens sind Schiiten. Selbst in Bahrain trug die bürgerkriegsartige Situation vom März 2011 Züge eines sunnitisch-schiitischen Konflikts,[7] während sich die saudische Armee mit 1000 Soldaten zum „Friedenmachen“ einsetzen ließ und deutsche Panzer wahrscheinlich genutzt hätte.

Dass die Bundesregierung im Juli 2011 nicht bereit ist,[8] dem Souverän, sprich dem Deutschen Volk, mitzuteilen, ob 44 der bei KMW (Krauss-Maffei Wegmann) und Rheinmetall produzierten Panzer bereits an die wahhabitisch-hanbalitische Diktatur verkauft worden sind und ob die durch eine (elitär offensichtlich unerwünschte) Indiskretion bekannt gewordene Anzahl der insgesamt zweihundert Panzer zeitnah an einen der repressivsten Staaten der Erde geliefert werden soll, ist verfassungswidrig.

Hinterzimmer-Kartelle aus Schwerindustrie und Regierungsstellen haben in ein massenhaft hinrichtendes, radikal-religiöses (antirationales, wissenschaftsfeindliches) und bewusst frauenfeindliches System keine Panzer zu liefern. Die im Sinne der AEMR beklagenswerte Tatsache, dass es in Riad keine Transparenz und Pressefreiheit gibt, scheint sich im Nebelschleier der Panzerverkäufe auch auf den Lieferanten Deutschland auszudehnen, was nicht akzeptabel ist, auch nicht im Namen des Dialogs der Kulturen oder Religionen.

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion hielt die Kampfpanzerlieferung nachvollziehbarerweise bereits für illegal,[9] auch wenn in bzw. um (Bahrain) eine stabil eingespielte Diktatur die demokratische Mikrostruktur das „Krisengebiet“ (Mützenich, Beck) ist und die Macht der finanzstarken Allahkraten mit oder ohne Leopard-Panzer (leider) nicht „kriselt“. Der auf totalitärer Harmonie (Sunnagehorsam) und Seelenrettung (Schariapraxis) beruhende saudi-arabische Staat köpft schließlich nicht krisenhaft, sondern selbstbewusst und gelassen. Wie Artikel 1 der Verfassung klarstellt, ist der Islam Staatsreligion und haben Gottes (Allahs) Buch und die prophetischen Befehle (Sunna) höchsten Verfassungsrang.[10]

Die Lieferung ist sofort abzustoppen, der klandestine Panzerdeal des Jahres 2011 ist transparent zu machen.

Edward von Roy

Diplom-Sozialpädagoge (FH)

Gabi Schmidt

Sozialpädagogin

[1] Video, YouTube: Der Prototyp des Leopard 2A7+, erstmalig vorgestellt bei der ILÜ 2010 auf dem TrpÜbPl Munster, nach: Soldatenglück

http://soldatenglueck.de/2011/07/02/60504/deutschlands-rustungsschmiede-kmw-verkauft-200-kampfpanzer-leopard-2-a7-an-saudi-arabien-video/

[2] Die von der saudischen Presse boykottierte Journalistin und Frauenrechtsaktivistin Wajeha Al-Huwaider vergleicht die Lage der Frau in Saudi-Arabien mit der Lage der Gefangenen von Guantánamo:

Anyone who examines and analyzes the lives of the prisoners in Guantanamo, and compares them to the lives of the Arab women – particularly in the Gulf states, and especially in Yemen, Oman and Saudi Arabia – will discover that there are very many similarities

http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/0/1805.htm

[3] aus: Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten (sog. Soldatengesetz) § 8 Eintreten für die demokratische Grundordnung

Der Soldat muss die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung eintreten.

http://www.gesetze-im-internet.de/sg/index.html

[4] Die Behörden inhaftierten 2010 mehr als 100 Personen unter Berufung auf Sicherheitsbelange. Tausende Menschen, die in den vergangenen Jahren aus Sicherheitsgründen festgenommen worden waren, befanden sich noch immer in Haft, unter ihnen auch gewaltlose politische Gefangene. Ihre Rechtslage und ihre Haftbedingungen blieben im Dunkeln. Mindestens zwei Häftlinge starben in Gewahrsam, möglicherweise infolge von Folter. Es kamen neue Informationen über Foltermethoden und andere Misshandlungen gegen Häftlinge, die aus Gründen der Sicherheit inhaftiert waren, ans Licht. Gerichte verhängten erneut grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafen, die auch ausgeführt wurden, vor allem Auspeitschungen. (…) Saudi-arabische Streitkräfte, die in den Konflikt im Norden des Jemen eingriffen, führten Angriffe aus, die willkürlich und unangemessen erschienen. Sie führten zu Toten und Verletzten in der Zivilbevölkerung und verstießen damit gegen das humanitäre Völkerrecht.

aus: amnesty international, Länderberichte 2010

http://www.amnesty.de/laenderbericht/saudi-arabien

[5] The al-Houthi rebels, who belong to Yemen’s Shiite minority, claimed in late January that Saudi warplanes conducted 18 airstrikes on villages inhabited by civilians.

http://www.historyguy.com/Saudi_Yemen_Border_Conflict_2009.htm

[6] The commander of U.S. forces in the Middle East, General David Petraeus, says there are indications the domestic conflict in Yemen could become a proxy war between Iran and Saudi Arabia.

http://www.voanews.com/english/news/US-General-Says-Yemen-Could-Become-Iran-Saudi-Proxy-War-82427857.html

[7] Die Regierung (…) bat die Nachbarländer um Eingreifen, nachdem Angehörige der schiitischen Mehrheit Polizeiabsperrungen überwunden und Straßensperren errichtet hatten. (…) Die Opposition warnte, der Einsatz der ausländischen Soldaten komme einer Kriegserklärung und einer Besetzung gleich. Die bahrainische Königsfamilie gehört der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam an.

aus: manager-magazin, 14.03.2011

http://www.manager-magazin.de/politik/artikel/0,2828,750841,00.html

[8] Die Bundesregierung lehnte eine Stellungnahme ab. Sie erteile keine Auskunft über die Entscheidungen des Bundessicherheitsrats und über einzelne Exportgeschäfte, sagte ein Sprecher. Die Saudis hatten zuletzt mit Panzern dem benachbarten Bahrain geholfen, Proteste gegen die autoritäre Führung niederzuschlagen.

Zitiert nach: Frankfurter Rundschau, 04.07.2011

http://www.fr-online.de/politik/deutscher–leopard–fuer-saudi-arabien/-/1472596/8628820/-/index.html

[9] Das Gegenteil von Krisengebiet ist stabiles System … Deutschland war zwischen 1934 und 1938 kein Krisengebiet, sondern wurde, als barbarische Diktatur, Jahr für Jahr immer noch stabiler. Eine starke demokratische Gegenbewegung hätte den Nationalsozialismus („krisenhaft“) destabilisieren können. Nicht anders verhält es sich heute mit den Gottesstaaten Iran und Saudi-Arabien: Der Islamkritiker (damit: der Regierungskritiker) gefährdet Eintracht und Ordnung.

Rolf Mützenich: „Deutschland darf keine Waffen, zumal keine Panzer, die auch der inneren Unterdrückung dienen können, an Diktaturen liefern“, sagte er. Dies wäre ein klarer Verstoß gegen die Rüstungsexportrichtlinien, wonach keine Rüstungsgüter in Krisengebiete geliefert werden dürfen. Mützenich wies darauf hin, dass Saudi-Arabien mitgeholfen habe, die Demokratiebewegung in Bahrain niederzuschlagen, und nach der Atombombe strebe. (…) Die Ausfuhrgenehmigung sei „ein Bruch mit der bisherigen Praxis, keine Rüstungsgüter in Krisengebiete zu exportieren“, kritisierte (…) Volker Beck.

Zitiert nach: BILD, 05.07.2011

http://www.bild.de/politik/ausland/panzer/saudi-arabien-kauft-deutsche-leopard-panzer-18679352.bild.html

[10] The Kingdom of Saudi Arabia is a sovereign Arab Islamic state with Islam as its religion; God’s Book and the Sunnah of His Prophet, God’s prayers and peace be upon him, are its constitution, Arabic is its language and Riyadh is its capital.

http://www.servat.unibe.ch/icl/sa00000_.html

DEUTSCHER BUNDESTAG

Petitionsausschuss

Pet 1-17-09-580-027008

(Bitte bei allen Zuschriften angeben)

Herrn

Edward von Roy

Mönchengladbach

Berlin, 13.10.2011

Betr.: Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Bezug: Mein Schreiben vom 17.08.2011

Anlg.: – 1-

Sehr geehrter Herr von Roy,

zunächst möchte ich auf das aus organisatorischen Gründen geänderte Aktenzeichen hinweisen.

Zu Ihrer Petition ist eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) eingeholt worden. Eine Zweitschrift dieser Stellungnahme ist als Anlage beigefügt.

Die Ausführungen des Fachministeriums (BMWi) sind sachgerecht und geben die zurzeit geltende Rechtslage zutreffend wieder. Sie sind aus Sicht des Ausschussdienstes des Petitionsausschusses nicht zu beanstanden.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen des BMWi kann der Ausschussdienst eine Änderung der Rechtslage derzeit nicht in Aussicht stellen.

Ihre Eingabe sehe ich damit als abschließend beantwortet an, sofern Sie sich nicht gegenteilig äußern. In diesem Fall möchte ich Sie bitten, Ihre Einwände möglichst konkret darzulegen.

Mit freundlichen Grüßen

(Im Auftrag)

Der Petent begehrt mit seiner Petition,

Dass keine Leopard-Panzer aus Deutschland an Saudi-Arabien verkauft werden sollen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie nimmt hierzu wie folgt Stellung:

In der Presse ist in diesem Jahr über eine mögliche Entscheidung des Bundessicherheitsrates zur Lieferung von Kampfpanzern nach Saudi-Arabien berichtet worden. Zum Inhalt der vom Bundessicherheitsrat getroffenen Entscheidungen kann inhaltlich keine Stellung genommen werden. Der Bundessicherheitsrat tagt geheim. Tagesordnung und Ergebnisse sind ebenso eingestuft.

Die Geheimhaltung ergibt sich vorrangig aus dem Schutzbedürfnis der Beziehungen Deutschlands zu den möglichen Empfängerländern. Der Schutz der Interessen des Empfängerlands ist ein weiterer Grund.

MdB Ströbele hat Klage beim Bundesverfassungsgericht erhoben auf Feststellung einer Verletzung der Informationsrechte des Bundestages und seiner Abgeordneten. Das Ergebnis dieser gerichtlichen Überprüfung der für die Entscheidungen des Bundessicherheitsrates geltenden Geheimhaltungsvorschriften ist abzuwarten.

Sollte tatsächlich eine Ausfuhrgenehmigung für eine Lieferung von Panzern erteilt werden, so unterrichtet die Bundesregierung darüber im jährlichen Rüstungsexportbericht, der auch dem Bundestag vorgelegt wird. Diese Berichterstattung erfolgt auf Grundlage der „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ aus dem Jahr 2000.

Die Bundesrepublik Deutschland verfolgt gegenüber Drittstaaten eine restriktive Rüstungsexportpolitik, die sich an den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung zu Rüstungsexporten und dem im Dezember 2008 verabschiedeten rechtlich verbindlichen „Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der Europäischen Union betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“ orientiert.

Hiernach werden Entscheidungen über Rüstungsexporte – auch nach Saudi-Arabien – nach sorgfältiger Abwägung der außen-, sicherheits- und menschenrechtspolitischen Belange jeweils im Einzelfall getroffen.

Drei Anträge der Fraktionen DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen und SPD gegen die Erteilung einer Genehmigung für den Export von Kampfpanzern wurden am 8. Juli 2011 im Bundestag diskutiert und fanden keine Mehrheit.