Posts Tagged ‘Patriarchat’

Universelle Menschenrechte statt arrangierter Ehe

Oktober 11, 2009

الأسرة

al-usra

Familie

Die Verharmlosung der arrangierten Ehe

Analyse zweier Redetexte, die durch Professorin Straßburger in den Jahren 2002 beziehungsweise 2005 verfasst wurden. Von Roswitha Wilwerscheid und Karsten Hilchenbach

Gaby Straßburger (* 1963) studierte in Bamberg, Ankara und Amman und legte im Jahr des Mauerfalls 1989 die Prüfung als Diplom-Sozialpädagogin ab. Sieben Jahre später erfolgte ihre Diplomprüfung als Orientalistin. 2002 promovierte sie am Osnabrücker Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien („summa cum laude“). Anschließend war Straßburger als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Essen, wo sie für die unter Federführung von Prof. Dr. Ursula Boos-Nünning entstehenden Studie „Lebenssituation ausländischer Mädchen und junger Frauen sowie der jungen Aussiedlerinnen“ tätig war. Gegen 27 Mitbewerberinnen habe Straßburger sich im Wettbewerb um den Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien durchgesetzt, der unter anderem bereits an die Schariafreundin und Islamverharmloserin Yasemin Karakaşoğlu-Aydın für ihre Dissertation über religiöse Orientierung und Erziehungsvorstellungen verliehen worden war.

Zwei Texte liegen der kritischen Betrachtung zugrunde.

Zum einen ist es die Rede »Heiraten – Ein Prüfstein für Integration?«, die Straßburger am 14.05.2002 im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses bei Entgegennahme eines Preises hielt, der ihr für die Dissertation »Heiratsverhalten und Partnerwahl im Einwanderungsland: Eheschließungen der zweiten Migrantengeneration« zuerkannt wurde. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis war ist Helmut und Marianne Hartmann gestiftet worden und wird gemeinsam getragen von der Universität und Stadt Augsburg sowie vom Forum Interkulturelles Leben und Lernen (FILL).

Zum anderen kommentieren wir die Argumentationsmuster aus »Arrangierte Ehen sind keine Zwangsehen!« (08.02.2005), Straßburgers Beitrag zu einem Sachverständigengespräch, den der Landtag von Nordrhein-Westfalen zum Thema Zwangsheirat abhielt (15.02.2005).

Heiraten [ist] nicht nur für die meisten türkischen Migrantinnen und Migranten ein sehr zentrales Thema, sondern [es wird] auch in der deutschen Öffentlichkeit ziemlich oft darüber gesprochen, wie die hier lebenden Türken und Türkinnen heiraten. Das heißt, eigentlich wird nicht einfach darüber gesprochen, sondern man regt sich darüber auf, weil sie in den Augen Vieler nicht so heiraten, wie „man“ es von jungen Leuten erwartet, die in Deutschland aufgewachsenen sind. Die Kritik richtet sich meist auf die folgenden drei Punkte: 1. dass es nur relativ wenig Ehen mit Deutschen gibt, 2. dass viele Ehepartner aus der Türkei geholt werden und 3. dass viele Ehen arrangiert sind.

Als mir bewusst wurde, wie oft und vor allem wie negativ darüber gesprochen wird, war mir klar, dass das Heiratsverhalten türkischer Migrantinnen und Migranten keineswegs ein privates Thema ist, das die Öffentlichkeit nicht interessiert.

H.: Das Private ist politisch. Diesen Slogan müssten Sie als dem Umfeld der Achtundsechziger entsprossene Multikulturalistin doch eigentlich kennen.

Vielmehr zeigt die Kritik an vermeintlich unangemessenen Eheschließungen, dass das Heiratsverhalten zum Prüfstein gelungener Integration gemacht wird. Und je genauer man darüber nachdenkt, um so stärker merkt man, dass hinter der Kritik ein ganz bestimmtes Verständnis von Integration steht. Es ist ein Integrationsverständnis, das auf der Erwartung basiert, dass sich Migranten möglichst schnell und vollkommen an das anpassen, was man als deutsche Kultur definiert und dass sie Verhaltenweisen, die man als fremde Kultur interpretiert, möglichst schnell ablegen.

H.: Das ist eine unverschämte Unterstellung. Uns geht es lediglich darum, die Freiheitsrechte und Grundrechte für jeden zugänglich zu machen, auch für die Importbräute oder die Töchter fundamentalistisch-islamisch geprägter Familien.

Integration heißt nicht, Verhaltensweisen, die man in der eigenen Herkunftsgruppe erlernt hat, abzulegen und sich einseitig daran zu orientieren, was unter Deutschen üblich sind.

H.: Hier gilt das Grundgesetz, türkische Muslime stehen da nicht unter Naturschutz.

Integration heißt, eine Verbindung zu schaffen zwischen unterschiedlichen Verhaltensweisen, indem man sie ineinander integriert und sich jeweils so zu verhalten weiß, wie es in einer Situation am sinnvollsten und passendsten ist.

W.: Gewalt ist niemals privat. Das Grundgesetz endet eben gerade nicht vor der Haustür. Wie der STERN (Die vergrabene Bombe) am 08.08.2008 berichtet, sind in Deutschland 44,5 Prozent der türkischen Migrantenkinder durch in den Familien erlittene Misshandlungen und schwere Züchtigungen traumatisiert. (1). Auch Europas immigrierte Frauen sind einem hohen Gewaltrisiko ausgesetzt. Die Bundesregierung (2004) stellt dazu in einer 2004 veröffentlichten Studie fest: „Demnach hat jede dritte bis vierte türkische Migrantin und jede fünfte bis sechste osteuropäische Migrantin in ihrer aktuellen Paarbeziehung körperliche oder sexuelle Übergriffe erlebt. Aufgrund der zu vermutenden hohen Dunkelfelder handelt es sich hier um Mindestwerte. Wir werden weiter unten noch sehen, dass die von uns befragten Migrantinnen nicht nur häufiger körperliche und sexuelle Gewalt erlebt haben, sondern dass es sich dabei auch um schwerere und häufiger auftretende Formen von Gewalt gehandelt hat (2)“.

H.: Soll der Neonazi seine fraglos „unterschiedliche“ Verhaltensweise situativ entscheiden, um dem Straßburgerschen Bild von Integration zu entsprechen? Selbstverständlich nicht, es gibt allgemein gültige, zu gewährleistende Grenzen, die das friedliche Zusammenleben ermöglichen und dabei die Menschenrechte gewährleisten.

W.: Noch etwas zur situativen Anpassung. Ich habe es nicht gerne, jetzt angelächelt und kurz darauf, wenn ich außer Hörweite bin, hinterrücks verspottet zu werden. Der Aufruf zum situationsbedingten „besonderen“ Verhalten lädt zur Unaufrichtigkeit ein und wird letztlich ein Klima des Misstrauens, der Unzuverlässigkeit und der Doppelzüngigkeit funktional werden lassen.

H.: Frei nach Ulrich Wickert: Der Ehrliche ist der Dumme.

W.: Die Zeugenaussage in einem Gerichtsverfahren muss wahrheitsgemäß sein. Der Zeuge hat sich dem Gesetz gegenüber loyal zu verhalten, nicht dem archaischen Stamm. So muss sich beispielsweise ein Dr. Wolfgang Schäuble darauf verlassen können, dass der KRM (Koordinierungsrat der Muslime) zu seiner Integrationsbereitschaft und zur Verfassung steht, auch wenn der Innenminister nicht im Zimmer ist.

H.: Wir empfehlen Herrn Schäuble dringend, an der Aufrichtigkeit der deutschen Islamverbandsfunktionäre zu zweifeln.

So gibt es beispielsweise einen sehr einleuchtenden Grund dafür, dass viele Männer ihre Ehefrau nicht in Deutschland, sondern in der Türkei finden. Dieser Grund besteht ganz schlicht und einfach darin, dass es hier in Deutschland unter türkischen Migranten nur halb so viele ledige Frauen wie Männer gibt. Auf 100 unverheiratete türkische Männer entfallen nur 48 unverheiratete türkische Frauen. Angesichts dieser unausgeglichenen Verteilung haben türkische Männer schon rein statistisch gesehen allen Grund, sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Türkei nach Ehefrauen umzusehen.

H.: Völlig straßburgerlogisch: Isch brauche Frau, isch gehe Türkei nach Frau gucke.

Wie allgemein bekannt, gehören zum Heiraten zwei. Somit ist auch danach zu fragen, inwieweit eigentlich Deutsche bereit sind, eine Türkin oder einen Türken zu heiraten.

Wenn manche Deutsche ebenso wie manche Türkinnen und Türken deutsch-türkischen Ehen eher skeptisch gegenüberstehen, so heißt das noch lange nicht, dass sie keine Freundschaften miteinander eingehen würden, dass sie sich nicht als Kollegen akzeptieren würden oder dass sie etwas dagegen hätten, wenn ihre Kinder miteinander zur Schule gehen. In diesen Lebensbereichen ist Integration weitgehend alltägliche Selbstverständlichkeit und wird allgemein bejaht.

H.: Wo lebt die Frau? Viele, sehr viele türkeistämmige Eltern in der Bundesrepublik verbieten ihren Kindern, mit urdeutschen Kindern zu spielen, Mädchen werden von der Klassenfahrt abgemeldet. Nahezu jeder Türkeistämmige wird wütend und bricht den Kontakt ab oder bedroht mich, wenn ich ihm sage, dass die Scharia gegen die universellen Menschenrechte und gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik verstößt.

W.: Statt dessen wird Erbakans Milli-Görüş-Doktrin von der gerechten und der nichtigen Weltordnung (adil düzen, batil düzen) ebenso bereitwillig akzeptiert wie der Kulturrassismus geheiligter Meidung gegenüber den Nichtmuslimen und ihrer Lebensweise. Unter Sunniten stehen Sayyid Abu l-Aala al-Maududi, Sayyid Qutb oder Yusuf al-Qaradawi hoch im Kurs. Die drei wollen die Segregation und die Zwangsverschleierung der Frau, die drei wollen nicht die Integration. Die im Islam völlig akzeptierte Polygamie erlaubt den Männern bis zu vier Ehefrauen. Kein Wunder, wenn einem die Heiratskandidatinnen in Deutschland ausgehen, zumal einige Frauen wieder in das Herkunftsland zurück arrangiert werden.

H.: Schwerpunktmäßig minderjährige, etwa fünfzehnjährige oder sechzehnjährige Schülerinnen sind das, deren Wohnsitz in Kleinasien arrangiert wird und die nach den alljährlichen Sommerferien nicht mehr im Klassenzimmer erscheinen, seit zwanzig Jahren ist das in Deutschlands Lehrerzimmern bekannt. Mit einem kurzen Telefonanruf wird das Mädchen abgemeldet, so läuft das.

Bei der Gründung einer Familie und bei der Erziehung von Kindern geht es immer auch um die Frage, welches Familien- und Erziehungsverständnis Vorrang haben wird bzw. wie man unterschiedliche Vorstellungen miteinander in Einklang bringen kann.

W.: Das ist doch nicht Ihr Ernst?

H.: Möglichst viel Scharia, möglichst wenig Säkularität, dann ist die Sache „in Einklang gebracht“.

W.: Jedes Kind eines muslimischen Vaters ist Muslim und gehört dem patrilokal denkenden und handelnden Bio-Clan. Darum dürfen Muslimas keinen Atheisten, Juden oder sonstigen Nichtmuslim ehelichen. Bei der Scheidung, die auch mal als Verstoßung „arrangiert“ wird, hat der Mann das Sorgerecht, die Kinder gehören dem Patri-Clan. Bei interreligiösen Mischehen kommt es nicht selten ganz folgerichtig zur „Kindesmitnahme“ sprich Entführung der Kinder.

Wobei dieses Problem nicht nur allein das Ehepaar betrifft. Es betrifft auch das Verhältnis zwischen den eigenen Eltern und dem Ehepartner bzw. der Ehepartnerin. Es betrifft darüber hinaus die Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln. Und es betrifft schließlich auch noch das Verhältnis der beiden Herkunftsfamilien zueinander.

[Noch zur Entgegennahme des Preises in Augsburg] Im Unterschied zu Integration in anderen Lebensbereichen ist also Integration im familiären Bereich etwas, was einen nicht nur selbst etwas angeht, sondern etwas, woraus sich weitreichende Konsequenzen für die gesamte Familie ergeben.

H.: In unserer türkischen Großfamilie passen wir alle aufeinander auf …

W.: … damit auch ja niemand aus der Reihe tanzt. Entschließt sich eine muslimisch sozialisierte Migrantin dazu‚ ‚wie eine Deutsche zu leben‘, bereitet sie ihrem Clan Schande und gefährdet sowohl den Status ihrer Sippe als auch Allahs Weltordnung. Das endet nicht selten im Ehrenmord oder Selbstmord.

Der Schwerpunkt [dieser meiner Abhandlung an den NRW-Landtag] liegt auf Hinweisen zur dringend erforderlichen Unterscheidung zwischen arrangierten Eheschließungen und Zwangsheirat. … Arrangierte Ehen sind keine Zwangsehen. Arrangierte Eheanbahnungen folgen bestimmten Regeln. Das Einhalten dieser Regeln gewährleistet, dass Selbstbestimmung und Familienorientierung ausbalanciert werden, und verhindert, dass Druck auf die potentiellen HeiratskandidatInnen ausgeübt wird.

W.: Im orthodoxen Islam gibt es keine individuellen Freiheitsrechte. Du bist ein Nichts und nur dann zu respektieren, wenn du dich unterwirfst und deinem Stamm und der Umma (islamischen Weltgemeinschaft) dienst. Nur wenn die Tochter sich an diese tradierten Vorschriften hält, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Fremdbestimmung und Selbstbestimmung bei der Wahl des Ehepartners wenigstens die Waage halten gegeben. Das heißt, die jungen Mädchen haben bei einer so intimen, persönlichen und die Lebensqualität entscheidend beeinflussenden Entscheidung wie der Wahl ihres Sexual- und Lebenspartners lediglich ein Mitspracherecht, das nach Straßburgers Ausführungen zudem höchstens 50 % beträgt. Die ohnehin bestenfalls halbierte Freiheit kann die künftige Braut dementsprechend nur dann auskosten, wenn sie akzeptiert, dass der Clan sich das Recht anmaßt mitzubestimmen, mit welchem Partner die Heiratskandidatin Zärtlichkeiten austauscht, Kinder zeugt und Tag für Tag zusammenlebt. Fügt sie sich nicht, gilt sie als Rebellin (Naschiza), als Abtrünnige. Eine jede junge Frau weiß, dass sie sich diesen ‚Verhaltensvorschriften zur Anbahnung einer Ehe‘ unterwerfen muss, um nicht Opfer physischer Gewalt, psychischer Drohung und Erpressung zu werden. Manche Frauen werden von Blutsverwandten im Namen der Ehre ermordet oder sehen keinen anderen Ausweg mehr als sich selbst umzubringen.

Das Ziel einer arrangierten Eheanbahnung besteht darin, Glück und Stabilität einer Ehe dadurch zu sichern, dass man gemeinsam in der Familie prüft, ob die Voraussetzungen für das Gelingen der Ehe günstig sind.

Die Anbahnung einer arrangierten Ehe basiert auf vier Vorstufen mit offenem Ausgang. Der Prozess kann an jeder Stelle abgebrochen werden bzw. wird nur dann fortgesetzt, wenn die potentiellen HeiratskandidatInnen Zustimmung signalisieren.

W.: Verwandtenehen, beispielsweise Cousinenehen, sind eine immer noch häufig praktizierte, sehr typische Form des ‚Ehearrangements‘. Längst ist wissenschaftlich erwiesen und allgemein bekannt, dass bei solchen Beziehungen ein hohes Risiko für genetisch bedingte Behinderungen der Kinder besteht (3). Während das Risiko bei nicht-verwandten Paaren bei 1-3% für schwere Fehlbildungen und 3-5% für alle Fehlbildungen beträgt, liegt es beispielsweise bei einem einfachen Paar Cousin / Cousine 1. Grades doppelt so hoch. Die Neigung, Ehen zwischen Blutsverwandten zu ’stiften‘ ist verantwortungslos und gefährdet in höchstem Maße das „Glück und Stabilität“ der Familie.

H.: Polizeilich und gerichtlich dokumentierte Fälle von familiärer Gewalt in orientalischen Einwandererfamilien („Familialismus“) belegen, dass zwei Sippen selbst dann ihre Töchter einander wechselseitig anverheiraten, wenn es in beiden Clans zu brutaler ehelicher Körperverletzung (durch den Ehemann an der Frau) gekommen ist. Wie Gaby Straßburger hier von ehelichem stabilem Glück reden kann ist wenig nachvollziehbar. Als Beispiel ist sind hier die beiden Familien des Mönchengladbacher Ehrenmords vom 09.03.2007 zu nennen, wo es in der Vergangenheit immer wieder zu Gewalttaten gekommen war und man trotzdem immer wieder untereinander geheiratet hatte – „Die beiden Familien, die Erols und Rukiyes Hochzeit in der Türkei arrangierten, als beide noch Teenager waren, galten als verfeindet – trotz der Heirat (4), (5).“

Die ergebnisoffene Ausgestaltung der Eheanbahnung beruht auf dem Einhalten von Kommunikationsregeln, die Entscheidungsspielräume eröffnen.

Zwangsehen sind keine arrangierten Ehen, sondern Ehen bei denen familiäre Machtverhältnisse dazu genutzt werden, gegen die Regeln einer arrangierten Eheanbahnung eine Heirat zu erzwingen, die dem freien Willen widerspricht.

W.: Bei einer derartig begrenzten Freiheit des persönlichen Gestaltens, wie sie in den Milieus der arrangierten Ehe für die weiblichen Familienmitglieder gegeben ist, müssen sich diese Migrantinnen auch noch von „traditionsreichen“ Kommunikationsvorschriften und „Machtverhältnissen“ gängeln lassen. Jederzeit kann der ohnehin vormoderne und fundamentalistisch orientierte familiäre Konformitätsdruck in äußerste Brutalität kippen, darauf hat das Individuum keinen Einfluss. Das ist die große Freiheit der Gaby Straßburger.

Bei präventiven Maßnahmen [gegen die Zwangsheirat] ist darauf zu achten, dass sie nicht dem diskriminierenden Mainstreamdiskurs folgen, der arrangierte Ehen mit Zwangsehen gleichsetzt. Vielmehr sind arrangierte Ehen, deren Anbahnung nach den o.g. Regeln erfolgt, ausdrücklich als gleichwertige Form der Partnerwahl anzuerkennen.

W.: Dem widersprechen wir entschieden. Der bei Gaby Straßburger so genannte Mainstreamdiskurs ist alles andere als diskriminierend, sondern will die Allgemeingültigkeit von Menschenrechten und Bürgerrechten gewährleisten. Die Europäische Menschenrechtskonvention (Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, Rom 1950, in Kraft seit 1953) verankert das Recht auf die freie Wahl des Ehepartners. Seit 1984 (7. Zusatzprotokoll) fordert die EMRK gleiche Rechte und Pflichten für die Ehegatten. Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (New York 1948) weist darauf hin, dass „Eine Ehe nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen werden“ darf. Das ist bei einem „Ausbalancieren“ von Selbstbestimmung und Familienorientierung, welches jede arrangierte Ehe kennzeichnet, verstößt unbedingt gegen das Menschenrecht auf freie Wahl des Ehepartners.

Der Schwerpunkt meiner Ausführungen liegt auf der Erläuterung, mittels welcher Regeln bei arrangierten Eheanbahnungen Selbstbestimmung und Familienorientierung so ausbalanciert werden, dass kein Druck auf die potentiellen HeiratskandidatInnen entsteht.

W.: Wenn ich als Tochter das „Arrangement“ verweigere, wird jede Begegnung mit einem Angehörigen des anderen und des eigenen Clans zum Spießrutenlaufen. Man ist dazu verurteilt, einander überall, jederzeit und lebenslang immer wieder zu begegnen, bei Familienfeiern, im Supermarkt, beim Arzt, in der Moschee.

H.: Stamm ist Kerker. Lebenslang, lebenslänglich. Egal ob Sohn oder Tochter, wer an der Lebenserfahrung, Urteilskraft und Gutartigkeit seiner Eltern oder Großeltern zweifelt, verstößt gleichermaßen gegen die Familienregeln und die Religion. Den Ausstieg aus diesem familiären Gefängnis zu schaffen ist nahezu unmöglich.

Die Wege in die Ehe sind variantenreich und dennoch nicht beliebig. Soziale und kulturelle Faktoren spielen eine wichtige Rolle. Von ihnen hängt ab, welche Wege in einer Gesellschaft und ihren verschiedenen Milieus jeweils als wünschenswert und normal gelten.

H.: In Mauretanien gilt die Sklaverei als normal, in Teheran oder Riad das Töten des Gotteslästerers und bei den Muslimen Indonesiens und irakisch Kurdistans die Genitalverstümmelung der schafiitischen Rechtsschule. Die ledigen Frauen und übrigens auch die zu verheiratenden jungen Männer dürfen nicht autonom bestimmen, den schlussendlich „erfolgreich“ verheirateten Individuen hat eine klare Aussage zu keinem Zeitpunkt zugestanden. Die Deutungshoheit über die orakelgleich zu lesenden Zeichen haben die Mächtigen des Stammes, das wird immer wieder einmal die Brautmutter sein.

W.: Kaffeesatzlesen ist eine alte türkische Spezialität.

Die Ausführungen basieren auf meiner Studie zu „Heiratsverhalten und Partnerwahl im Einwanderungskontext“, die sich mit Eheschließungen von Migrantinnen und Migranten türkischer Herkunft befasst. Sie erschien 2003 im ergon-Verlag, Würzburg. Im Mittelpunkt dieser quantitativ und qualitativ angelegten Studie, die Perspektiven der Familien und Migrationsforschung verknüpft, stehen Heiratsoptionen und Partnerwahlmodi. Im qualitativen Teil wird mittels eines biographisch-hermeneutischen Untersuchungsansatzes die innere Logik der Partnerwahlprozesse rekonstruiert, basierend auf Interviews mit 14 verheirateten Frauen und Männern zu ihrer Partnerwahl und Beziehungsgeschichte. Die Interviewten sind in Deutschland aufgewachsen und leben in einer Stadt mit 70.000 Einwohnern. Ihre Eltern stammen aus der Türkei.

W.: Wie bitte, eine quantitative Studie mit 14 (vierzehn!) Befragten? Das soll wohl ein Scherz sein.

Bei der selbst organisierten Partnerwahl geht man im Regelfall davon aus, dass sich der Gedanke an eine mögliche Heirat während einer Paarbeziehung entwickelt. Die Heirat basiert auf einem intensiven Prozess der Annäherung beider Partner, die im Lauf einer vorehelichen Beziehung feststellen, so gut zueinander zu passen, dass sie heiraten können. Hingegen ist bei arrangierten Ehen der Gedanke an eine mögliche Heirat bereits Ausgangspunkt der Beziehungsaufnahme. Die arrangierte Begegnung der Partner basiert auf der Absicht, einander möglicherweise zu heiraten. Im weiteren Verlauf der Annäherung geht es bei der arrangierten Eheschließung folglich in erster Linie darum, herauszufinden, ob irgend etwas gegen eine Heirat spricht.

H.: Der Clan braucht Nachwuchs, Ayaan Hirsi Ali spricht treffend von der gezwungen beziehungsweise arrangiert zu verehelichenden Frau als zoontjesfabriek, Söhnchenfabrik.

W.: Andere, außereheliche Beziehungen sind dem angeblich freiwilligen jungfräulich lebenden Wesen verboten.

H.: Der junge Mann hingegen darf, soll sogar Sex haben, dazu gibt es die islamische Kaste der ehrlosen Frauen, der Prostituierten oder Dhimmifrauen.

Bei arrangierten Ehen basiert der Entschluss zu heiraten darauf, dass die Familie gemeinsam zu dem Ergebnis kommt, dass die Basis für eine glückliche und stabile Ehe vorhanden ist. Dazu gehört neben dem Einverständnis der HeiratskandidatInnen auch die insgesamt positive Bewertung ihres Charakters und ihrer sozialen, familiären und beruflichen Lebensumstände. Man versucht, das Gelingen der Ehe dadurch zu sichern, dass man vor der Heirat im Familienverband abwägt, ob die Rahmenbedingungen so positiv sind, dass sich nach Abklingen des vergänglichen Verliebtseins eine stabile Paarbeziehung entwickeln kann.

W.: Nicht du entscheidest, ob die Verbindung erfolgversprechend ist, sondern dein Stamm. Mein Kind, wir denken für dich.

Während man also bei selbst organisierten Eheschließungen vor der Heirat ausprobiert, ob die Paarbeziehung funktioniert, geht es bei der arrangierten Partnerwahl darum herauszufinden, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass die Ehe funktionieren kann.

H.: Die Tochter muss unbenutzt in die Ehe gehen, der muslimische Clan verbietet ihr den vorehelichen Sex und Frau Straßburger unterstützt ihn dabei „wissenschaftlich“.

Die vergleichende Analyse der Eheschließungen mehrerer InterviewpartnerInnen türkischer Herkunft zeigt, dass arrangierte und selbst organisierte Eheschließungen ineinander übergehen. Sie sind nicht trennscharf zu unterscheiden, sondern weisen zahlreiche Überschneidungen auf.

H.: Das ist eine bewusste Irreführung, es gibt in der Tat fließende Übergänge, nämlich innerhalb der arrangierten Ehe und dabei zwischen einer Eheanbahnung mit viel Zwang und einer Eheanbahnung mit nur ein ganz klein wenig Zwang.

Die Anbahnung einer arrangierten Ehe beruht auf vier Vorstufen, deren Länge und Ausgestaltung variabel ist und an denen jeweils verschiedene Akteure schwerpunktmäßig beteiligt sind. Die Seite der Frau und die Seite des Mannes erfüllen meist komplementäre Rollen.

H.: Maschinenhaft. Zuchtprogramm.

Die arrangierte Partnerwahl beginnt auf der Seite des Mannes mit der Suche nach einer potentiellen Partnerin.

H.: Single darf der Mann aus Allahs Sicht nämlich nicht bleiben, der Koran fordert unmissverständlich auf: „Verheiratet die Ledigen!“ (Koran 24:32). Und eine schwule Partnerschaft sieht weder der kurdisch-jesidische Ehrkodex noch die Pflichtenlehre der Scharia vor. Der Mann wird also von seiner Familie auf den Frauenfang geschickt.

Hierfür werden bestehende Netzwerkbeziehungen aktiviert, wobei man damit rechnen muss, dass viele Anfragen im Vorfeld negativ beschieden werden. Während Familienangehörige, Verwandte und Bekannte eines Mannes aktiv nach einer Partnerin suchen, …

W.: … der Kerl schafft das nicht alleine …

… nimmt die Seite einer Frau eine reagierende Haltung ein.

H.: Das hat Allah so vorgesehen. Mann agiert, Frau reagiert.

Sie antwortet lediglich auf mehr oder weniger direkte Anfragen, die an sie gestellt werden, um herauszufinden, ob ein weiteres Engagement Aussicht auf Erfolg hätte.

H.: Deutschlands Städte in wenigen Jahrzehnten: Hunderttausende von keuschen türkischen Töchtern, die, von ihren Brüdern und Tanten bewacht werden und etwaigen heiratslüsternen Jünglingen „mehr oder weniger indirekt“ antworten. Wollen wir so leben?

In dieser Phase besteht eine wichtige Aufgabe der Eltern einer jungen Frau darin, Anfragen, die als irrelevant erachtet werden, von Vornherein abzulehnen.

H.: Eltern schützen ihre Töchter vor Krankheiten, Tigern und Brautwerbern. Bewährt hat es sich dabei, die Tochter in einen Stoffkäfig zu sperren, im islamischen Recht heißt er Hidschab.

W.: Selbst bei ausgewogenstem Verhältnis von Fremd- und Selbstbestimmung (Straßburger) bleibt eine Gruppe von Brautwerbern der Tochter unbekannt. Sollten heiratsfähige Kinder eigenständige Wege der Kontaktaufnahme gegangen sein, werden sie sich ihre Zuneigung oder Liebe wohl niemals explizit gestehen können. Falls der junge Mann in diesem – gemeinsamen – Sinne initiativ wird, können die Brauteltern seine Pläne zunichte machen, ohne dass die Tochter die ganze Wahrheit erfährt.

Falls sie sich nicht schon in anderen Zusammenhängen begegnet sind, erhalten sie nun einen ersten Eindruck voneinander und entscheiden auf dieser Basis, ob sie eine weitere Annäherung wünschen oder nicht.

H.: Mamas vorwurfsvoller Blick und Tantchens Tritt unter dem Tisch mögen Töchterchen motivieren, mit dem Jüngling noch etwas intensiver zu plaudern. Mama hatte gestern schließlich bereits Herzschmerz, griff sich an die Brust und sagte: „O Tochter, ich bin so besorgt um dich, morgen kommt Besuch!“

W.: „Mütter drohen heiratsunwilligen Töchtern mit Selbstmord“, Anna Reimann 2007 (6).

Hauptakteure sind zudem nicht die potentiellen HeiratskandidatInnen, sondern ihre Eltern.

W.: Postmodernistin Straßburger wird nicht einmal rot! Selbstverständlich haben die jungen Ledigen nur eine Nebenrolle, der Heiratsvertrag der islamischen Ehe ist ein Handelsgeschäft zwischen zwei Familien. Das ist für uns als Profis aus Sozialarbeit oder Pädagogik inakzeptabel.

… in der Zeit, die nun folgt, liegen die entscheidenden Aktivitäten auf der Seite der Frau. Während die Seite des Mannes ihre Brautwerbung fortsetzt und sich und den Heiratskandidaten im besten Licht präsentiert, versucht die Seite der Frau Zeit zu gewinnen und die Entscheidung durch geschicktes Taktieren hinaus zu zögern.

W.: Den Preis nach oben treiben!

Die Haushaltsmitglieder handeln dabei stellvertretend im Interesse der jungen Frau und erhöhen durch Abwägen der Gründe, die für oder gegen die Ehe sprechen, die Chance, dass die Heirat schließlich zu einer glücklichen und stabilen Ehe führt.

H.: Stellvertretend für die junge Frau, das ist korrekt, handelt der Wali, der Heiratsvormund, sofern die Frau noch Jungfrau ist sprich noch niemals verehelicht worden war. Dann ist er Wali Mudschbir, Heiratsvormund mit der Berechtigung zum Zwang.

Bei solchen Begegnungen werden u.a. Vorstellungen von der Beziehungsgestaltung besprochen (z.B. künftige Berufstätigkeit der Frau, Gründung eines eigenen Haushaltes und einer Familie, gemeinsame oder getrennte Freizeitaktivitäten etc.).

W.: Richtig, das ist zwischen den Sippen oder Stämmen zu klären: Soll die Braut das Haus verlassen dürfen, etwa, um in einem unsittlichen europäischen Großraumbüro arbeiten zu gehen?

Auch in der Verhandlungsphase kann ein Ehearrangement scheitern, wenn man sich nicht einig wird, welchen finanziellen Beitrag die Familien jeweils zu Aussteuer, Hochzeitsfeier oder Hausstandsgründung leisten.

H.: Nun geht`s ans Verschachern der Braut. Frauen einschließlich Morgengabe und Hochzeitsfest sind sündhaft teuer.

Deutlich wird dies am Beispiel der Eheanbahnung von Kibriye, die im Frühjahr 1997, zum Zeitpunkt unseres Interviews, 20 Jahre alt und seit einem halben Jahr verheiratet war. Kibriyes Familie stammt aus einem südostanatolischen Dorf, von wo der Vater 1973 als Arbeitsmigrant nach Deutschland angeworben wurde. Drei Jahre später kamen dann auch Kibriyes Mutter und ihre älteren Brüder im Rahmen des Familiennachzugs nach Heimburg. Als Kibriye 14 Jahre alt war, erhielten ihre Eltern in der Türkei die ersten Anfragen bezüglich einer Eheschließung mit ihr … von den Eltern mit dem Argument zurückgewiesen, Kibriye wäre dafür zu jung.

H.: Das islamische Heiratsalter beträgt neun Jahre. In Griechenland (Region Komotiní) gilt die barbarische Scharia als legitimes Familienrecht, da sind schwangere dreizehnjährige Bräute gesellschaftlich akzeptiert, wie Barbara Kirchner („An der griechischen Grenze zur Türkei werden Minderjährige, ein altes Gesetz erlaubt dies, mit Zustimmung der Eltern verheiratet.“) über die in Düsseldorf wohnhafte elfjährige schwangere Ehefrau berichtet (7). Das ist Scharia, und Fachfrau Straßburger hat entweder nichts dagegen oder vom Islam keine Ahnung oder beides (8), (9).

1995, als Kibriye gerade volljährig geworden war und in einem Supermarkt arbeitete, trafen sie und ihre Eltern in Heimburg zufällig Herrn und Frau Kuzu wieder, die sie jahrelang nicht gesehen hatten. Herr Kuzu und Kibriyes Vater hatten sich 1973 in Heimburg kennen gelernt. … Zum Zeitpunkt des Wiedersehens lebte Familie Kuzu im 50 Kilometer entfernten Mittelstadt. Ihr Sohn Kenan war 20 Jahre alt und hatte eine Ausbildung zum Industriemechaniker absolviert. … 14 Tage später hielt Familie Kuzu um Kibriyes Hand an und kam von da an jede Woche zu Besuch nach Heimburg. In dieser Zeit begannen Kibriye und Kenan, sich heimlich zu treffen.

H.: Kibriyes Brüder hatten das Mädchen bis dato vor unerwünschten Kontakten mit Angehörigen der Spezies Junge beziehungsweise Mann bewahrt und dürfen nun das Kleingedruckte im Ehevertrag ihrer Schwester definieren:

Nach einigen Verhandlungen zwischen Kenans Familie und Kibriyes Brüdern, und nachdem Kibriye ihr Einverständnis gegeben hatte, wurde das Heiratsgesuch einige Monate später akzeptiert und eine Woche danach die Verlobung gefeiert.

W.: Die Brüder verhandeln das künftige Eheleben ihrer Schwester. Die zu schweigen hat.

Solange alle Beteiligten den Code beherrschen und willens sind, subtile Signale wahrzunehmen, ist es nicht nötig, deutlicher zu werden, weil auch ohne ausdrückliche Verbalisierung verstanden werden kann, ob eine junge Frau einem Heiratsangebot positiv oder negativ gegenübersteht.

H.: Echte fromme Türken verstehen sich blind. Und die junge Frau fühlt sich ganz besonders verstanden, alle wollen nur ihr Bestes.

Dabei wird allgemein erwartet, dass die Brauteltern die Entscheidung hinauszögern und somit der Gegenseite signalisieren, wie viel ihnen ihre Tochter bedeutet. … Weiter gehört es zu den Aufgaben der Familie der Braut, zu prüfen, ob der Heiratskandidat ein akzeptabler Ehepartner ist, der familiäre Verantwortung übernehmen kann und keine schlechten Angewohnheiten hat. Dafür ist es wichtig, dass die Distanz nicht vorschnell aufgegeben wird, da man den Interessen der Tochter zuwiderhandeln würde, wenn man zu früh Einverständnis mit der Heirat signalisiert.

H.: Die dürfen keinen Sex vor der Ehe haben, das ist es. Und es heiraten zwei ewige Clans einander, in Form von zwei Individuen. Du bist nichts anderes als das Bio-Werkzeug des sich durch die Jahrhunderte fortpflanzenden Stammes.

Wer eine Frau oder einen Mann zur Heirat zwingt, handelt gegen die Regeln einer arrangierten Ehe.

W.: Klingt nach Tariq Ramadan oder Pierre Vogel. Man lese dazu »Freiheit jenseits der Gesetze?« von Necla Kelek (10).

Junge Frauen und Männer in eine nicht gewollte Ehe zu drängen, wird meiner Erfahrung nach von der türkischen Bevölkerung ebenso als Menschenrechtsverletzung erachtet wie von der deutschen Bevölkerung.

H.: Kein Imam widersetzt sich dem Prinzip des nötigenden Heiratsvormundes (Wali mudschbir), das dem Vater oder Großvater väterlicherseits zusteht. Es geht Straßburger darum, den deutschen Nichtmuslimen das Märchen vom freiheitlichen Islam zu erzählen und zugleich die Frauen einzuschüchtern, sie wären nicht tugendhaft oder gottesfürchtig genug, sobald sie unfreiwillig („Kein Zwang im Glauben“) handeln würden. Im Namen der Multikulturalität und einer angeblichen „Besonderheit“ der deutschen Muslime macht Straßburger den Weg für die Politikwerdung der Scharia frei.

W.: No Sharia Here, One Law For All. Menschenrechte sind universell und unverhandelbar.

(1) Hans-Ulrich Jörges: Die vergrabene Bombe

http://www.stern.de/politik/deutschland/zwischenruf/zwischenruf-die-vergrabene-bombe-634119.html

(2) BMFSFJ zum häuslichen Gewaltrisiko für Deutschlands Einwandererfrauen (pdf)

http://www.vaeter-aktuell.de/politik/BMFSFJ_Lebenssituation_Sicherheit_und_Gesundheit_von_Frauen_in_Deutschland_2004.pdf

(3) Inzest: Wenn der Cousin mit der Cousine schläft

http://www.welt.de/vermischtes/article732888/Wenn_der_Cousin_mit_der_Cousine_schlaeft.html

(4) Familialismus pur: Rukiye Peşter

http://www.ehrenmord.de/doku/sieben/2007_Rukiye_Pester.php

(5) Familialistisch: Derya Peşter

http://www.ehrenmord.de/doku/sieben/2007_Derya_Pester.php

(6) Mütter drohen heiratsunwilligen Töchtern mit Selbstmord

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,499121,00.html

(7) Zwölfjährige bekam in Zwangsehe ein Baby

http://www.express.de/nachrichten/region/duesseldorf/zwoelfjaehrige-bekam-in-zwangsehe-ein-baby_artikel_1212758529424.html

(8) In Europa, wo die Scharia noch gilt

Wednesday, September 14, 2005. Von Michael Kreutz

http://www.transatlantic-forum.org/index.php/archives/2005/106/europa-scharia/

(9) Scharia in Griechenland: eine betroffene Frau berichtet

Aiché, eine junge Frau aus der Muslimgemeinde der thrakischen Stadt Komotini berichtet anonym über ihre persönliche Erfahrung mit der Scharia.
Interview: Adéa Guillot

http://www.arte.tv/de/Videos-auf-ARTE-TV/2151166,CmC=2513134.html

(10) Necla Kelek: Freiheit jenseits der Gesetze?

http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E1ECC2B524AF14B14B8C848C15006A7E7~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Der blinde Fleck der Altachtundsechziger und Linken

November 11, 2008

Guten Morgen Arouet8,

wiedereinmal ein lesenswerter Beitrag von dir, in dem du die Situation der ‘auf den Hund gekommenen’ Linken und Altachtundsechziger beschreibst. In unterwürfiger, masochistischer Manier pflegen sie den interreligiösen Dialüg.

Unter dem Deckmantel der Toleranz, der politisch korrekten Verfassungstreue und des Gutmenschentums treten sie die Erkenntnisse der Aufklärung und die oft blutig erkämpfte Freiheit mit Füssen und tragen eifrig dazu bei, Europa auf der Überholspur zurück ins Mittelalter zu katapultieren.

Mich bringt es oft zur Verzweiflung, dass viele pseudo-linke (Sozial)pädagoginnen und Politikerinnen es für feministisch halten, für die Unfreiheit ihrer Geschlechtsgenossinnen zu kämpfen. Ihre grenzenlose Toleranz höhlt die Demokratie aus, grenzt individuelle Handlungsspielräume ein und gefährdet Leib und Leben von ReligionskritikerInnen, Frauen in konservativen muslimischen Familien und ApostatInnen. Nicht zuletzt sägen sich diese ‘Gutis’ den Ast ab, auf dem sie selbst sitzen, denn sollten Macht und Einfluss der Islam-Verbände weiter anwachsen, werden sich die Lebensbedingungen auch für loyale DialügpartnerInnen drastisch verschlechtern. Diese Frauensolidarität macht wirklich stark, Männerbünde und das Patriarchat. Frauen als Steigbügelhalterinnen der Scharia. Wer für alles offen ist, kann wirklich nicht ganz dicht sein.

Arzu Toker und Alice Schwarzer haben die wahren Motive politisch korrekter Gutmenschen durchschaut. Lesetipp: Ausgabe Jan./Feb. 2006 der EMMA : ‘Das Klima wird kühler für Multi-Kultis. Und die Pfründe weniger’

und

‘Unheilige Allianz. Wie subventioniertes Gutmenschentum und Fundamentalismus sich bestens arrangieren’ auf dem Blog schariagegner.

http://www.emma.de/514.html
https://schariagegner.wordpress.com/2007/11/09/integrationspoker-von-glucksspielern-und-taktierern/

In einem Punkt muss ich dir allerdings als Gleichheitsfeministin widersprechen. Das Maskuline haben haben die Linken und Altachtundsechziger nie verachtet. Sie waren wie ihre Väter und Großväter ausgemachte Chauvinisten. Oder gab es damals Autoreklamen, wo sich ein wenig bekleideter Mann auf dem Kühler räkelte? Auf den Titelseiten der Boulevardpresse waren schon immer barbusige Frauen abgebildet, je jünger, je besser.

Nie sah man dort Fotos von Männern, nicht einmal Bilder von recht bekleideten männlichen Modells mit nacktem Oberkörper. Sicherlich nicht, weil Männer sich leichter verkühlen oder abstoßend hässlich sind. Ich möchte hier nicht der Polygamie das Wort reden, aber Vielweiberei war ok, jedoch Vielmännerei?

Auf viele weitere lesenswerte Beiträge von dir.

Ümmühan Karagözlü
https://schariagegner.wordpress.com

Sunna: Im Gefängnis der Gewohnheit

Februar 5, 2008

049

سنة

Sunna:

Brauchtum, Überlieferung.

Stumpfsinn und Trott

geben Verlässlichkeit

Die Leute guter Tradition:

Ahl al-Sunna

Sunna: Heiliges Gefängnis

bewährter Wiederholung

Von Cees van der Duin (2008)

„Aus Gastarbeitern wurden Türken, aus Türken wurden Muslime“, so nennt Necla Kelek (Die fremde Braut) den Wandel in Fremd- wie Selbstbild „der“ Türken in Deutschland innerhalb der letzten vier Jahrzehnte.

Die von jedem Auswanderer weltweit zu leistende schwierige Lebensaufgabe des Schaffens einer neuen Identität im Pendelschlag zwischen Heimatsuche und Herkunftskulturpflege, sie wurde im Falle der kleinasiatischen Gastarbeiter und im Fortschreiten über die drei Stufen „Gastarbeiter – Türke – Muslim“ bald von den bürgerkriegsartigen kurdisch-türkischen Konflikten ersetzt und zuletzt, seit zwei Jahrzehnten, von einer bis heute andauernden und überwiegend ohne Murren hingenommenen Theokratisierung und Islamisierung (ab 1979, Iran) überlagert.

Gastarbeiter neben und mit staunenden Wirtschaftswunderdeutschen. Vorbei. Türken neben und mit wohlstandsverwöhnten Deutschen. Auch vorbei. Heute heißt es: Muslime neben und mit Nichtmuslimen. Nunja, Wohlstand vorbei.

Auf mancherlei Art ist dem Muslim sein Muslimsein nach 1979 und erst recht nach 2001 (nine‑eleven) etwas „Neues“, jedenfalls eine etwas anders betrachtete wie zu betrachtende Aufgabe als vor Ayatollah und al‑Qaida. Dieser Aufgabe der Entwicklung eines sprachfähigen Selbstbildes wie eines zugelassenen Fremdbildes werden sich unsere muslimischen Kollegen, muslimischen Nachbarn und muslimischen Mitbürger in baldmöglicher Zukunft offen stellen müssen, um Glaubwürdigkeit zu bewahren oder wiederzuerlangen.

Denn in diesen Jahren bauen radikale islamische Gemeinschaften überall in Europa ihre fanatischen und gewaltbereiten Gegenkulturen auf, die die einstige „zweite Stadt“ (Kelek) der Hinterzimmerkoranschulen und Hinterhofmoscheen, der Dönerbuden und der dörflich geprägten Importbräute der achtziger und frühen neuziger Jahre künftig womöglich in ebenso salafistische wie dschihadistische Zonen der Gottesherrschaft, in Siedlungen antidemokratischen Separatistentums umzuprägen trachten. Dann werden die Deutschen beziehungsweise Alteuropäer oder jedenfalls Nichtmuslime dort „zweite Stadt“ sein; ortsweise sind sie es schon.

Von Hasspredigern eifrig unterstützt, bremst das fromme alte Brauchtum der agrarischen Bronzezeit oder der mittelalterlichen extrempatriarchalen Stadtkultur des Islams die Moderne und ihre Menschenrechte aus. Ob missbraucht oder einfach nur gebraucht: Sunna bewirkt Separatismus.

Die nichtmuslimischen Europäer, die europäischen Ex-Muslime und längst auch eine kleine aufgeklärte muslimische Minderheit, sie alle erwarten von „den“ Muslimen Europas zu dem in einer schweren Krise des Gesellschaftlichen und Politischen, der Theokratie wie Theologie sowie einer Krise der Glaubwürdigkeit befindlichen weltweiten Islam endlich einmal kritisch Stellung zu beziehen. Die damit derzeit offensichtlich überforderten „geborenen Muslime“ können nichts anderes tun als zu schweigen. Sie kennen den Koran meist nicht und Islam ist für sie das Arrangieren von Ehen und das Abrichten der Kinder hinein in die (Scharia- und) Sunna‑konforme und übersteigert‑männliche oder unterwürfig‑weibliche Geschlechterrolle. Konvertiten zum Islam verstecken sich meist gleich im radikalsten erreichbaren Lager und mauern sich mit Hadithen und Fatwas regelrecht ein. Das Wortgefängnis der deutschen Neo-Muslime, dieser erbärmliche Kerker aus heiligen Schriften.

Muslime müssen lernen, in persönlichen Worten über ihre Religiosität zu reden: Ohne sich hinter irgendeinem Vordenker von der al‑Azhar zu verstecken oder einen Hadith oder Koranvers hervorzukramen. Das allerdings wird noch mindestens einige wenige Jahrzehnte dauern, und vorher ist die Einsicht zu gewinnen und das Bekenntnis zu leisten, dass „der“ Islam der Gegenwart für die kulturelle Moderne nicht gerüstet ist und dass Scharia- wie Fiqh-Islam die Demokratie bedrohlich angreifen. In der Zwischenzeit werden wir Demokraten aller Religion mit dschihadistischen, sprich militärischen paramilitärischen Angriffen auf unsere Lebensweise zu rechnen haben, was ein jedes aufrichtige Gespräch zwischen Christen und Muslimen, zwischen Säkularen und Orientalen spürbar irritiert.

Hinter diesen Irritationen liegt durchaus eine Absicht der terrorbefürwortenden islamistischen Radikalen wie auch der nicht gewalttätigen islamistischen Legalisten: Die Kluft zwischen Alteuropäern und zugewanderten oder konvertierten Muslimen um jeden Preis zu vertiefen. Diese Strategie aller Extremisten, auch der alteingesessenen nationalistischen Fremdenfeinde, sie gilt es zu durchschauen, ohne darauf zu verzichten, die grundsätzliche Demokratiefeindlichkeit des politischen Islams bei ihrem namen zu nennen. Ein politischer Islam der Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Säkularität weltweit und total vernichten will.

Kann der Islam die Demokratie wollen?

Wir Demokraten gleich welcher Religion oder Ex‑Religion müssen von „den“ Muslimen erwarten, den islamischen Apostatenhass und Antisemitismus, die quasi rassistische sakrale Abwertung der Andersgläubigen (Dhimma, Dhimmitude) und die islamimmanente Frauenunterdrückung zum Thema zu machen. Auch die Unart, ein „koranisch rechtfertigbares“ Leben in permanenter neurotische Höllenangst oder ebenso überspannter Paradieserwartung zu leben, passt weder in die Moderne noch in die Demokratie, passt aber sehr wohl zum Polit-Islam und Jihadismus, passt zur Gegengesellschaft theokratischen Tugendterrors.

Zu solchen Forderungen wussten 2007 gute 90 % der mir persönlich bekannten Muslime nichts zu sagen, vielmehr spielten sie erschrocken oder waren dieses auch wirklich, zogen Strickmütze oder Kopftuch tiefer ins Gesicht und entzogen sich auf Wochen oder Monate jedem Gespräch (dabei war ich noch nicht mal beim geleugneten Völkermord an den Armeniern angekommen). Die radikalen Kräfte, inspiriert von Muslimbruderschaft, Salafiyya oder Milli Görüş, sie halten die absolute Mehrheit der Muslime an den vier Marionettenfäden von Sunna, Scharia, Kalifat und Paradies.

So wird für nichtmuslimische Demokraten die Zeit für einen echten Dialog mit Muslimen „auf gleicher Augenhöhe“ an vielen Stellen in Europa noch nicht gekommen sein und bleiben die meisten der heutigen christlich‑islamischen Begegnungen Beschwörungs- und Beschwichtigungsprojekte „geisterhafter Wirklichkeitsverdünnung“ (Schwanitz). Es sieht ja so putzig aus: Imam und Pfarrer gemeinsam auf dem Bild in der Provinzzeitung. Differenz, Dialog, Diversity. Der künftige Dhimmi in klerikaler Soutane lächelt allerdings schon etwas gequält? Klare Worte, um Sunna und Scharia zu kritisieren oder die „Ehrenmorde“ und arrangierten Ehen der Stadt oder Region anzusprechen wird unser Pfarrer nicht finden. Er will ja nicht beleidigen, und Muslime sind ja sehr schnell beleidigt. Das ist interkulturell bekannt.

Fromme Muslime müssen dulden, dass die islamische Alltagskultur der Gewalt in der Kindererziehung und der Ehe, ihre Praxis der arrangierten Ehen sowie ihre grundsätzlich und in problematischer Größe vorhandene islamische Demokratiefeindlichkeit kritisiert wird. Sie werden dulden müssen, dass ihre Folklore der „religiösen“ Kriecherei (bei jahrhundertelang eingeübter sofortiger und blutiger Verfolgung jedes Kritikers von Koran, Scharia, Fiqh oder Sunna) endlich weltweit thematisiert wird. Oder auch, wie im Falle der erfrischenden dänischen Karikaturen, künstlerisch bearbeitet oder auch verspottet wird.

Die ersten nichtmuslimischen Europäer, so ärgern sich die verschiedenen, um Deutungshoheit rangelnden Kartelle islamischer Wortführer, sie maßen sich denn auch an, völlig unautorisiert über die Schönheiten der Dhimma, die Gerechtigkeit schaffendenden Todesfatwen und die frommen Apostatenmorde zu denken und zu schreiben. Indes wohl weit mehr als 90 % der europäischen Muslime nach wie vor auf der kulturell vormodernen und seelisch unreifen Haltung beharren, den Koran wörtlich nehmen zu dürfen und für letztlich jede persönliche Entscheidung im Hier und Heute, soll sie wirklich gottgefällig sein, sklavisch irgendeinen wiederholenden “Wissenden” nach einer rechtleitenden Fatwa zu fragen.

Kann der Islam die Demokratie wollen?

Es darf keine Neuerung geben. Novophobie sozusagen. Strenge Muslime berufen sich dabei etwa auf Imam Malik (Malik ibn Anas, Medinah), der jede Neuerung zum Verrat am Propheten erklärte, mehr noch: Der dem Neuerer vorwirft, gleichsam zu sagen, der Prophet habe den Glauben verraten. Frevel, Blasphemie, Ungeheuerlichkeit. Also keinerlei frevlerische Neuerung bitte sondern bei Brauchtum und Überlieferungen bleiben. Beharrlich bei der Sunna bleiben.

Besser geht es nicht. Der wahre Islam ist die vollkommenste Lebensweise für alle Menschen, er allein stellt Gerechtigkeit her. Du bist doch nicht gegen Gerechtigkeit?

Am Nervengeflecht der Theokratie eine Ergänzung oder Abwandlung vorzunehmen wäre frevlerische „Neuerung“, wäre Bida’a (geschrieben auch Bida oder Bidaah). Da sei die Sunna vor.

Rätselhafterweise stehen rückwärtsgewandte oder sonstige fundamentalistische Milieus des radikalen Islams dem technologischen Fortschritt aufgeschlossen gegenüber. Ganz anders als etwa die jede moderne Technik eher ablehnenden christlichen Hutterer oder Amish. Die sich ergebende merkwürdig anmutende Gespaltenheit der Islamisten: Technische Neuzeit, spätantik-manichäisches Gottesbild und mittelalterliche Geschlechterrollen, sie lassen sich passend mit dem Begriff „halbierte Moderne“ (des meist überschätzten Ulrich Beck) beschreiben.

Keine Neuerung, keine Bida’a. Der Hadith oder die Fatwa erspart das Nachdenken. Sehr energiesparend.

Andere Denker wie as‑Schafi’i (Muhammad ibn Ildris as‑Schafi’i) unterschieden zwischen guten und schlechten Neuerungen, wobei gut nur das war, was nicht gegen Scharia und Sunna stand. Nicht eben flexibel. Für Autofahren, Moscheelautsprecher und Handy-Klingeltöne gab es flugs die passende Fatwa. Damit das Textgefängnis wasserdicht ist. Damit keiner ausbricht. Nebenan schnurrt die Nähmaschine und näht sich die exdemokratische Neomuslima ihre rabenschwarze Burqa. Mit Niqab.

Eine türkische Frau irgendwo in Deutschland besucht die nichtmuslimische Nachbarin durchaus, wenn es sich denn nicht vermeiden lässt, nimmt aber dazu einen Beutel Zwiebeln mit, um ein Alibi zu haben. Als Müßiggängerin, die ihren Haushalt vernachlässigt, darf sie ja nicht dastehen, bei den im Vergleich zu Muslimen und aus der Sicht der Scharia rechtlich wie moralisch minderwertigen Dhimmis hat sie nichts zu suchen: Sie könnte ins Gerede kommen. Was für sie nicht ungefährlich ist und was vor allem den Wert ihrer Tochter mindert. Und das wäre etwa so wie der Börseneinbruch für den Aktienbesitzer. Eine muslimische Frau hat andere Frauen zum „sinnlosen“ Plausch oder Kaffeeklatsch nicht zu besuchen. „Ur-deutsche“ (Seyran Ateş) Frauen mögen eine gemeinsame Fahrradtour unternehmen oder sich in der städtischen Öffentlichkeit in ein Straßencafé setzen. Das ist für Türkinnen in Deutschland leider und skandalöserweise immer noch nicht möglich, sie würden von den vor Teestuben oder an Straßenecken wachenden Männern verraten und werden dann üblicherweise von ihren eigenen Mahrams (Männern der der Familie) brutal verprügelt. Natürlich halten diese Frauen die von ihnen erwarteten Rollen völlig freiwillig ein: Nur aus Liebe zu Allah, werden sie stets betonen, befolgen sie die strengen Lebensregeln der Kultur der Scharia. Nur um Hassanat zu sammeln.

Hassanat sammeln

Hassanat sind die himmlischen Bonuspunkte. Hast du genug Hassanat, brutzelst du nicht im koranisch festgelegten Höllenfeuer. Hast du nicht genug Hassanat, kommst du nicht ins Paradies. Kurzum: Ob unter dem Niqab, dem Gesichtsschleier, gleich auch blaue Flecken verborgen bleiben: Die fromme muslimische Frau muss einen Glaubenseifer völliger Freiwilligkeit beweisen, denn auf die aufrichtige Niyya (geschrieben auch Niya), das ist die Absicht oder Intention, auf sie kommt es nun einmal an, damit die Hassanat, die Zahl der Pluspunkte, stimmt. Für Mutter oder Ehemann ist das praktisch, sie können ihre Tochter oder Frau verprügeln, wie sie es für angemessen halten, wenn es etwa um bedrohte Sittlichkeit, nicht eingehaltene Gebete oder fehlende Kopftücher geht: Es gibt ja keinen Zwang im Glauben.

Kultur der Sunna. Ist sie nicht längst eine Gegenkultur geworden, ein islamistisch-antidemokratisches Milieu, in dem Schritt für Schritt und Straßenblock für Straßenblock die Selbstverständlichkeiten der Demokratie außer Kraft gesetzt werden, soweit letztere überhaupt jemals in den ungebildeten Einwandererfamilien wirksam gewesen sind? Auf gewisse Weise nämlich scheint es falsch, überhaupt von Einwanderern zu reden: Mental sind zwei Drittel der Türken niemals ausgewandert. Das sind keine Einwanderer nach Deutschland oder Europa, weder die gekauften „fremden Bräute“ (Necla Kelek) aus Anatolien oder aus dem Istanbuler Elendsviertel noch die neuerdings importierten bärtigen Salafisten aus Nordafrika oder die kitteltragenden radikalen Pakistanis: Die wollen nicht nach Europa! Die wollen ins Paradies. Dazu brauchen sie das Kalifat. Und dazu wiederum die islamische Pflichtenlehre, die Scharia.

Gegenkultur Sunna. Bida’a-frei versteht sich. Für Konvertitinnen zum Islam mögen sich Scharia (gottgegebene Richtlinien) und Fiqh (menschliche Rechtsfindung) mit marxistischer Kapitalismuskritik, romantischer Zivilisationskritik und deutscher wie demokratischer Identitätsschwäche mischen, mit Schuldkult, Altruismus oder blinder Fremdenliebe. Sie tragen in diesen Jahren ihren nicht unerheblichen Teil zu Aufbau und Verfestigung von Strukturen der Scharia in Alltagsleben und Bewusstsein der Bewohnerschaft ganzer Straßenzüge bei, sie waren und sind beispielsweise Vorkämpferinnen an der Kopftuchfront.

Von wenigen Muslimas und Muslimen abgesehen ironisieren und untergraben die derzeitig verbreiteten Interpretationen von Sunna die Demokratie. Die Pakistanis in England, die Marokkaner in Holland, die Algerier und Frankreich und die Türken in Deutschland: Man schottet sich mit „Sunna, Brauchtum“ ab, wobei diese „Sunna halbierter Moderne“ attraktiv mit gegenkulturellem Charme kokettiert: Man ist antibürgerlich, antiwestlich, fremdenfreundlich, globalisierungskritisch, gemeinschaftsorientiert.

Goldziher (1850-1921) übersetzt einen Hadith wie folgt:

„Fürwahr, die wahrhafteste Mittheilung (adaq al-adith) ist das Buch Allah’s, die beste Leitung ist die Leitung Muhammed’s, das schlechteste der Dinge sind die Neuerungen, jede Neuerung ist Ketzerei und jede Ketzerei ist Irrthum und jeder Irrthum führt in die Hölle.“

Hadithe und Fatwen sind die Ketten, die jedes freie Denken fesseln. Die derzeitig mögliche Sunna aber ist der Beton der europäischen Parallelkultur oder vielmehr Gegenkultur, des werdenden Gefängnisses einer separatistischen islamischen Gesellschaft. Sie würde eine nachdemokratische Gesellschaft sein, jedenfalls eine außerdemokratische.

Der Gegenbegriff zu frommem Brauch ist frevlerische Neuerung. Das Antonym zu Sunna ist Bida’a.

Bleiben für Deutschlands und Europas Muslime die Rechtsgleichheit für Mann und Frau, die sexuelle und religiöse Selbstbestimmung, die Meinungsfreiheit oder die säkulare Demokratie nichts als ketzerische Bida’a? Wie kann und wie darf die Sunna aussehen, die Europas Muslime sich – und uns – aufbauen möchten?

Die Differenzialisten (jene Schariafreunde, jene mit der Diversity) werden argumentieren, wir Islamkritiker würden uns in „fremde Angelegenheiten“ einmischen und die „Souveränität“ einer Religion einschränken. Bei Missmut folgt eine Prise an Rassismusvorwurf.

Wir sehen durch den sakralen Stumpfsinn einer seit vierzehn Jahrhunderten versteinerten Sunna die universellen Menschenrechte gefährdet. In der bedrohlichen Vision von halbautonomen islamisierten Zonen, in theokratisch befreiten schariatischen Inseln innerhalb einer rechtlich wie territorial reichlich durchlöcherten Rumpfrepublik erscheint uns für Europa durchaus ein islamisches Umweltrisiko zu bestehen.

Die erwähnte türkische Nachbarin mit den Zwiebeln, die mit den aus islamischer Sicht minderwertigen und überwiegend fürs Höllenfeuer bestimmten Deutschen ohne triftigen Grund nicht reden darf? Sie, in Deutschland geboren und aufgewachsen, ist um 1990 als sechzehnjährige Schülerin in den Sommerferien in der Türkei verheiratet worden, mit einem Mann, den sie gar nicht gekannt hat und der im folgenden Jahrzehnt Behörden durch körperliches Misshandeln seiner Frau und mancherlei Straftaten auffiel. Auch solche Zwangsehen und die ihnen zugrundeliegenden Leitbilder von sozialem Geschlecht (englisch: Gender) sind selbstverständliches und unhinterfragbares Sunna-Brauchtum. Ob ihre Tochter etwas mehr Freiheiten haben wird als sie selbst? Noch geht die Tochter zur deutschen Schule.

Nein, auch das Kind wird sich ihren Lebenspartner vermutlich nicht aussuchen dürfen. Unverheiratet zu leben oder gar gleichgeschlechtlich, das verstößt gegen Allahs Sunna, da gibt es ohne Frage entsprechende Hadithen von „beweiskräftigem Isnad“, das heißt von gesicherter Überlieferung. Wir werden erwarten müssen, dass sexuelle Selbstbestimmung einschließlich homosexueller Lebensweise als gottgefällige Sunna akzeptiert wird, mit oder ohne Hadithen. Weil sich dazu aber, sei es aus Kriecherei, Verbohrtheit oder aus Feigheit, kein islamischer Geistlicher durchringen kann, bleibt uns die Sunna als ein katastrophaler Abgrund erhalten, der die islamischen Gesellschaften von der kulturellen Moderne trennt.

Im türkischen heißt Sunna „sünnet“ und es ist alles andere als Zufall, dass nicht nur Prophetenbiographie oder Hadithe Sünnet sind, sondern dass auch die im Islam leider immer noch obligatorische, auf sexualmagischen Gebärneid steinzeitlicher Jägerbünde (Bruno Bettelheim) zurück gehende Jungenbeschneidung mit dem Wort Sünnet bezeichnet wird. Die durch die Assalaam-Foundation im indonesischen West-Java organisierten Massenbeschneidungen an (Jungen und) Mädchen werden dort auch ganz selbstverständlich unter Brauchtum, Sunna eben, verbucht.

Sunna oder Sünnet wird innerseelisch unweigerlich mit dem Alltag von Dorf und Großfamilie verschmelzen: Mit der persönlichen Erinnerung an die eigene Kindheit, die wir Menschen in unserem Bewusstsein lebenslang und ungefähr so mit uns herum tragen, wie die Schnecke die kleinsten, ältesten Windungen ihres Schneckenhauses mit sich trägt. Für Muslime wird damit die Schwierigkeit, sich von der vormodernen derzeitigen Sunna zu emanzipieren mit darin liegen, Großeltern und Eltern als fehlbare Menschen zu erkennen, als Menschen, die aus Angst vor der Hölle, vor sozialer Ausgrenzung oder einfach aus Sorge vor Prügelstrafe nicht in der Lage waren und sind, Erziehungsstil und Lebensweise an die kulturelle Moderne anzupassen. Wie jeder sich über mehrere Generationen erstreckende Fundamentalismus „vergoldet“, verklärt das Dogma der Sunna Kindheit und Kinderstube und lässt irgendwelche ersten Zweifel in Bezug auf die oft mehr als fragwürdige „gute Absicht“ der Großeltern und Eltern, für den jungen muslimischen Menschen doch „stets nur das Beste“ gewollt zu haben, zumeist gar nicht erst aufkommen.

Sunna beziehungsweise Sünnet heißt: Weiterdenken verboten. Sunna ist die im weltweiten islamischen Fahrzeug eingebaute Fortschrittsblockade oder Entwicklungsbremse. Die es argumentativ wie strukturell anzugreifen gilt (etwa: Stundenweises Kopftuchverbot, Stunden koedukativen Lebens), für innerislamische Reformkräfte wie für islamkritische Nichtmuslime. Wir müssen das Brauchtumsgefängnis sprengen: Den Kerker der anti-individualistischen und antidemokratischen Sunna. Das sollte ich eigentlich dem örtlichen Imam mitteilen. Vielleicht liest er ja diese Zeilen und beginnt, nachzudenken.

Cees van der Duin

Islamische Kleidung in der Öffentlichkeit

Januar 18, 2008

Das Gesicht ist weg.

Statt eines Gesichtes

nur ein schwarzes Tuch

Çarşaf und Burqa

im öffentlichen Raum

Warum Deutschland den

Tscharschaf und die Burka

im öffentlichen Raum

verbieten muss

von Jacques Auvergne

Wir schreiben den 11. Dezember 2007 und in meiner nordrhein‑westfälischen Heimatstadt sind innerhalb von zehn Tagen gleich drei Burkas aufgetreten, drei gesichtsverhüllende Ganzkörperschleier. Jetzt bin ich besorgt, dass es wöchentlich mehr werden könnten. Ob ein Verbot das richtige oder sogar einzige Mittel ist, um eine derartig entmenschlichende Kleidung als ganz klar nicht zum deutschen Alltag gehörend zu kennzeichnen? Problem ist aber, dass die Frauen vorgeben werden, die Burka (Tscharschaf und Tschador eingeschlossen) freiwillig zu tragen.

Ich ärgere mich also über Textilien. Hast du zu viel Zeit, werden mich meine Freunde morgen fragen. Das Thema legt sich mit der Zeit, nach ein paar Jahren tragen die Frauen wieder Jeans und Holzfällerhemd, werden die Zweckoptimisten unter ihnen mir zuflüstern. Vielleicht liege ich ja falsch, doch mir scheint eine andere mögliche Zukunft wahrscheinlicher, nämlich dass innerhalb von wenigen Jahren erst 10 und dann 20 Prozent der Frauen der westdeutschen Innenstädte Ganzkörperschleier tragen. Die besagten Zweckoptimisten werden natürlich auch dann noch sagen: Das gibt sich wieder, in ein paar Jahren. Doch der Iran nach 1979? Am Anfang einer theokratischen Revolution kann sehr wohl eine Kleidungsreform stehen.

Klingt ja zunächst ganz harmlos: Kleidungsreform, so nach Jugendstil, Tiffany und Blaue Blume. So nach Schiller‑Kragen und Insel‑Kleid. Freigeistig und romantisch.

Doch die Trägerinnen von Burka und Tschador wollen eine andere Gesellschaftsordnung als die städtischen Utopisten im selbst gebatikten Hippie‑Kleid des Jahres 1970 oder die rebellisch gewandeten Punkerinnen um 1980.

„Drei Kittel“ also bringen mich aus der Fassung. Weniger, weil sie rabenschwarz waren. Eher schon, weil sie Arme und Hände absolut verbargen. Vor allen Dingen aber, weil sie den darunter verborgenen Frauen das Gesicht raubten, aus meiner Sicht jedenfalls.

Es ist „islamische“ Kleidung aus verschiedenen Weltgegenden und Epochen, die in Zeiten der Globalisierung nun erstmalig im Rheinland verwendet wird.

Islamische, religiöse Textilien. Dazu gehört 2007 und in Nordrhein‑Westfalen also die von den Taliban zwangsweise in Afghanistan eingeführte paschtunische Burka (Burqa) ebenso wie der radikalislamische schwarze Tscharschaf (Çarşaf) aus dem Osmanischen Reich und aus den Jahren um 1870, gegen den emanzipierte Türkinnen allerdings bereits um 1910 erfolgreich rebellierten. Ich werde im Folgenden von Burka sprechen und meine damit alle bodenlangen Mäntel bei Bedeckung von Stirne, Mund und Nasenrücken.

In allen drei Fällen war das Weiß der Augen nicht zu sehen, was natürlich Methode hatte, guckstu. Diese Frauen, wenn es denn Frauen sind, haben im sozialen Sinne keinen Blick. Sie „gucken“ nicht mehr. Ob wenige Zentimeter oder wenige Millimeter breiter Sehschlitz, ob Nikab (Niqâb, Gesichtsschleier) mit- oder ohne Fliegengitter, für heute sage ich Burka.

Die Burka ist ein afghanisches Gewand, das den Körperumriss völlig verneint. Das der Frau den „öffentlichen Körper“ mehr als symbolisch raubt, das ihn beschlagnahmt und die burkatragende Frau sozial entleibt. Von innen nach außen wird die Welt durch eine Art von geklöppeltem Stoffgitter betrachtet, das in der umgekehrten Richtung nahezu blickdicht ist. Nur derart verhüllt darf die Frau bei dem afghanischen Volk der Paschtunen den öffentlichen Raum, die Männerwelt der Straße und des Marktplatzes, betreten.

Zurück aber nach Deutschland und in den Dezember 2007.

Minutenlang geisterten schwarze Gespenster über den leeren Marktplatz und durch die regnerische belebte Geschäftsstraße. Ich war fassungslos vor Wut. Da, wo ich ein Gesicht erwartet hätte, war nur blicklose Finsternis, war kein Gesicht sondern schwarzes Tuch. Ich fühlte Wut. Die Reaktion der Ureinwohner dieser Minuten erschütterte mich allerdings auch, sie guckten unerfreut, die Deutschen, in der Tat, und drehten den Kopf weg. Sie werden nicht darüber reden. Man will es nicht sehen. Die Deutschen werden sich nicht bei ihrer städtischen Gleichstellungsbeauftragten über die neue Frauenmode beschweren, auch die Frauen unter ihnen nicht.

Deutschlands öffentlicher Raum steht an einer kulturellen Zeitenwende, wenn wir jetzt nicht die Burka beziehungsweise den Tscharschaf verbieten. Denn ich rechne mit einer Art Kettenreaktion, mit der dynamischen Zunahme des gesichtsverhüllenden islamischen Schleiers: In wenigen Jahren und für viele Jahrzehnte! So oder so, das Ergebnis wird in hundert Jahren in Geschichtsbüchern zu lesen sein. Von den letzten Frauen mit öffentlichem Gesicht vielleicht, die dann eine separierte Klasse bilden werden wie einst unter Südafrikas Apartheid. Doch in der Gegenwart islamischerseits erst einmal die Selbst‑Separierung, das von der europäischen Muslimbruderschaft erwünschte provokante Nichtdazugehören. Später dann die Ausweitung des Rechtssystems der Scharia. Dann erst das Kalifat.

Seit zweitausend Jahren erkennen Europäer ihre gesellschaftliche Umwelt wiedergespiegelt in ihren europäischen Mythologien, ihren Volksmärchen oder auch in ihren christlichen Legenden. Da ist die Rede von König und Betteljunge, von der Prinzessin oder der weisen Frau, vom Zauberer und von der bösen oder auch guten Fee. Eines haben diese Menschen alle: Augen, Nase und Mund! Sie haben ein Gesicht.

„Punkt, Punkt, Komma, Strich“, malen schon die kleinsten Kinder. In unserem Teil der Erde also bezeichnen wir mit der sicherlich viele Jahrzehntausende alten „Grundidee Gesicht“ sogar etwa die moderne Ungastlichkeit trister Wohnquartiere: Wir sagen, sie seien gesichtslos.

Bis Dezember 2007 galt auch in Deutschland: Menschen haben ein Gesicht. Am 1.12. jedoch sichteten wir die erste Burka: Günter Wallraff hielt Solches allerdings am selben Abend noch für gänzlich ausgeschlossen. Am 11.12. sehe ich das dritte gesichts- und auch eigentlich körperlose Wesen meiner Stadt. Drei das Gesicht vollständig verhüllende, bodenlange Gewänder aus dem Dunstkreis des radikalen Islams.

Nein, an diese Kleidung möchte ich micht nicht gewöhnen müssen.

Gesichtslos. Das bedeutet auch, dass ich nicht weiß, ob sich unter dem Tuchgefängnis eine ostasiatische, eine zentralafrikanische oder eine mitteleuropäisch anmutende Frau verbirgt. Ob sich überhaupt eine Frau unter dem Tuch verbirgt, überhaupt ein Mensch. Ganz sicher kann und soll ich nicht sein. Es wird schon ein Mensch sein und kein Roboter. Doch ist es ein älterer oder ein jüngerer Mensch? Unser soziales Selbst nennen wir seit der Antike „Person“. Diese Frauen haben kein soziales Selbst auf dem Marktplatz der Ungläubigen beziehungsweise auf dem Marktplatz der islamischen Männer. Die Sprache des Anblickens ist diesen Menschen geraubt und damit ein wichtiger Teil dessen, was Artikel 1 des Grundgesetzes „Würde“ nennt. Warum verteidigt Deutschland dieses Grundrecht nicht? Manche der Frauen können die Burka aus patriarchalem Druck nicht ablehnen, andere mögen in einer Lebensphase der politreligiösen Radikalität sein. Jedenfalls wird diese Kleidung, wie ich fürchte, ansteckend sein wie ein Schnupfen.

Wer ist unter dem Tuch. Ich kann es nicht wissen und ich soll es nicht wissen. Wir kennen die Floskel „ganz im Sinne des Erfinders“. Aha. Es gibt eine Intention, eine beabsichtigte Wirkung auf mich. Und es gibt eine Intention der Islamisten in Bezug auf die weibliche Gestalt ohne Gesicht.

Unter dem Kittel ist eine gekaufte Gebärmaschine, eine „Söhnchenfabrik (Hirsi Ali). Mehr muss keiner wissen.

Die sozial getötete Gestalt. Das ist neu, das hat Europa seit Jahrhunderten und vielleicht seit Jahrtausenden nicht gekannt. Das geht auch „nicht einfach weg“, die anrollende Welle aus Burka und Tschador. „Das“ bleibt und das nimmt ohne Frage rasch zu, wenn wir Demokratinnen und Demokraten nicht entschieden gegensteuern. Die Iraner können es nicht.

Der Gesetzgeber muss diese Textilien verbieten. Wie kann das geschehen? Vielleicht auf dem Klageweg über den Begriff des im Alltag nun gefährdeten Rechtsguts der negativen Religionsfreiheit. Vielleicht auf dem Wege des Tierschutzparagraphen, denn ich habe wenig Zweifel: Hielte ich eine Katze oder ein Reh mit einem körper- und gesichtsverhüllenden Schleier, man würde mich erfolgreich beklagen. Und das ganz zu Recht. Aber es ist ja bloß eine Frau. Gut eingekauft. Söhnchenfabrik. Orientalisches Männerrecht.

Patriarchat ist auch etwas sehr Europäisches, wir hätten in dieser Angelegenheit der Nachhilfe durch die Damen und Herren Wahhabiten, Ahmadiyyas oder Taliban nun wirklich nicht bedurft. Denn als Abendländer haben wir unsere Ketzerinnen, Hexen, Kommunistinnen und Frauenrechtlerinnen stets ganz gut selbst versklaven oder ermorden können.

Das „Prinzip Kopftuch“ will Koran und Scharia, das heißt, es will die verhinderte Gleichwertigkeit von Frau und Mann.

Inwieweit verstößt die Burka gegen die von allen menschenrechlichen Konventionen betonte Selbstbestimmung des Individuums?

Und, was den öffentlichen Dienst betrifft, inwieweit ist ein noch so dezentes Kopftuch „Strukturmuster“ der entmenschlichenden Burka, ihre Entsprechung und ihr Vorläufer? Frei nach dem Motto: Zuerst das Kopftuch, dann die Burka.

Jacques Auvergne

Sozialpädagogisches Selbstverständnis

Dezember 16, 2007

Anonymus kommentierte zu Ehrenmord in Mönchengladbach

Diese Darstellung ist außerordentlich undifferenziert und unanalytisch und darum äußerst ärgerlich. Hier werden Feindbilder produziert, die beim Kampf gegen Gewalt (gegen Frauen) nicht weiterhelfen und das Zusammenleben zwischen Menschen verschiedener Herkunft und Religion unnötig erschweren.

Bitte bitte liebe Sozialpädagogen: orientiert euch in eurer Arbeit bitte an komplexeren und intelligenteren Analysen! Ihr habt wichtige Arbeit zu machen, aber bitte nicht auf einer solchen Basis!“ –anonymous–

Wir meinen dazu:

Sehr geehrte/r Anonymus

Ihrer Bitte werden wir nicht nachkommen. SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen sind geradezu verpflichtet, Dinge bei ihrem passenden Namen zu nennen, auch wenn sie damit gegen Tabus verstoßen. Sie decken Missstände auf, beschreiben sie authentisch und analysieren Ursachen und Wirkung ohne zu beschönigen. Dabei entwickeln sie gemeinsam mit den KlientInnen Lösungskonzepte auf dem Fundament des Grundgesetzes und innerhalb seiner Rahmenbedingungen. Das erweitert die Handlungsoptionen letztendlich für alle, verbessert die Lebensqualität und trägt nicht unwesentlich dazu bei, unsere Gesellschaft humaner zu gestalten.

Erfolgreiche SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen sind eckig und kantig und reden niemandem nach dem Mund. Effektive und effiziente Soziale Arbeit ist Hilfe zur Selbsthilfe und in diesem Sinne parteiisch. SozialpädagogInnen und SozialarbeiterInnen sind das Bindeglied zwischen Individuum und Gesellschaft, sie sind oft in der undankbaren Position, Übermittler schlechter Botschaften zu sein und stoßen unangenehme aber notwendige Diskussionen an. Couragierte SozialpädagogInnen und SozialarbeiterInnen schwimmen nur selten mit dem Strom. Sie sind im positiven Sinne unangepasst und für manche/n mögen ihre Darstellungen und Ansichten ärgerlich sein. Das ist für uns ein Qualitätskriterium.

Stein des Anstoßes zu sein, damit können meine KollegInnen im Netzwerk Schariagegner und ich jedoch ganz gut leben. Sie sehen es als ihre Pflicht, aufzuklären und kulturell vormoderne Moralbegriffe, Verhaltensregeln und Lebenskonzepte anzuprangern und aktiv zu bekämpfen. Jede Bürgerin und jeder Bürger soll die Chance haben, ihr / sein .Leben selbst in die Hand zu nehmen und nach eigenen Neigungen, Interessen, Wünschen und Talenten entsprechend individuell zu gestalten, jedes Kind hat das Recht auf eine selbst gestaltete, maßgeschneiderte Biographie. Handlungsrahmen sind auch hier das Grundgesetz, sowie abgeleitete Gesetze und Rechtsvorschriften.

Die MitarbeiterInnen im Netzwerk Schariagegner haben sich verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass die notwendigen politischen, gesellschaftlichen und individuellen Voraussetzungen für eine derartige persönliche Lebensgestaltung zugänglich sind, geschaffen oder verbessert werden. Das Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft und unterschiedlicher Religionen soll in erster Linie für alle gleichermaßen selbstbestimmt und erfüllend sein, nicht reibungslos und leicht. Political Correctness, Appeasement und Kompromisse um des lieben Friedens willen sind dabei keine nachhaltige Lösungsstrategie.

Im Gegenteil, multikulturelles Gutmenschentum relativiert Leid und verharmlost und konserviert patriarchale Machtmuster. Hier ist eine durch konsequentes, geradliniges Handeln geprägte Soziale Arbeit angesagt, die nötigenfalls Dissonanzen in den Alltag von Menschen bringt und zur unbequemen Zumutung wird. Nur so wird ein Umdenken auf beiden Seiten, der Autochthonen und Allochthonen eingeleitet, dass den Irrweg des Kulturrelativismus als solchen erkennbar macht und durch faire Begegnung sowie Gespräche auf Augenhöhe ersetzt.

Ümmühan Karagözlü,

mitunterzeichnend

Cees van der Duin

Thea Stavridis

Jacques Auvergne

Juliana Zeedijk

Schariagegner stimmt zu: Kopftuchverbot in NRW bleibt

Dezember 14, 2007

Verwaltungsgericht Düsseldorf bestätigt Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen

An Nordrhein-Westfalens öffentlichen Schulen ist es muslimischen Lehrerinnen auch weiterhin nicht erlaubt, ein schariakonformes Kopftuch zu tragen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf wies die Klage der 52jährigen vom Christentum zum Islam konvertierten Hauptschullehrerin Brigitte Weiß ab. Das Gericht vertrat die Auffassung, das Kopftuch sei, egal welche Variante die Trägerinnen auch favorisieren, eine religiöse Bekundung und so ein Verstoß gegen die gebotene staatliche Neutralität an den öffentlichen Schulen. Die Klägerin will, gegen diese richterliche Entscheidung Berufung einlegen.

Die Düsseldorfer Richter schlossen sich der bisherigen vier Entscheidungen Nordrhein-westfälischer Gerichte an. Neu ist allerdings, dass diesmal einer langjährig im Schuldienst tätigen Beamtin das Tragen des Kopftuches während des Dienstes gerichtlich untersagt wurde, drei der vorherigen fundamentalistisch-islamisch orientierten Klägerinnen waren Angestellte, eine vierte Muslima wollte als Beamtin auf Probe eingestellt werden.

Ein Sprecher des Schulministeriums äußerte sich “sehr zufrieden” über die Bestätigung des Verbotes. Auch dieses Weblog, das sich auch an Lehrende und Lernende der Sozialarbeit und Sozialpädagogik richtet, begrüßen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf, wenn es für uns auch interessante verfassungsrelevante Aspekte außer Acht lässt und es sich auf den gesamten öffentlichen Dienst beziehen sollte (s. Kopftucht ./. freiheitliche Grundordnung, Ümmühan Karagözlü).

Weiß steht seit 1980 als Lehrerin im Schuldienst und trägt seit ihrem Übertritt zum Islam 1994 den Vornamen M. Sie ist Funktionärin des permanent die Demokratie angreifenden, legalistisch-fundamentalistisch orientierten ’Zentralrates der Muslime in Deutschland’ (ZDM), dessen prominentester Vertreter der unter Demokraten umstrittene langjährige Vorsitzende Frauenarzt Nadeem Elias ist.

Nach eigenen Angaben bemühte sich Weiß seit ihrem Übertritt um die Erlaubnis, das Kopftuch auch im Schulunterricht tragen zu dürfen. Nach ihrer Darstellung hatte sie zunächst mit Rücksicht auf die Schulleitung auf das Kopftuch verzichtet und es nur außerhalb des Gebäudes getragen – zum Beispiel bei Klassenfahrten. Vor den Sommerferien 2006 jedoch entschied sie sich, auch im Schulgebäude ihre Haare zu bedecken.

Wenn der Lehrerin ein Leben nach den Gesetzen des Islams und somit der Scharia so am Herzen liegt, gibt ihr die Demokratie, deren Rechtsweg sie nun so intensiv in Anspruch nimmt, die Freiheit, an einer muslimischen Privatschule zu unterrichten oder aber gleich in einen Staat auszuwandern, in dem die patriarchale Großfamilie, der Koran und die Scharia den Alltag regieren und die Maßstäbe des Weltverstehens setzen. Darüber sollten wir alle nachdenken.

In Nordrhein-Westfalen tragen 22 Lehrerinnen das Kopftuch. Beispielhaft möchten wir der geneigten islamkritischen Leserschaft zwei Pädagoginnen vorstellen.

Frau Eva el‑Shabassy ist Lehrerin an der Grundschule Aachen‑Richterich und trägt seit 30 Jahren permanent Kopftuch, seit einer Zeit, in der ihre Altersgenossen sexuelle Befreiung und ’Mini-Mode’ ausprobierten, sie selbst jedoch die moralischen Vorzüge und die Frauenrechte des Islams zu erkennen glaubte und sich Ganzkörperbadeanzüge und lange Blusen nähte.

Seit zwei Jahrzehnten ist die mit einem demokratiekritischen Ägypter verheiratete el—Shabassy in islamistischen Organisationen aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft hoch aktiv, etwa für das ’Islamische Zentrum München’ und das ’Islamische Zentrum Aachen’.

“Der Ehebruch“, so el‑Shabassy, “ist ein Verbrechen wie der Mord“. “Etwas, was mit Steinigung geahndet werden muss?“, fragte der auf einmal sehr interessierte Journalist der ZEIT die Hauptschullehrerin. “Die Strafe steht in der Scharia“, so war ihre sachliche Antwort. Die fromme Lehrerin leidet nicht am postmodernen Werteverfall und fügte lächelnd hinzu: “Wenn einmal in hundert Jahren eine Frau gesteinigt wird, vielleicht werden dann ganz viele Ehen gerettet?“ Diese Frau will also, inch`Allah, die Steinigung für Ehebrecherinnen ins Strafrecht der BRD einführen.

Frau Renate Karaoglan ist ebenfalls zum Islam übergetreten und unterrichtet an der Max-Wittmann-Sonderschule in Dortmund. Seit ihrer Eheschließung mit einem Türken ist die Lehrerin ganzkörperverhüllt, verborgen unter einem strengen Kopftuch und in einen mausgrauen, knöchellangen Mantel gewandet: “Ich muss meine Scham bedecken“, so Karaoglan, die uns Ungläubigen mit einem “Ein Moslem kann unmöglich gegen die Scharia sein“ seelsorgerisch auf die Sprünge hilft. Auch ihre Tochter musste im Alter von elf Jahren ’ihre Scham bedecken’.

Wir Islamkritiker empfinden solche Verstöße gegen in der Verfassung garantierte Grundrechte als gravierendes Unrecht, als eine sexualisierte, dämonisierte Gender‑Apartheid, die Frauen qua Religionsgesetz zu minderwertigen, unreinen, die Männer verführenden Brutöfen erklärt. Das aber hat Europa seit der Aufklärung hinter sich, seit dem eingeführten Frauenwahlrecht im schweizerischen Kanton Appenzell sind hier Männer und Frauen gleich.

Gegen beide islamistischen Beamtinnen liefen disziplinarische Verfahren, doch durften sie in dieser Zeit weiter unterrichten. (ob das unter der Scharia auch möglich gewesen wäre?). Ohne die Arbeit der frauenrechtlerisch orientierten Zeitschrift EMMA jedoch hätten die offensichtlich großzügigen Schulaufsichtsbehörden Nordrhein‑Westfalens wohl noch nicht einmal wegen Verdachts auf Dienstpflichtsverletzung gegen die beiden Scharia‑Freundinnen ermittelt.

Zum Glück für die Demokratien in aller Welt gibt es auch unzählige Kopftuchgegnerinnen und Kopftuchgegner, gerade auch unter den Muslimas und Muslimen. Eine von ihnen ist die Rechtsanwältin Serap Cileli, für die jede Frau mit Kopftuch nach außen hin die fundamentalistische Rechtsordnung der Scharia symbolisiert und für die das Kopftuch ein Zeichen der vormodernen Unterordnung der Frau unter den Mann ist. Für Cileli ist das Kopftuch kein Zeichen des Glaubens, sondern ein mit dem demokratischen Rechtsstaat nicht zu vereinbarendes Symbol der Frauenunterdrückung und darüber hinaus Symbol der bewussten Ablehnung der Werte der Aufklärung, der Säkularität, der freiheitlichen Grundordnung

Selbst der deutsche Verfassungsrechtler Professor Josef Isensee von der Universität Bonn hält das Kopftuch für einen “Kulturimport, der den Frieden mit dem Verfassungsstaat nicht geschlossen hat“ und zur Argumentation von Deutschlands berühmtester Kopftuchlehrerin Fereshta Ludin meinte Isensee nur: “Amt ist Dienst, nicht Selbstverwirklichung“.

Auch wir haben große Zweifel, dass Fundamentalisten wie diese Lehrerinnen für die Aufgabe geeignet sind, junge Menschen auf ein emanzipiertes Leben in der säkularen, kulturellen Moderne eines demokratischen Rechtsstaates vorzubereiten und daher nicht an staatlichen Schulen unterrichten sollten.

Jacques Auvergne
Céleste de la Rivière

Für ein selbst bestimmtes Leben – nicht erst im Paradies.

November 26, 2007

Gegen die Unkultur des Schweigens

Hatun Aynur Sürücü war das fünfte von acht Kindern der Familie Sürücü, das älteste Mädchen. Schon sehr früh war sie eine starke Persönlichkeit, die sich als Jugendliche das Recht nahm zu fragen, zu zweifeln und zu widersprechen. Ihr Vater behauptete, dass daran der demokratische Unterrichtsstil der Schule und der Kontakt zu den SchulkameradInnen schuld seien. Daher beschloss er den freiheitsliebenden, widerspenstigen Teenager vor den ‚verführerischen Verlockungen der westlichen Verderbnis‘ fernzuhalten und zu schützen. Die Familienehre durfte auf keinen Fall besudelt werden. Also meldete er die erfolgreiche Schülerin ohne Begründung in der achten Klasse des Robert-Koch-Gymnasiums von der Schule ab, um sie bald darauf mit sechzehn Jahren an einen Cousin zwangszuverheiraten. Die Lehrer und die Schulleitung hinterfragten die Entscheidung, dass die Jugendliche die Schule verlassen sollte, nicht. Ihnen genügte der telefonische Hinweis.

Das frisch verheiratete Paar lebte bei der Familie des Mannes im kurdisch geprägten Teil Nordanatoliens in der Türkei, das die Heimat der Brauteltern war. Wenn Hatun auch aus einer ähnlich streng patriarchal-muslimisch orientierten Familie stammte, hatte sie in Berlin wenigstens noch die ehemaligen MitschülerInnen und das Großstadtmilieu einer Weltmetropole, um ab und an der familiären Enge zu entfliehen. Hier, in der dörflichen Abgeschiedenheit der kurdischen Steppe hingegen, war der Alltag ausschließlich durch die harte Handarbeit im Haus und auf dem Feld sowie die traditionellen Genderbilder und die vormodernen Regeln des orthodoxen Islam und des patriarchalischen Clans bestimmt.

Jeder Tag glich dem anderen, man sah immer die gleichen Leute, die aus den gleichen hierarchischen Familienstrukturen kamen, man redete immer über die gleichen Themen. Für eine sehr junge Frau, die an hektische Betriebsamkeit, technischen Fortschritt, bunte Schaufenster, pünktliche, öffentliche Verkehrsmittel, Begegnung mit Menschen aus verschiedenen Kulturen und Lebenswelten sowie ständigen Wandel gewöhnt war, eine schier unerträgliche Monotonie. Zu allem Überfluss wurde die jungendliche Ehefrau schwanger, bevor sie auch nur eine geringe Chance gehabt hätte, sich einzugewöhnen.

Es dauerte auch nicht lange, da hatte sie sich so sehr mit ihrem Ehemann und dessen Familie zerstritten, dass die von schrecklichem Heimweh geplagte werdende Mutter allen Mut zusammennahm, sich trennte und fluchtartig zu ihrer Ursprungsfamilie nach Deutschland zurückkehrte. Kurze Zeit später brachte Hatun Aynur ihren Sohn Can zur Welt. Für sie begann nun ein völlig neuer Lebensabschnitt, weshalb sie sich selbst den zweiten Vornamen Aynur (Mondlicht, hell leuchtend wie der Mond) gab. Nach der Geburt lebte die junge Mutter für kurze Zeit gemeinsam mit dem Säugling im Haushalt ihrer Eltern.

Als streng gläubige Muslima sozialisiert, kannte Hatun Aynur die extrem traditionellen Ansichten über Familie, Mutterschaft, weibliche Lebensentwürfe und Geschlechterrollen, doch konnte sie sich als selbstbewusste, autonome Persönlichkeit diesen Vorschriften nicht unterwerfen. Besonders widerstrebte ihr die in diesen Familienstrukturen übliche Kontrolle über unverheiratete Frauen. Konnte sie früher durch den Schulbesuch wenigstens zeitweise ausweichen, war sie jetzt, als ledige Mutter ohne Schutz ihres Ehemannes, den sie ohne einen von der Scharia erlaubten Entschuldigungsgrund verlassen hatte, einer jede Individualität und jeden Freiraum einschränkenden Verhaltensdoktrin unterworfen. Diese symbolischen Fesseln des Gefängnisses Familie konnte sie nicht auf Dauer ertragen, verließ auch ihre Ursprungsfamilie im Streit und zog mit ihrem Baby in ein Wohnheim für junge Mütter.

Zum ersten Mal in ihrem jungen Leben wirklich frei von Überwachung und gängelnder Bevormundung, bemühte sich Hatun Aynur ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und zu organisieren. Brauchte sie zu Anfang noch psychologische und sozialpädagogische Unterstützung, gelang es ihr zunehmend besser, Eigenverantwortung zu übernehmen. Neuen Herausforderungen wie der Führerscheinprüfung stellte sie sich zunehmend selbstsicher, der bestandene Hauptschulabschluss, den sie nachgeholt hatte, war ein besonders wichtiger Meilenstein in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. War ihr langes, dichtes Haar zu diesem Zeitpunkt noch gänzlich mit einem Kopftuch bedeckt, lehnte sie von da an das Tragen eines Schleiers ab, verbannte die fußlangen Mäntel und unvorteilhaften Kittel in die Mottenkiste, kleidete sich modern, schminkte sich manchmal, schnitt die Haare kurz und tönte sie.

Nun fühlte sie sich stark genug, eine eigene Wohnung zu suchen, begann eine Lehre als Elektroinstallateurin und fand in dem von Männern dominierten Beruf schnell ihren Platz. Sie schloss die Lehre erfolgreich ab und stand Anfang 2005 sogar kurz vor ihrer Gesellenprüfung. Vier Jahre hatte sie trotz der zusätzlichen Belastung als berufstätige Hausfrau und alleinerziehende Mutter durchgehalten, soviel Energie, Zielstrebigkeit und Lerneifer bringt nur jede(r) zweite Jugendliche trotz günstigerer Lebensumstände auf. Sie war so stolz auf sich, aus eigener Kraft ihr Leben zu meistern, dass sie auch ihre Familie an ihrer Freude Anteil nehmen lassen wollte und wieder Kontakt aufnahm, obwohl sie von Freunden gewarnt worden war. Es lag der mutigen Pionierin wirklich viel daran, von ihren Eltern und Geschwistern nicht als widerspenstige Rebellin und missratene Tochter/Schwester, sondern als eigenständiger, entscheidungsfähiger Mensch mit dem Anrecht auf eine individuelle Biographie akzeptiert zu werden. Sie ging daher das Risiko ein, die Schwestern hin und wieder zu sich einzuladen.

Später gelang es ihr sogar, das Verhältnis zur Mutter zu bessern und sich mit ihr öfter in einem Café zu treffen. Sie hatte dann meist auch ihren Sohn mit. Nach einiger Zeit besuchte der Junge die Großeltern regelmäßig in deren Wohnung. Dass sie selbst, wenn sie Can brachte oder abholte nicht mit herauf kommen durfte, sondern vor der Tür draußen warten musste, kränkte sie zwar, doch nahm sie es hin und hoffte auf die Zukunft. Schließlich hatte sich in den letzten Monaten die Beziehung zu den Verwandten unerwartet positiv verändert, warum sollte da eine weitere Normalisierung ausgeschlossen sein? Diese Einschätzung war allerdings sehr optimistisch und ließ außer Acht, dass Menschen sich und ihre Einstellungen nur dann zu ändern bereit sind, wenn sie einen Gewinn darin sehen, sich die Mühe zu geben, Eingeübtes, leicht von der Hand Gehendes aufzugeben und Neues zu wagen. Hatun Aynurs Gewinn war Freiheit und Lebensqualität im Hier und Jetzt. Ein solcher, wie auch immer gearteter Bonus war für die Familie nicht sichtbar.

Can, mittlerweile fünf Jahre alt, war der stark an die Mutter gebundenen Kleinkindphase entwachsen. Seine Aufnahme in die ‚muslimischen Männerwelt‘, symbolisiert durch das islamische Beschneidungsritual, die Sünnet, stand nun kurz bevor. Nach der Sunna, sozusagen dem ‚Knigge‘ für eine Allah wohlgefällige Lebensweise, war nun die Ablösungsphase von der Mutter und den miterziehenden weiblichen Familienmitgliedern vorgesehen, die Verantwortung für die Vorbereitung auf ein Leben als gottesfürchtiger Moslem lag nun bei den männlichen Verwandten, die künftig seine häufigsten und engsten Bezugspersonen werden sollten. Deshalb das starke Interesse der Familie an den Besuchen des Jungen, ein in diesem Moment besonders willkommenes Faustpfand für die Tradierung ihrer Lebenskonzepte.

Das für konservativ denkende Muslime provokant individualistische Auftreten ihrer ältesten Tochter/Schwester gefährdete die patriarchale Hierarchie und stellte die lebensfeindliche, ausschließlich auf die Freuden im Jenseits orientierte Auslegung des Islams in Frage. Die Gefühlskälte und Distanz, die dem ’schwarzen Schaf‘ der Familie entgegen gebracht wurde, erleichterte einerseits den Umgang mit der Tochter/Schwester, die sie irgendwie doch liebten, andererseits resultierten sie aus der Verachtung deren Person. Zumindest der Vater und die älteren Brüder hatten den mittlerweile wieder häufigeren telefonischen und den meist auf die engsten weiblichen Verwandten beschränkten persönlichen Kontakt lediglich billigend in Kauf genommen.

Hatun Aynur hatte ihre Aufgabe als Söhnchenfabrik (Hirsi Ali) und Garantin einer natürlichen, gesunden psychischen und physischen Entwicklung des Kleinkindes Can erfüllt. Als wichtige Sozialisations- und Erziehungsinstanz weiterer Nachkommen war die junge Frau nach Ansicht ihrer zahlreichen konservativen Verwandten denkbar ungeeignet. Die experimentierfreudige, junge Berlinerin weigerte sich selbstbewusst, die ihr im Clan verpflichtend zustehende Rolle in der kulturell-vormodernen, fundamentalistisch-religiösen Weise ihrer Eltern auszufüllen. Ohne traditionelle Rollenzuteilung, die ihrerseits dazu dient, überlieferte Verhaltensmuster und Handlungsoptionen weiterzugeben, eine damit nicht unwichtige Aufgabe jeder Frau im Patriarchat, war sie wertlos und sogar eine Bedrohung für die vormodernen Lebenskonzepte sowie deren Festigung und Weitergabe. Sie war eine ständige Gefahr für die fetischisierte Familienehre.

Die Sürücüs standen daher nicht nur durch den nordanatolischen Zweig ihres Clans unter hohem moralischem Druck. Ihr Selbstverständnis von Pflicht, Anstand und Ehre wurde durch uralte Stammesgesetze und einem streng an Koran, Sunna und Scharia orientierten Islam stark geprägt. Von der Richtigkeit und Allgemeingültigkeit ihrer fundamentalistischen Glaubensauslegung überzeugt, wiesen sie jede liberalere Deutung des ‚heiligen Buches der Muslime‘ als Häresie weit von sich. Versetzt man sich in ihre Denkstrukturen, hätten sie tatsächlich in erzieherischer Hinsicht als Eltern und miterziehende ältere Geschwister total versagt, aber auch als Gläubige, vor sich selbst, vor der muslimischen Gemeinde und vor Allah sich schwer versündigt. Es war ihnen nicht gelungen, die von ihnen gelebten Traditionen an ihre älteste Tochter weiter zu geben, damit Hatun Aynur sie an ihre Kinder weitergibt. Da Frauen sowieso äußerst selten ins Paradies kommen, sie verbreiten angeblich Fitna und seien unrein, würden vor allem die Männer ihr ersehntes Ziel, das Paradies, gefährden, wenn sie untätig zuschauen würden.

Die junge Frau verletzte die Namus-Ehre beider Familien, indem sie durch nicht religiös abgesegnete Entschuldigungsgründe (z.B. Unfruchtbarkeit) die Trennung von ihrem Mann eigenmächtig durchführte. Als besonders dreist wude empfunden, dass die Abtrünnige nun wieder in der Kreuzberger Community zu lebten wagte, wo man ihre Eltern und Brüder natürlich gut kannte, zumal Hatun Aynur es riskierte, nach der Geburt ihres Sohnes sich im Streit auch von ihnen, ihrer Ursprungsfamilie, zu trennen, um beruflich wie privat sehr neue Wege zu gehen. Das alles erhöhte die Unzufriedenheit und den moralischen Druck, dem die Familie sich selbst aussetzte, der aber auch von Außenstehenden an sie weitergegeben wurde. Hier war nicht nur die ‚Ehre‘ zweier Familien auf besonders respektlose Weise gekränkt worden, sondern die Ümmet (Umma), der Islam und damit Gott. Ein Hadd-Vergehen, das laut Scharia die Tötung nach sich ziehen kann. Tatsächlich nahm spätestens mit der beginnenden Ablösung Cans aus dem alleinigen Schutz und Verantwortungsbereich seiner Mutter eine verhängnisvolle Entwicklung ihren kaum mehr aufzuhaltenden Ablauf.

Vermutlich hat der Familienrat, veranlasst durch die kurz bevorstehende finanzielle Unabhängigkeit bei Überreichung des Gesellenbriefes an die zielstrebige, integrationswillige junge Frau, in einer heimlich abgehaltenen Sitzung den baldigen Tod der 23jährigen beschlossen, deren einziges ‚Vergehen‘ es war, als deutsche Staatsbürgerin kurdischer Abstammung zu leben wie eine Deutsche. Üblicherweise sind bei Morden wegen Hadd- bzw. Namus-Vergehen mehrere Verwandte, meist die Brüder, beteiligt. Das verteilt die Schuld auf mehrere Schultern, stärkt die verschworene Gemeinschaft, den Männerbund, und … macht voneinander abhängig: Jeder Einzelne ist durch den anderen erpressbar. Meist meldet sich ein Minderjähriger oder gerade Achtzehnjähriger ‚freiwillig‘, das Verbrechen durchzuführen, weil Jugendliche und in der Regel auch noch Heranwachsende (bis 21) wegen der als geringer einzuschätzenden Einsichtsfähigkeit nach dem deutschen Jugendstrafrecht verurteilt werden und mit weniger harten Strafen zu rechnen haben.

Nach den Ermittlungen der Polizei und den Aussagen in der folgenden Hauptverhandlung lief wahrscheinlich auch in diesem Fall alles nach diesem alt bekannten Schema ab. Danach hat der älteste Bruder, Mutlu, die Pistole besorgt, der mittlere stand wohl Schmiere, der jüngste, Ayhan, gerade achtzehnjährig, hat seine Schwester erschossen. Warum Ayhan seine Freundin Melek, die er heiraten wollte, in das Mordkomplott einweihte, ist unbekannt. Vielleicht belastete ihn die Vorbereitung der Tat so sehr, dass er mit jemandem reden musste, dem er vertraute, vielleicht war es Taktik, weil Ehefrauen nicht aussagen müssen. Systemisch dürfte hoch willkommen sein, dass die Mitwisserin (Melek) nun genau weiß, was ihr im Falle verweigerten Wohlverhaltens drohen würde. Ayhan fragte Melek, ob sie bereit sei, ihn nach der Tat zu heiraten und mit ihm gemeinsam Can, Hatun Aynurs kleinen Sohn, aufzuziehen. Wie die junge Berlinerin im späteren Prozess aussagte, meinte sie sich verhört zu haben. Der vor einer Sekunde noch so vertraute, geliebte junge Mann erschien ihr plötzlich völlig fremd. Sie musste sich verhört haben. Doch da zeigte ihr Ayhan die Einschusslöcher in dem alten Blechmülleimer.

Ihr angebeteter zukünftiger Ehemann ein Mörder? War der attraktive junge Mann, den sie anhimmelte, ein potentieller Schwesternmörder? Wollte er ihr mit den Löchern im Eimer beweisen, wie ernst es ihm mit dem geplanten ‚Ehrenmord‘ war? Wollte er sie gar einschüchtern? In welche Familie war sie im Begriff einzuheiraten? Sie wusste, wie strenggläubig die Sürücüs waren, doch die eigene Schwester zu töten, weil sie vorzog, wie eine Deutsche zu leben? Wer in der Familie wusste Bescheid, war Hatun Aynurs kleine Schwester Arzu, die damals ihre beste Freundin war und durch die sie Ayhan erst kennen gelernt hatte, eingeweiht? Wie oft sagt man wütend, die oder den könnte ich umbringen, führt die Tat jedoch nicht aus! Glaubhaft, dass Melek nicht wusste, was sie denken sollte. Total verzweifelt beschloss die junge Frau mit niemandem zu reden. Auch wagte sie nicht, Arzu ins Vertrauen zu ziehen, natürlich hätte die künftige Braut sofort bei der Polizei aussagen müssen. Sie schwieg.

Vielleicht sagte sie auch nicht aus, weil sie schreckliche Angst um ihr eigenes Leben hatte, immerhin war der achtzehnjährige junge Mann in Besitz einer Schusswaffe und plante einen Mord. Würde man ihr überhaupt glauben? Welche Beweise hatte sie? Einen durchlöcherten Mülleimer? Lächerlich! Den kann jeder als Zielscheibe benutzt haben. Sie hatte weder gesehen, dass ihr künftiger Schwager Mutlu die Waffe besorgt hatte, noch war sie Augenzeugin bei den Schießübungen. Selbst wenn Ayhan persönlich den Müllbehälter verbotener Weise für Zielübungen zweckentfremdete, eine Tötungsabsicht ließ sich damit allein sicher nicht beweisen. Wie hätten die Sürücüs reagiert, wenn Melek, die als zukünftige Schwiegertochter galt, auf Grund eines vagen Verdachtes Sohn Ayhan, ihren künftigen Verlobten, angezeigt hätte? Sicher hätte der Ehemann ‚in spe‘ seine künftige Braut verachtet. Wäre die Polizei in der Lage, sie zu schützen, wenn der Verdacht sich als stichhaltig erweisen würde? Ähnliche Gedanken müssen Melek durch den Kopf gegangen sein. Sie muss sehr verzweifelt gewesen sein.

Am 7. Februar 2005, kurz vor 21 Uhr wurde Hatun Aynur Sürücü an der Bushaltestelle vor ihrer Wohnung auf offener Straße durch drei Schüsse aus nächster Nähe von ihrem Bruder Ayhan niedergeschossen und getötet.

Man hatte alles bis aufs Kleinste geplant. Wie wir wissen, war auch die Zukunft des kleinen Jungen geregelt. Am Tag nach dem Mord waren Ayhan und Melek verabredet. Wie die verzweifelte junge Frau, die vom gewaltsamen Tod Hatun Aynurs gehört hatte, später in der Verhandlung zugibt, habe sie zwar Böses ahnend, jedoch noch immer völlig ungläubig ihren Freund gefragt, ob er den Mordplan tatsächlich ausgeführt habe. Dieser gab die Tat zu. Nach der neuen goldenen Uhr gefragt, antwortete der Schwesternmörder, er habe den Wertgegenstand am Mordabend auf seinem Nachttisch gefunden. Was in diesem Moment in der jungen Frau vorgegangen sein muss, die um die Bedeutung eines solch kostbaren Geschenkes wusste, können wir nur ahnen. Sicher ist, dass sie noch größere Angst gehabt haben muss, weil sie immer noch nicht zur Polizei ging. Als sie wenige Tage nach dem Mord ihren damaligen Freund auf dessen Wunsch zur Polizei begleitete, wurde auch sie befragt. Sie sagte zunächst nicht alles, was sie wusste. Nur weil ihre deutschstämmige Mutter, die Melek von der Polizei abholte, die, wie sie bei Gericht zu Protokoll gab, ihre Tochter noch nie in einem solch erbärmlichen Zustand, schneeweiß im Gesicht und total verstört, ausfragte, war die Jugendliche der emotionalen Belastung nicht mehr gewachsen und brach ihr Schweigen. Erst jetzt traute sich Melek, die volle Wahrheit auch der Polizei zu Protokoll zu geben.

In dem anschließenden Prozess vor dem Berliner Landgericht sagte die ehemalige Freundin des Täters, geschützt durch eine kugelsichere Weste und drei Polizeibeamte in Zivil, als Hauptbelastungszeugin aus. Alles, was wir über Tatvorbereitung und Tatmotiv wissen, haben wir wieder einmal zwei Frauen zu verdanken, die, obwohl ihr Leben total aus den Fugen geraten ist und sie im Zeugenschutzprogramm leben, den Mut aufbrachten, die Mauer des Schweigens zu brechen und uns Einblick in eine vormoderne soziale Sphäre zu geben parallel zu unserer ‚Welt‘ der kulturellen Moderne.

Solange die islamische Geistlichkeit nicht alternative Sichtweisen und sogar das Abtrünnig-Werden aus der Religion ausdrücklich gestattet, so lange wird die muslimische Wagenburg der Großfamilie ihren Kindern das Beschreiten eines eigenen Lebensweges untersagen.

Die säkulare freiheitliche Demokratie muss universelle Menschenrechte durchsetzen und darf Niemandem, auch keinem Kollektiv, Sonderrechte gewähren. Internationale Frauentage und Aktionstage gegen häusliche Gewalt dürfen keine Schaufensterveranstaltung sein.

Ümmühan Karagözlü

Gewalt gegen Frauen gerade in muslimischen Familien

November 19, 2007

Auch ich bin es so leid …

immer wieder von häuslicher Gewalt lesen und hören zu müssen, gegen wen auch immer sie gerichtet ist, von wem auch immer sie ausgeht. Als Frau trifft mich natürlich besonders Diskriminierung, Brutalität und Gemeinheit gegen Frauen.

Vor allem bereitet mir großes Unbehagen, wie man über dieses Thema spricht oder besser nicht spricht. Wie man damit umgeht, oder besser nicht umgeht. Bisher jedenfalls.

Da werden deutlich sichtbare Hämatome überschminkt, Ausreden erfunden, man gibt sich selbst die Schuld, man hat doch selbst provoziert, das ‘Just World Denken’ der Anderen bestätigt, dass an einem Streit nie nur einer Schuld ist. Im Treppenhaus wird getuschelt, die Opfer schämen sich, schweigen verdrängen oder verharmlosen, trauen sich nicht Anzeige zu erstatten.

Vor allem Frauen sind Ziel von verschiedensten physischen, psychischen und verbalen Übergriffen. Besonders hilflos sind Kinder und wieder sind es vor allem Mädchen, die von sexueller Gewalt, einer besonders perfiden, eindeutig männlich dominierten Gewaltform bedroht sind.

Auch ich weigere mich, politisch korrekt verschweigen zu müssen, dass Gewalt in Familien und binationalen Ehen besonders oft von muslimischen Tätern ausgeht. Ich werde auch nicht verschweigen, dass die weiblichen Opfer wesentlich häufiger aus dem islamischen sozio-kulturellen Hintergrund stammen, dass sogar die Gefahr, Opfer solcher erniedrigenden Attacken zu werden, bei Frauen mit islamischem Glaubensbekenntniss eklatant höher ist.

Offensichtlich sind muslimische Frauen und Mädchen durch zusätzliche, besonders patriarchale, vormoderne Gewalt wie Verschleierung, Steinigung, Zwangsverheiratung, Genitalverstümmelung, Jungfäulichkeitskult und Ehrenmord bedroht.

Allen, die sich zum Thema Gewalt an Frauen informieren wollen, empfehle ich die Homepage http://www.terre-des-femmes.de/ .

Übrigens starten rund um den 25. November Aktionen zur Kampagne ’Gewalt gegen Frauen ist Alltag‘. Sicherlich ist dies eine gute Gelegenheit Farbe zu bekennen und jede Form von Gewalt an Frauen öffentlich zu ächten. Infos ebenfalls bei terre des femmes.

Ümmühan Karagözlü

Unheilige Allianz. Wie subventioniertes Gutmenschentum und islamischer Fundamentalismus sich bestens arrangieren

November 9, 2007

Integrationspoker

ük. Gestern stieß ich beim Surfen auf einen Artikel im Online Flyer Nr. 107 der Neuen Rhein Zeitung vom 08.08.2007, der mir so interessant erscheint, dass ich dazu Stellung nehmen möchte. Arzu Toker bekennt sich darin zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und setzt sich dafür ein, das Recht auf Individualität und Freiheit für alle Menschen zu verteidigen bzw. durchzusetzen. Die Rahmenbedingungen zur Erhaltung und Erweiterung dieser maßgeschneiderten Handlungsspielräume, die wesentlich zur Verbesserung der Lebensqualität aller Beteiligten beitragen, sind im Grundgesetz festgelegt, das für jede/n qua Geburt gleichermaßen gilt, schreibt die Kölner Journalistin. Menschenwürde sowie die sich daraus ableitenden Grundrechte auf individuelle Entfaltung der Persönlichkeit und Freiheit sind allgemeingültig und unveräußerlich. Eine „Sonderbehandlung“ aufgrund eines andere ausschließenden Identifikationsmerkmals (Rasse, Religion…) verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 3 GG, betont die Autorin interessanter Bücher und viel beachteter Hörspiele.

Mit diesem eindeutigen Statement zur Allgemeingültigkeit der Grundrechte erteilt die zweite Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime dem gutmenschelnden Multikulti-Fanklub eine deutliche Abfuhr. Sie enttarnt den islamophilen Kuschelkurs der Altachtundsechziger und ihrer Anhänger als eurozentrischen Kulturrelativismus, der einen gleichberechtigten, Gemeinsamkeiten betonenden Dialog auf Augenhöhe verhindert. Die zivilcouragierte Apostatin setzt sich in dem genannten Artikel heftig zur Wehr gegen den Eifer, mit dem Gutmenschen sich gegenseitig darin zu übertreffen versuchen, durch aufopfernde Xenophilie die Bedürfnisse, Rechte und Freiheiten der kulturellen Moderne zu Gunsten einer patriarchalen Alltagskultur des Frauenhasses zu verraten. Sie macht darauf aufmerksam, dass die AltbürgerInnen auf diese Weise in vorauseilendem Gehorsam dazu beitragen, die bereits bestehenden Parallelkulturen auszubauen und zu zementieren.

Mit ihrer Politik des Appeasement und der nahezu grenzenlosen Toleranz idealisieren, restaurieren und verteidigen die oftmals selbsternannten SchutzpatronInnen der Töchter und Söhne Allahs die Andersartigkeit der MuslimInnen, schreibt die zivilcouragierte Toker.. Sie unterminieren mit dieser Bevormundung jeden Versuch der MigrantInnen, ihr Selbstverständnis die persönliche Lebensgeschichte und ihre bisherige Sozialisation kritisch zu hinterfragen. Gutmenschen verunmöglichen mit ihrer die kulturellen Unterschiede verherrlichenden Haltung gegenüber ZuwanderInnen einerseits und der unbeirrbaren, autoritären Bevormundung Andersdenkender der Mehrheitsgesellschaft andererseits eine sich emanzipierende Persönlichkeitsentwicklung der NeubürgerInnen. Ohne Empowerment und Befreiung aus der erdrückenden Umklammerung des Koran genauso wie aus dem zu Tode Umarmen der vornehmlich rot-grünen multikulturellen KulturrelativistInnen werden konservative, rechte LegalistInnen und deren AnhängerInnen ohne jegliche demokratische Opposition weiter am Staat im Staate bauen.

Der Kulturrelativismus, synonym Differenzialismus, ist eine Philosophie, die den Pluralismus der Kulturen herausstellt. Sie ist die Antithese des Universalismus und geht von der Voraussetzung aus, dass bestimmte kulturelle Verhaltensregeln nur aus ihrem eigenen Kontext heraus verstanden werden könnten. Moralprinzipien und Traditionen könnten daher nicht aus dem Blickwinkel anderer Wertesysteme und Gesellschaftsformen verglichen oder gar bewertet werden. VerfechterInnen dieses Prinzips lehnen es daher ab, zu fremden Sitten und Gebräuchen Stellung zu nehmen, ohne sie in Bezug auf die Gemeinschaft, in denen sie gepflegt werden, zu betrachten.

KulturrelativistInnen gehen davon aus, dass Moralvorschriften, Verhaltensregeln und Riten durch den Sozialisationsprozess, den jeder Mensch während seiner Entwicklung durchläuft, erarbeitet werden. Diesen Prozess der Persönlichkeitsbildung und Eingliederung in die Gesellschaft nennen sie Enkulturation. BefürworterInnen dieser Theorie sind davon überzeugt, dass niemand Werte internalisieren kann, ohne seine eigene Enkulturation einzubeziehen. Folgt man dieser Argumentationskette, wäre es utopisch und egozentrisch, Menschen, deren Sozialisation zu einem großen Teil in Theokratien und undemokratischen Staaten stattgefunden hat, abzuverlangen, sich in unser säkulares Gesellschaftssystem einzugliedern sowie die Allgemeingültigkeit des StGB und der Menschenrechtscharta anzuerkennen. Beide Seiten, die AltbürgerInnen und Neuankömmlinge gingen zunächst von der Vorläufigkeit des Aufenthalts hier aus, worauf die damals übliche Bezeichnung ‚Gastarbeiter‘ auch hinweist. Für die Wirtschaft, Wissenschaft und Politik bestand also kein Grund das beschriebene Enkulturationsmodell auf Langfristigkeit und Nachhaltigkeit zu durchdenken.

Für viele UniversalistInnen wie Arzu Toker fördert die Theorie des Kulturrelativismus eine rassistische Denkweise, ohne seine ProtakonistInnen als RassistInnen diskreditieren zu müssen. Sie tarnt sich perfekt mit dem Denkmantel des informierten, verständnisvollen Gutmenschen, der oberflächlich betrachtet, kompetente klientenzentrierte politische und soziale Arbeit verrichtet. Diese Dhimmitude arbeitet jedoch nicht nur kongenial IslamistInnen und zu Allah konvertierten Deutschen in die Hände, die mit ihrem Märchen vom „europäischen Islam“ in legalistischer Manier versuchen, die FDGO auszuhöhlen (s. Düsseldorfer Landgericht: Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen bestätig). Auch bekennende RassistInnen würzen ihre Suppe mit dem gleichen Salz, indem sie die von der Gegenseite idealisierte Andersartigkeit mit negativen Vorzeichen versehen.

Multikulturelle Gutmenschen leugnen bei Menschenrechtsverletzungen, die im Namen Allahs begangen werden das ‚Tatmotiv Islam‘ solange dies möglich ist, danach verschweigen sie nicht selten einen Zusammenhang und wenn schließlich niemand mehr an einem Zusammenhang zweifeln kann, spielen sie ihn herunter. Toker argumentiert, der Erhalt des Islams, wie ihn beispielsweise die rechtskonservative Milli Görüs vertritt, sei im ureigensten Interesse der KulturrelativistInnen, weil er garantiert, ‚dass „jene Fremden“ fremd bleiben und sich nicht unter „ihresgleichen“‘ mischen werden‘. Sollte der Multikulti Fanklub sich tatsächlich diesem Denken verschrieben haben, muss ich die Damen und Herren jedoch enttäuschen. Dieser rassistische Plan, sollte er denn bestanden haben, ist gründlich schief gelaufen. Muslimischen Mädchen ist es in der Regel zwar strikt verboten einen Ungläubigen zum Freund zu haben oder zu heiraten, bei ihren Brüdern jedoch wird es nicht ungern gesehen, wenn sie deutsche fünfzehn-, sechzehnjährige Mädchen schwängern. Nicht selten werden diese aber nur benutzt, um sexuelle Erfahrungen zu sammeln, eine Ehe mit einer Dhimmi wird in der Regel nur geduldet, wenn diese konvertiert.

Sicher ist jedoch, dass sich mit kultursensibler Attitude gut Geld verdienen lässt, da so lange finanzielle Mittel in Migrationsforschung und Integrationsprojekte fließen, wie der ‚Untersuchungsgegenstand‘ fremd bleibt. Nachdem AltbürgerInnen wie MigrantInnen ca. 1980, nicht zufällig in den Jahren der Konsolidierung des iranischen Gottesstaates, klar wurde, dass mit einer Rückwanderung der ‚Gastarbeiter‘ nicht mehr zu rechnen war, viele hatten mittlerweile ihre Familien nachgeholt, missbrauchten beide Parteien die veränderte Situation für den jeweils eigenen Zweck. Dabei arbeiteten sich beide Seiten ebenso kongenial wie verhängnisvoll zu, indem MigrantInnen, radikalisiert durch die iranische Revolution, die jetzt betont selbstgewählte Fremdheit kultivierten während die AltbürgerInnen sich selbst beauftragten, durch immer neue kostspielige Projekte mit kulturrelativistischem Konzept einerseits den Anschein aufrecht erhielten, sich aufopfernd um die Einbürgerung der Muslime zu bemühen, in Wirklichkeit aber alles daransetzten, die bestehende Kluft zwischen Alteingesessenen und NeubürgerInnen zu zementieren, um ihre Pfründe zu sichern.

Ümmühan Karagözlü

Islamkritisches Lied. Für Hatun

Oktober 19, 2007

Der Pfahl der Scharia

Hatun Aynur aus Kreuzberg

1.

Hatun, die wollte es wagen

nach Freiheit stand ihr der Sinn

wollte kein Kopftuch mehr tragen

Lebenslust war ihr Gewinn.

Siehst du Pfahl der Scharia,

mit unsern Fesseln umschnürt?!

brechen wir jede Taqiyya:

ran an ihn – dass er sich rührt!

Du kommst zu mir – ich helfe dir!

Wir spüren Leid bei ihm und ihr.

Nur für ein selbst bestimmtes Leben

lohnt sich der Kampf. Das wissen wir.

Der Ruf nach Freiheit nie verhallt,

er bringt zusammen Jung und Alt.

Zukunft sich selber aufzubauen,

nicht irgendwann, vielmehr schon bald.

2.

Hatun war sechzehn. Die Eltern

fanden für sie einen Mann,

zwangen sie auch zu der Heirat

weit weg, in Nord-Kurdistan.

Und von dem Mann ward sie schwanger,

sah ihre Träume entflieh`n.

Sie floh die kurdischen Berge,

sie floh zurück nach Berlin.

Sie löste mutig ihr Kopftuch,

nahm Zuflucht im Frauenhaus,

suchte sich selber die Freunde,

da blieb die Drohung nicht aus.

Sie ging im Handwerk zur Lehre

stolz war sie auf`s eig`ne Geld.

Da sprach der Rat der Familie:

Nun sind Pistolen bestellt.

Refr. (leise)

Du kommst zu mir – ich helfe dir!

3

Februar war es, der siebte,

drei Mal der Schuss wiederhallt:

erst dreiundzwanzig, das war sie,

ihr Kind erst fünf Jahre alt.

Wer hielt die tödliche Waffe?

Wen soll bestrafen der Staat?

Drei ihrer Brüder verhaftet,

Einer gestand jene Tat.

Hatuns Tod, der muss dir sagen:

Geh keinen Meter zurück!

Nicht erst die Männerwelt fragen!

Zögern bricht dir das Genick.

Mögen sie zetern von “Schande!“,

kreischen “Ayip!“ schrill und laut.

Brich starrer Tradition Bande:

frei ist nur, wer sich vertraut.

Refr. (laut)

Du kommst zu mir – ich helfe dir!

Text gruppe pik 2007. Für Hatun Sürücü, die 2005 erschossen wurde. Gesungen wird dieses Lied auf die weltweit bekannte Melodie des antifaschistischen Liedes “L`estaca“ vom katalanischen Komponisten Lluís Llach