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Warum Polizei-Einheiten in Staaten der kulturellen Moderne, anders als in archaischen Stammesgesellschaften, niemals ethnisch bzw. ethno-religiös orientiert sein dürfen

Oktober 14, 2007

Polizeiliches Arbeiten in

Moscheen

Polizeispitzel

in Moscheegemeinden?

Jacques Auvergne

Bülent Arslan vom Deutsch-türkischen Forum (DTF) der nordrhein‑westfälischen CDU will den ethnisch bzw. ethno‑religiös eingebundenen Polizeibeamten? Diese schräge und gefährliche Idee kann der säkularen Demokratie kein Zukunft weisendes Modell sein

Bülent Arslan vom Deutsch-türkischen Forum der CDU in Nordrhein‑Westfalen fordert eine muslimische Polizei‑Einheit. Das klingt wie ein origineller Einfall zur polizeilichen Gemeinwesenarbeit bzw. zum polizeilichen City-Management.

Zugleich wäre es ein Novum, solche «betenden Türken im Dienst». 150 bis 200 Beamte, so Arslan, sollen eine türkisch‑muslimische Polizei‑Einheit formieren und im Milieu der Moscheen ’Erkenntnisse gewinnen’. Arslan hält das bisherige Modell des Integrationsbeauftragten für gescheitert, so teilte er der WELT-online mit, sie seien nicht genug integriert.

Wolfgang Beus, Pressesprecher für Polizeifragen des nordrhein-westfälischen Innenministeriums, hält derlei jedoch richtigerweise schon fast für Spionage. „Wenn wir muslimischen Beamten sagen, sie sollen Erkenntnisse in ihren Gemeinden sammeln, geraten sie in einen Rollenkonflikt“, so Beus. Ob er als Privatmann oder Polizist zum Gebet geht, sei dann nicht mehr zu trennen. Auch ist Beus mit dem bisherigen Modell des Integrationsbeauftragten sehr zufrieden: „Mit dieser Methode haben wir gute Erfahrungen gesammelt“.

Der Vorsitzende der deutschen Polizei-Gewerkschaft, Rainer Wendt, nennt den Vorschlag Arslans „absurd“. „Mit einer muslimischen Polizei-Einheit wird ein völlig falsches Signal gesendet. Nämlich, dass wir einer Bevölkerungsgruppe besonderer Aufmerksamkeit schenken müssen. Und das wollen wir nicht.“ Es gebe andere Möglichkeiten, um Erkenntnisse über mögliche Terroristen zu gewinnen, etwa verdeckte Ermittler.

Ethnisch bzw. ethno-religiös aufgebaute Polizei-Einheiten wären der perfekte Staat im Staat. Ihre Mitglieder wären von der Ethnie bzw. Glaubensgemeinschaft stark erpressbar, professionelle Distanz jedenfalls würde fehlen. Arslans Vorschlag würde die Kluft zwischen Türken und Nichttürken in Deutschlands Stadtkernen womöglich noch mehr vertiefen. Das würde auf viele Jahre eine noch ausgeprägtere Parallelgesellschaft bzw. Gegengesellschaft aufbauen helfen.

Konflikte aus dem Ausland würden in gemeinsame Dienstbesprechungen mit nichtmuslimischen Polizisten bzw. nichttürkisch-stämmigen Polizisten hinein getragen. Die vielen kleinen ethnisch-kulturellen Spannungen jeder Zuwanderungsgesellschaft jedenfalls scheinen uns durch die von Bülent Arslan erträumte ’Türkenpolizei’ nicht vereinfacht sondern im Gegenteil unnötig verschärft.

Integration indes wäre der Ausweg, auch im Arbeitsleben: der türkischstämmige Kollege oder die türkischstämmige Kollegin mögen sich in den leitkulturellen und damit säkularen Kollegenkreis einfügen. Es gilt das Dienst- und Arbeitsrecht, Herr Arslan, nicht die hanafitische Scharia.

Übrigens hat Arslan dreierlei vergessen, vielleicht bezeichnend: eine alevitisch‑türkische NRW-Polizei sowie eine kurdische NRW-Polizei müssten dann ebenso her wie eine ex-muslimische NRW‑Türkenpolizei, wobei die zuletzt genannte dann allerdings nicht so gerne mit dem frommen Herrn Arslan mitbeten wird, jede Wette.

Und überhaupt, wenn der Polizist mal austreten will, ich meine nicht zum Pinkeln sondern aus der Religion, verliert er dann seinen Arbeitsplatz, frommer Herr Arslan? Soll das “religiöse Funktionieren” des supertürkischen Polizisten etwa Bestandteil des polizeilichen Dienstvertrages der säkularen deutschen Demokratie werden?

Zugegebenermaßen lösen sich im Kalifat solche Fragen einfacher als in der Demokratie.

Jacques Auvergne