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Hisba in der Dar al-Harb

März 16, 2009

Hisba in der dār al-harb

Politische Bildung gewandelt zur dawa

Ümmühan Karagözlü, Jacques Auvergne

Es geschah in Dortmund, im Dezember 2008. Willkommen beim auswärts organisierten Islamseminar unseres Instituts für Erwachsenenbildung und politische Bildung. Der erste Referent betrat die Bühne und begann: „Auf der Welt leben 1,2 Milliarden Muslime, in Deutschland 3,2 Millionen.“

Nanu, Muslime, nicht: Muslimisch geprägte Menschen? Das sollte uns zum Nachdenken bringen, denn das Risiko, Menschen, Staatsbürger in einer Art von Apartheid der Statistik in ethnoreligiöse Kollektive einzuteilen, ist jeder Benennung als „Muslime“, vor allem auch derjenigen, unausgesprochenen als Nichtmuslime, immanent. Damit aber arbeitet man den Parteigängern des Aufbaus kalifatsähnlicher Strukturen zu. „Diese Menschen haben schulpflichtige Kinder. Und diese brauchen Religionsunterricht.“ Aha. Die Theologisierung des Schulwesens.

Dem Auditorium wurde nahe gelegt, den Islamischen Religionsunterricht in Deutschland gutzuheißen, er sei der Integration förderlich, eine Begründung fehlte allerdings ebenso vollkommen wie ein Verweis auf die in (großen) Teilen grundrechtsfeindlichen namentlich frauendiskriminierenden Dimensionen der Gehorsam einfordernden islamischen Pflichtenlehre der Scharia. Allahs eigenes Gesetz, die Scharia, gilt Bosniens Großmufti Mustafa Cerić als ewig und unverhandelbar.

Der Wissenschaftler fuhr fort: „Religion hat größeren Stellenwert als bei den Deutschen“, nanu, die frommen Einwanderer beten für uns Gottlose? Die islamische Sunna-Doktrin eines manchmal geradezu sklavischen Wohlverhaltens sei eine „sehr religiöse“ Lebensweise? Der Referent wies auf die Bertelsmann-Studie hin, nach der unter Deutschlands Muslimen die Religion eine wachsende Bedeutung erlangt habe. Laut Bertelsmann sei der strenge Islam, bei nachweislich ausbleibendem Militarismus und Dschihadismus, geradezu integrationsförderlich zu nennen. Merkwürdig, dass die Studie des Innenministeriums (Brettfeld, Wetzels: Muslime in Deutschland[1]) zu einem ganz anderen Ergebnis kommt, dass nämlich 40 % der Muslime einem fundamentalistischen Weltbild anhängen, das von uns Staatsbürgern als demokratiefeindlich (und damit als weder schultauglich noch kindgerecht) bezeichnet werden muss.

„Sunniten sind religiöser als Aleviten. Vor allem die arabischen Sunniten leben eine starke Religiosität.“ Das ist schamlos irreführend: Die manchmal nicht ganz so sehr theokratisch orientierten Aleviten der Türkei werden auf diesem politischen Seminar durch einen Wissenschaftler als glaubensschwach herabgewürdigt, die eingewanderten Sunniten aus den Gegenden, in denen Frauen oder Nichtmuslime juristisch und sozial nahezu rechtlos sind, seien löblich spirituell und repräsentierten einen irgendwie reinen Islam, der von uns auch noch zu honorieren sei? Offensichtlich sollen sich Deutschlands türkeistämmige Menschen, zumal die Aleviten unter ihnen doch bitte ein Beispiel an den gottesfürchtigen Arabern nehmen.

„Religiosität wird an der Einhaltung der fünf Säulen sichtbar, am Befolgen der Speisevorschriften“, erklärte der promovierte Islamwissenschaftler, der sich damit die vormoderne Doktrin des Wohlverhaltens vollständig zu eigen macht und sich selber daran mitschuldig, Pflichtvergessene als unreligiös zu stigmatisieren. Aus dem Publikum daraufhin angesprochen, erklärte der Referent, den Religionsbegriff der Bertelsmann-Stiftung zu verwenden. Damit gibt der Referent zu, einen wenig wissenschaftlichen, einseitigen Begriff von Islam zu benutzen, wie er von einem Geldgeber verbreitet worden ist. Die Bertelsmann-Stiftung druckt (Schulbuch Saphir, Kösel-Verlag der Bertelsmann-Gruppe) die Schulbücher für den anvisierten flächendeckenden Islamischen Religionsunterricht und hat auf diese Weise ein finanzielles Interesse daran, den Islam zu beschönigen.

„Caritas und Diakonie spielen eine große gesellschaftliche Rolle“, fuhr der Islamexperte klagend und anklagend fort: „Das gilt auch für religiöse Schulen.“ Er schien also zu bedauern, dass es keinen islamischen Wohlfahrtsverband von der Relevanz der Caritas oder Diakonie gibt. Die erwähnten „religiösen Schulen“ hören sich nach evangelischer al‑Azhar oder katholischer Madrasa an, so etwas gibt es überhaupt nicht. Er meint wohl beispielsweise ein traditionsreiches, evangelisches oder katholisches Gymnasium, das seinen Schülerinnen und Schülern eine ebenso fundierte wie fundamentalismusfreie Ausbildung bietet. Der Referent könnte ebenso auf die der krypto-islamistischen Fethullah-Gülen-Bewegung zuzurechnenden Schulen anspielen, die er ja womöglich billigt[2].

„Wir brauchen Islamischen Religionsunterricht. 350.000 Schüler warten auf diesen Unterricht, das sind 6 % der Gesamtschülerschaft.“ Zur Grundrechtsverträglichkeit eines solchen Curriculums schweigt der Referent, auch zu dem zu erwartenden sozialen Druck auf die Mädchen, Kopftuch zu tragen oder die frauenfeindlichen Aspekte von Sunna und Scharia klaglos hinzunehmen. Ein versetzungsrelevanter Islamunterricht würdigt hoheitlich die Selbstunterwerfung des Kindes oder Jugendlichen unter eine vormoderne, antiaufklärerische Pflichtenlehre.

Aus dem Publikum warnte eine Dame vor dem Zustand in Berlin, wo die radikale Islamische Föderation Verkündungsunterricht betreiben darf. Da schaltete sich der anwesende professionelle Leiter des Bildungszentrums ein und beschrieb korrekt, wie sich die der extremistischen Milli-Görüş nahe stehende IFB in diese schulrelevante Position hinein geklagt hat, als „die schlechteste Lösung“, ein systematischer Islamischer Religionsunterricht werde solcherlei Wildwuchs verhindern und die Integration und den gesellschaftlichen Frieden fördern. Dem pflichtete der Referent bei, der die bekannten wenn auch bemerkenswert verwaschenen Aussagen der Politik wiederholte, der Islamische Religionsunterricht würde den oftmals verderblichen Einfluss der Koranschulen schmälern und sei für „die Identitätsbildung“ der jungen muslimisch geprägten Menschen bedeutsam. In Münster, Erlangen‑Nürnberg, Bayreuth und Osnabrück gebe es die Lehrstühle für die angeblich so notwendige Ausbildung islamischer Religionslehrer. Nach islamischem Fundamentalismus, nach der Doktrin der islamischen Gegengesellschaft und der geheiligten Abgrenzung von den als unrein geltenden Nichtmuslimen fragte unser Referent nicht.

„Ziel der islamischen Organisationen ist es seit einem Vierteljahrhundert, die Tradition und das kulturelle Erbe zu bewahren“ erläuterte unser Islamwissenschaftler. Aber Allāh hat einen anderen Plan, hätte Erbakan vielleicht entgegnet. „Ziel“ könnte ja durchaus sein, eine in Europa nie da gewesene und in der Türkei (noch) nicht umsetzbare nachdemokratische, theokratische Gesellschaftsform aufzubauen, die islamische Gesellschaft nämlich, das Imamat (Cerić) sprich Kalifat. Ob ferner mit „Tradition“ der koranische Antijudaismus und der Antisemitismus der 1928 gegründeten Muslimbruderschaft gemeint ist von der sich bislang noch keine Moscheegemeinde distanziert hat? Die IGD beispielsweise ist ein „Islamverband“. Sie gilt als Deutschlandorganisation der Muslimbruderschaft und baute das Islamische Zentrum München auf. „Das kulturelle Erbe bewahren“ – was, wenn zu dieser „Kultur“ Zwangsheirat, Cousinenheirat und Kinderheirat gehören? Oder die „ererbte Kultur“ des Verachtens der Ungläubigen und des Aufrufens zum gottgefälligen Ermorden jedes Islamapostaten? Unser Referent scheint diese Probleme für nicht so bedeutsam zu halten.

„Moscheegemeinden arbeiten in drei Dimensionen: Kulturell, religiös, sozial. Auch gibt es inzwischen Frauengruppen und Integrationskurse.“ Einmal davon abgesehen, dass Integrationskurse und Sprachkurse durch die deutsche Administration niemals an einer Moschee eingerichtet werden sollten, denn die Einwanderer sollen sich in die offene Gesellschaft integrieren, nicht in die islamische Gegengesellschaft. Es erscheint uns angesichts der Gehorsamsreligion Islam mit ihrer Sunna-Verhaltenskontrolle und ihrer geheiligten, angeblich ewigen Scharia-Pflichtenlehre als völlig verfehlt, zwischen religiös und kulturell beziehungsweise religiös und sozial andererseits zu unterscheiden.

Das ist ein Trick der Islamisten, auf den wir keinesfalls hereinfallen dürfen. Denn immer wenn es unbequem wird, sagen die Islamfunktionäre, Zwangsheirat (der walī mudschbir als der optional zwangsverheiratende Ehevormund islamischen Rechts) sei bedauerliche, unislamische Tradition (und keine scharī‘a oder sunna), Vergewaltigung von Unverschleierten oder so genannter Ehrenmord sei patriarchalische vorislamische Kultur (und kein Islam), oder sie sagen, die schafiitische FGM sei sozial erklärbar und nichtislamisch.

Dass jedoch alle Imame und Islamverbände zum walī mudschbir (Heiratsvormund mit Berechtigung zum Zwang), zur geheiligten Segregation und Apartheid (Meidung der Nichtmuslime und ihres Verhaltens) oder zum islamrechtlich einwandfreien Apostatenmord etwas ganz anderes sagen oder einfach schweigen, scheint gerade die kaltschnäuzig kulturrelativistischen Islamverteidiger aus Deutschlands Kirchen, Parteien, Hochschulen und Bildungszentren nicht zu interessieren. Deutschlands nichtmuslimische Intellektuelle werben angestrengt für die theokratischen Feudalstrukturen des Orients, vielleicht um öldollarfinanzierte Pfründe einzustreichen oder EU‑Subventionen oder beides. Mit islamwissenschaftlich verbrämter Islambeschönigung und mit militanter Islamverteidigung lässt sich in Kirche und Partei Karriere machen, die Verteidiger von universellen Menschenrechten namentlich Frauenrechten wirken dabei lästig störend und sind demzufolge einzuschüchtern.

Der eingekaufte Islamreferent fuhr fort: „DITIB betreibt 800 Moscheen, entsendet die Imame für vier Jahre nach Deutschland und ist durch ein staatlich‑laizistisches Islamverständnis gekennzeichnet.“ Das ist freilich zum einen seit zwei Jahrzehnten überholt, denn längst hat ein türkischer Islamismus alle Institutionen unterwandert und stellt mit dem wenig gehemmten Islamismus der AKP die Staatsregierung. Noch nicht einmal Mustafa Kemal genannt Atatürk war verlässlich antitheokratisch oder gar dezidiert antischariatisch, von ein paar großmäuligen Sprüchen („der Islam ist eine stinkende Leiche die unser Leben vergiftet“) einmal abgesehen. DITIB / Diyanet wird von Türkeikennern als die Verwaltung einer veritablen Staatsreligion angesehen. Dann wäre DITIB / Diyanet nichts als die ministerielle Ebene eines türkischen Kalifats, das nach außen mit der Maske modernster Technologie reichlich erpresserisch um den EU‑Beitritt buhlt. „Bedauerlicherweise haben die DITIB-Moscheegemeinden recht wenig Eigenständigkeit. Wir sollten ihre Steuerung durch die DITIB Zentrale kritisch betrachten.“ Der Islam ist die Lösung?

„Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG) ist die größte nichtstaatliche islamische Organisation in Deutschland. Sie wird vom Verfassungsschutz beobachtet und könnte ein Doppelspiel betreiben, Gesprächsbereitschaft nach außen vorspiegeln und intern antisemitische und antiintegrative Absichten predigen. Eventuell findet derzeit eine Bewegung zu mehr Demokratie und Transparenz hin statt.“ Von der extrem dualistischen Doktrin Erbakans (adil düzen – batil düzen) redet der Islamwissenschaftler nicht, auch nicht davon, dass die Clans Erbakan und Abidin der Muslimbruderschaft verbunden waren und sind.

„Der Verband der Islamischen Kulturzentren oder VIKZ ist hierarchisch-zentralistisch organisiert und betreibt Internate und Schulen.“ Aus dem Publikum wurde eingeworfen, dass in Deutschland doch etliche illegale Internate und Schülerwohnheime des VIKZ geschlossen werden mussten. Der Vertreter des Bildungszentrums mischte sich ein und betonte, dass einige Internate aber immer noch laufen würden. Darauf meinte der Referent zusammenfassend: „Die schotten sich ab.“ Das streng islamische Gedankengut des im VIKZ verehrten Naqschbendi-Scheichs Tunahan, einst Prediger unter anderem an der Istanbuler Blauen Moschee (so genannte Süleymancılar-Bewegung) fand keine Erwähnung, auch nicht, dass die Marburger Turkologin Dr. Ursula Spuler‑Stegemann den VIKZ für absolut integrationshemmend hält und ihm die Lehre eines strengstens Scharia‑orientierten Islam bescheinigt[3].

„Den Zentralrat der Muslime (ZMD) kennzeichnet ein konservatives Islamverständnis.“ Dass Gründungsmitglied Nadīm Ilyās (Nadeem Elyas) auch dem von Muslimbruder el‑Attar gegründeten Islamischen Zentrum Aachen vorstand scheint nicht so wichtig zu sein. Korporatives Gründungsmitglied des ZMD war die Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD), die als deutscher Arm der radikalislamischen Muslimbruderschaft gelten kann. Naja, wenn das kein „konservatives Islamverständnis“ ist.

Dieser Referent empfahl sich verabschiedend selbst und empfahl uns als Literatur Annemarie Schimmel, die Bertelsmann-Stiftung und die Verfassungsschutzberichte. Die 2003 in Bonn verstorbene Arabisch sprechende Publizistin und kämpferische Islamversteherin Schimmel verteidigte vehement die für sie nachvollziehbare innerislamische Wut gegen Schriftsteller Salman Rushdie und kritisierte Frauenrechtlerin Taslimā Nāsrin, die sich für eine weltweit geltende Gleichberechtigung von Frau und Mann, eben auch im Islam einsetzt. Schimmel erhielt 1995 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, wogegen neben 270 Verlagen und knapp 300 Buchhandlungen die deutschsprachigen Intellektuellen Bassām Tībī, Ralph Giordano, Elfriede Jelinek und Alice Schwarzer protestierten. Da fragt man sich doch, in wie weit der Referent Ayatollah Khomeinis Todesfatwā gegen Salman Rushdie billigt. Die lobend erwähnte Bertelsmann‑Stiftung hat ein finanzielles Interesse an Islambeschönigung, möchte der der Bertelsmann‑Gruppe zugehörige Kösel‑Verlag doch auch weiterhin Deutschlands islamische Schulbücher drucken – ein Millionengeschäft. Weshalb man auf die Veröffentlichung des Romans über Mohammeds minderjährige Lieblingsfrau Aischa (Sherry Jones: The Jewel Of Medina, bei Random House, Verlagsgruppe Bertelsmann) ebenso islamkonform wie kalkulierend verzichtet hatte.

So weit dieser Islamexperte mit Nahosterfahrung, der am ersten Tag des Wochenendseminars die Funktion hatte, das bildungshungrige Publikum islamfreundlich in Stimmung zu bringen. Was ihm (zum Glück der Demokratie) nicht ganz gelang, aus dem Auditorium waren weiterhin islamskeptische Stimmen zu vernehmen. Dem Bildungszentrum ging es offensichtlich darum; den Türkeibeitritt zur EU als das Gebot der Stunde auszurufen, daneben wurde aggressiv für den flächendeckenden Islamischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen geworben, ohne Gründe zu nennen, doch nicht weniger drohend und einschüchternd.

Der zweite eingekaufte Islamexperte begann mit der im Hadith beschriebenen Szene der ersten Offenbarung an Mohammed, dem legendären Berufungserlebnis: Ein Engel presst dem nachmaligen Propheten ein Tuch auf den Mund, dass dieser zu ersticken glaubt und herrscht ihn an: „Trag vor, lies!“, würgt ihn bis nahe zum Ersticken weiter und befiehlt im wiederum: „Lies!“ Derlei ebenso geheiligte wie vorläufige Unfähigkeit oder sogar Unwilligkeit wurde richtigerweise mit den religiösen Legenden um Moses und Jeremias verglichen, die ebenfalls erst einmal eine Blockade des Widerwillens zu überwinden hatten. Die Gottheit scheint schwarze Pädagogik zu bevorzugen, wird es manchem Zuhörer durch den Kopf gegangen sein.

Die Grundlagen des Islams wurden in einer guten Stunde ganz manierlich dargestellt, der Islamwissenschaftler konnte insofern wenig falsch machen. Auf Frauenrechte kam der Wissenschaftler indes nicht zu sprechen, das klassisch-islamische Apostasieverbot oder die heutige Menschenrechtssituation in den islamisch geprägten Staaten zwischen Mauretanien und Malaysia ließ er einfach aus.

Der Mensch könne authentische islamische Belehrung beim bloßen Betrachten der Weltnatur finden, nicht lediglich im Koran. Dass damit die Natur radikal ideologisiert wird und ein unbefangenes Betrachten und Beschreiben ökologischer oder schlicht naturkundlicher Phänomene unmöglich, scheint dem Referenten nicht bewusst zu sein oder schlicht gleichgültig. Wir Pädagogen erleben täglich, dass sich islamisch geprägte Kinder nicht selten weigern, etwas über die Natur zu lernen, vielmehr von einem entschiedenen Weltmisstrauen und Weltekel geprägt sind. Das islamische Bilderverbot, der Referent tat es als fromme Eigenart ab, wird dazu beitragen, die sinnlich erfahrbare Welt als widergöttlich anzusehen beziehungsweise sie als dem politreligiösen Herrschaftskult der angeblich naturhaften, natürlichen Scharia zu unterwerfend.

Nach unserer Erfahrung aus der Arbeit mit islamisch geprägten Kindern in Schule und Jugendverband trifft die vom Referenten beschriebene islamische Naturbetrachtung schon allein deshalb nicht zu, weil diese Kinder sich der Natur nicht zuwenden dürfen. Der weltverliebte Blick auf die Phänomene des Lebendigen drohe ganz offensichtlich Schirk (Beigesellung) zu sein, Allahs Macht zu schmälern. Auch daher die weltweit zu beobachtende islamische Bildungsverweigerung! Eine Befähigtheit, wissenschaftlich zu denken und gleichwohl Muslim zu sein, wird von Islamfunktionären angestrengt der Zone der bida, der satanischen Neuerung zugeordnet sowie vom jeweiligen eifersüchtigen Familienoberhaupt verhindert.

„Während die mekkanischen Suren des Koran aus der Position der Schwäche zu erklären sind und einen moralischen Aufruf zu Läuterung und Umkehr darstellen, wurden die in der Position der Stärke entstandenen medinensischen Suren ganz konkret‑sozial zu einer Gemeindeordnung, zu einem Vertragswerk.“ Das ist ungeheuerlich, den Kulturrassismus der dhimma als soziale Gemeindeordnung zu bezeichnen. Der Autorität des dozierenden Islamwissenschaftlers wagte niemand zu widersprechen.

„Banū n-Nadīr, Banū Quraiza, Banū Qainuqā‘, die jüdischen Stämme in und um Yathrib, später genannt Medina wurden nach und nach vertrieben, viele Männer umgebracht.“ So sprach der Islamwissenschaftler: Viele jüdische Männer. Stimmt. Und die Frauen? Safiyya bint Huyayy etwa, deren Ehemann Kinana in ihrem Beisein und im Auftrage von Allahs gottesfürchtigem Propheten so lange gefoltert wurde, bis er das Geldversteck der Volkskasse bekannt gab. Anschließend ließ Mohammed den Kinana, islamrechtlich einwandfrei, ermorden. Die Jüdin Safiyya musste Mohammed heiraten. Sie wurde als Sklavin seine elfte Ehefrau und zeitlebens von den anderen Frauen gehasst.

Der Prophet pflegte Gold und Frauen zu erbeuten und die eben auch menschliche Beute an seine Mitstreiter zu verteilen, Referenzmodell sowohl der bis heute üblichen Raubökonomie mit ihrem Hofschranzentum und ihrer Pfründevergabe als auch Bezugsgröße für den Umgang der islamisierten Männer mit dem weiblichen Geschlecht und den Dhimmis. Der klassische Islam will institutionalisierte Frauenentrechtung sowie kulturrassistische Dressur seiner Kinder zum angeblich naturgemäßen (fitra) Ekel gegenüber allen Nichtmuslimen.

„Der Koran wurde jüdischerseits bewusst verfälscht und christlich in seiner verfälschten textlichen Gestalt weiter tradiert, der Koran ist das Original.“ Der Referent verzichtete auf die indirekte Rede (eben nicht: ‚Der Koran sei das Original’), doch im Publikum regte sich keinerlei Widerspruch. „Der Koran richtet sich, anders als die jüdische Religion mit ihrer beschränkten Geltung auf das auserwählte Volk, an alle Menschen. Nach islamischer Lesart sind Abraham, Moses und Jesus Muslime.“ Derlei Hochnäsigkeit und Geschichtsklitterei ist zwar islamische Doktrin, doch müssen sich jüdische sowie christliche Menschen diesen mutmaßlichen geistigen Diebstahl nicht unbedingt gefallen lassen. Doch blieb jeglicher Unmut im Saal aus.

„Die beiden Völker der ahl al‑kitāb sind Juden und Christen, Juden gelten islamtheologisch als halsstarrig und leugnerisch, Christen als die Überlieferer der nunmehr fehlerhaften, verfälschten religiösen Tradition. Staatsbürger können Juden und Christen im islamrechtlichen Sinne niemals sein, ein Schutzvertrag sichert ihren Status der dhimma ab.“ Was diese geheiligte dhimma für Kopten in Kairo oder Christen in Pakistan heute und täglich bedeutet, übergeht der Islamwissenschaftler ebenso wie die zwar über Generationen sich vollziehende, doch nicht weniger folgerichtige Auslöschung der nichtmuslimischen Großfamilien oder Dörfer in den Kernlanden der arabisch-islamischen Mono‑Kultur. Dhimmis wurden islamrechtlich einwandfrei gedemütigt, hoch besteuert und ausgeplündert (dschizya), andernfalls hätte sich die notorisch arbeitsverweigernde islamische Raubökonomie nicht finanzieren können.

Zum einen war die islamische Gesellschaft auf die zahlenden Dhimmis angewiesen. Zum anderen wurde das Nichtmuslim‑Sein für jede Siedlung zum Standortnachteil, für jede Großfamilie zum Insolvenzrisiko. Was also nach einigen Generationen geschah: Die Islamisierung des Territoriums. Dann sagte der Referent einen vernünftigen Satz: „Der interreligiöse Dialog ist schwierig. Die Kirchen verdrängen das Trennende.“ Wohl wahr, die Kleriker hoffen auf Krümel der Macht, die vom Tisch des Sultans (Muslimbruderschaft, Europäischer Fatwa‑Rat, Öl‑Scheichs) herunter fallen werden. Es gibt kein Machtvakuum, gerade die klerikalen Islamversteher der anarchistisch sowie multikulturalistisch orientierten Kirchentagsmilieus zeigen uns das: Die beiden deutschen Großkirchen beginnen, sich in das aus der klebrig‑zähen Schmelze der Nachdemokratie auskristallisierende Kalifat einzuordnen.

Ein Zuhörer betonte, dass wir, um eine säkular-staatsbürgerliche Haltung universeller Menschenrechte (für alle) nachhaltig zu sichern, nie von nichtmuslimischen Kindern im Gegensatz zu muslimischen Kindern reden dürften, niemals zulassen sollten, dass in Schule, Arbeitswelt oder Rechtssprechung Muslime von Nichtmuslimen unterschieden werden, weder sprachlich noch emotionsbefrachtet‑halbbewusst. Mehrere Zuschauer nickten, der Referent und sein Aufpasser auch.

Eine Zuhörerin berichtete den uns Bürgerrechtler alarmierenden Vorgang der letzten Wochen, in denen die bekanntermaßen antiamerikanisch und antiisraelisch motivierte so genannte Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch unter dem Arbeitstitel „Diskriminierung im Namen der Neutralität“ gegen die Lehrerinnenkopftuchverbote der deutschen Bundesländer kämpft und sich, europäisch wie weltweit orientiert, für das ungehinderte Kopftuchtragen ausspricht, was sie als „Recht auf Religionsfreiheit“ darstellt.

Human Rights Watch hat den Anspruch, Religionsfreiheit gerade auch in säkularen Staatswesen uneingeschränkt zuzulassen. Von einem Eintreten für Christen, Islamkritiker oder Ex‑Muslime beispielsweise in Ägypten, im Iran oder in der Türkei habe man allerdings seitens dieser Menschenrechtsfachleute noch nichts vernehmen dürfen. Hier allerdings verzog der Hausherr verärgert sein Gesicht und gab wohl eher die Zuhörerin selbst denn die von ihr kritisierte Organisation mit dem Ausruf: „Das kann ich mir nicht vorstellen, das ist mir viel zu obskur!“ der Lächerlichkeit preis. Niemand wagte es, dem Leiter des Bildungszentrums zu widersprechen. Die kalifatsfreundliche Zensur des Dhimmis griff. Hisba in der dār al‑harb.

Vielleicht bezeichnend verhuscht murmelte der Referent ein paar löbliche Worte über die Ankara‑Schule, die der DITIB‑Frankfurt zuzurechnen sei und erwähnte den Namen Ömer Özsoy. Professor Özsoy aber hat sich möglicherweise noch niemals vernehmlich gegen Imam‑Ehe und Scharia ausgesprochen, doch behauptet unverdrossen, dass der Koran ganz aus seiner Zeit heraus zu verstehen sei und dass Frauenverachtung, Gewalt und Undemokratie, die die islamisch geprägten Teile der Welt leider kennzeichnen, nichts mit dem Islam zu tun hätten.

Eine Zuhörerin, die sich bislang noch nicht zu Wort gemeldet hatte, stellte die Frage, ob der Islam um 700 oder 900 christlicher Zeitrechnung nicht auch Humanisierung und gesellschaftlichen Fortschritt bedeutet hätte, gerade in Bezug auf die Stellung der Frau. Hier aber mahnte der Referent sinnvollerweise zur Zurückhaltung: „Wir wissen es nicht“ und gab Fatima Mernissi wieder, die der Meinung sei, Frauen hätten in vorislamischer Zeit durchaus mehr Rechte gehabt als nach der Islamisierung.

Ob seit etwa 1979 eine nennenswerte Islamexpansion in Afrika auszumachen sei, wollte ein Herr aus dem Auditorium wissen. Der Islamwissenschaftler riskierte, zu verneinen und sprach von einer „Islamisierung bestehender Konflikte über schwächer werdenden Bindungen an Stamm und Volk“. Die unlängst erfolgte Ausrufung der Scharia in den Nordprovinzen Nigerias, immerhin bevölkerungsreichstes Land Afrikas, beliebte der Islamwissenschaftler zu übergehen. Das kann doch nicht wahr sein: Was denn bitte ist eine „Islamisierung der Konflikte“ anderes als eine islamische Radikalisierung? Es mag ja sein, dass wir im Afrika der letzten drei Jahrzehnte flächenmäßig umfangreiche islamische territoriale Eroberungen nicht gesehen haben, was erstens nicht heißt, dass es so bleiben muss. Zum zweiten gilt es, die Prozesse der schleichenden Islamisierung zu betrachten, wie sie aus dem Heiratsrecht der Scharia resultieren: Die Zahl der Nichtmuslime wird sinken, nicht zuletzt durch die zwangsweise muslimisch zu erziehenden, zahlreichen Kinder eines jeden gemischtreligiösen Pärchens. Arbeitsmigration und neue Medien spielen auch innerafrikanische eine zunehmende Rolle. Das Internet als Allahs Heiratsbörse wird, nicht anders als in Europa und beiden Amerika, zum Motor der Islamexpansion.

„Für die seit Jahren unter den Warlords leidenden Menschen in Somalia erscheint die von den beiden talibanähnlichen Islamistenarmeen ausgerufene Scharia subjektiv als ordnende Kraft, die das Chaos beseitigt.“ Die „ordnende Kraft“ der Steinigung einer dreizehnjährigen so genannten Ehebrecherin erwähnte der Referent nicht.

Den missionarischen Prediger Pierre Vogel erklärte unser Islamwissenschaftler unbegründet zum verachtenswerten, radikalen Islamisten: „Ein Fall für Verfassungsschutz und Polizei, der Mann behauptet, jeder Abweichler sowie jeder Jude oder Christ würde in der Hölle schmoren“, er rückte Vogel jedoch gleichzeitig in die Ecke der unseriösen Sonderlinge. Dass die islamische Orthodoxie Vogels Behauptung durchaus stützt, verschwieg der Referent. Indirekt unterstellte der Islamexperte, Prediger Vogel würde nicht den wahren Islam vertreten und gibt damit der monopolgleichen Deutungsmacht und dem Einfluss der großen deutschen Islamverbände Auftrieb.

Im Sinne der erfolgreichen Islamisierung scheinen die sonderbaren Prediger und die orthodoxen Großverbände Hand in Hand zu arbeiten und sich die Beute zuzutreiben. Entsprechendes gilt beispielsweise für DITIB und Fethullah-Gülen-Bewegung, für Sunniten und Ahmadiyya beziehungweise Sufi‑Islam und Muslimbruderschaft: Man ist verfeindet, aber das gemeinsame Ziel der Ausweitung der dār al‑islām über die Sphäre des Nichtislamischen (freiheitlicher Demokratie) verbindet die frommen Streithähne. Islamwissenschaftler werden hierbei als Helfer (die Dialogreferenten als veritable ansar al‑islām) zur Beschwichtigung der europäischen Öffentlichkeit eingesetzt, und zwar von Kirchen wie Kommunen. Der schrille Pierre Vogel ist daher als Sündenbock im Sinne eines Ablenkungsmanövers hoch willkommen.

„Scharī’a“ begann der Referent, „bedeutet wörtlich Weg zur Tränke oder deutlich gebahnter Weg. Die Scharia wird mit Körperstrafen asoziiert, die jedoch nur in wenigen Staaten wie Saudi-Arabien, Somalia, Indonesien und im Iran angewendet werden. Die orthodoxen Konzepte des dīn wa daula oder al‑islām huwa al‑hall sind aus der Scharia abgeleitet, ohne dass die Scharia kodifiziert werden kann. Nach der Scharia darf eine Muslima keinen nichtmuslimischen Mann heiraten. Marokko hat hierbei jedoch kürzlich eine bemerkenswerte Ausnahme für im Ausland geschlossene Ehen festgelegt, diese Ehen werden nun in Marokko anerkannt, was als Beispiel für die Reformierbarkeit von Islam und Scharia zu sehen ist.“

Reingefallen, mit diesem Schachzug will Marokko die Anerkennung von Imam‑Ehen in der Europäischen Union forcieren, zu denen Polygamie, Kinderheirat und islamische Zwangsheirat gehören. Als Ehevormund darf der Vater oder Großvater seine Tochter oder Enkelin auch gegen ihren Willen verheiraten, denn nach Allahs göttlichem Willen ist er walī mudschbir, Ehevormund mit der Berechtigung, Zwang und Gewalt anzuwenden. Die Braut kann nach Islam und Scharia volljährig, das heißt neun Jahre alt sein, seit Jahrhunderten beruft man sich dabei auf Mohammed und Aischa.

Jede muslimische Ehefrau muss damit rechnen, dass sie Gesellschaft in Gestalt einer angeheirateten Konkurrentin bekommt, mit der sie fortan unter einem Dach leben muss. Auch die Kinder erleben ihren Vater dann als polygam, bei Verstoßung (at‑talaq) der biologischen Mutter haben sie eben eine neue weibliche Bezugsperson. Das Herumschieben von Kindern ist ein islamisches Phänomen (Milchamme), eine vertrauensreiche, tragfähige Mutter‑Kind‑Beziehung wird von der Scharia wenn auch nicht immer so doch sehr systematisch verhindert. Das aber verriet uns der Herr Islamwissenschaftler natürlich nicht, auch nicht, dass es der Scharia darum geht, das Aufenthaltsbestimmungsrecht über das Kind, auch das ungeborene, dem Vater zu sichern, der die biologische Mutter verstoßen wird oder auch nicht. Die Ehefrau lebt in der von Allāh vorgesehenen Gewissheit, jederzeit verstoßen werden zu können, wofür sie als Verletzerin der Familienehre möglicherweise von ihrer Herkunftsfamilie ermordet wird. Islam ist Tochtertausch, Scharia Frauenkauf. Unser Referent schloss mit einem „Der Muslim ist verpflichtet, die Scharia einzuhalten.“ Eben, ließe sich hinzufügen, das ist das Problem.

„Auch die rituelle Reinheit gehört zur Scharia.“ Davon, dass mit der geheiligten Reinheit (at‑tahāra) ein geheiligter Ekel gegenüber den besudelten, höllisch dreckigen Unreinen zu empfinden ist, sprach der Islamwissenschaftler nicht. Auch vor jeder Frau darf sich der männliche Muslim islamisch ekeln, zumal vor der menstruierenden Frau. Selbst die Scheidungsgesetze (at‑talaq) machen das Intime der Frau zur öffentlichen Angelegenheit, der Allahgott definiert das weibliche Genital auch hier als Staatsangelegenheit. Die nach Sunna und Scharia vorgeschriebene männliche Beschneidung stellt nach Maßgabe kultureller Moderne eine Körperverletzung sowie sexualisierte Gewalt an Kindern sprich Kindesmissbrauch dar, sofern sie nicht medizinisch (absolut) indiziert ist. Doch dem deutschen Bildungszentrum ist die körperliche Unversehrtheit des Jungen offenbar weniger wichtig als die grenzenlose Religionsfreiheit seiner Eltern.

Nichtmuslime gelten im Islam als so ekelerregend dreckig wie Urin, Sperma, Kot oder Menstruationsblut, der Gläubige hat derlei Verunreinigung mit geheiligten Waschungen zu beseitigen und im direkten Kontakt zu vermeiden. Bereits das fundamentalistisch erzogene Kindergartenkind kann die nichtmuslimischen Kinder als ekelerregend betrachten und als Schweinefleischfresser hassen lernen, der Integration ist eine intensive Erziehung zur tahāra wohl nicht so sehr förderlich. Der erwachsene männliche Muslim wird von seinem Hassprediger oder auch einfach nur vom örtlichen Imam hier in Deutschland dazu angehalten, Frauen nicht länger die Hand zu geben.

Besonders unrein aber ist der Frauenleib. Ab der Menarche ist darum das Haar der ständig von widerlichem Unglauben umlauerten und von satanischer Verunreinigung umflatterten Frau vollständig zu bedecken. Diese Pflicht des Bedeckens gilt eigentlich für ihren gesamten Leib bis auf Gesicht und Hände, jedenfalls nach strenger, orthodoxer Auffassung der Scharia, die Großmufti Mustafa Cerić und damit wohl auch der Europäische Fatwā‑Rat in Dublin (ECFR) für „ewig und unveräußerlich“ halten. Cerić (The challenge of a single Muslim authority in Europe) will zwar nach wie vor ein Leben aller Muslime Europas unter der ganzen Scharia, was die Staatsbürger Wolfgang Schäuble und Christian Ude nicht davon abhielt, dem ranghöchsten Islamisator Europas im November 2008 für die zweifelhaften Verdienste im christlich‑islamischen Dialog den Eugen-Biser-Preis zu verleihen. Schäuble und Ude sind Optimisten, Islamoptimisten.

Alle vier sunnitischen Rechtsschulen (deutsches Wikipedia) definieren den Frauenleib, Hände und Gesicht ausgenommen, als aura (awrah), als Schambereich jener islamischen Sexualdressur, in dessen Logik Frauenhaar zum Schamhaar wird. Insoweit beschrieb Schariafreund Feridun Zaimoğlu („Schamtuch, Schamtuchträgerinnen“) die graduell inhumane Sache, vielleicht versehentlich, völlig treffsicher. Das englische Wikipedia nennt denn auch unumwunden den Hidschab als (nach Auffassung der vier sunnitischen Rechtsschulen) verpflichtend und kann sich auf einen schwachen (32:4092) und einen starken (32:4090) Hadith von Abū Dawud berufen.

Die intolerante Ideologie der Scharia konstruiert die muslimisierte Frau, die gottesfürchtige Frau. Aus tugendhafter Einsicht bei prekärem Verstand hat sie freiwillig ihrem männlichen familiären Aufpasser, dem von der Scharia vorgesehenen mahram (Plural maharīm; beispielsweise der kleine Bruder) zu gehorchen und sich von ihrem walī (zunächst ist das ihr Vater) verheiraten zu lassen. Das Kopftuch hat sie aus natürlichem (fitra) Schamgefühl zu bejahen sprich zu tragen. Viele uneinsichtige Muslima verhalten sich anders und finden nicht zum sittsamen hidschāb, doch predigt wohl weltweit kein Imam für einen möglichen Kopftuchverzicht und liegt der unter Sunniten grundsätzlich hoch angesehene Yūsuf al‑Qaradāwi auch bezüglich der Hidschabpflicht einstweilen voll im Trend.

Dann erläuterte der Referent die fünf Bewertungen einer Handlung, wadschib (fard) verpflichtend, mandub empfohlen, mubah möglich (indifferent, neutral), makrūh verpönt und harām verboten. Die ersten beiden sind, auch Nichtmuslime kennen das von den islamischen Speisegeboten, halāl, zulässig. Was für eine schwarze Pädagogik beim Erwecken der Angst vor höllischer Strafe, was für einen ordnungspolitischen Sittenterror (hisba-Marschbefehl der mutawwi‑Religionspolizei oder vertretungsweise hisba von jedem Muslim) man damit aufspannen kann, liegt eigentlich auf der Hand, wurde aber nicht erwähnt. Mandub hier, makrūh dort, empfohlen oder verpönt, das klingt so harmlos nach Verbraucherberatung und Lebenshilfe.

Hisba statt Ruf nach universellen Menschenrechten, Scharia statt Bürgerrecht wird Europa etwas anderes bringen: Aus dem öffentlichen Raum verschwundene, weggesperrte Frauen oder aber Frauen, die unter den Erfindungen islamischer Wissenschaft von an‑niqāb und burqa, schwarzen Gespenstern gleich über Gehwege huschen. Dazu bei fortschreitender Islamisierung vielleicht jene Bilder zerstörter Leiber, die in Mauretanien, im Sudan, in Somalia oder im Irak nicht anders aussehen als in Afghanistan[4], [5].

Dass jeder Muslim durch die zweidimensionale, nämlich gottbezogen-menschenbezogene Verpflichtung auf die Scharia zum gewaltsamen Durchsetzen der einzigen sittlich korrekten Ordnung auch innerhalb von Europas sich islamisierenden Straßenzügen verpflichtet ist (hisba[6]) wurde vom Islamwissenschaftler politisch korrekt übergangen, schließlich wollte der ganz seitlich auf dem Podium lauernde Hausherr das Auditorium motivieren – für den Beitritt Kleinasiens zur Europäischen Union. Die Türkei kennzeichnen Staatsreligion Islam, explosive Kurdistanfrage und geleugneter Armeniervölkermord. Man sollte dem Land Entwicklung zu Säkularität, universellen Menschenrechten und freiheitlicher Demokratie wünschen, doch braucht diese Entwicklung, ist sie denn türkeiseits erwünscht, nun wirklich nicht innerhalb der Europäischen Union geschehen. Die Mehrheit der Europäer will den Türkeibeitritt nicht, was bei nahezu allen so genannten Islamseminaren natürlich ausgeklammert wurde. Solches aber ist nicht länger Wissenschaft, vielmehr Propagandaveranstaltung.

Der Rechtsgrundsatz „Gebieten was recht ist und verbieten, was verwerflich ist“ steht im Mohammeds Tagebuch gleich vier mal, Suren 7:157, 9:71, 9:112, 22:41. Zur hisba gehört es doch womöglich, den hidschāb in Familie und Freundeskreis gewaltsam durchzusetzen, nötigenfalls mit Prügel. Die Bedeckung (hidschāb, dschilbāb; Kopftuch) muss dann allerdings freiwillig getragen werden, es gibt ja letztlich, ganz spirituell gesehen, keinen Zwang im Glauben.

Bedecke dich, Weib. Du solltest zusehen, dass du nicht in der Hölle landest, wenn das Kopftuch da kein günstiges Angebot ist. Du willst doch nicht behaupten, dass sich, die Verhüllung betreffend, tausend Jahre Scharia‑Islam geirrt haben?

Zweifel an der islamtheologischen Frage, ob das Kopftuch aufgeprügelt werden dürfe, beseitigt der ehemalige ägyptische Mufti Ali Jad al-Haqq: „Der Ehemann hat die Pflicht, seine Frau zur Verschleierung zu zwingen. Er muss dies tun, ansonsten gilt er genau wie sie als Sünder (22.12.1979, deutsch bei ifi 28.08.2008[7]).“ Dieser bei Bedarf prügelreichen Kopftucherkenntnis hätte selbst Allāh sicherlich nichts hinzuzufügen, denn Jad al-Haqq (geschrieben auch al‑Haq, Scheich Jad al‑Haqq, Sheykh Jadul Haqq) war als 42. Großscheich der Azhar Vorgänger des jetzigen Amtsinhabers Muhammad Sayyid Tantāwī (geb. 1928), den man, noch vor al‑Qaradāwi als die derzeit höchste Autorität des sunnitischen Islam bezeichnen darf.

Mit der femininen körperlichen Unversehrtheit haben die drei Herren Jad al‑Haqq, Mohammed und Allāh auch jenseits des koranischen Prügelverses nicht so viel im Sinn. Der vieljährige Rechtsgelehrte an Ägyptens Scharia‑Gerichtshöfen Jad al‑Haqq (1917-1996) hielt die islamische Genitalverstümmelung für eine Würdigung, Auszeichnung und Ehrung der Frau oder aber hielt die Genitalverstümmelung an Frauen (FGM) sogar für ebenso verpflichtend wie die Beschneidung für Männer[8], [9]. Scheich Jad al‑Haqq verfasste 1994 ein islamisches Rechtsgutachten, eine fatwā: „Wenn die Leute in irgendeinem Dorf von der [obligatorischen] Frauenbeschneidung abzulassen beginnen, muss der lokale Imam so sehr dagegen kämpfen, als beschlössen sie, der [schariatischen] Gebetspflicht nicht länger nachzukommen[10]“. Unlängst sprach sich Scheich Dr. Wahdan im Gespräch mit FGM‑Gegnerin Dr. Zarrar für eine islamrechtliche FGM aus, explizit für die Kürzung der Klitoris, nicht bei jedem Mädchen versteht sich, aber bei jedem Mädchen, das die islamische FGM zu einem sittlich korrekten Leben braucht[11], [12]. Die Schafiiten Indonesiens und Malaysias pflegen Formen von FGM, die in Indonesien heute islamverbandlich durch die angesehene religiöse Assalaam-Foundation organisiert und öffentlich durchgeführt wird[13], [14].

Erst 2005 wurde bekannt, dass auch die schafiitischen Kurden im Nordirak, Region Sulaimaniya, dieses grausame Ritual durchführen, gegen das inzwischen die unabhängige Entwicklungshilfe- und Frauenrechtsorganisation Wadi e. V. couragiert und erfolgreich vorgeht[15], [16].

FGM war einmal vorislamisch gewesen, sicherlich. Doch vor mehr als dreizehn Jahrhunderten ging die vorislamische Zeit vorbei. Und seitdem ist FGM islamisch, seit tausend Jahren ist das Zusammenspiel von islamischer Geistlichkeit und FGM ein gemeinsames, blutiges, frauenzerstörendes Thema. Islam zerstört eben nicht nur die Psyche der Menschen mit dem doppelten x‑Chromosom. Der Islam will die rechtliche Geringerstellung der Frau und ihre moralische Herabwürdigung, doch auch ihr Körper bleibt unter den unsichtbaren riesigen Gefängnissen von Scharia und Fiqh nicht unversehrt. Ins Haus gesperrt werden, Kopftuchzwang, Formen malinesischer, somalischer, ägyptischer, jemenitischer irakischer oder indonesischer FGM, Zwangsehe, kultisch vergewaltigende Hochzeitsnacht, schariatische Strafen wie Stockschläge, Auspeitschen und Steinigung, das erlebt so manche muslimische Frau. Auch angesichts der unzähligen Gewaltaufrufe gegen Ungläubige und Islamapostaten in Koran und Hadithen darf es uns Nichtmuslimen, säkularen Muslimen und Ex‑Muslimen schwer fallen, dem Wort von Dr. Farid Shahran Glauben zu schenken: „Gewalt hat nichts mit dem Islam zu tun[17]“. Naja, veröffentlicht bei den Islambeschönigern der regierungsnahen Seite qantara.

Unser Islamfachmann kam auf das Fatwawesen islamischer Rechtssprechung (fiqh) sprechen. „Ist der Fatwaschreiber tot, gilt die fatwā nicht mehr. Das ist ein innerislamisch völlig unstrittiger Grundsatz. Salman Rushdie hatte insofern nach dem Tod des Machers seiner Todesfatwa, Ayatollah Chomeini, nichts mehr zu befürchten.“ Auf die Rolle des offiziellen Erteilers (Mufti) eines Rechtsgutachtens ging der Islamkundler gar nicht erst ein, doch ohne muftī[18] gibt es keine fatwā. Für die kulturelle Moderne beziehungsweise für eine vielleicht ja erwünschte nachhaltige freiheitliche Demokratie in Europa und Nordamerika tut sich hier ein gewaltiges Problem auf. Durch Verhaltenskontrolle (Sunna), doktrinäre Gehorsamspflicht (Scharia) und gräusliche Angst vor der Höllenstrafe (Koran) ist jeder Muslim erpressbar oder vielmehr ist er dazu erpresst, Fatwen (fatāwa, Einzahl fatwā) sklavisch zu verlangen jedenfalls zu befolgen.

In Dublin ist der Europäische Fatwa‑Rat (ECFR) ansässig, der, einer Machtergreifung gleich, jederzeit die Vollmacht über das Erteilen von verpflichtenden Fatwas beanspruchen könnte, ob ihm dann ein deutscher Islamverband widersprechen würde, ist mehr als fraglich. ECFR bedeutet European Center for Fatwa and Research, dreißig (30!) Scheichs aus aller Welt, von Saudi‑Arabien bis Sudan sind in ihm organisiert, Vorsitz hat Professor al‑Qaradāwi, nach Tantāwī womöglich die zweithöchste Autorität des sunnitischen Islam. Sudan wird durch Scheich Issam al-Bashir vertreten, der sudanesische Scheich und Professor ist Generalsekretär des Zentralinstituts für wassatiyya in Kuweit. Wassatiyya (wörtlich Zentralität, Mittigkeit) stammt von arabisch wasat, Mitte, und propagiert den reinen Islam als angeblich maßvolle, gemäßigte Lehre der seelisch wie sozial gesunden Stabilität. Beliebig strenger Islam sei eine Haltung der Ausgewogenheit, je strenger desto „mittiger“, ausgewogener. Aus dieser „gemäßigten“ Perspektive sind Aufklärungshumanisten Exzentriker sowie Extremisten, islamkritische Demokraten deviant, antisozial und kriminell.

Stattdessen kam der Referent auf die Kamel‑Fatwa von Amir Zaidan zu sprechen, über die er entrüstet den Kopf schüttelte und sich über solch einen Unsinn lustig machte. Dass Amir Zaidan nach Aussagen der Islamwissenschaftlerin Claudia Dantschke für seine Mitglieder der IRH (Islamisch Religionsgemeinschaft Hessen) eine außerdemokratische, grundrechtswidrige „parallele Rechtsordnung“ (Dantschke[19]) zu schaffen trachtete und nun für die radikalislamische und im österreichischen Schulwesen höchst einflussreiche IGGiÖ (um den Islamisten Anas Schakfeh) tätig ist, erwähnte der Referent nicht. Nach der Kamelfatwa dürfe ein Mädchen nur dann auf Klassenfahrt gehen, wenn sie von der elterlichen Wohnung nicht weiter entfernt ist, als ein Kamel in 24 Stunden gehen könnte. Das klingt kurios bis hanebüchen, doch bedeutet es einen Angriff einer radikalislamischen geistlichen Organisation auf das staatliche Schulwesen und dessen Erziehungs- und Bildungsauftrag, zumal die nächsten Fatwen nicht auf sich warten lassen werden und die Freiheit der Mädchen aus einem sich muslimisierenden Elternhaus zu sinken beginnt.

Wie eine Gefängnismauer Ziegelstein um Ziegelstein aufgebaut wird, so mauern sich die Gegenkulturen der Scharia Fatwa für Fatwa von der säkularen Gesellschaft weg. Sie mauern sich ein. Was auch die Nichtmuslime unter uns beunruhigen darf, denn sobald die islamisch radikalisierten Muslime die Mehrheit haben, werden die Nichtmuslime zu den Eingemauerten. So schafft auch das, säkularen Europäern womöglich ja lebensberaterisch anmutende Fatwawesen, die theokratische Apartheid eines kulturellen Rassismus. Europa müsste die Fatwaproduktion, dem illegalen Waffenbesitz oder dem Rauschgift gleich, verbieten.

„Die hanbalitische Rechtsschule kann als sehr konservativ gelten“, fuhr unser Mietmaul pardon Islamreferent mit seiner Ausführung fort. Konservativ? In der Tat, Malikiten und eben auch Hanbaliten fordern die Tötung jedes Ketzers (zindīq), da sie ihn mit dem im Koran genannten Heuchler (munāfiq) identifizieren, ohne, dass dem Ketzer die Möglichkeit der Reue zusteht. Zum Ausgleich stirbt er wiewohl gewaltsam so doch als ein gläubiger Muslim und darf er auf einem islamischen Friedhof bestattet werden[20]. Laut amnesty international (2008) werden in Saudi‑Arabien wöchentlich mehr als zwei Menschen hingerichtet, Frauen, Mittellose und Ausländer werden dabei überdurchschnittlich oft islamrechtlich getötet, üblicherweise mit dem in der Landesflagge abgebildeten Säbel[21]. Grundlage der saudi‑arabischen Rechtssprechung ist die Scharia. Unser Islamreferent nennt solches konservativ. Dass die hanbalitisch-wahhabitischen Saudis durch ihre Funktion als so genannte Hüter der heiligen Stätten, namentlich des Pilgerzentrums Mekka mit seiner von jedem Muslim einmal im Leben andächtig zu umkreisenden Kaaba eine erhebliche Vorbildfunktion für die gesamte islamische Welt haben und dass ihr Verweigern universeller Menschenrechte den weltweiten Islam erfolgreich an der demokratischen Entwicklung hindert, verschwieg der Islamwissenschaftler.

„Die Reformbewegung der Salafiten strebt nach einem am Koran orientierten Leben, wie es die frommen Altvorderen führten. Allenfalls ein Teil der Sunna ist ihnen wichtig.“ Eine dezidiert rückwärtsgewandte Bewegung sollten wir doch wohl nicht reformistisch nennen, sondern reaktionär.

„Der Wahhabismus der Saudis droht über Stipendien, Moscheebauten und Geldmittel den bislang liberalen, moderaten bosnischen Islam zu radikalisieren.“ Bravo, die Radikalisierung der Muslime auf dem Balkan durch arabische Geldgeber und Moralbringer, beispielsweise die „erzwungene Muslimisierung“ (das Wort stammt vom Zentralrat der Ex‑Muslime, 30.04.2007[22]) der autochthonen Bosnier und Pomaken, ist ein wichtiges Thema.

Wobei allerdings nicht nur die Wahhabiten, sondern auch die Vereinigten Arabischen Emirate und eventuell die Sekte der Murabitun eine Rolle spielen und die Islamisierung Südosteuropas dann durchaus „made in Germany“ wäre. Dann nämlich, wenn die Radikalisierung von der angeblich unabhängigen Moschee in Penzberg bei München ausginge, deren Bau vom Sultan von Schardschah finanziert worden war, welcher auch den Moscheebau der ein Kalifat erstrebenden, antisemitischen Politsekte der Murabitun in Granada bezahlt hatte[23]. Zu den eher grundrechtsfreien Murabitun gehören Althippie Ian Dallas genannt Scheich as‑Sufi und, in Deutschland, der Herausgeber der Islamischen Zeitung Rechtsanwalt Andreas Abu Bakr Rieger. Imam von Penzberg ist der bosniakische Mazedonier Ibrahim Idriz, von dem bislang leider noch kein Wort der Kritik an Scharia‑Islam und Fiqh‑Islam zu vernehmen war[24]. Imam Idriz gilt der deutschen Öffentlichkeit, eigentlich ist das wenig erklärlich, als gemäßigt und modern[25].

Nun kam man auf die islamische Familie zu sprechen. Eine Dame aus dem Auditorium sprach davon, dass die islamische Großfamilie einem Kerker gliche, aus dem eine von Zwangsheirat oder vom so genannten Ehrenmord bedrohte junge Frau den Weg hinaus zu Polizeistation, Jugendamt oder Frauenhaus kaum finden könne. Zwangsheiraten wären absolut unislamisch, polterte der Islamwissenschaftler vom Podium. Ein Herr aus dem Publikum widersprach und sagte, 60 % der türkisch-muslimischen Ehen in Deutschland seien arrangiert und zwar überwiegend gewaltsam, auch könne man nicht oder jedenfalls kaum zwischen arrangierter Ehe und Zwangsehe unterscheiden. Da sprang der Leiter des Bildungszentrums auf: „Sie haben keine belastbaren Zahlen! Die Daten von Frau und Frau Ateş sind nicht seriös, ich weiß, wie sie zustande gekommen sind! Auch die Untersuchung, die Peter Brettfeld und Katrin Wetzels veröffentlichten, ist mit Vorsicht zu genießen“, würgte der Hausherr jede weitere Diskussion ab und verwies die Argumente des auf muslimische deutsche Zwangsheiraten Hinweisenden ins Reich der Fabel. Niemand wagte mehr, einen Einwand geltend zu machen.

So wurde die Scharia mit dem Grundgesetz für kompatibel erklärt. Zur vormodernen, extrem patriarchalischen Institution des walī mudschbir mochte der Islamwissenschaftler nicht sprechen, doch dürfte die nikah, die islamische Ehe[26] in seinem Studium nicht übergangen worden sein, nach der ein Vater selbstverständlich seine Tochter dem anderen patriarchalischen, muslimischen Clan übergibt, sprich sie verheiratet.

Ganz zaghaft meldete sich ein Mann aus dem Publikum: „Es besteht bezüglich des Wunsches der europäischen Muslime nach einem Leben unter der Scharia doch nicht etwa die Gefahr eines doppelten Standards?“ Der Referent blickte entschieden zum Horizont und sagte zackig. „Nein!“

Bevor wir die Äußerungen des dritten der Mietmäuler, pardon, Islamreferenten dokumentieren, einige Anmerkungen zu einer altehrwürdigen islamischen Institution, nicht der Kairoer Azhar, nein, der muslimischen Schwiegermutter. Das Prinzip Schwiegermutter ergibt sich unmittelbar aus Koran und Hadithen und wird solange fortbestehen, wie der schwerziehbare Allāh noch nicht resozialisiert sprich demokratiefähig ist, also noch ein paar Jahrzehnte.

Beginnen müssen wir mit der Logik des Tochtertauschens und der von Allahgott höchstselbst ausgestellten Erlaubnis des jederzeitigen Ehefrauenverstoßens an alle Vertreter Gottes auf Erden sprich Herren Muslime. Dieser Freibrief nämlich zeitigt für die muslimisierte Kinderschar Erstaunliches: Neue Mütter oder auch Zweit- und Drittmütter zeitgleich zur eigenen Mutter, ferner nach Allāhs oder auch nur Papas (ist in etwa dasselbe) Ratschluss diverse Pflegemütter und Milchammen. Die muslimischen Kinder werden entsprechend geprägt: Mater semper incognitus est. Mädchen können mit neun Jahren verheiratet und ehelich vergewaltigt werden, das hat Allāh für alle vier sunnitischen Rechtsschulen so vorgesehen und für die abtrünnigen Schiiten gleich mit. Nun aber zur Schwiegermutter, denn nach ewigem Ratsschluss des qadar türkisch kismet ist das Mädchen irgendwann selbst Schwiegermutter und kann über eine gelin (türkisch für: Die, die kommt) herrschen, über eine Sklavin herrschen: Die Schwiegertochter.

Vom männlichen Männergeld des Stammes nämlich ist die jungfräuliche Braut eingekauft worden, beschädigte Ware (keine Jungfrau mehr) geht zurück an den ehrlosen Herkunftsclan und braucht sich ihres Lebens endgültig nicht sicher zu sein. Die Jungfrau ist die Visitenkarte des namus[27], der Stammesehre. Um die Satisfaktionsfähigkeit sprich Gottesfürchtigkeit des Nachbarstammes zu testen, dürfen deren frei laufende Frauen vergewaltigt werden, die anderen Männer haben dann halt nicht genügend aufgepasst. Leicht ersichtlich, dass Frauen die Sklavinnen der männlichen Hälfte der islamisierten orientalischen Familie sind, die gegen den Brautpreis verkaufte Braut hat ins Haus ihres Mannes zu zu ziehen (patrilokal) und Dienerin (Schlafzimmerprostituierte) nicht nur des Mannes zu sein, sondern auch Dienerin (Küchenhilfe, Arbeitssklavin in Haus und Garten) der Schwiegermutter. Bei Schafiiten oder bei den Opfern oben erwähnter islamischer Gelehrter der Kairoer Azhar kommt als weitere traumatisierende Erfahrung weib‑weiblicher Gewalt die erlebte FGM, die weibliche Genitalverstümmelung hinzu, die, wiewohl im Dienste des enthemmten Patriarchats, ausschließlich von Frauen an Frauen praktiziert wird: Es geht Allāh bis auf weiteres darum, Frauen voneinander zu entsolidarisieren. Islamisch erfolgreich.

Folgerichtig ist es in den Kulturräumen von Hidschab, Tschador, Abaya und vor allem niqāb, Gesichtssschleier, Frauen verboten, in der Öffentlichkeit miteinander zu quatschen und zu labern, etwas, was sich Männer weltweit und eben auch im Islam ohne weiteres herausnehmen. Die nötigenfalls auch gegen ihren Willen ins fremde Haus verkaufte Frau (Imam‑Ehe, nikah) hat dem Mann sexuell und der Schwiegermutter als Arbeitskraft zu Diensten zu sein, doch kann sie sich, vielleicht zwei Jahrzehnte später, rächen. Dann nämlich, wenn ihr Sohn (vielleicht durch ihr Intrigenspinnen) verheiratet wird und eine gelin ins Haus kommt, die ihren Kommandos folgen muss. So quält unter der Scharia eine Frau die andere, eine jede Mutter ihre Tochter. Derartig unterdrückt der hidschāb, so mobbt das Kopftuch: Und wer nicht gehorcht, kommt nicht in die lustvoll süße dschanna[28], sondern brennt qualvoll in der dschahannam[29].

So verewigt sich Allāhs Sozialpädagogik weib‑weiblicher Hackordnung, bei der es einst, vor knapp vierzehn Jahrhunderten, den vergewaltigenden Männern aus der Gefolgschaft Mohammeds gelungen war, Frauen zu erbeuten und zu vereinzeln (zu entsolidarisieren). Dieses geheiligte frauenhassende Prinzip (Scharia) muss im heutigen Gebiet zwischen Mauretanien und Malaysia nicht immer gänzlich ausgeprägt sein, doch lastet in allen muslimischen Familien auf jeder Frau ein gerade von der (Mutter und) Schwiegermutter ausgehender ungeheurer Druck, Kinder zu bekommen. Daneben ist die Frau selbstverständlich ständige Quelle jenes Unheils und jener Streitigkeiten (fitna), die eine Harmonie im dschihadistischen (islamischen) Männerbund bedrohen.

Soweit zur muslimischen Schwiegermutter, nun zum türkeistämmigen kurdischen Islamreferenten. Der jedoch uns über das Prinzip walī mudschbir beziehungsweise kurdische Schwiegermutter ganz bewusst nicht belehrte, ein wissenschaftliches Mietmaul mehr im Dienste des Türkeibeitritts und der europaweit von Kirchen und Parteien propagierten angeblichen Kompatibilität (Verträglichkeit) von Scharia und Grundrechten.

Der türkeistämmige Referent erschien mit einem süßen vierjährigen Töchterchen, welches er malerisch als eine Art Maskottchen auf dem Podium drapierte mit der Ausrede, heute Abend keine Kinderbetreuung gefunden zu haben. Seltsam, der Termin hat doch wochenlang estgestanden und alleinerziehend ist der Mann auch nicht. Die folgenden drei Stunden saß das Kind vorne auf dem Podium und durfte mit einem eigens für diesen Abend gekauften rosa Stoffdrachen spielen. Der uns als Sozialwissenschaftler vorgestellte Herr überraschte uns mit einem „Sie können mir auch andere Fragen rund um den Islam stellen“ und spielte wie nebenbei den kinderhütenden Vater, die Urdeutschen fanden das ergreifend, was natürlich beabsichtigt war. Ebenso nonverbal wie gezielt torpedierte der Redner damit das Vorurteil, muslimische Väter würden die Kindererziehung und Kinderbetreuung verweigern und ihren Frauen überlassen. Der Milieuforscher begann, von den bemitleidenswerten Imamen der DITIB zu reden, denen man vor ihrem vierjährigen Aufenthalt die Angst vor Deutschland nehmen müsse und denen es ein differenziertes Bild der hiesigen Gesellschaft zu vermitteln gelte, der deutsche Staat müsse hier endlich helfend eingreifen.

Lobend, wenn auch sehr leise hob dieser dritte Referent die vorbildliche Arbeit für eine Lehrerausbildung für das Schulfach Islamischer Religionsunterricht des Islamologischen Instituts München hervor, das uns leider nicht bekannt ist, wenngleich wir betonen möchten, dass der Begriff Islamologie, wie (nicht Prof. Bassām Tībī, sondern) Amir Zaidan ihn bekannt gemacht hat, mit Islamwissenschaft so viel zu tun hat wie Astrologie mit Astronomie[30]. Ein Islamologisches Institut kennen wir allerdings aus der Stadt Wien als die neue Wirkungsstätte des erklärten Sympathisanten des Gedankengutes der Muslimbruderschaft, Amir Zaidan. Könnte der Referent die Lehrerausbildungen zum Islamischen Religionsunterricht des radikalen Wiener IRPI (Anas Schakfeh, IGGiÖ) akzeptabel finden?

Zaidan gründete sein Islamologisches Institut in Wiesbaden, amtlich eingetragen in Frankfurt, mittlerweile gibt es Außenstellen jedenfalls Zaidansche Islamologie‑Kurse in Berlin, Köln, Salzburg, München sowie in der Schweiz[31], [32]. Ob die Münchner Qualifizierungskurse im Geiste des mutmaßlichen Muslimbruders[33] Amir Zaidan etwa in Freimann (IGD, Muslimbruderschaft) oder gar Penzberg (Geld aus dem arabischen Emirat Schardschah) stattfinden? Wie auch immer, „der Begriff Islamologie verweist auf Amir Zaidan“, wie der Mitwirkende am neuen Schulbuch Saphir und Schariafreund Harry Harun Behr in seiner Dissertation (Fußnote 618) feststellt[34].

„Die Moschee hat nicht nur sakrale, sondern auch profane Aufgaben, der Imam ist nicht nur Seelsorger, sondern nahezu auch Sozialarbeiter“, fuhr unser türkeistämmiger Sozialforscher mit seinem Vortrag fort: „Doch da gibt es Grenzen, ein noch so guter Imam kann nicht Steuerberater und Schuldnerberater sein.“ Wohl wahr, doch seit wann ist Sakrales und Profanes im Islam jemals getrennt gedacht worden? Der Referent ist immer für eine Überraschung gut, die alte arabische Moschee war Treffpunkt des Männerbundes, Waffenlager und Beratungsplatz zum Aufbruch in den Dschihad, der Ort absolut weltlicher Machtpolitik. „Wir brauchen für Duisburg‑Hochheide mit seinen vielen kurdisch-nordirakischen Zuwanderern arabisch sprechende Streetworker.“

Unterdessen begann seine kleine Tochter, in dem für den abendlichen Vortrag eigens angeschafften Malbuch zu kritzeln, die Kunstlehrerin unter uns merkte an der Stiftführung und den ungelenken Bewegungen des Kindes genau, dass das Kind zum ersten Mal ein Malwerkzeug in der Hand hielt. Der Referent wollte also pädagogisch korrekt daherkommen, die Deutschen mögen Kunstpädagogik. Allāh und sein Islam jedoch mögen das Bilderverbot. „Anders als der türkische Staat mit seinen DITIB-Imamen bezahlt Milli Görüş keine Imame und verwendet manchmal sozusagen die Rentner von DITIB.“

Vom auch unter Deutschlands DITIB-Geistlichen verbreiteten islamischen Dogma, die Frau als Mangelwesen und Schutzbefohlene des Mannes anzusehen, die keinesfalls Schminke oder Parfum verwenden oder alleine Reisen darf, mochte der Milieuforscher nicht berichten[35], [36]. „Besonders stolz sind wir auf die Integrationsarbeit von Bülent Arslan vom Deutsch-Türkischen Forum (DTF), der völlig zu recht mehr muslimische Polizisten in Nordrhein-Westfalen fordert“, meinte der Türkeistämmige. Der Pressesprecher der Polizei vergleicht dieses Ansinnen mit Spionage und betont völlig richtig den unzumutbaren Loyalitätskonflikt ethno‑religiös ausgewählter Polizeibeamter[37]. Bülent Arslan (CDU) hat das weder das Wesen des säkularen Staates verstanden noch das Demokratierisiko islamischer Theokratie, wenn er de facto aus Staatsbeamten mutawwi‘-Religionspolizisten machen möchte[38].

Auch dieser türkeistämmige Herr verwendet dieselbe Statistik, wie die eingangs gehörte: „Auf der Welt leben 1,2 Milliarden Muslime, in Deutschland 3,2 Millionen.“ Es leben Muslime, sprach also auch der Sozialforscher und Sozialwissenschaftler, nicht etwa: Es leben Menschen. Aus Menschen, aus Staatsbürgern werden Muslime. Hierbei handelt es sich offensichtlich um ein Beispiel für das, was in Europa, die reale und gewollte Islamisierung verschleiernd, in diesen Jahren stattfindet: Die von allen Parteien und Kirchen vorangetriebene Theologisierung der Politik, deren Nutznießer allerdings nicht das Christentum sein wird.

Dass viele deutsche Muslime vom Dubliner Fatwa‑Rat oder vom Verbandsislam nicht gegängelt werden wollen, verheimlicht uns der Wissenschaftler ebenso wie die Lebenslage der vielen Ex‑Muslime unter den „Muslimen“. Das Publikum sollte, den pawlowschen Hunden gleich, daraufhin dressiert werden, die Scharia sowie den Türkeibeitritt als reizhaften Leckerbissen zu verbuchen, der einem in Vorfreude auf aromatischen Wohlgeschmack das Wasser im Munde zusammen laufen lässt. Die drei Referenten und der Leiter des Bildungszentrums waren an diesem Dortmunder Wochenendseminar nicht erfolglos, denn etwa 50 % der Zuhörerinnen und Zuhörer sind als vertrauensvolle Dulder der Scharia und als Türkeibeitrittsfreunde entlassen worden. So verläuft die Entdemokratisierung Europas, die Erosion der Erwachsenenbildung sowie politischen Bildung, unter Missbrauch der Sozial- und Islamwissenschaften. „Wir Islamreferenten denken für Sie, wir üben Vertrauen in die Scharia gemeinschaftlich ein, lassen Sie uns Vorurteile und Ressentiments überwinden“ könnte das Motto solcher Islamisierer sein.

Nun wurde es märchenhaft: „Im Islam gab es vorher die Macho‑Kultur nicht, das ist Tradition, nicht Religion. Auch Christentum und Judentum sind in patriarchalischen Gesellschaften entstanden.“ Aha, der türkisch-kurdische Sozialwissenschaftler weiß, wie der reine Islam zu denken ist, der von der jeweiligen Zeitgeschichte nicht verunreinigt werden dürfe. „Für Muslime hat die Religion größeren Stellenwert als für die Deutschen!“ donnerte der Wissenschaftler, die urdeutschen Konvertiten ließ er unter den sprichwörtlichen Tisch fallen. Was wesentlich unverschämter ist: Der Kurde erklärt Deutschlands Christen für relativ unreligiös, für gottvergessen.

Niemand im Saal protestierte, der Wissenschaftler muss einfach Recht haben. Wir dürfen uns fragen, ob der Sunna‑Islam, der Fatwa‑Islam oder der Dschihad‑Islam überhaupt eine Religion ist oder nicht vielmehr ein sexualpolitischer militanter Kult. Der Akademiker ließ nicht locker, auch dieses Argument erinnerte an den ersten Referenten, insofern schloss sich der Kreis: „Die Sunniten sind religiöser als die Aleviten, vor allem die arabischen Sunniten leben eine starke Religiosität!“ Abschließend schwärmte er von der couragierten Predigerin Amina Wadud, die als Beispiel für die Modernität im Islam stehen könne: „Die tapfere Muslima leitete 2005 in New York ein Freitagsgebet!“

Dass dieses Gebet aufgrund von Bombendrohungen in einer anglikanischen Kirche statt finden musste und von mehreren namhaften islamischen Geistlichen aus aller Welt scharf verurteilt wurde, blieb von unserem Islamexperten unerwähnt[39]. Die Afroamerikanerin Wadud ist hingegen vereinzelt der Apostasie bezichtigt beziehungsweise als „Teufelin mit Kopftuch“ bezeichnet worden[40]. Es mag sein, dass Frau Wadud ihr Anliegen ernst nimmt oder auch nicht, hier auf dem Islamseminar in Deutschland wurde die Dame schlicht missbraucht, um wider besseres Wissen eine angebliche Toleranz des Islam zu behaupten.

Noch zu der vierjährigen Tochter des gerade beschriebenen Referenten. Hoffentlich darf das Mädchen auch künftig zu Papier und Stift greifen, um schöpferisch tätig zu sein, sich visionär etwas auszumalen und ihr eigensinniges Bild von der Welt darzustellen.

Ümmühan Karagözlü, Jacques Auvergne


Kopftuchfreie Realschule in der Landeshauptstadt

Oktober 2, 2008

Aus unserem Leserkreis erhielten wir folgenden Kommentar, der eine Düsseldorfer Realschule betrifft, die sich 2007 und 2008 das Profil einer kopftuchfreien Schule gibt

Anne-Frank-Realschule

Düsseldorf (Flingern)

03.10.2008

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Sozialpädagogin und Nachhilfelehrerin, Schwerpunkt Sprach- und Lernförderung leite ich einen kleinen gemeinnützigen Verein und betreue mit meinen vier Kolleginnen und Kollegen Schülerinnen und Schüler verschiedener Alterstufen, darunter einige Mädchen und Jungen aus muslimisch geprägten Familien.

Auch in unseren Gruppenstunden sowie in der Mädchengruppe, die eine weitere Kollegin leitet, bleiben Baseballkappen, Baskenmützen und Kopftücher aller Art von Lehrenden wie Lernenden am Garderobenhaken hängen. Wir sind der Meinung, dass Hijab, Niqab, Tschador und Burka Kennzeichen für Genderapartheid und Unterdrückung von Frauen und Mädchen sind, ’reine’, verschleierte Muslimas von Weitem kenntlich machen sollen und sie von den ’unreinen’ Muslimas und Nichtmusliminnen abgrenzen. Damit verstößt das Tragen dieser Textilien sowohl gegen das Grundgesetz als auch gegen die Werte, Normen und Erkenntnisse der Aufklärung.

Zum Recht auf die ‘Freiheit‘ das Kopftuch anzulegen gehört immer auch das Recht auf die Freiheit, ohne Furcht darauf verzichten zu können. Freiheit, so wie viele säkulare Musliminnen und Muslime von Necla Kelek, Serap Cileli, Seyran Ates und Fatma Bläser bis zu Bassam Tibi sie verstehen, ist die Möglichkeit ohne Zwang, Angst vor Bestrafung und ohne Bevormundung zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten wählen zu können. Gänzlich kopftuchfreie koedukative Kindergärten und Schulen, in denen sich nicht nur Erzieherinnen und Lehrerinnen, sondern auch die Mädchen unverschleiert bewegen dürfen (französisches Modell), sind sicherlich für sie und ihre männlichen muslimischen Klassenkameraden ideale Lern- und Experimentierfelder des Erarbeitens von Gender-Rollen und Handlungsspielräumen, die den Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden aus konservativen Familien mit muslimischem Migrationshintergrund und zum Islam konvertierten autochthonen Eltern ansonsten fehlen würden.

Wie beispielsweise Frau Mina Ahadi, Frau Arzu Toker und Frau Fatma Bläser, die den Konformitätsdruck in orthodoxen muslimischen Familien aus eigener Erfahrung kennen, vertreten auch wir die Meinung, dass die Mädchen in solchen Milieus sich nicht gegen das Tragen von Kopftüchern wehren können. Wir würden als Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen auch gerne neun- und zehnjährige Mädchen, bei Südländerinnen setzt die Pubertät nämlich meist früher ein, für einige Stunden von der Verantwortung entlasten, „allein vor Gott“ (Balaban, LAGA) zu stehen und angeblich völlig selbstbestimmt zu entscheiden wie man sich kleidet. Auf dem Hin- und Rückweg zu/von unseren Gruppenräumen können die Schülerinnen ihre Haare ja bedecken.

Als (Sozial-)Pädagoginnen und (Sozial-)Pädagogen haben wir die Aufgabe, die uns anvertrauten Schülerinnen und Schüler zu aufgeschlossenen, selbstbewussten und kritisch-kosmopolitischen jungen Demokratinnen und Demokraten zu erziehen, die das nötige Rüstzeug haben, sich später in einem ihren Neigungen, Fähigkeiten und Wünschen entsprechenden Berufs- und Privatleben verwirklichen zu können.

Vielleicht interessiert Sie, dass Fatma Bläser unter anderem Vorträge zum Thema Kopftuch hält. Hier der Link zu ihrer Homepage.

http://www.hennamond.de/

Mit freundlichen Grüßen

Islam für Kids aus islamkritischer Sicht

August 27, 2008

084

أنيس

anis,

seltener arabischer

männlicher Vorname,

Bedeutung etwa

„herzlich“, „höflich“

oder „loyal.“

Islam für Kids.

Das Buch von Anis Hamadeh

islamkritisch rezensiert

Cees van der Duin am 27.08.2008

Der singende und malende Anis Hamadeh ist Autor von „Islam für Kids“ (2007). Hamadeh, Sohn einer Deutschen und eines Palästinensers lebt im rheinland-pfälzischen Mainz. „Islam für Kids“ erschien beim Vertrieb bhv-Buch (Redline GmbH) in einer schulbegleitenden Buchreihe, die bislang pädagogisch wertvolle Bücher wie „Biologie für Kids“ oder „Mathematik für Kids“ erstellte und damit für einen Verlag, der eigentlich auf Computerhandbücher spezialisiert ist.

Sozialpädagoge Cees van der Duin hält „Islam für Kids“ für ein Vehikel, welches im Namen der Toleranz, des Kulturrelativismus und der gesellschaftlichen Vielfalt („diversity“) sehr scheinheilig das fundamentalistische und antidemokratische Gedankengut eines auf ethno-religiöse Segregation zielenden politischen Islam unter Deutschlands Kindern und Jugendlichen verbreiten möchte. Gemessen am Ziel der Qualitätssicherung wissenschaftlich orientierter Jugendliteratur hält van der Duin „Islam für Kids“ für misslungen und als Lehrbuch für nicht schulfähig. Speziell der Maßgabe der Schulbuchkommissionen, einen den universellen Menschenrechten nachgeordneten und nur damit nachhaltigen Abbau von Feindbildern zu erzielen, sieht der Rezensent in „Islam für Kids“ ein Verharmlosen des politischen Islam und unterstellt dem Autor, Parallelgesellschaften aufbauen zu wollen und die ohnehin bedrohte Haltung der Säkularität unter Europas Muslimen planmäßig zu untergraben. Das tendenziell antiaufklärerische und damit jugendgefährdende Werk „Islam für Kids“ wirbt für die Ordnungspolitik der Scharia und ist auf Verfassungsverträglichkeit zu überprüfen.

Übermorgen, am Freitag den 29. August 2008 wird Hamadeh gemeinsam mit der städtischen Integrationsbeauftragten Coletta Manemann anlässlich eines palästinensischen Kulturfestivals auf dem Marktplatz der Stadt Bonn auftreten und von 17:00 bis 17:30 sein „Islam für Kids“ öffentlich diskutieren

Islam

für Kids

14 Woran glaubt ein Muslim? Wie funktioniert das islamische Recht, die Scharia?

Hamadeh wisse darüber Bescheid, was ein Muslim zu glauben hat: Bitte, in welcher Ironie oder in welchem Fanatismus, mit welcher Unfähigkeit oder Fähigkeit zur Außenansicht und Religionskritik namentlich Schariakritik?

Scharia wird als irgendwie funktionierend dargestellt, das impliziert Funktionalität und damit Kompatibilität zur kulturellen Moderne. Ein repressives, auf Denkverboten und Fundamentalismus beruhendes geistiges und seelisches Gefängnis wird also bereits in der Einleitung des „Islam für Kids“ verharmlost und verkitscht. „Für Kids“ suggeriert uns, Islam sei etwas Kinderleichtes: Wer jetzt noch kritisiert, ist womöglich dummer als ein Kind.

19 … neue Religion? Aber nein, Muhammad sprach vom selben Gott der Juden und Christen, nur als neuer Prophet.

Diese Vereinnahmung der jüdischen und der christlichen Religion durch einen gefräßigen Islam ist für bewusst religiöse Juden und Christen wohl kaum hinnehmbar. Hamadeh also gibt einer fundamentalistischen und aggressiv missionierenden Auffassung von Islam Raum, die beim Anschein der freundschaftlichen Nähe und der religiösen Verwandtschaft die Grundlagen der beiden anderern – älteren – abrahamitischen Religionen gleichsam schluckt und sich einverleibt. Diese Frechheit geht noch nicht einmal auf Anis Hamadeh zurück, sondern auf Mohammed, einem unterrichtsbegleitenden Buch jedoch, mit dem Anspruch, objektiv zu informieren, wird derartige Propaganda nicht gerecht.

24 … dass es oft mehrere Versionen einer Geschichte gibt (…) hat jeder seine eigene Sichtweise …

Allerdings. Das gilt auch für säkulare Muslime und für Ex-Muslime, die von Hamadehs orthodoxer Islamauffassung womöglich verschont werden möchten.

29 Die neue Religion hatte es nicht leicht.

Anders als auf Seite 19 ist der Islam jetzt doch eine Religion? Hamadehs Denken ist elastisch wie Kaugummi. Der Islam „hatte es nicht leicht“, er verdiene angeblich das Mitgefühl des womöglich minderjährigen Lesers. Hamadehs Appell ans Mitgefühl ist eine Manipulationstechnik und als solche in moderner Pädagogik nicht statthaft.

29 Vor Gott war der Mensch frei. Diese Idee interessierte besonders Sklaven, Frauen und Arme …

Che Guevara Mohammed! Der Prophet als Sozialreformer. Als Sklavenversteher, Frauenfreund und Sozialarbeiter.

34 Viele Sonderrechte wurden abgeschafft und der Gedanke der umfassenden Gerechtigkeit gewann an Bedeutung.

Ja, die Stammesreligionen und Stammesgesetze der polytheistischen Araber wurden restlos zerstört. Juden und Christen wurden als Menschenklasse minderen Ranges islamrechtlich qualifiziert, was der Autor freilich den deutschen Kindern der Dhimmis verschweigt.

36 Im Mai 629 … Oase Haibar … kämpften gegen die Banu Nadir. Muhammad nahm eine der Witwen zur Frau.

Sich um verarmte Witwen kümmern, wie nett? Die Juden des Stammes Banu Nadir (Banū Naīr; Banu n-nadir / بنو النضير‎) wurden im Jahre 628 in Chaibar nahezu vollzählig umgebracht. Eine Tochter und Augenzeugin der grausamen Folter und Ermordungen musste mit dem Propheten fortan auf einem Kopfkissen übernachten.

„Witwe“ nämlich ist die Jüdin Safiyya (Safiyya bint Huyayy) dadurch geworden, dass ihr Mann Kinana (Kināna ibn al-Rabī), der so etwas wie Kassenwart oder Schatzmeister der Banu Nadir war, von Mohammed zu Tode gefoltert wurde, weil er den Muslimen nicht so ohne Weiteres verraten wollte, wo das gemeinschaftliche Geld versteckt war. Die traumatisierte Jüdin wurde zwangsweise die elfte Frau des Propheten. Soviel zum Konzept „umfassender Gerechtigkeit“ (Hamadeh, 34).

46 In den nächsten fünfzig Jahren wurde ganz Nordafrika islamisch. Bis nach Frankreich kamen die muslimischen Krieger. Auch tief in den Osten gelangte der neue Glaube (…) das mächtige persische Reich wurde islamisch. Der Süden Arabiens war ganz islamisiert …

Einverstanden. Die Islamisierung eines Territoriums geschah mit militärisch organisierten Massenmorden und dem Aufbau einer politischen Besatzung. Islam ist Dschihad.

56 Schon vor der islamischen Zeit gab es ein Weltwissen, ein Wissen der Völker.

Allerdings. Dieses Menschheitserbe wird bis heute kosmopolitisch weiter entwickelt, doch wohl eher in Milieus, die von Fundamentalismus und Theokratie nicht so sehr geprägt sind.

66-67 Die Logik des Aristoteles (…) blieb da eine ganze Weile umstritten, wo der Koran mit seinen Versen als erste Beweisführung galt und die Logik als Konkurrenz erschien.

Nachvollziehbare Beweisführung macht den Hütern heiliger Denkverbote nun einmal schwer zu schaffen. Wir werden doch wohl im heutigen Islam nicht etwa Orte finden, an denen die Schlüssigkeit des Denkens gegenüber den Inhalten irgendwelcher Freitagspredigten oder Fatwas „als Konkurrenz erscheint“? Gar im Buch Islam für Kids? Wir werden.

Die inhumane Prägung der beschriebenen orientalischen islamisierten Stadtkulturen als Jahrhunderte der religiösen Entrechtung der Juden, der Christen und der Frauen unterschlägt uns der Autor großzügig.

81-82 Wir heute in Europa glauben an die Demokratie mit Wahlen und freier Presse, Gewaltenteilung und Menschenrechen. Im Grunde ist das auch eine Art Rechtgläubigkeit (…)

Hamadeh hält die Forderung nach Wahlrecht und Pressefreiheit für intolerant, radikal und fundamentalistisch? Dieses weltanschauliche Problem sollte der Autor doch bitte einmal im Dialog mit Verfassungsschützern vertiefen.

94 Die islamische Welt hatte jetzt alle Einflüsse der Umgebung in sich aufgenommen.

„Alle Einflüsse“, jetzt übertreibt der Autor aber ein wenig, von den Juden und Buddhisten und Griechen hätten die stolzen Muslime noch vieles lernen können.

Andererseits ist islamischerseits das Lernen von nichtmuslimischen Kulturen auch in unseren Jahrzehnten mal wieder mehr als überfällig: Psychoanalyse, Frauenrechte, negative Religionsfreiheit … die angeblich „beste Gemeinschaft“ (Koran Sure 3 Vers 110) hat, sehr beschämenswert, im weltweiten Vergleich mal wieder großen Nachholbedarf.

96 Christen und Juden lebten als Minderheiten in muslimischen Ländern.

Sie lebten nicht nur, sie starben auch. Nicht selten gewaltsam. In den meisten islamisierten Regionen gab es bald keine Christen mehr.

100 Die Menschen der muslimischen Welt liebten auch das Reisen sehr.

Meine türkische Nachbarin wird verprügelt, wenn sie einmal im Monat auch nur zum 100 Meter entfernten Kiosk geht, um sich ein paar Zigaretten zu kaufen. Ihr frommer muslimischer Mann gibt ihr auch keinen Euro Geld, sie tauscht daher bei einer feministisch-säkularen Nachbarin heimlich Naturalien, um an Münzen für ihr Genussmittel zu kommen. Autor Hamadeh aber lässt die mittelalterlichen Muslime „das Reisen lieben“? Die islamischen Frauen kann er jedenfalls nicht gemeint haben.

106 Die Rückeroberung Andalusiens durch die Spanier … 1492

Eben. Zurück erobert. Spanien den Spaniern, Fremdherrscher raus.

110 Wenn der Sultan anwesend war, verhielten sich alle mucksmäuschenstill.

War auch ratsam. Bei schlechter Laune des Sultans endete deine Audienz für dich tödlich.

110 Unter ‚Harem‘ versteht man in Europa oft die Frauengemächer des Herrscherhauses. ‚Privater Bereich‘ ist allerdings passender. Auch hier wurde Politik gemacht.

Etymologisch und orthodox zu „haram, verboten“ gehörend, war der Herrscher-Harem ein Ort der Menschenzucht aus den gekauften Söhnchenfabriken (Frauen). Der Autor verschweigt uns an dieser Stelle den Sachverhalt der koranisch legitimierten und islamisch traditionellen Vielehe, Polygamie. Unter Harem sollten wir alle, Nichtmuslime und Muslime, die Strukturen der Vielweiberei verstehen. Eifersüchtige Nebenfrauen pflegten die Söhnchen der Nebenbuhlerin im Harem, den alle Frauen nicht verlassen durften, zu ermorden, insofern wurde in der Tat „auch hier … Politik gemacht.“ Das zutiefst islamische Prinzip der ins Haus gesperrten Frau unterschlägt uns Anis Hamadeh ohne erkennbaren Skrupel, auch dasjenige der unter Deutschlands Türken so verbreiteten Zwangsehe oder das der häuslichen Gewalt.

110 Manche Historiker betonen, dass die islamische Orthodoxie das „Tor der selbständigen Forschung“ geschlossen hat. Diese Theorie des Kulturverfalls ist nicht von der Hand zu weisen.

Um wissenschaftliches Forschen im Sinne von Naturwissenschaft oder Sprachwissenschaft ging es bei der so genannten Schließung der Tore des Idschtihad eher sekundär, was Hamadeh eigentlich wissen sollte. Das Gegenteil zu idschtihād ist taqlīd, blindes Befolgen. Wer im letzten Jahrtausend kein mujtahid war, kein „Elite-Ulema“, der hat zu Koran und Sunna den Mund nicht mehr autonom öffnen dürfen. Taqlīd, stumpfsinniges Nachplappern des Lehrstoffes deiner madhhab, deiner Rechtsschule ist für dich als Muslim seither verpflichtend. Gegen diesen Kerker denken weltweit nur ganz wenige Menschen an, darunter Irshad Manji (mitunterzeichnend im „Manifest der 12“) und das Projekt Secular Islam. Ob dem offensichtlich nichtsäkulare Hamadeh nun der Mut oder der Verstand fehlt oder beides, um den Islam in die kulturelle Moderne führen zu helfen, das geht aus „Islam für Kids“ leider nicht hervor.

112 Große Teile Indiens beispielsweise stabilisierten sich unter den muslimischen Mogul-Kaisern.

Auf derlei „Stabilisierung“ hätten die unterworfenen Menschen Indiens als Buddhisten, Hindus oder auch Stammesreligiöse sicherlich gerne verzichtet. Bereits die islamische Schreckensherrschaft des Ala du-Din Khalji ließ die Nichtmuslime sich an ein wahrhaftig „stabiles“ Dasein als Sklave gewöhnen. Die Buddhisten wurden unter ihm und den Moguln nahezu restlos ausgerottet, fast alle buddhistischen Tempel Indiens systematisch zerstört. Durch gezielte, massenhafte Tötung der buddhistischen Mönche war es leichter, Indiens Buddhisten zwangsweise zu islamisieren, andere flüchteten in die zwar versklavten, aber für die Muslime zur Ausbeutung „volkswirtschaftlich“ unentbehrlichen Gemeinschaften der Hindus. Heute gibt es in Indien als der Heimat des historischen Buddha nur noch 0,8 % Buddhisten, darunter viele Exil-Tibeter. Auch Afghanistans Buddhisten sind längst ausgerottet oder zwangsislamisiert worden, letzte vorislamische Spuren sollten mit der Sprengung der Buddha-Statuen von Bamyan aus der Erinnerung getilgt werden. Die Zahl der in Indien während eines halben Jahrtausend islamischer Herrschaft ermordeten Hindus dürfte gewaltig hoch sein. Alles ein Beitrag zu „Stabilisierung.“

112 Revolution in Arabien … eine revolutionäre Bewegung … Muhammad ibn `Abdu l-Wahhāb (1703-1792) … vertrat einen besonders strengen Islam

Nun, wir Demokraten dürfen „islamische Revolution“ in der Tat getrost als Aufbau einer theokratischen Schreckensherrschaft verstehen, als politische Systemtransformation hin zu einem islamischen, sprich einem inhumanen und quasi-rassistischen Staatswesen, in dem Frauen und Nichtmuslimen die Rechte männlicher Muslime nicht mehr zugänglich sind (Allahkratie, englisch Allahcracy).

Abdu l-Wahhāb ließ sich von dem um 1300 lebenden Sufi-Gegner und geistigen Ahnherrn des neuzeitlichen Islamismus Ibn Taimiya inspirieren und schuf in der Tat diejenige Variante von Staatsislam, der es bis heute gelungen ist, mit der heute auf Brutalität und Erdölverkauf beruhenden Macht des saudischen Königshauses als des Hüters der heiligen Stätten zu verschmelzen.

Wahhabiya ist eine fromme islamische Kultur der Prügelstrafen oder Auspeitschungen für Männer, der vollzogenen Todesstrafen, der Inhaftierung gewaltloser politischer Gegner und der Haft ohne Anklage und Gerichtsverfahren. Homosexualität wird, islamrechtlich einwandfrei, mit Auspeitschungen bestraft. In Städten dürfen Frauen kein Auto fahren. Frauen dürfen das Land nicht ohne Erlaubnis durch ihren „Vormund“ (männlichen Besitzer oder Hüter) verlassen. Hamadeh verschweigt diesen menschenverachtenden Sachverhalt und bevorzugt die Wortwahl „besonders strenger Islam.“

Im Jahre 2007 wurden im Staate der von Anis Hamadeh so genannten „Revolution in Arabien“ 153 Männer und 3 Frauen hingerichtet, die meisten davon mit dem im der Landesfahne so dekorativ dargestellten Schwert enthauptet. Statt Pressefreiheit herrscht im wahhabitischen Saudi-Arabien strikte Zensur, was „Islam für Kids“ allerdings großzügig übergeht. Großzügigkeit ist eine islamische Tugend.

114 Kolonialismus

Der Herrschaftsbereich des Islam ist ein einziger Imperialismus und Kolonialismus. Muslime betrieben jahrhundertelang Sklavenfang und Sklavenhandel. Die Doktrin der Dār al-Harb meint das Imperium Allahs, Nichtmuslime sind islamrechtlich Menschen minderen Wertes.

117 [Die ] Muslimischen Reformer. (…) [al-Afghānī, `Abduh und Raschīd Ridā] formulierten den Islam neu.

‚Den Islam neu formulieren‘, Anis beliebt zu scherzen. Die drei radikalen Theokraten al-Afghānī, `Abduh und Raschīd Ridā sind die Wegbereiter der rückwärtsgewandten as-Salafiyya, einer Gegenbewegung einerseits zu Europas Kolonialismus, andererseits gegen die kulturelle Moderne mit deren Forderungen nach universellen Menschenrechten, negativer Religionsfreiheit, Glaubenswechsel in jede Richtung und Frauenrechten. Der populärste rheinische Seelenfänger der Salafiyya ist Pierre Vogel, die von ihm und seinen Getreuen kultivierten Attribute sind Kittel, Bart und Strickmütze für die Männer beziehungsweise Tschador oder sogar Niqab für die ins Hinterzimmer huschenden Weibchen. Hat der Autor Sympathien für die Salafiyya? Wir wissen es nicht … und Anis äh Allah weiß es am Besten.

117 1928 gründete Hasan al-Bannā die Muslimbruderschaft in Ägypten …

… als den Wurzelgrund nahezu sämtlicher islamischer terroristischer Gruppen. Gegründet vom Kolonialismus- und Kapitalismuskritiker al-Banna wuchs die Muslimbruderschaft, al-ichwān al-muslimūn, zu einer Gegenkraft, die seit 1948 plausibel verdächtigt wird, den ägyptischen Staat stürzen zu wollen.

Dass sich die Ägypter um 1928 vom Bau und Betrieb des Suez-Kanals überrollt und gedemütigt fühlten ist vielleicht nachzuvollziehen. Bezeichnend jedoch, dass sie nicht mit Fleiß und Lernen nach Zugang zur damaligen höchsten Technologie strebten wie etwa Japaner oder Koreaner es getan hätten und haben, sondern mit einer „Rolle rückwärts“, mit einer Verweigerungshaltung bei Verehrung und Verklärung der asr as-saadet, der islamischen Frühzeit als eines Zeitalters der angeblichen Glückseligkeit.

Hassan al-Banna ganz realpolitisch: „Es liegt in der Natur des Islam, zu herrschen und nicht beherrscht zu werden, seine Gesetze allen Nationen aufzuzwingen und seine Macht über den gesamten Planeten auszuweiten.“

1800 radikal-muslimische Anhänger zählt der bundesdeutsche Zweig der Muslimbruderschaft (MB), welcher auch die Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD) unter Ibrahim el-Zayat zugerechnet wird. Die MB scheint eine Art Outsourcing zu betreiben, für den militärtechnischen Teil und in Israel sowie Palästina etwa ist die HAMAS zuständig, die Raketen baut und benutzt, Selbstmordattentäter ermutigt und bereits Kindergartenkinder antiisraelisch indoktriniert und Wehrsport einüben lässt. HAMAS-TV führt diese Pädagogik der Aufhetzung weiter, berüchtigt ist die dschihadistische und antisemitische Kinderfilm-Reihe „tomorrow`s pioneers“ mit den Comic-Figuren Farfour und Nahool, geklaut bei Walt Disney. Ibrahim el-Zayat ist Vorstandsmitglied bei dem der MB freundschaftlich nahe stehenden FIOE, zu dem muslimische „Jugendwerke“ wie WAMY und FEMISO gehören.

Jene FEMYSO, mit der sich Europas christlichem Jugendverband EYCE im Dezember 2007 im griechischen Vólos zum Gespräch traf (Monologue or Dialogue? Inter-religious dialogue meets fundamentalism”), eingebettet in die Veranstaltungsreihe “All Different – All Equal”, European Youth Campaign for Diversity, Human Rights and Participation.

All different, all equal. Alle anders, alle gleich. Irgendwie gleich also … vor dem Europarat oder auch dem radikalislamisch unterwanderten UN-Menschenrechtsrat oder auch vor dem unsichtbaren Allah höchstpersönlich.

Die auf Hasan al-Banna zurück gehenden, der heutigen MB nahe stehenden Strömungen fühlen sich nicht der freiheitlichen Demokratie verpflichtet, sondern der aus orthodoxer islamischer Doktrin einzig legitimen Gesellschaftsform, dem hilāfa, Allahs Kalifat. Dazu aber sagt unser Islamwissenschaftler, Herr Hamadeh aus Mainz? Nichts.

120 Seit fast hundert Jahren steckt der Konflikt in Palästina/Israel wie ein Keil zwischen der islamischen und der westlichen Welt.

Das ist nicht verantwortungsvoll, den in den wenig bürgerrechtlichen islamischen Regimes von Regierungen wie Oppositionsgruppen zu propagandistischen Zwecken „nützlichen“ Nahostkonflikt auch hier derartig zu stilisieren. Die zwar häufige, aber nicht desto weniger groteske Chiffre „Welt“, ob „islamische Welt“ oder „westliche Welt“ sollte man ohnehin vermeiden, wie wäre es mit etwas mehr Eine-Welt-Idee? Zumal ja hier recht unverhohlen der islamische Welt-Teil vom westlichen Teil (der Welt) abgegrenzt wird. Will Hamadeh zwei Welten? Dar al-Harb und Dar al-Islam?

122 Am 11.09.2001 sind zwei Flugzeuge ins World Trade Center in New York geflogen und haben beide Türme des Gebäudes zerstört.

Es gab mehr als dreitausend Tote, ja. Die beiden Muslime Chalid Scheich Mohammed und Mohammed Atef sind wohl die Planer der Anschläge. Der in Syrien geborene deutsche Staatsbürger Muhammad Haider Zammar, in Pakistan als Mudschahidin-Kämpfer ausgebildet, rekrutierte die ausführenden Muslime, mehrere davon im Hamburger Studentenmilieu um die als radikal geltende Hamburger al-Quds-Moschee. Der gebürtige Ägypter Mohammed Atta, 1993-1999 Student der Stadtplanung in Hamburg, kann als Anführer des deutschen Kreises der dschihadistischen eingewanderten Studenten gelten. Jung, männlich, muslimisch, antiwestlich, etwas entwurzelt, radikal-islamisch, fast ein bisschen deutsch, antimodern, antisemitisch. Sympathisanten des zeitweisen Mitglieds der Muslimbruderschaft Osama bin Laden und der dschihadistischen Netzwerke von und um al-Qaida.

122 eine neue Lücke zwischen West und Ost entstanden ist

Lücke, Kluft. Die man nicht um jeden Preis schließen, überwinden muss, schon gar nicht aus Angst vor weiterem radikal-islamischen Terror, unter dem auch freiheitliche orientalische Muslime leiden, Freidenker, Frauenrechtler. Auch müsste der Autor jetzt eigentlich im Nahen Osten sowie unter Europas Muslimen für weltbürgerlichen, kosmopolitischen Geist werben, für die Eine-Welt-Idee, für die Universalität der Menschenrechte, wenn ihm wirklich an einem Frieden in Freiheit gelegen wäre. Aber der politische Islam sagt ja nicht Freiheit, sondern Gerechtigkeit …

122 Wenn du auf die Geschichte des Islam blickst, siehst du, dass einem friedlichen Miteinander eigentlich nichts im Weg steht.

Das ist für uns Leser des „Islam für Kids“ allerdings gar nicht zu sehen. Eine vormoderne Herrschaftsordnung, welche Frauen entrechtet, Ungläubige verachtet, Abtrünnige der heiligen Ermordung anempfiehlt, gehört nicht, ja: „Nicht ungezähmt“ in die freiheitliche Demokratie und muss, durchaus: „Wie ein wildes Tier“ gebändigt, gefesselt, eingegrenzt und eingeschränkt werden, soll sie in Kindererziehung, politischer Meinungsbildung, Arbeitswelt, Nachbarschaft und innerer Sicherheit keinen Schaden stiften.

Ich weiß, nicht-säkulare Muslime gucken traurig und schreien: „Rassismus, Diskriminierung!“ oder „Islamisch zu leben ist mein Freiheitsrecht!“

Islamrechtlich einwandfrei Delinquenten köpfen oder ihnen die Hand und den Fuß amputieren, solange es, ganz nach Allahs Anweisung, nur der Fuß der anderen Körperseite ist? Kindern in jeder Koranschule und jeder auch nur halbwegs orthodoxen Familie einreden, dass die Ungläubigen, darunter die Mehrheit der christlichen und wohl sicherlich alle jüdischen Nachbarn und Mitschüler nach dem Tod in der Hölle schmoren? Dazu aufrufen, das Dogma der weltweiten Islamisierung und mit jedem Mittel durchsetzen zu dürfen, vorzugsweise mit List oder Gewalt? Sehr geehrter Herr Islamwissenschaftler, mit dem „friedlichen Miteinander“ wird das leider nichts.

Töchter und Söhne zwangsweise verheiraten, bei Bedarf Neunjährige verheiraten und ehelich vergewaltigen, die von der al-Azhar gebilligte und in Ägypten täglich praktizierte Frauengenitalverstümmelung beschweigen sofern man nur Anis Hamadeh heißt, Vielweiberei (Polygamie) dulden? Verbot des Glaubenswechsels und der Islamkritik? Herr Hamadeh, Ihre Lieblingsreligion steht bis auf Weiteres einem „friedlichen Miteinander“ durchaus sehr im Weg.

208 Für männliche Kinder ist im Islam wie auch im Judentum die Beschneidung vorgeschrieben, bei der die Vorhaut vom Penis chirurgisch entfernt wird, heutzutage normalerweise in einem Krankenhaus. Es handelt sich um eine Hygiene-Vorschrift. Dieses Ereignis wird als festlich angesehen.

Anis, lies mal Bruno Bettelheim und befrage die Häuptlinge der Papuas oder Aborigines. Ach ja, jeder Mensch sei von Natur aus Muslim und das Vorkommen der sexualmagischen Routine-Jungenbeschneidung bei afrikanischen und pazifischen Stammeskulturen sei so etwas wie ein korankonformer Gottesbeweis?

Routinebeschneidung ist vormodern und die „heiligen“ Beschneidungswerkzeuge gehören ins Museum. Dass sich mittlerweile eine „Medikalisierung“ der sexualmagischen Körpermutilationen eingeschlichen hat, in Ägypten und Ostafrika natürlich gerade auch die ungleich grausamere weibliche Genitalverstümmelung betreffend, verschleiert leider sowohl die archaischen Wurzeln als auch die zu erhoffende Durchschaubarkeit dieses theokratischen Unterwerfungs- und Initiationsrituals.

Ich habe mir einen Scherz erlaubt, Anis. Du musst jetzt nicht das tun, was dir die Häuptlinge der Papuas und Aborigines sagen, die haben nämlich ihre womöglich höchst grausame und unwissenschaftliche Variante von at-tahāra, ritueller Reinheit, meist mit zusätzlichem heiligem Zahnausschlagen und gottgewollter Tätowierung verknüpft. Tu`s dir nicht an.

Der Autor von „Islam für Kids“ vermengt die Begriffe „rein“ und „sauber“ oder behauptet, die Jungenbeschneidung diene dem Aspekt „sauber“ (Hygiene), wo es doch überwiegend um „rein“ (rituelle Reinheit) geht. Entscheidend: Hamadeh stellt die Jungenbeschneidung und den sie umgebenden Konformitätsdruck nicht annähernd in Frage, sofern er ihn überhaupt durchschaut. Modern denkende Pädagogen, Urologen, Kinderärzte, Psychologen oder Politiker können einer sexualmagischen Routine-Operation am Genital des männlichen Kindes nicht zustimmen.

Bettelheim betont den initiatorischen und zugleich sexualmagischen Charakter der geheiligten Zirkumzision ostafrikanischer und melanesischer Stämme, bei denen die Einritzung oder Entfernung der Vorhaut am Genital des kleinen Mannes sowohl die Einweihung in die Kriegerkaste beziehungsweise den Jägerbund markiere als auch Schmerz und Blutung einem grandios scheiternden Versuch der Aneignung der Macht weiblichen Gebärens entspreche. Durch die Mutilation am Genital werde der Mann zum zweiten Mal geboren, die unvermeidliche Geburt aus der Mutter überkrönt, übertroffen und die Frauengeburt und damit die Frau religiös abgewertet. Der Krieger, so ließe sich mit Bettelheim sagen, gebäre sich selber. Vom Fransenschneiden in die Vorhaut bis zum Aufritzen der Harnröhre war und ist im Laufe der Jahrtausende mancherlei getrieben worden am „männlichsten aller Körperteile“ (Jacques Auvergne).

Jungenbeschneidung als „kulturelle“ oder sexualmagisch-religiöse Routine ist ein Angriff auf das männliche Genital und damit ist sexualisierte Gewalt, nennen wir es Kindesmissbrauch. Routine-Zirkumzision, ob Amerikaner, Papuas, Juden, Aborigines, Muslime oder Südkoreaner, verstößt gegen die Maßgabe der körperlichen Unversehrtheit und darf in der kulturellen Moderne etwa mit Religionsfreiheit nicht zu entschuldigen sein. Der Initiant männlicher Genitalverstümmelung weigert sich erklärlicherweise, sich einzugestehen, Opfer seiner (angeblich „rituell reinen“ wie zugleich „zivilisierten, hygienischen“) Kultur zu sein.

Der männliche Autor entstammt als Kind einer deutschen Mutter und eines palästinensischen Vaters dem Grenzgebiet zwischen einer beschneidungsobligatorischen und einer beschneidungsindifferenten Kultur. Was macht Hamadeh als verantwortlicher Verfasser „Islam für Kids“, wovor schreckt der stolze Krieger Gottes nicht zurück? Die patriarchalische Ritualzirkumzision ins Kapitel „Kinder“ zu verfrachten und sie als „Hygiene“ zu rationalisieren und zu bagatellisieren.

Üblicherweise die zweite geheiligte sexualisierte Gewalterfahrung für muslimische Männer, womöglich für jeden zweiten da zwangsverheirateten türkischen Mann, ist die durchzuführende Penetrierung der Jungfrau in der Hochzeitsnacht, indes draußen die Dorfbevölkerung oder Großfamilie auf das blutbefleckte Bettlaken wartet. In Allahs überirdischem Glanz fusionieren Sexualität und Gewalt schier unauflöslich, Reinheitswahn und Sadismus.

212 Kleidung. Zugrunde liegt das islamische Gebot, sich nicht aufreizend und eher zu kleiden.

Islamischer Tugendterror, der seine „satanischen“ Opfer konsequent und maschinengleich konstruiert, schafft, fordert. Auf Frauenseite finden wir hier die Grunddichotomie „Heilige und Hure“ jedes Patriarchats. Frau-frauliches Nase-Drehen, „Ätsch, ich komme in den Himmel, Schwester, und du nicht, dein Kopftuch ist zu wenig keusch!“ Kopftuchmobbing, Tugendterror.

Die Muslima sei lebenslang, so die Logik von Hijab und Niqab, von Unreinheit, das heißt von diabolischem Dreck bedroht. Der Muslima drohe mit sittlichem Fehlverhalten eine Gottesferne, die den Männerbund in seiner Ordnung und Frömmigkeit zerstören könne. Dem Muslim wird der angeborene Wesenszug des Vergewaltigers unterstellt.

Muslimischen Männern wie Frauen wird mit der wortlosen Sprache der Kleidung anerzogen, angedrillt, antrainiert: Als „Sorte Mensch“ erhebe sich die Umma mit der arroganten Selbstkennzeichnung sakraler Kleidung über die fürs Höllenfeuer bestimmten Barbaren. Das ist neben der mehr oder weniger radikal realisierten Geometrie der Geschlechtertrennung die zweite Geometrie oder Dichotomie: Die sittlich höherwertigen Gläubigen gegen die Kuffār. Das gibt schon mal Probleme im Klassenzimmer oder Großraumbüro, zumal kleine Mädchen eingedreckt und verprügelt werden, wenn sie ihre „Bedeckung“ nicht fromm genug tragen.

Weder der ebenso alberne wie brutale Konformitätsdruck noch die Dynamik der aufgezwungenen „Muslimisierung“ durch radikal-islamische Gruppen, die den muslimischen Frauen in Kairo wie in Köln, in Beirut wie in Berlin eine jeweils immer „noch keuschere, noch strengere“ Kleidung vorzuschreiben trachten ist dem Autor eine Zeile wert. Auf Videos gewisser Kindergartenfeste der „pädagogischen Arbeit“ der palästinenischen HAMAS (zur Firmengruppe Muslimbruderschaft) sind Wesen, fraglos Frauen mit Tschador und Niqab zu sehen: Keusche wie reinheitsbedrohte Weibchen mit Sehschlitz-Anblick und zugehörigem Sehspalt-Weltbild. Soweit zu „islamische Kleidung“, steht aber nicht in „Islam für Kids.“

212-213 … sieht man so gut wie nie Männer und schon gar nicht Frauen in kurzen Hosen … man macht es nicht, weil man sich nicht wohl fühlen würde oder weil die Leute sonst über einen reden.

Frau macht es nicht, weil man ihre koranisch angedachten blauen Flecken sehen könnte, weil sie an der nächsten Ecke von Muslimen vergewaltigt werden würde und weil sie weiß, dass die Beine von westlich-dekadenten Minirockträgerinnen im islamisierten Teil der Erde dann und wann mit Säure übergossen worden sind. Soviel zu Scharia und Shorts für Frauen.

Der Autor ist zu feige, im Orient Shorts zu tragen, weil er Angst hat ins Gerede zu kommen? Klar, Moslems, männliche wie weibliche übrigens, gaffen kurzbehosten Männern so lange auf die Beine und signalisieren mit Gesten, Schnalzen, Zischen und Augenrollen, dass der Mann wohl schwul sein müsse oder Heide oder Schlimmeres, bis das der frevlerische Mann wieder keusch seine Beinchen bedeckt. Aus Europas Zuwanderermilieus heraus baut sich Gruppendruck auf Jungen jeder (Ex-)Religion auf, im Schwimmbad wenn nicht Kniebundhosen so doch Bermuda-Shorts zu tragen. Soviel zu Scharia und Shorts für Männer.

Den Konformitätsdruck zur Sittsamkeit kritisieren sieht sich Hamadeh nicht in der Lage. Der Autor schweigt zum textilienbezogenen Gruppenzwang.

213 Sauber soll die Kleidung sein. Das ist schon etwas Islamisches, denn im Koran und in der Sunna …

Ach so, sauber muss Kleidung sein! Steht in „Islam für Kids.“ Ach nein, steht im Koran und in der Sunna …

213 Hygiene-Regeln (..) wie das Waschen vor dem Gebet oder das Haareschneiden beim Hadsch

Vor wenigen Jahren gab es einmal eine etwas problematische Fernsehreklame: „Nicht sauber, sondern rein!“ Putzmittelbezogene Produktwerbung also griff auf magisches Denken zurück.

Haareschneiden bei der Pilgerfahrt ist ein öffentlich Demut wie Stolz darstellendes Ritual der Unterwerfung, Hingabe, der Solidarität und der „Verwandlungsbereitschaft“, weltweit haben viele Kulte oder Glaubenslehren ähnliches. Gegen Riten ist nicht grundsätzlich zu protestieren, doch sollte man sie den Ungläubigen und auch nicht den eigenen Kindern als „hygienisch“ verkaufen. Sich dem Göttlichen nähern ist ein Weg heraus aus dem Alltäglichen, die zwar konstruierte aber seelisch für Menschen wohl nicht gänzlich vermeidbare Aufteilung von Handlungen, Zeiten und Räumen in profane und sakrale Bereiche „fordert“ sichtbar werdende Sinnzeichen.

Nebenbei erhebt sich der sich einem Reinheitskult verpflichtet fühlende „Rechtgläubige“ mehr oder weniger unsozial über den „Ungläubigen“, wohl keine Geistlichkeit betont die „frevelhafte Dreckigkeit“ der Andersgläubigen so sehr wie die islamische. Das jedoch brauchen sich nichtmuslimische Demokraten nicht so ohne Weiteres gefallen lassen, von englischen, niederländischen oder deutschen Moscheepredigern als stinkend und unzivilisiert bezeichnet zu werden, nicht wahr, Herr Hamadeh?

213 … gehört auch, dass sich Muslime nach dem Toilettengang den Po mit der linken Hand waschen, weil die rechte fürs Essen gebraucht wird. Wenn man sich überlegt, dass zur Zeit des Propheten weder Klopapier noch Messer und Gabel benutzt wurden, wird deutlich …

… dass wir nicht im siebten Jahrhundert leben. Dass aber die muslimische Mami den Kindern mit Geschrei und Ohrfeigen die linke Körperhälfte als teuflisch, dreckig, schwul und feminin antrainieren muss. Den Weltraum und die deutsche Stadtöffentlichkeit schariatisieren heißt eben auch, den Körper zu zerspalten. Wie soll das Kind jemals Juden, Atheisten, Linkshänder, Frauen und Homosexuelle hassen, wenn dieses nicht „erlebnispädagogisch wertvoll“ antrainiert wird? Hamadeh verschweigt uns diese „Islampädagogik“ der verteufelten linken Körperhälfte, letztere wir nach C. G. Jung der „Anima“ des Menschen zuordnen dürfen. Auch andere patriarchalische Kulturen beziehungsweise Milieus verwenden „links“ als Synonym für „verhext“ (Redensarten wie „mit dem linken Fuß aufstehen“) oder unmännlich-schwul. Scharia beruht auf halbierten Klassenzimmern und Stadträumen (Geschlechtertrennung, Dhimmi-Ghettos, selbstgewählte Segregation der Muslime) ebenso wie auf einer zur entsprechenden Motivation unentbehrlichen Spaltung der Seele und der Persönlichkeit.

Nur sehr säkulare oder sehr moderne türkische Eltern lassen ihr Kind als Linkshänder zu. Der Hass auf die linke Hand entspricht dem Hass auf die Frau und den unmännlichen (schwulen, atheistischen) Mann, nicht nur im rückständigen Teil des Islam, aber gerade dort.

Klassisch-islamrechtlich gilt es, homosexuelle Männer zu töten, indem man sie von hohen Gebäuden in die Tiefe stürzt.

214 Grundsätzlich gilt, dass Islam alle Bereiche des Lebens betrifft

Das bezeichnet der Totalitarist als ganzheitlich und der freiheitliche Demokrat als totalitär.

214 … denn es zählt zu den islamischen Tugenden, anderen Menschen zu helfen und gut zu ihnen zu sein …

Nur Juden dürfen diese Menschen nicht sein, Apostaten auch nicht, auch keine Islamkritiker. Frau ist auch nicht so gut. Es ist schon ein tolles Gefühl, ein guter Mensch zu sein. Eine gute Dosis Islam schmeichelt dem Ego.

216 Kriege zwischen Muslimen … werden als unislamisch abgelehnt.

Warum sprengt ihr Sunniten und Schiiten euch dann zum Freitagsgebet in Bagdad oder Basra wechselseitig aus der Moschee?

Im Prinzip stimmt dieser Satz auch noch. Islam will den Krieg gegen den Nichtislam. Bis zur Unterwerfung (Islam). Unterwirf dich und du wirst verschont (Aslim, taslam). Doktrin ist, die Welt glücklich zu islamisieren, bis dahin ist der Nichtmuslim Mensch zweiter Klasse und darf übervorteilt werden. In der tausend Jahre alten und von Hamadeh nicht kritisierten Doktrin der „islamischen Gesellschaft“ sind Nichtmuslime (soweit Dhimmis) als Menschenklasse minderer Rechte vorgesehen, Polytheisten und Atheisten (zur Klasse der Harbis) dürfen einfach so getötet werden. Gleichberechtigung für Zoroastrier oder Christen oder Bahá`í gibt es in Saudi-Arabien oder im Iran ganz offiziell nicht, in der Türkei oder in Ägypten funktioniert diese Diskriminierung der Nichtmuslime gewissermaßen spontan.

239 Aus den anerkannten Hadith-Werken geht hervor, dass das Abhacken der Hand tatsächlich von Muhammad praktiziert wurde. Auch im christlichen Europa wurde übrigens Dieben die Hand abgehackt.

Richtig. Es gab Religionsstifter, die Dieben die Hand abhacken ließen und es gab Religionsstifter, die Dieben nicht die Hand abhacken ließen.

240 Ebenso wie der islamische Prophet … das Abhacken von Händen in Einzelfällen selbst in Auftrag gab, so hat er auch in mehreren Fällen befohlen, Menschen hinzurichten.

Mohammed halt. Scharia.

245 Deshalb erben Frauen nach islamischem Recht nur die Hälfte von dem, was Männer erben. … Nach islamischem Recht wiegt die Aussage einer Frau – da, wo sie überhaupt als Zeugin auftreten darf – halb so viel wie die eines Mannes.

Koran halt, Scharia.

245 Muslimische Männer dürfen Nichtmusliminnen heiraten, muslimische Frauen aber keine Muslime.

Was, alles andere als zufällig, im Laufe der Jahrzehnte eine ethnoreligiöse Auslöschung der Nichtmuslime (Islamisierung) der Region befördert, da jedes Kind eines männlichen Muslims ungefragt Muslim ist und das Entführen jedenfalls Beutemachen an zu schwängernden Dhimmifrauen islamische Folklore. Islam expandiert auf Kosten der Nichtmuslime (auf wessen denn sonst). Der Autor stellt dieses patriarchalische, expansive und kulturenzerstörende Prinzip mit keinem Wort in Frage.

Hamadeh ist hier ganz persönlich betroffen, was er freilich uns gegenüber – und vielleicht sich selbst gegenüber – nicht zugibt, was er dreist oder panisch verleugnet: Wäre seine Mutter muslimische Palästinenserin und sein Vater (nichtmuslimischer) Deutscher, stünde einer Karriere Hamadehs bei den Ex-Muslimen ebenso wenig im Wege wie der Benutzung eines Schraubenziehers zum Abschrauben des Mainzer Klingelschildes aus berechtigter Sorge vor einem islamisch inspirierten Attentäter. Oder dem arabischen „Ehre waschen“ sprich Ermorden an der „Verräterin“, der muslimischen Frau, die einen Kāfir zu heiraten wagte.

Das sollte in der kulturellen Moderne anders sein. Durch sein Schweigen mach sich Hamadeh zum Komplizen der politischen Scharia, der von radikalen Kreisen gewünschten Schariatisierung Europas.

245 Die Gleichberechtigung von Frau und Mann ist eine Herausforderung für die drei von Männern beherrschten Religionen.

Hindus, Sikhs, Maoisten und atheistische Wohngemeinschaften nicht zu vergessen. Herausforderung oder Zumutung? Was hält der Autor von dieser „Herausforderung“, die gegen die von Mohammed pardon Allah gestiftete heilige Scharia schließlich ganz klar verstößt? Erwartet Hamadeh ein klares Bekenntnis zur Gleichberechtigung der Frau, ausgesprochen durch die orthodoxe Geistlichkeit der Palästinenser oder der al-Azhar oder des europäischen Fatwa-Rates? Er erwartet nichts, er vermisst nichts, so dürfen wir als Säkulare und Demokraten das Schweigen des Autors von „Islam für Kids“ doch wohl deuten.

247 … im siebten Jahrhundert war es üblich, dass Väter ihre Töchter verheiratet haben.

Jede zweite Frau, Türkei, heute. In unseren Städten sind regelmäßig sechzehnjährige oder sogar fünfzehnjährige „Frauen“ in den Sommerferien verheiratet worden. Die Braut kann aber auch in Europa durchaus einmal ein halbes Jahrzehnt jünger sein; im Jemen klagte eine Achtjährige vor Gericht dagegen, in der Ehe dauernd vergewaltigt zu werden. Gut, das Prinzip Kindbraut ist in der islamischen Praxis glücklicherweise eher selten, doch warum verschweigt Hamadeh uns die Alltäglichkeit der arrangierten Ehe sprich Zwangsehe?

248 Ebenso werden Mädchen nicht mehr verheiratet und schon gar nicht in dem Alter, in dem etwa Muhammad die `Aischa geheiratet hat

In Nordrhein-Westfalen ist die Hälfte der türkischen Ehen erzwungen. Ist das, lieber Herr Hamadeh, in Rheinland-Pfalz so anders?

Deutscher Islam: Die Zwangsehen der achtziger und neunziger Jahre sind für sechzehn- und fünfzehnjährige Schülerinnen arrangiert worden, das wird in unseren Städten von den betroffenen Frauen heute relativ offen zugegeben („Ich kannte meinem Mann nur vom Sehen“, „Ich sprach mit ihm erst nach der Hochzeit“).

Wir Sozialarbeiter und Sozialpädagogen wissen von muslimischen Kinderehen für dreizehnjährige, zwölfjährige, elfjährige Mädchen. Das ist selten, das kommt aber vor. Die schwangere türkische Unterstufenschülerin als islamische Braut einer Imam-Ehe sowie, für ältere Bräute, leider immer noch die traditionelle Cousinen-Ehe sind ein sehr deutsches Thema, sozialpädagogisch wie polizeiarbeiterisch.

252 Friedliches Nebeneinander … muslimische neben nichtmuslimischen Ländern

Länder, nicht Menschen. So wird praktischerweise die stets mehr oder weniger entrechtete Situation aller Nichtmuslime in „muslimischen Ländern“ ausgeblendet. Wobei „muslimisches Land“ den Islam als ordnungspolitisches System erkennbar macht und dem europäischen Leser offensichtlich nahelegt, der Einrichtung von islamisch befreiten Zonen zuzustimmen, von schariatisierten Territorien.

Autor Hamadeh spricht nicht von freiheitlicher Demokratie, verzichtet darauf, eine Säkularisierung des Islam als Qualitätskriterium aufzuzeigen.

Lebt Hamadeh, als Sänger und Maler in Mainz und übermorgen auf Vortragsreise zu Coletta Manemann in Bonn, lebt er in einem „nichtmuslimischen Land“ oder nicht vielmehr in einer freiheitlichen Demokratie der universellen Menschenrechte, geprägt von Gleichberechtigung der Geschlechter und Religionen, von Pressefreiheit, negativer Religionsfreiheit und altehrwürdiger Religionskritik? Fragen über Fragen.

273 Schalten wir den Fernseher ein … nach einem Bombenanschlag … jemand ruft ‚Allāh, Allāh‘ …

Es ist sehr erklärlich und sehr angemessen, wenn ein verängstigter Mensch in Not den Namen seines Gottes ausruft. Nanu, irgendetwas stimmt hier noch nicht so ganz: „Nach einem Bombenanschlag“ schreibt der Autor?

Ach ja: Uns Kritiker des politischen (orthodoxen) Islam beunruhigen nicht die Allāh-Allāh-Rufe nach einem Bombenanschlag islamischer Extremisten mit Opfern irgendeiner Religion oder Nichtreligion, sondern die Allāh-Allāh-Rufe der genannten Extremisten vor ihrem Bombenanschlag.

281 Der soziale Frieden entsteht da, wo sich die Menschen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen kennen und respektieren.

Muslime haben, alle kollektiv, wie zufällig als Individuum dieses und jenes Bedürfnis, das wir in „Islam für Kids“ nachlesen können. Heh, du bist Muslim, du musst jetzt dieses und jenes Bedürfnis haben, steht bei Hamadeh.

Geschickt übergeht und vernebelt der an der Scharia orientierte Autor die Konstruktion von ethnoreligiösen Kollektiven, von Menschenklassen. Die Säkularen oder Nichtmuslime mögen „die Muslime“ also hinfort in Ruhe lassen und deren „besondere Bedürfnisse“ nicht stören, sondern respektieren. Andernfalls, hier schwingt sehr erpresserisch eine sorgsam dosierte Drohung mit, gebe es keinen sozialen Frieden. Sondern, richtig, sozialen Krieg.

281 … ist es nicht zu übersehen, dass Migranten und Migrantenkinder im Durchschnitt eine schlechtere Ausbildung und schlechtere Jobs erhalten. Sie werden seltener für höhere Schulen vorgeschlagen und schaffen es nicht so häufig in gut bezahlte Berufe.

Hamadeh unterstellt Europas nichtmuslimischer Mehrheit augenzwinkernd ein bisschen Rassismus. Deutschlands Muslime namentlich Türken sind leider immer noch mehrheitlich Bildungsverweigerer, das gilt auch für Roma (Zigeuner). In unserem Haus wohnt ein sehr frommer türkischer Vater, der seinen fünfjährigen Sohn ins Gesicht schlug, wenn dieser auch nur das Wort danke auf Deutsch sagte. Letzterer wurde, wundert uns das jetzt, zwar eingeschult, aber aufgrund eines Wortschatzes von 25 Worten und der Unfähigkeit, auch nur einen vollständigen Satz zu bilden, von entsetzten Lehrern zurückgestellt, in einen Kindergartenkurs mit Deutschunterricht geschickt. Seine Mutter ist übrigens in Deutschland geboren worden, ihr zwangsweise anverheirateter Ehemann, erst nach der Hochzeit nach Deutschland importiert, verbüßte hier im Rheinland mehrfache Haftstrafen und murmelt gelegentlich „Scheißdeutschland.“ Alle Kinder dieser intellektuell mindestens durchschnittlich begabten türkischen Familie werden, mit Hamadehs Worten, „schlechtere Ausbildung“ erhalten. Es ist ebenso tragisch wie angemessen, dass diesen Kindern keine unverdient guten Schulnoten hinterher geworfen werden.

281 Deutschland ist für sie eine Heimat.

Das ist für 90 % der immigrierten Muslime falsch und Hamadeh weiß das. Die Frauen dürfen nicht mit Kolleginnen auf Wochenendtour sofern sie überhaupt das Haus verlassen dürfen, die Mädchen werden vom Schwimmverein abgemeldet, die Jungen weigern sich, etwas über deutsche Geschichte oder Naturkunde oder Politik zu lernen, die Männer haben ein Alibi, den deutschen Staat irgendwie doof zu finden, der sie ja öfter mal inhaftierte.

Und der Mainzer Hamadeh singt „Free Gaza!“

284, 287 Euro-Islam (vgl. 117 Muslimbruderschaft)

Enkel von al-Banna (117) ist übrigens Tariq Ramadan, der dem – säkular gemeinten! – Begriff „Euro-Islam“ eines Bassam Tibi einen theokratisch verstandenen „Euro-Islam“ dreist gegenüber setzt.

Wobei Anis Hamadeh den Euro-Islam (säkular) eines Professor Tibi in geschickter Hütchenspieler-Manier mit dem nahezu konträr angelegten Euro-Islam (theokratisch) eines Tariq Ramadan verwirbelt und vernebelt.

Euro-Islam, sofern Tariq Ramadan statt Bassam Tibi: Ziemlich viel Islam, ziemlich wenig Europa.

326 … ebenso der türkische Nationalismus, der zum Beispiel im Verhältnis zu den Armeniern (…) deutlich wird

An ungefähr tausend türkischen Orten wurden 1915 und 1916 jeweils ungefähr tausend Armenier ermordet, weshalb 1917 auch 1.000.000 Menschen „fehlten“, nebenbei bemerkt: Christliche Menschen fehlten. Es gehört leider zum hochnäsigen türkischen Selbstverständnis, bis heute den Völkermord an den Armeniern zu leugnen. Erst ganz wenige türkische Intellektuelle haben es öffentlich gewagt, über den verschwiegenen Genozid zu reden, noch jeder von diesen wurde anschließend beschimpft und bedroht. Die meisten Türken, ich spreche aus vielfacher eigener Erfahrung, weigern sich, in diese Richtung auch nur zu denken, gucken, daraufhin angesprochen, erst sekundenlang bekümmert und dann rasch hasserfüllt und brechen den Kontakt für immer ab. Ausnahmen gibt es, einen von hundert, der mich dann um Geheimhaltung bittet, aus Angst vor seinen Landleuten und Mitmuslimen. Jetzt gibt es keine Armenier mehr, Kismet.

Der Traum oder Alptraum vom makellos reinen Kollektiv, die Angst vor Verunreinigung, Entehrung und „Gesichtsverlust“ bilden die seelischen Grundlagen für einen gewünschten Straftatbestand „Beleidigung des Türkentums“, Artikel 301. Nation oder Umma ist dabei einerlei, austauschbar, der einzelne hat nicht aus der Reihe zu tanzen.

Was aber sagt uns der Herr Islamwissenschaftler zur Ausrottung der kleinasiatischen christlichen Armenier, zur Rechtlosigkeit der Bahá’í in Ägypten, zur geradezu traditionellen Diskriminierung der orientalischen Juden, Jesiden und Zoroastrier? Nichts.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Inhaltsverzeichnis, Kapitelstruktur und optisch-technische Gestaltung des „Islam für Kids“ dem Thema angemessen sind. Verweise auf Kunst, Architektur, geschichtliche Daten und Personenamen sind in Umfang und Quelle gleichermaßen gut ausgewählt. Die Manipulation des Lesers durch einen fundamentalistischen und politischen Islam indes wurde zwar kraftvoll umgesetzt, aber keineswegs ironisch oder gar ehrlich aufgelöst. So ist „Islam für Kids“ zu attestieren, für den Gebrauch in Schule und Jugendbildung ungeeignet zu sein und in Wirkung wie Intention die Kluft zwischen Nichtmuslimen und Muslimen zu vergrößern. „Islam für Kids“ mag es gelingen, einen erfolgreichen Beitrag zu leisten zur Verfestigung der europäischen wie gerade auch deutschen, schariatisch ausgerichteten Parallelgesellschaften, in denen Bürgerrechte gerade für muslimische Frauen und Kinder nicht mehr zur Gänze zugänglich sind. Die Idee und Struktur von Wissenschaftlichkeit sowie die Idee und Struktur von Schule und Schulunterricht wird vom Autor ironisiert und erodiert.

Cees van der Duin

Kinderrechte ins Grundgesetz

Juni 15, 2008

Nilüfer,

persisch-türkisch:

„Der Lotos, die Seerose“

Bericht aus unserem Leserkreis. Über den Alltag in Deutschlands Jugendämtern und die selbst verschuldete Unmündigkeit Sozialer Arbeit. Alle Namen wurden von der Redaktion des Blogs Schariagegner geändert

Es ist merkwürdig, wie fern ein Unglück ist, wenn es uns nicht selbst betrifft. John Steinbeck

Nilüfer

Marion Laurenburg: An einem Donnerstag im Januar, es war der letzte in den Weihnachtsferien, betraten mein Kollege und ich schon morgens um 8:30 das Gemeindezentrum einer der beiden deutschen Großkirchen und schlossen den Jugendraum auf. Wie in der unterrichtsfreien Zeit üblich, wollten wir uns mit einigen der von uns betreuten Kinder zum gemeinsamen Frühstück treffen, um anschließend zu einem der beliebten, erlebnisreichen Ausflüge zu starten. Ein Besuch in einem Naturkundemuseum stand diesmal auf dem Programm.

Gegen 10:30 zogen wir, 5 Kinder, mein Kollege und ich gut gelaunt und gesättigt, mit ausreichendem Proviant, den Fahrkarten, Handy und Notfallset ausgestattet, zur Bushaltestelle. Alles war gut organisiert, die öffentlichen Verkehrsmittel waren pünktlich, keinem wurde schlecht und wir kamen erwartungsvoll und guter Stimmung am Zielort an. Dort im ökologischen Erlebnisgarten hatten die acht- bis zehnjährigen SchülerInnen dann genügend Zeit und Gelegenheit, mit den eigens vorbereiteten physikalischen Versuchsanordnungen zu experimentieren, es gab die Gelegenheit mit Wasserexperimenten herumzumatschen, Hebelgesetze auszuprobieren, optische Täuschungen wurden präsentiert, besonders hat die Mädchen und Jungen beeindruckt, wie untrainiert und verkümmert ihre Sinneswahrnehmungen waren, vor allem beim Geruchs- und Geschmacksinn zeigte sich, typisch für Großstadtkinder, Entwicklungspotential. Die Kinder hatten an dieser ungewohnten Form des selbst gesteuerten, experimentellen Lernens viel Freude, die Veranstalter haben aber auch dafür gesorgt, dass genügend Raum für das Herumtoben, Lachen, Krakeelen, Essen und Trinken blieb.

Nach einigen Stunden saßen wir dann auch nach einem spannenden, lehrreichen und spaßigen Ausflug glücklich und zufrieden, jedoch ziemlich erschöpft im Bus und freuten uns, bald wieder zu Hause zu sein. Wir kamen auch pünktlich an der Zielhaltestelle an. Auf dem kurzen Fußweg zum Gemeindezentrum, wo wir unseren Ausflug ausklingen lassen wollten, kamen wir an einer Döner-Grillstube vorbei. Nilüfer Yilmaz, ein zehnjähriges türkisches Mädchen aus unserer Gruppe, sah durch das große Fenster des Ladens und bat mich, schnell hineinzuspringen zu dürfen, um einen der Mitarbeiter dort zu begrüßen. „Das ist mein Onkel, äääh, nicht Onkel, äääh, ich weiß nicht mehr wie das auf Deutsch heißt.“ Ich hatte Nilüfer und auch den Rest der Familie schon öfter dort essen sehen, manchmal sprach man im Vorbeigehen miteinander. Es schienen also Freunde oder sogar Verwandte der Familie zu sein, die dort arbeiteten. Ich sagte darum zu und versprach, mit den anderen draußen zu warten.

Es waren keine anderen Gäste da, niemand versperrte mir das Blickfeld und so konnte ich im Hauseingang durch das Fenster bis in den hintersten Winkel der Imbissstube sehen, wo ein kräftiger, nicht sehr großer Südländer, der deutlich älter als das Mädchen war, etwa 35 – 40 Jahre alt, die Schülerin begrüßte. Als ich beobachtete, wie der Mann die Zehnjährige viel zu innig und intim umarmte, ihr dabei über den Rücken streichelte, Nilüfer jedoch stocksteif die bemerkenswert einseitigen Zärtlichkeiten über sich ergehen ließ, wurde ich misstrauisch und unruhig. Ich weiß noch, dass ich laut fragte: „Was geht denn da ab? Was ist da los?“, weil man derart erotisch seine wesentlich jüngere Verwandte oder die Kinder der Nachbarn oder der Freunde nicht begrüßt.

Bevor mein Kollege sehen konnte, was mich so beunruhigte, ließ der Mann die Schülerin auch wieder los. Um mir einen genaueren Eindruck zu verschaffen, betrat ich, ohne Rücksprache mit meinem Kollegen zu halten, der mit der Beaufsichtigung der anderen vier Kinder beschäftigt war, den Laden. Wahrscheinlich war mir meine Empörung anzusehen, denn kaum dass ich die Imbissstube betreten hatte, drängte ein weiterer Mitarbeiter des Ladens sich zwischen das Mädchen und mich. Dabei hatte er ein scharfes Dönermesser, mit dem er gerade noch Fleisch geschnitten hatte, in der Hand .und streckte den Arm seitlich weit aus, einem Schlagbaum an einem alten Grenzübergang nicht unähnlich. Diese unmissverständliche Geste, unterstrichen durch seinen hasserfüllten Blick, waren eindeutig, ich sollte es nicht wagen einen Schritt näher zu kommen. Um das Mädchen nicht zu gefährden und dem Kind eine Chance zu geben, möglichst unkompliziert und sicher aus der Situation herauszukommen, fragte ich Nilüfer, ob sie mit uns zum Gemeindezentrum kommen oder lieber bleiben wolle. Sie sagte, sie wolle bleiben. So verließ ich den Dönerverkauf, um mit den anderen ins Gemeindezentrum zurückzukehren und die Gruppe zu verabschieden. Anschließend besprach ich mit meinem Kollegen die Erlebnisse im Schnellrestaurant und klärte das weitere Vorgehen ab.

Josef Eppelmann: Auch meine Kollegin war der Ansicht, dass wir zumindest in Betracht ziehen mussten, dass hier von einem seit längerem andauernden sexuellen Missbrauch auszugehen sei, der vielleicht sogar den Eltern Yilmaz bekannt war. Da wir keine ausreichenden Beweise für das Vorliegen einer solchen Straftat hatten, beschlossen meine Kollegin und ich, weder die Eltern noch die Behörden zu informieren. Wir wollten das Kind weiter beobachten und Kontakt zu Fachleuten einer Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch von Kindern aufnehmen und dort um Unterstützung bitten. Das veranlassten wir auch umgehend. Nochmals unseren Dank für die kompetente, einfühlsame Begleitung und Beratung, die uns bis heute von großem professionellem und persönlichem Nutzen ist.

Nilüfer war das mittlere von drei Kindern der Familie Yilmaz und würde bald elf Jahre alt werden. Sie besuchte die letzte Klasse einer kleinen deutschen Grundschule. Einige der SchülerInnen dort nutzten in den nahe gelegenen Gemeinderäumen ein Förderangebot mit Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung, Nachhilfe und Freispiel, das durchaus multikulturell besetzt war. Auch Nilüfers zwölfeinhalbjähriger Bruder Serkan, in der Erprobungsstufe der Realschule, kam wie sie selbst eine zeitlang 3-4 mal wöchentlich ins Gemeindezentrum, bis er, abwechselnd mit seiner zweiten Schwester Serpil, dem fünfjährigen Nesthäkchen der Yilmaz, gute drei Monate lang von meiner berufserfahrenen Kollegin Einzelunterricht bekam. Zweimal wöchentlich und für jeweils drei Stunden war sie in dieser Zeit Gast bei der Familie, wir kannten die Lebensverhältnisse also recht gut. Es handelte sich bei den Yilmaz nicht unbedingt um eine streng gläubige, aber sehr traditionelle und bildungsferne Familie, es gab außer dem Koran und den Schulbüchern der Kinder keinen Lesestoff, nicht einmal eine Fernsehzeitung lag auf dem Couchtisch.

Das Tochter-Eltern-Verhältnis, auch das der übrigen Kinder, war von Respekt und Angst vor Strafe geprägt. Einmal konnte meine Kollegin, die im gleichen Raum war, nicht verhindern, dass Nilüfer von der Mutter wegen einer Nichtigkeit eine knallende Ohrfeige bekam, so dass die Finger im Gesicht minutenlang abgemalt waren. Dem Kind standen die Tränen in den Augen, doch sie wagte nicht zu weinen.

Ein paar Wochen später erschien das Mädchen mit einem zu einem Dreieck gefalteten klitzekleinen und mohnroten Nickituch auf der Straße, das am Hinterkopf zusammen gebunden wurde und reichlich albern aussah, jedoch die hübschen dunkelbraunen und schulterlangen Haare rücklings noch weit herausschauen ließ. Das war ihre Art mit der mütterlichen Anweisung umzugehen, künftig außerhalb des Hauses ein Kopftuch zu tragen.

Laurenburg: Kurz nach dem Jahreswechsel aber war das Haar der Zehnjährigen immer ganz bedeckt. Den Gruppenregeln entsprechend, zog sie beim Betreten des Jugendraums das Kopftuch aus, um es beim Verlassen wieder umzubinden. Weil sie das des Öfteren vergaß, gab es dann zu Hause Ärger. Wie es in ähnlich patriarchalisch strukturierten Milieus üblich ist, hatte die Grundschülerin kein eigenes Taschengeld. Für jedes Kaugummi, jedes Heft, jeden Bleistift musste sie ihren Bruder um Erlaubnis fragen. Ein zwölfjähriger Bengel, der die Macht hatte zu entscheiden, ob er dem Bitten seiner zwei Jahre jüngeren Schwester gnädig nachgibt oder ihr despotisch verbietet etwas zu kaufen, man stelle sich vor, wie das den Charakter des heranwachsenden Machos prägt.

Zuhause war das Mädchen es gewohnt, hinter ihrem Bruder herzuräumen. So musste sie beispielsweise den Platz, an dem Serkan saß und den er nie ordentlich verließ, abwischen, Kleidung, die er überall verstreute, musste sie in den Schrank räumen. Wenn die Geschwister gemeinsam nach der Schule nach hause gingen, trug die Zehnjährige seinen Schulranzen zusätzlich zu dem ihren. Sie trug dann halt zwei Tornister, der einen Kopf größere Bruder hatte die Hände frei. Bereits mit zehn Jahren musste das Mädchen neben den Hausaufgaben Mutter Yilmaz im Haushalt helfen und oft auf die jüngere Schwester aufpassen. Während ihr Bruder seine freie Zeit einteilte, wie es ihm gefiel, er sich verabredete mit wem er wollte, stand das seiner Schwester nicht zu. Wie Frau Karagözlü bestätigen wird, ist das in traditionellen türkischen Familien keine Seltenheit.

Wie gewohnt kam Nilüfer Yilmaz drei bis vier mal in der Woche zur Lernförderung, auch an dem Freizeitangebot für Mädchen hatte sie viel Freude. Verschiedentlich fiel uns während des Nachhilfeunterrichts beim Wiederholen des Lernstoffs die nicht altersgemäße Umgangsweise und Ausdrucksweise in Zusammenhang mit Lehrinhalten des Aufklärungsunterrichts auf. Während sich die etwa gleichaltrigen anderen SchülerInnen verlegen kichernd und herumdrucksend mit dem Thema auseinandersetzten, meinte Nilüfer kalt: „Ich weiß wie ein Penis aussieht.“ Manchmal erwähnte sie wie beiläufig, dass sie in dieser Nacht bei ihrer Tante Nilgün, Frau Yilmaz Schwägerin übernachten würde, auf meine Nachfrage, ob sie sich darauf freue, wich sie mir immer aus oder wechselte das Thema. Bald bemerkten wir, wie das Mädchen zunehmend stiller wurde, kaum noch redete, auch nicht mit den anderen Kindern. Anfang März beobachteten wir, dass Nilüfer Aksen, eine ein Jahr jüngere türkische Schulkameradin aus der Gruppe, Tochter eines Imams, zur Seite zog und ihr zuraunte, dass sie ihr ein Geheimnis verraten müsse.

Während Nilüfer im Allgemeinen weiterhin sehr still war und den anderen Kindern und uns auswich, hielten die beiden Mädchen jetzt engen Kontakt. Ständig hatten sie in den Pausen oder auf dem Weg nach Hause geheimnisvoll zu tuscheln. Irgendetwas Besonderes schien bevorzustehen, worauf sich Nilüfer zu freuen schien. Da die beiden türkisch sprachen, verstanden wir kein Wort. Als ich nachfragte, was denn los sei, dass sie so aufregt sei, erzählte sie, dass in ihrer Familie ein großes, fünftägiges Fest kurz bevor stehe. „Ich weiß nicht wie das auf Deutsch heißt, ich trage dann ein wunderschönes Kleid. Es gibt leckeres Essen, wir feiern und es kommen meine Großeltern, auch Verwandte aus der Türkei.“

Ich wunderte mich, dass Nilüfer weiterhin samstags zur Mädchengruppe kam, obwohl sie sich für eine Sport AG in der Schule angemeldet und mehrmals mitgeteilt hatte, dass sie bald nicht mehr kommen würde. Offensichtlich gefiel es ihr besser, zu basteln und zu klönen als beim Training zu schwitzen. Natürlich freute ich mich darüber, zumal ich hoffte, beim ungezwungenem Spielen und Spaßhaben eher das Vertrauen des für ihr Alter viel zu nachdenklich, ernst und traurig wirkenden Mädchens zu gewinnen. Das gelang mir jedoch nicht in dem gewünschten Maße. Dann begann Aksen unbegründet immer seltener zu erscheinen. Auf Anfrage meinte sie verlegen „Ich übe jetzt mit meinem großen Bruder“. Der Bruder aber, das wussten wir alle, würde sich nie mit seiner kleinen Schwester abgeben. Das wäre unter seiner Würde gewesen. Dann verabschiedete sich Aksen endgültig aus der Gruppe. Darüber war Nilüfer sehr traurig, sie zog sich noch mehr zurück und begann sich auch körperlich zu verändern.

Die Schülerin entwickelte einen sehr großen Appetit und stopfte wahllos Lebensmittel und Süßigkeiten in sich hinein, nie verzichtete sie, wenn sie von den anderen Gruppenmitgliedern Schokoriegel oder ähnliches Zuckergebäck angeboten bekam. Oft gab es deswegen mit dem Bruder Ärger, der sie wegen ihrer Esslust hänselte. Serkan hatte auf sein blechernes Federmäppchen mehrfach „şişlik“ geschrieben, was etwa „Anschwellung, Geschwulst, Schwellung“ bedeuten kann. Nilüfer wurde zunehmend trauriger, sonderte sich von den anderen mehr und mehr ab, wenn sie auch immer wieder meine Nähe suchte, war sie meistens sehr allein. Das Mädchen wurde rundlicher. Manchmal wurde ihr schlecht. Na klar, so was kommt von so was, dachte ich und bat das Kind wenigstens, nicht soviel Süßigkeiten zu essen.

Eines warmen Frühlingsnachmittags stand Nilüfer schon vor der Eingangstür des Gemeindezentrums und wartete auf uns. Mir fiel an diesem wunderschönen Tag besonders auf, wie still und bedrückt sie auf der Mauer saß. Früher wäre sie uns entgegengelaufen und hätte laut gerufen: „Ich bin die Erste, ich bin die Schnellste.“ An diesem Dienstag reichte es nur für ein gleichgültiges „Hallo.“ Als ich das zehnjährige Mädchen, das nun vor der Haustüre stand, von der Seite kommend ansah, glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen. Wie eine kleine Kugel wölbte sich ihr Bauch vor. Ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.

Eppelmann: Wir schlossen auf und gingen hinein. Das Mädchen folgte uns mit hängenden Schultern, gesenktem Kopf, setzte sich an ihren Platz und begann mit ihren Hausaufgaben. Wieder fiel uns auf, dass die Schülerin, wie in letzter Zeit immer wieder, dafür sorgte, allein am Tisch zu sitzen. War das nicht möglich, ließ sie nur Mädchen neben sich sitzen und platzierte die Schultasche zwischen sich und die Nachbarschülerinnen. Darauf von meiner Kollegin angesprochen, meinte die Zehnjährige: „Ich kann mich dann besser konzentrieren.“ Auffällig, wie die Schülerin sich von den anderen Kindern absonderte. Einmal war es dann einem etwa gleichaltrigen Jungen doch gelungen, sie zu einem Tischtennisspiel zu überreden, da habe ich die Zehnjährige nach langem wieder lachen hören. Es war erschütternd, wie das Kind sich veränderte.

Laurenburg: Wenn Nilüfer früher in den Pausen im ganzen Haus, in dem sie sich gut auskannte, überall herum sprang, ging sie jetzt nicht einen Schritt ohne Begleitung. Sogar zur Toilette wollte sie nicht allein gehen, ich musste ihr dann versprechen, vor der Türe zu warten, bis sie herauskam. Wenig später bat ich Nilüfer nach dem Unterricht noch zu bleiben. Ich erklärte ihr unter vier Augen, dass mir aufgefallen sei, wie sie sich in kurzer Zeit verändert habe und fragte sie, ob sie sich krank fühle. Sie schüttelte den Kopf und meinte, es ginge ihr gut. Da die Schülerin mir dabei mit den Blicken auswich, fragte ich, ob es zu hause ein Problem gäbe. Sie schüttelte nur traurig den Kopf. Meine nächste Frage war, ob denn etwas in der Schule passiert sei. Da begann sie zu weinen und erzählte mir, dass Aksen, die Tochter des Imams, mit der sie im Gemeindezentrum und wohl auch in den Schulpausen sehr oft zusammen gewesen war, nicht mehr mit ihr reden und spielen wolle und sogar anderen muslimischen Mädchen verboten habe, sich mit Nilüfer zu unterhalten und oder zu beschäftigen.

Sie berichtete, dass Aksen sich so ekelhaft benehme seit sie nicht mehr zur Nachhilfegruppe ins Gemeindezentrum kam. Da es an dieser Grundschule, wie an vielen anderen auch, leider üblich ist, dass muslimische Kinder den deutschen MitschülerInnen außerhalb der Unterrichtsveranstaltungen aus dem Weg gehen, blieb Aksens ehemalige beste Freundin in den Pausen und auf dem Weg zur Schule immer allein. Eine Begründung habe die Tochter des Imams nicht geben wollen oder können. Die Klassenlehrerin habe Nilüfer auch schon um Hilfe gebeten, die habe sie aber ohne sie anzuhören mit der Begründung weggeschickt, sie habe im Moment keine Zeit. Später habe die Schülerin nicht mehr gewagt die Lehrerin anzusprechen. Ich versuchte die Zehnjährige zu trösten, bestätigte ihr, dass Aksen sich sehr gemein verhalten und mich auch enttäuscht habe und bot ihr an, in dem Streit zu vermitteln. Nilüfer nahm mein Angebot dankend an.

Eppelmann: In diesen Tagen sprach mich meine Kollegin an: „Sag mal, fällt dir was an dem Mädchen auf?“ Auch ich hatte bemerkt, dass Nilüfer einen merkwürdig spitz nach vorne gewölbten Bauch hatte und in der seitlichen Silhouette recht schwanger aussah. Was wir natürlich tagelang nicht fassen wollten. Gemeinsam mit der Beratungsstelle erarbeiteten wir ein Konzept, um Nilüfer zu helfen. Es war bereits Mitte April und der Bauch des Mädchens wurde immer dicker. Meine Kollegin sprach unabhängig voneinander zwei im Gemeindehaus tätige Frauen an, die das Mädchen gut kannten. Als erstes die Gärtnerin: „Hast du dir Nilüfer schon mal von der Seite angeschaut?“, auch diese antwortete: „Das Kind ist schwanger. Ist es schon vierzehn oder erst dreizehn?“ „Nein, Nilüfer ist zehn!“ „Das gibt es nicht. Ja, das Kind ist schwanger, ich als Großmutter kann das beurteilen. Die Art wie sie geht, wie sie sich bückt, wie sie den Bauch schützt, sie bewegt sich wie eine Schwangere, das ist anthropologisch, das tun werdende Mütter auf der ganzen Welt so, solche Mädchen kenne ich aus meiner Zeit in Brasilien. Weiß der Pastor schon Bescheid?“

Eine zweite im Gemeindezentrum beschäftigte Mittfünfzigerin, Frohnatur, selbst Mutter von vier Kindern und Oma von drei Enkelkindern, wurde von der Nachhilfelehrerin, die auch Mutter ist, mit einem „Kommst du mal eben mit runter?“ unter einem Vorwand in den Jugendraum begleitet, wo sie sich einige Minuten lang im mit fünf Kindern bevölkerten Zimmer aufhielt, darunter auch Nilüfer. Die Kinder hatten gerade Pause. Sie plauderte wie üblich unterhaltsam über das Wetter und über ihre Enkelkinder und verließ den Raum kurze Zeit darauf. Etwa zwei Stunden später trafen sich die Erwachsenen auf der Terrasse. Diese zweite Mitarbeiterin der Gemeinde sprach die Nachhilfelehrerin direkt an: „Ich weiß, warum du mich wirklich herunter gelockt hast. Die ist schwanger, ne?“ „Ja. Im vierten Schuljahr!“ „Ist sie mehrmals sitzengeblieben? Hat sie mehrfach wiederholt?“ „Nein. Das Mädchen ist zehn Jahre alt.“ „Das kann doch wohl nicht wahr sein. Und was machst du jetzt?“ „Ich werde das Jugendamt einschalten. Und den Pastor informieren. Das wird diesmal kein angenehmes Gespräch, aber da muss ich wohl durch.“

Noch zum Pastor. Drei Frauen, die als Mütter oder sogar Großmütter eine Glaubwürdigkeit haben, die eigene Körpererfahrung und Lebenserfahrung auf ein knapp elfjähriges Mädchen zu beziehen, hielten Nilüfer über Wochen hinweg für schwanger. Leider waren zwei dieser Mitwisserinnen, die das Kind persönlich kannten und über zehn Wochen besorgt die körperliche Veränderung des Mädchens registrierten, gewissermaßen beim Pastor angestellt, jedenfalls bei der Kirche in Diensten. Diese beiden nahm sich Hochwürden besonders „seelsorgerlich“ vor und verpflichtete sie durch eine Dienstanweisung, über den Fall nie mehr zu sprechen, das heißt, künftig nicht mehr zu sagen, das Mädchen sei persönlich als schwanger eingeschätzt worden.

„Ich habe den beiden die dienstliche Anweisung gegeben, über den Fall Nilüfer nicht mehr zu reden, mit niemanden“, so der Pastor telefonisch zu uns. Dieses Vorgehen könnte man als Beeinflussung von Zeugen beschreiben. Die beiden Frauen waren und sind von dem Pastor existenziell abhängig. Hochwürden drängte mithin zwei Frauen zu verschweigen jemals ein schwangeres Kind gesehen zu haben. Wir haben damit zwei Ansprechpartnerinnen weniger, die beiden Frauen jedenfalls haben wir bis heute nicht mehr auf den Sachverhalt angesprochen. Einmal im Quartal sieht man sich, dem Thema Nilüfer weichen wir jedoch alle aus.

Laurenburg: Auch in den folgenden Wochen war der Geistliche eifrig bemüht, jegliche Spuren, die auf einen Bezug des Mädchens zum Gemeindezentrum hätten hinweisen können, zu verwischen. Mehrfach lief er zwischen Jugendamt, Kirche und Grundschule hin und her, um begierig alle die Informationen aufzunehmen und weiter zu geben, die halfen, das Gemeindezentrum ins rechte Licht zu rücken. Dabei scheute er nicht davor zurück, das zehnjährige Opfer als notorische Lügnerin darzustellen, weil er „aus verlässlicher Quelle“ gehört habe, dass die Schülerin öfter flunkert. Eine in dieser Entwicklungsphase selbst unter unproblematischen Lebensumständen gar nicht so seltene Verhaltensweise.

Eppelmann: Die anderen Grundschülerinnen und Grundschüler merkten, altersgemäß naiv und verträumt, glücklicherweise absolut gar nichts, Schwangerschaft eines Kindes ist für sie offensichtlich und Gott sei Dank nicht Teil ihrer Lebenswelt. Eine vierzehnjährige Jugendliche jedoch sprach meine Kollegin an: „Sag mal, ist die Nilüfer schwanger, die sieht aus wie meine Mutter, als mein Bruder unterwegs war?“ „Das scheint so zu sein, auch mir ist der Bauch aufgefallen.“ „Die ist doch viel zu jung. Was machst du jetzt, wie wird es mit ihr weitergehen?“ „Ich werde das Jugendamt einschalten müssen. Bitte sprich mit niemandem aus der Kindergruppe darüber.“ „Ok, klar.“

Laurenburg: An einem Samstag, die Mädchengruppenstunde war beendet, es war alles aufgeräumt und gespült und die Kinder wollten nach Hause gehen, kam eines der Mädchen auf eine dumme Idee. Sie wollte sich über Nilüfers Ängstlichkeit lustig machen und meinte aufgeregt: „Da in der Ecke steht ein Mann.“ Im nächsten Moment starrte Nilüfer mich mit weit aufgerissenen Augen und Mund an, kreidebleich, nicht fähig sich zu rühren oder einen Ton von sich zu geben. Nur weil ich den Arm um sie legte und ihr versicherte, dass die Türe abgeschlossen war und es doch niemandem möglich ist durch die verschlossene Tür zu gehen, gelang es mir das Mädchen zu beruhigen.

Weitere Tage vergingen. Nilüfers Bauch wurde immer dicker. Wildfremde Leute auf der Straße blieben stehen und guckten uns hinterher, wenn wir mit dem Mädchen über den Marktplatz gingen. Das Kind zeigte inzwischen verwahrloste Züge, fleckige Kleidung, oft kam sie schon viel zu früh zur Gruppenstunde oder zur Nachhilfe, obwohl sie damit rechnen musste, dass die Eingangstür abgeschlossen war. Wenn die Gärtnerin gerade da war durfte die Schülerin ihr helfen.

Nilüfers Klassenlehrerin konnte die Verhaltensänderung und den zunehmend dickeren Spitzbauch der Viertklässlerin nicht übersehen haben. Die Pädagogin, deren Aufgabe es eigentlich sein sollte, ihren SchülerInnen Ansprechpartnerin und Beraterin in den vier Jahren einer sehr wichtigen Lebensphase zu sein, die prägend für die Einstellung zum lebenslangen Lernen ist und auch die individuelle Persönlichkeitsentwicklung beeinflusst, sprach weder mit dem Mädchen noch mit dessen Eltern. Sie stand kurz vor ihrer Pensionierung, nach diesem vierten Schuljahr würde sie keine eigene Klasse mehr übernehmen und sich auf den wohlverdienten Ruhestand vorbereiten. Jetzt, kurz vor dem Ende ihrer beruflichen Karriere, wollte sie keinen Skandal. Sie wird die Sommerferien sehnlichst herbeigewünscht haben. Dann wäre sie das Problem los gewesen, da Nilüfer im nächsten Schuljahr eine weiterführende Schule besuchen würde. Übrigens hätte ihr eigentlich auffallen müssen, dass die Schülerin am Stichtag an keiner solchen Bildungseinrichtung in der näheren Umgebung angemeldet war. Ihr ist es als Einzelperson gelungen, das übrige Kollegium der Grundschule, dass uns größtenteils nicht einmal persönlich kannte, genau wie den Pastor davon zu überzeugen, der Familie sei durch unser „unprofessionelles“ Vorgehen schwerstes Unrecht zugefügt worden. Hauptvorwurf war, vor dem Einschalten der Behörden die Familie nicht zu dem Sachverhalt gehört zu haben. Genau das aber hielt nicht nur der Polizist für gefährlich und einer erfolgreichen Klärung der Sachverhalte im Sinne des Kindeswohls für hinderlich.

Eppelmann: Wahrscheinlich war die Klassenlehrerin völlig überfordert. Welcher Kollegin hätte sie sich anvertrauen können? So etwas, Kindesmissbrauch und mutmaßliche Schwangerschaft einer Zehnjährigen ist an deutschen Schulen einfach nicht vorgesehen, das kommt nicht vor. Sicherlich hätte sie sich an eine einschlägige Beratungsstelle wenden können, doch dazu fehlte ihr wohl der Mut. Aufschlussreich, dass Deutschlands angeblich so qualifizierte Pädagoginnen angesichts des auch hierzulande praktizierten muslimischen Traditionalismus mit seinen Verhaltensweisen aus der kulturellen Vormoderne ganz offensichtlich nicht mehr handlungsfähig sind. An eine urdeutsche Familie hätte man sich wahrscheinlich heran getraut, auch an eine italienische oder spanische. Bei den muslimischen MigrantInnen oder bei Roma-Clans jedoch wechseln deutsche Behörden panisch die Blickrichtung wenn es um bronzezeitliche Bräuche wie Kinderverlobung und Kinderheirat[1] geht. Wie viele Mädchen wie Ghulam[2] wird es in Europas Parallelgesellschaften geben? Auch das ist eine Form der Diskriminierung, auch diese Kinder haben Menschenrechte.

Laurenburg: Eines Tages kam Nilüfer besonders niedergeschlagen in die Mädchengruppe. Als ich hörte, wie sie zu einer Schülerin sagte, dass sie sich aus dem Fenster stürzen wolle, übertrug ich meiner Vertreterin die Gruppenleitung und zog das Mädchen aus der Gruppe, um in einem anderen Raum unter vier Augen mit ihr zu reden. Ich sagte ihr, dass man, wenn man aus dem Fenster springt, sich sehr schmerzhaft, folgenschwer oder sogar tödlich verletzen kann und schon sehr traurig und verzweifelt sein muss, um das Risiko einzugehen, sich beim Sturz andauernde Schäden zuzufügen oder gar umzubringen. Ob sie mir nicht sagen wolle, was sie bedrückt, damit wir gemeinsam eine andere Lösung finden. Da begann sie zu weinen, und sagte, dass sie bald nicht mehr kommen werde, auch nicht zur Hausaufgabenbetreuung und darüber traurig sei. Ich versuchte sie damit zu trösten, dass wir sie dann vermissen würden, dass sie uns jeder Zeit besuchen könne und sie uns auch bei zufälligen Begegnungen ansprechen dürfe. Für alle Fälle hätte sie ja auch meine Telefonnummer. Auf meine Frage, ob noch andere Dinge sie bedrücken, schwieg sie. Ich versicherte ihr, dass ich verstanden hätte, dass es manchmal sein kann, dass einem das Herz schwer ist, aber man darüber in dem Moment nicht sprechen kann. Sie könne mich jederzeit ansprechen, wenn ihr danach sei, zu reden. Wir gingen dann zurück in die Gruppe und setzten unsere Töpferarbeiten fort. Nilüfer formte aus Ton einen Pilz, eine Schlange und ein Herz, in dem die Initialen ihres Namens eingeritzt waren.

Als die Schülerin etwa eine Woche später mit einer wenn auch nicht sehr tiefen Schnittwunde am Handgelenk erschien, beschlossen wir das Jugendamt einzuschalten. Die KollegInnen hatten jedoch Feierabend, eine Rufnummer für Notfälle außerhalb der Dienstzeiten gab es nicht. Daher riefen wir bei der Polizei an. Der Beamte an der Zentrale des Polizeipräsidiums vermittelte uns an die zuständige Dienststelle. Der berufserfahrene Hauptkommissar, selber Vater, nahm den geschilderten Sachverhalt auf und riet uns dringend, nichts mehr in dieser Angelegenheit zu unternehmen, um uns und das Kind nicht zu gefährden. Er teilte uns mit, dass von dem Verdacht des Kindesmissbrauchs auszugehen sei, den die Eltern zumindest dulden. Wenn die auch nur eine schwache Ahnung hätten, dass gegen sie ermittelt wird, würde Nilüfer auf Nimmerwiedersehen in der Türkei verschwinden und deutsche Behörden hätten keine Möglichkeiten einzugreifen und das Kind zu schützen. In den nächsten Tagen würde ein Beamter uns zu dem Sachverhalt vernehmen und das Jugendamt würde sich bei uns melden. Das geschah denn auch.

Zuerst meldete sich die Polizei und bestellte mich zwei Tage später aufs Präsidium. Auch das Jugendamt vereinbarte noch in der gleichen Woche einen Termin mit meinem Kollegen und mir. Die Kollegin im Jugendamt führte das Gespräch mit maschineller Routine. Im Wesentlichen ließ sie uns schildern was wir beobachtet hatten, stellte wenige Fragen und hielt das Gehörte schriftlich fest. Zum Schluss ermahnte sie uns dringend, uns fortan in der Angelegenheit absolut zurückzuhalten, sie würde alles Notwendige selbst in die Hand nehmen. Nach dem Gespräch fühlten wir uns zwar wie gerädert, waren aber auch erleichtert, eine weitere kompetente Mitstreiterin gefunden zu haben. Das sollte sich jedoch als absoluter Irrtum herausstellen.

Eppelmann: Für uns waren diese Wochen im Mai und Juni fast unerträglich, doch hielten wir uns an den dringenden Rat des Polizeibeamten und verrichteten Business as usual. Ohne die Unterstützung der Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch wäre uns das nicht gelungen. Nilüfer kam zunächst weiterhin dreimal in der Woche zur Hausaufgabenbetreuung und samstags auch in die Mädchengruppe. Das Ende des Schuljahrs und die Sommerferien rückten näher. Die Kinder freuten sich auf den Urlaub, nur das zehnjährige türkische Mädchen nicht. Sie meinte einmal zu mir, dass sie sogar lieber täglich ins Gemeindezentrum kommen, Hausaufgaben machen und für Klassenarbeiten üben würde, als mit ihren Eltern in die Türkei zu fahren.

Im Gespräch mit den anderen Kindern, die wissen wollten, welche Schule Nilüfer denn im nächsten Schuljahr besuchen würde, stellte sich eines Tages heraus, dass die Eltern die Zehnjährige offensichtlich bei keiner Schule angemeldet hatten. Die Schülerin war auch nicht wie die anderen bei den diversen Informationsveranstaltungen gewesen, um sich mit ihrer Mutter einige Schulen anzusehen oder sich gar bei einer bestimmten anzumelden. Die Zehnjährige meinte auf meine erstaunte Frage, dass sie auch keinen Bescheid einer Schule bekommen habe, der sie als künftige Schülerin begrüßt. Die Mutter habe auf ihre Frage gesagt, sie solle sich keine Sorgen machen, es sei alles in Ordnung.

Da das Prozedere des in Deutschland üblichen Schulwechsels den Yilmaz durch ihren Sohn Serkan bekannt sein musste, ihr Sohn besuchte bereits die 6. Klasse in der Realschule, machte diese Nachricht meine Kollegin und mich stutzig. Für die fast Elfjährige bestand doch Schulpflicht. Sollte Nilüfer nicht in Deutschland bleiben, drohte dem Kind der unfreiwillige Umzug in die Türkei? Wir beschlossen, Anfang der Woche beim Jugendamt vorzusprechen, einmal um diese Information an die Sozialpädagogin weiterzugeben, aber auch um uns nach dem Sachstand zu erkundigen. Was wir damals nicht wussten, das dies Nilüfers letzter Tag in der Gruppe sein würde. Sie sollte nicht einmal mehr die Gelegenheit bekommen, sich von den anderen SchülerInnen zu verabschieden.

Laurenburg: An dem Morgen, an dem ich in der Sprechstunde der Sozialpädagogin beim Jugendamt vorsprechen wollte, begegnete mir Nilüfer auf dem Weg zur Schule, sie war bereits einige Minuten zu spät. Trotzdem beeilte sie sich nicht, sondern schlich mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern wie ein geprügelter Hund in Richtung Schule. Sie hatte mich nicht gesehen und war daher einigermaßen überrascht als ich sie ansprach. Ich fragte sie, wo sie denn in den letzten Tagen gewesen sei. Sie begann verzweifelt zu weinen und teilte mir mit, nicht mehr kommen zu dürfen. Sie drückte mich noch einmal und rannte dann weinend zur Schule.

Die Sachbearbeiterin beim Jugendamt war angeblich gerade auf dem Weg zu einem Außentermin und räumte mir („Sie haben zwei Minuten!“) trotz regulärer Sprechzeit mit eisigem Blick nur einen ganz kurzen Wortwechsel ein. Ins Zimmer bat sie mich nicht. Nun ja, dann eben auf der Treppe. „Wie geht es Nilüfer, wissen Sie etwas Neues?“ „Dem Kind geht es gut Ich habe mit den Eltern gesprochen. Dabei musste ich ihnen sagen, wer den ungeheuerlichen Verdacht in die Welt gebracht hat. Sie brauchen sich also nicht zu wundern, wenn sich die Familie zurückzieht und den Kontakt abbricht. Die Mutter war entsetzt und tief enttäuscht, wie Sie, die Sie ja in der Familie aufgenommen worden seien wie eine liebe Verwandte, so etwas überhaupt denken können! Auch die Klassenlehrerin hält ihre Reaktion auch für total überzogen.“ – „Wissen Sie, dass Nilüfer noch nicht auf einer weiterführenden Schule angemeldet ist?“, wollte ich wissen. Diese Frage überhörte die Sachbearbeiterin. Ich fragte: „Ist das Mädchen schwanger?“ – „Sie war beim Arzt. Das ist alles, was ich Ihnen dazu sage. Halten Sie sich jetzt raus.“ Damit war das Gespräch für die Beamtin beendet. Die Diplom-Sozialpädagogin machte auf dem Absatz kehrt, ließ mich grußlos auf dem Treppenabsatz stehen und verschwand nach draußen. Ich war wie vom Donner gerührt. So viel Kaltschnäuzigkeit ist mir im Leben selten begegnet.

Eppelmann: Die Arbeitswelt deutscher Jugendämter bezeichnet derartige Hochnäsigkeit und extreme Distanziertheit den Klienten gegenüber leider als „Professionalität“. Entlastend muss allerdings hinzugefügt werden, dass in Deutschland ein äußerst restriktiv auszulegender Schutz von Sozialdaten (SGB I § 35), der unter Umständen sogar die Ermittlungsarbeit der Polizei behindert[3], eine niederschwellige und bürgernahe Vorgehensweise, die sehr wohl Datenschutz da berücksichtigt, wo öffentliche Interessen nicht verletzt werden, unmöglich macht. Gerade wegen dieser Gesetzesnorm hätte die Sachbearbeiterin unseren Namen weder preisgeben müssen noch dürfen.

Auch hätte sie, schon um sich juristisch abzusichern, Nilüfer eigentlich zu einem Amtsarzt einbestellen sollen. Stattdessen durfte die Familie einen Doktor ihrer Wahl konsultieren. Möglicherweise war sie dem schauspielerischen Talent, der Vernebelungstaktik und dem patriarchalischem Bollwerk traditioneller türkischer Wagenburgen, die alles daran setzen, nichts aus der familiären Innenwelt der muslimischen ParaIlelgesellschaft nach außen dringen zu lassen, nicht gewachsen. Für diese Clans gelten universelle Menschenrechte nur vor der Haustüre.

Laurenburg: Sicherlich wurden zunächst laut zeternd wüste Drohungen ausgestoßen, um dann nicht mehr zu leugnende, offensichtliche Missstände, viel Süßholz raspelnd, beschwichtigend zu verharmlosen. Funktionieren Vernebelung und Taqiyya nicht wie gewünscht, greift man zu einer neuen List. Jetzt wird der beanstandete Sachverhalt mit der kulturellen oder religiösen Besonderheit begründet. Ist das Gegenüber dann immer noch nicht überzeugt, die Unschuld vom Lande vor sich zu haben, die über jeden Zweifel erhaben ist und die Rechtschaffenheit in Person, dann knickt jeder gutmenschelnde Kritiker und Zweifler spätestens dann ein, wenn man behauptet, armes Unschuldslamm einer fürchterlichen islamophoben Hetze und diskriminierenden Verleumdungskampagne geworden zu sein.

Wir organisierten einen Termin in der Beratungsstelle für ein Supervisionsgespräch mit allen in den Fall Involvierten. Der Pastor kam in der Tat zur Beratungsstelle. Die Stimmung war eisig Er war allein gekommen, anders als von uns gewünscht. Die von uns angeregte Einladung der Klassenlehrerin, der Mitarbeiterin vom Jugendamt und eines Mitglieds des Presbyteriums hatte er mit den Worten „Das halte ich für keine gute Idee“ einfach verhindert.

Auffällig war, dass der Geistliche während des gesamten Gesprächs nur als Briefträger von Botschaften der Schule und des Jugendamtes fungierte, deren persönliche Anwesenheit er aber erfolgreich verhindert hat. Wieder wies der Priester auf das schwere Unrecht hin, dass der Familie Yilmaz durch die Anschuldigungen widerfahren sei. Die Nachfrage der Psychologin, was der Familie und dem Mädchen außer der Unannehmlichkeit der ärztlichen Untersuchung durch die Einschaltung der Behörden denn Schlimmes passiert sei, konnte der Geistliche nicht beantworten. Meinem Kollegen und mir prophezeite die Psychologin nach dem Gespräch eine gegen uns gerichtete Stimmungsmache aller betroffenen Institutionen im Stadtviertel. Sie sollte Recht behalten.

Eppelmann: Wir sind uns aufgrund von Berichten Dritter, die das Kind jahrelang gekannt hatten, ziemlich sicher, dass Nilüfer nach einem langen Sommerurlaub in der Türkei jetzt wieder in Deutschland lebt.


Poesie für eine Hudna

Januar 4, 2008


هدنة

Hudna, Windstille.

Jahre der Waffenruhe

und der heiligen Sprüche

Frommes Flüstern vor

dem Sturm

Sinnsprüche der

Kriegsvorbereitung

Von Jacques Auvergne

Im Dezember 2007 erhielten wir auf unseren Blogs Post von einem unbekannten frommen Menschen Erbauliches in feinstem English. Ich tippte ein paar Sekunden lang auf Zeugen Jehovas oder neuapostolische Nervensägen, dann aber erkannte ich die thematische Nähe zu unserer Islamkritik. Abdul Momin.

Der Mann meint es ernst! Abdul Momin will die islamische Weltordnung.

Sicher, werden manche Muslime sagen, ihr Christen habt Südamerikas Indios ja auch Jahrhunderte lang mit eurem Katholizismus „beglückt“, ihr wisst also damit bereits, was weltweite Missionierung bedeutet“ und: „Sicherlich, der Islam ist der Demokratie sittlich überlegen. Nur der Islam hat menschliches Maß. Jede andere gesellschaftliche Ordnung ist finstere Barbarei.“

Hudna bedeutet Windstille und meint die nach dem Religionsgesetz der Scharia einzig statthafte Weise vertraglichen Zusammenlebens mit der Dâr al‑Harb, dem Territorium der moralisch niederen Wesen wie Christen und Juden. Der Hudna‑Vertrag ist von der Dâr al‑Islam als dem Territorium der Rechtgläubigen mit der Feindseite vorläufig abzuschließen.

Eine Hudna ist zudem ausgesprochen zweckmäßig, um Kräfte für die nächste Angriffswelle zu sammeln, die klassischerweise nach spätestens einem Jahrzehnt unweigerlich bevorsteht und dem frommen Muslim, also letztlich jedem anständigen Menschen, von Allah auferlegt ist.

Aus Sicht der Scharia ist jeder Vertrag einer Moscheegemeinde, eines Zentralrates oder einer anderen islamischen Interessensvertretung mit einer bundesdeutschen Behörde oder Körperschaft auch als Hudna‑Vertrag zu sehen. Der sowohl jederzeit gebrochen werden kann als auch immer nur vorläufiger Natur ist. Insofern hatte Deutschland vielleicht Glück, dass beim letzten Integrationsgipfel die türkischen Verbände im letzten Augenblick abgesagt hatten, denn nur so möglicherweise konnte die Demokratie, gerade noch einmal, nicht in die Rolle der Dhimmivertretung, in die Rolle des Hudnavertragspartners geraten.

Jetzt mag man als friedfertiger oder gar christlicher Europäer einwenden, dieses alles, Scharia, Dhimma, Hudna und Kalifat, sei nicht viel mehr als eine Erinnerung an die Zeit der Expansion des Islams zwischen dem achten und neunten Jahrhundert.

Wer sich aber näher mit dem Islam beschäftigt, wird jene Ansicht der „militanten Friedenstäubchen“ (Broder) und der „tödlichen Toleranz“ (Lachmann) nicht länger zu teilen vermögen. Nahezu sämtliche islamische Geistliche halten auch heute die demokratischen Gesellschaften für satanisch, für gottlos und moralisch minderwertig.

„Der Islam ist eine militante Religion“, sagte Scholl‑Latour. Die Segregationsprozesse unserer Innenstädte, die Herausbildungen ethnoreligiöser Ghettos täuschen kurzfristig über das zunehmende Fremdwerden hinweg.

Die muslimischen Migranten zogen zum Teil aus Sprachferne zu den Deutschen und aus Gründen der „nachbarschaftlichen Hilfe“ in gemeinsame Straßenzüge und segregierten sich dabei von den nachbarschaftlichen Ureinwohnern, wobei da bereits das Wort Nachbar schon falsch ist, da ja die deutsche Familie beim tagtäglichen Fußweg „übersprungen“ werden musste und der türkische Clan, dem man Jahre später „zufällig“ auch die Kinder anverheiraten kann, einige Häuserblocks entfernt wohnte. Das klassische Schicksal jedes Auswanderers überlagerte sich mit dem orientalischen Alltag der arrangierten Ehe. Die zweite Dynamik der Segregation also.

Die Hälfte der türkischen Ehen in unserer Stadt ist arrangiert oder vielmehr erzwungen, das aber steht natürlich nicht gerade in der Zeitung. Doch sind solche Aussagen uns Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern bekannt: „Ich war 16, als ich, in dieser Stadt geboren, meinen Mann auf meiner ersten Reise in die Türkei während der Schulferien sah und heiratete“, so die eine. „Ich war 15“, so die andere, der Satz endet dann aber nicht ungefähr gleich sondern ganz genau gleich. Importbräutigam, also auch mal nicht Import‑Gelin, auch einmal nicht das Standardmodell Importbraut.

Ehe der jugendlichen Schülerin. Aha, das muss wohl romantische Jugendliebe gewesen sein, so ein mediterraner sommerlicher Urlaubsflirt?

Natürlich nicht. Die Eltern wechselten Geld und die Töchter die Besitzer. Damit hat die Mutter des jungen oder auch nicht mehr so jungen Bräutigams eine lebenslang kostenlos arbeitende Haushaltshilfe erworben. Und die Brautmutter hat eine neue Stufe auf der sozialen Hühnerleiter der türkisch‑islamischen Hackordnung erstiegen, die höchste, die ihr das Schicksal beziehungsweise Allah bereitet hat: Die Tochter als Jungfrau ehrbar an den ehrenwerten Clan zu übergeben.

Radikale islamische Wortführer wie der anfangs erwähnte Abdul Momin benutzen 2007 sowohl das Auswandererschicksal als auch die verlässliche patriarchale Sozialisation, um mit frommen Koranversen den Segregationsprozess noch einmal zu verstärken. Das ist dann die dritte Triebkraft der selbst gewählten Fremdheit auf dem Weg in die islamisch befreiten Zonen: Damit auch kein Kind türkischer Eltern lebt wie ein deutscher Mann oder gar eine deutsche Frau. Stimmt, die ein paar Jahre lang allzu großzügig verschenkten Staatsangehörigkeiten vernebeln diese Vorgänge der scheiternden Integration sehr.

Necla Kelek fand ein starkes und sehr treffendes Wort für die parallele Kultur der Türken in Deutschland, sie sagte: „die zweite Stadt“. Mindestens 60 bis 80 Prozent von Deutschlands türkischen Frauen und Männern, Mädchen und Jungen leben nicht in dem, was die oft von Rezession und Arbeitslosigkeit geprägten Straßenzüge und Stadtviertel darstellen, sondern in einem für Deutsche oft kaum erkennbaren zweiten Stadtviertel nahezu völlig abgekoppelter Geldströme, Nahrungstransporte, Speisepläne, Gespräche, Gedanken, Gefühle und Beziehungen. Sie leben vor allen Dingen im Schutz oder auch Kerker dieser „zweiten Stadt“.

Egon Flaig redet (XII 2007) von einer „Aufsplitterung in viele Parallelgesellschaften“, die der Islamismus durchzusetzen trachtet, von einer veritablen „Apartheid“ von beherrschten ethnoreligiösen Gemeinschaften. Flaig sieht in den heutigen Entwicklungen der gescheiterten Integration besorgniserregende Parallelen zu dem an Koran, Dhimma und Scharia orientierten Kasten‑System des Osmanischen Reiches.

Noch eher ohne islamischen Einfluss sollen die Städte Nordamerikas einschließlich von New York mittlerweile in derartige, voneinander völlig abgekoppelte Parallelwelten zerfallen sein: In die Stadtviertel der Chinesen, Juden, Latinos, Muslime, der Schwarzen und der Inder. In London, Brüssel oder Berlin sieht die Innenstadtkultur von der nordamerikanischen so verschieden allerdings auch nicht mehr aus. Jedenfalls scheint uns die einstige deutsche Illusion von „Integration“ als ebenso zerschellt zu gelten wie der ältere amerikanische Glaubenssatz aller Integration, der im Wort „melting pot“, Schmelztiegel, jahrzehntelang sein Sinnbild zu finden hoffte.

Ernüchterung beginnt sich breit zu machen. Doch der Traum der nicht ernst gemeinten Integration wird in rot‑grünen Elfenbeintürmen immer noch geradezu industriell erzeugt.

Wir werden Integration wollen müssen. Was nicht heißt, die Zuwanderung von weiteren Millionen Menschen zu ersehnen, die in muslimisch geprägten Teilen der Erde sozialisiert worden sind.

Und solange wir das verstörende UNICEF „Bild des Jahres 2007“ in Afghanistan vermuten und in Düsseldorf übersehen, so lange werden wir wohl auch Bekir Alboğa, Faruk Sen und Ibrahim El‑Zayat als Demokraten und Integrationslotsen einschätzen. Zwischenzeitlich können Zwangsverlobungen an muslimischen Kindern in Deutschland ungehindert stattfinden.

In diesen Tagen also verschickt ein Abdul Momin theokratisches Credo per Kommentarfunktion. Ich sollte besser sagen: Theokratische Volksverhetzung, denn nach einer Demokratie ruft der Text nun gerade nicht. Vielmehr, wie ich zu unterstellen wage, lässt der Text in der Taqiyya‑Weise des sakralen Verschweigens, in der Weise der islamischen „Kitman“‑Strategie ganz bewusst aus, dass jedes Menschengesetz Gottes ewigem Gesetz schon durch seine „dreiste“ Existenz widerspricht. Lässt aus, dass Menschenrechte „Allah verhöhnen“!

Menschen können im politischen Islam niemals „gleich“ sein. Jede auch nur etwas radikalere islamische Gruppierung Europas wird die Bürgerrechte für Ungläubige baldmöglich abzuschaffen bestrebt sein.

Der Islam sagt: Demokratie verhöhnt Gott! Jede Beratung im Bundestag oder bereits im Verein oder im Rathaussaal ist eine freche Anmaßung von ungläubigen Menschen dem koranisch verbürgten Schöpfergott gegenüber.

Der Atheist hebt die Hand – das „muss“ ein baldiges Ende haben! Die offen homosexuelle Frau hebt die Hand – ihre Stimme „darf“ nicht denselben Wert haben wie die einer schariatreu minderjährig zwangsverheirateten Muslima. Oder diejenige einer tschador- oder burkatragenden Zweit- oder Drittfrau.

Die islamischen Parteien, die in diesen Jahren überall in Europa im Entstehen begriffen sind, werden aktiv lügen, werden Taqiyya betreiben und sagen, sie dächten an ein Abschaffen der Bürgerrechte nicht. Dieses jedoch zu glauben möchten wir nicht empfehlen.

Wir sollten zudem einigen Zweifel daran haben, dass eine muslimische Frau „völlig konfliktfrei“ ganz anders politisch wählen könnte als ihr Ehemann. Der Stamm wird das Alpha‑Männchen wählen. Die muslimische Community den radikalsten Prediger.

Der Islam ist total, er gilt absolut. Wirklichkeitsblinde Freunde alles Fremden mögen sagen: Der Islam ist „ganzheitlich“. Wir Demokraten hingegen sollten sagen: Der Islam ist totalitär.

Vor mir liegt ein frommer islamischer Text. Von den Kollateralschäden der bei jeder nennenswerten Islamisierung unvermeidlichen frauenunterdrückenden innenstädtischen Sittenwächter, von den unausweichlichen gelegentlichen Apostatenmorden und von den Angriffen auf Wissenschaftler, Religionskritiker und Künstler steht in diesem Text nichts. Robert Redeker muss sich verstecken, Theo van Gogh wurde erstochen und Abdul Momin verbreitet via Internet koranische Köstlichkeiten.

So ist das eben mit „frommen” fundamentalistischen Texten. Abdul Momin hat den Text weltweit an viele Blogs und Homepages versendet. Es handelt sich also um eine theokratische Spam. Allahs Spam, sozusagen.

Im Ernst: Muslime werden mit solchen frommen Haltungen beziehungsweise Texten weitaus häufiger konfrontiert als wir. Die eigenen muslimischen Radikalen bereiten den eher gemäßigten Muslimen moralischen und sozialen Druck.

Auch gibt Radikalismus schlichten Gemütern Halt und Orientierung, ein weltweites Prinzip. Und ein bisschen unübersichtlich ist die Gegenwart ja, da findet der eine oder andere Mäusefänger seine verunsicherten Mäuslein.

Wir müssen also von den in einem demokratischen Gemeinwesen lebenden Muslimen die durchaus aufwändige Arbeit verlangen, sich von den theokratischen Meinungen eines Abdul Momin emanzipieren zu lernen. Das wird für sie schwierig werden, zumal sie Geistesfreiheit seit Jahrhunderten nicht gewohnt sind, dafür gerne den anderen die Schuld zuschieben: Den Armeniern, den Juden, den Atheisten, den Hindus. Sie werden, theaterbühnenreif, den sterbenden Schwan spielen und in uns Schuldgefühle zu erwecken trachten.

Zurzeit hat, weltweit, von zwei muslimischen Gläubigen der Radikalere einfach immer Recht. Wer als Muslim die Demokratie nicht als Teufelswerk bezeichnet, der ist einfach „noch nicht fromm genug“ – so zumindest die Logik der Scharia.

Fromme muslimische Sinnsprüche. Mit der Frage „Demokratie oder Kalifat“ beschreibt Egon Flaig treffend, worum es für uns in Europa geht.

Jacques Auvergne

Die neue al-Qaida

Dezember 28, 2007


Erzählgegenstand

Terrorismus

Zwischen Nebelwerferei

und Selbstvermarktung:

Wie bringt die Demokratie

den womöglich korantreuen

Terror zur Sprache?

Jacques Auvergne

Selten habe ich ein so nervtötendes Buch gelesen wie das 2006 erschienene „Die neue al-Qaida“ von Yassin Musharbash. Der Autor bringt mich zur Verzweiflung und zwar nach folgendem Muster: Grundsätzlich sei, so Musharbash, noch nicht einmal klar, ob sich hinter dem Begriff des heiligen Krieges überhaupt bewaffneter Kampf verberge. Denn viele Muslime in aller Welt würden unter dieser immer wieder einmal erhobenen Verdächtigung seitens der Nichtmuslime „erheblich leiden“. Da ist ja etwas dran, wie wir alle wissen, Dschihad geht auch ohne Mord und bedeutet sakraler Eifer, fromme Anstrengung. Dass dieser frommen Angestrengtheit seit 1.400 Jahren Millionen von Menschen zum Opfer gefallen sind, das gehört offensichtlich zum Standard‑Repertoire islamischen Umweltveränderns und wird vom Autor weder beschrieben noch bestritten. Was das Nervtötende bereits mit verursacht.

Sicherlich, das Arabische könnte für „Krieg“ die Worte Ghazw, Qital und vor allem Harb verwenden. Wenn es also darum ginge, geborene Ungläubige oder gewordene Ungläubige oder deren unterstützerisches oder indifferentes oder zufällig beteiligtes soziales Umfeld zu köpfen oder in die Luft zu sprengen, ließe sich die theologische Geometrie einer Dâr al‑Harb bemühen, die Kultur des Harb. Dschihad tut es aber auch, die Vokabel meine ich. Ja, das dem Gott Allah wohlgefällige Wort. Die sakrale Vokabel. Entlastet doch auch viel besser.

Wir Demokraten, die Muslime unter uns eingeschlossen, wir hätten nun gar nichts dagegen, wenn sich eine Auffassung eines individuellen und spirituellen Islams durchsetzen oder überhaupt erst einmal verbreiten könnte. Nicht, dass nämlich bald gesagt wird, das Blog Sägefisch würde verunsicherte junge Männer in den Terrorismus drängen. Doch wer den Konformitätsdruck des Orients kennt, der weiß allerdings, dass es nur den Unbestechlichsten Individuen gelingen kann, irgendetwas an Milieu- und Alltagskritik zu äußern oder gar an Worten der Kritik an Regierung und Geistlichkeit. Es gibt diese Einzelnen, doch die leben auch in Kanada oder Finnland gesunder und länger denn in Beirut oder Kairo. Oder sie schrauben, und mittlerweile selbst in Kanada oder Finnland, ihr Klingelschild von der Haustüre ab, weil sie ihre aufmüpfige Gesinnung wohl vor ihren Mitmuslimen nicht verbergen können. Und letztere sind bekanntlich rasch beleidigt.

Denn das muss einmal gesagt sei: Islam ist Kultur des Einschüchterns. Musharbash kann sich zu diesem Satz leider nicht durchringen, jedoch ist sein Buch genau an jenen Stellen am ehesten lesenswert, in denen die repressive Sozialisation nahezu jedes Muslims weltweit, die permanente Überwachung und die geistig‑seelische Enge des Islams angedeutet wird, ob mit oder ohne Auswandererschicksal.

Noch etwas zum subjektiven „erheblichen Leiden“. Das hat der Autor entweder noch nicht durchschaut oder er lässt uns an seiner Einsicht nicht teilhaben: Denn das ist islamische soziale Lebenskunst, sich als „erheblich leidend“ zu inszenieren. Das ist der Jahrhunderte alte islamische Psychoterror der Umma gegen alle Nichtmuslime, immer mit dem Angebot verbunden, sich doch gerne genau so dreist zu verhalten oder am besten gleich zum höherwertigen Islam zu konvertieren.

Ähnlich wie katholische, heutzutage demokratiegemäß glücklicherweise eher individualistisch orientierte Milieus Schuldgefühle nach innen hin erwecken, innerhalb des Kreises der katholischen Gläubigen, so tut es der zornig fiebernde und notorisch kollektivistische Islam, nur eben nach außen. Ist ja auch viel günstiger, „die Anderen“ zu beschuldigen: Die Amerikaner oder Kapitalisten, die Juden oder Kreuzzügler, die Atheisten oder Abweichler. Mit dem Finger auf den Anderen zeigen und publikumswirksam zu jammern, das ist das beschämenswerte soziale Mobbing hinter der „edlen und spirituellen“ Kulturtechnik des Takfir. Und dass Takfir als das für ungläubig erklären tödlich sein kann, das ist zu Musharbash dann doch vorgedrungen.

Sicherlich gilt es für die kulturelle Moderne, ihr Möglichstes zu tun, um die „eher indifferente“ muslimische Masse nicht in die Arme der „sehr radikalen“ Muslime zu treiben. So scheint das der fraglos demokratiefreundliche Autor ebenfalls zu sehen. Und hat damit bereits wieder übersehen, dass es im Islam eine indifferente Masse noch nie gegeben hat, denn Islam ist ja geradezu das fiebrige Credo der heiligen Gewaltbereitschaft: Islam ist das Prinzip der sakralen Militanz.

Islamische Kindererziehung ohne Hass auf die Juden und Christen und natürlich auch auf die Frauen hat es seit 1.400 Jahren noch gar nicht in einem nennenswerten Umfang gegeben, wenn ich auch hoffe, dass sich das in möglichst naher Zukunft einmal ändern möge. Der Islam und seine Mädchen- und Jungenerziehung ist das Problem, nicht die jeweils herum lungernde Horde militanter junger Männer, die sich dann „überraschenderweise“ dazu entschließt, einen Ungläubigen zu finden und sakral zu opfern.

Das allerdings bringt uns als die „anderen“ in sowohl rhetorische wie moralische Schwierigkeiten, letztlich seit 1.400 Jahren. Und an dieser Stelle ist dem Autor deutlich zu widersprechen, auch wenn dieses Blog nun auch in Gefahr läuft, von böswilligeren oder dummeren Menschen bezichtigt zu werden, die Propaganda der Terrornetzwerke zu verwenden beziehungsweise zu unterstützen. Doch genau in Bezug auf das Thema der „rätselhaften“ Herkunft des Dschihadismus widerspricht sich der Autor an mehreren Stellen seines Buches letztlich selbst. Insofern trägt Musharbash zur Lösung der globalen Krise Islam dann doch noch einigermaßen nützlich mit bei.

Vielleicht allzu misstrauische Menschen werden Musharbash allerdings bereits fast Taqiyya unterstellen müssen, sakrale Lüge. Wenn dieses in seinem Fall auch wohl ein Täuschen aus Gründen des hilflosen Nachplapperns sowie der verschüchterten Schmerzleugnung ist und nicht aus Gründen des absichtsvollen Verschleierns der Korantreue jeglichen Dschihads, so ist doch gleichwohl die vom Autor eingenommene Position nicht nur schwer erträglich, sondern für die kulturelle Moderne auch noch brandgefährlich.

Sicherlich hat es, wie etwa Prof. Bassam Tibi in seinen Büchern betont, bereits vor mehr als einem Jahrhundert im Islam ernsthafte Versuche der Theoriebildung zu m Begriff der Säkularität, der Weltlichkeit gegeben. Und man mag hoffen, dass die nächste oder wenigstens übernächste junge Generation zwischen Casablanca und Jakarta an jene hoffnungsvollen Versuche anknüpfen möge und nicht an die vormodernen und menschenverachtenden Philosophien von al‑Qaida. Musharbash indessen benennt noch nicht einmal das Alter der Wurzeln der immerhin bereits 1928 entstandenen Muslimbruderschaft, sondern weist dem amerikanischen Einmarsch in den Irak jede Schuld am damit sozusagen postmodernen Dschihadismus zu.

Wobei der Autor darin Recht hat, dass die Anwesenheit der Amerikaner in Bagdad von den Netzwerken des Terrors propagandistisch „günstig verwendet“ werden konnte, vielleicht so, wie im Jahre 1098 die Appelle zur Befreiung des symbolischen „Heiligen Grabes“ wirken konnten. Religion motiviert.

Sakrale Bedarfsweckung. Der Christ Calvin etwa ließ um 1550 etliche Ketzer auf dem Marktplatz der frommen Stadt Genf verbrennen. Wie denn überhaupt die Theokraten aller Länder einander ähnlicher sind, als ihnen lieb ist. Der spanische Katholizismus der Barockzeit vernichtete die Religionen Südamerikas – wäre nun Europa in der Rolle der einstigen aussterbenden Indiokultur? Mit theokratischem Wettrüsten aber oder mit Formen von Rassenhass hätte die Moderne sich selbst verraten und beides ist ebenso kollektivistisch wie der Islam, christlicher Fundamentalismus und Nationalismus, jedenfalls nicht Teil der kulturellen Moderne. Deutlich wird damit, dass der säkulare Staat jeden Einwanderer als Individuum packen muss, nicht als Teil irgendeines Kollektivs. Insofern ist jeder Dialog der Bundesrepublik mit islamischen Gemeinschaften für beide Seiten ein riesiges Missverständnis. Ob in wohl frühestens hundert Jahren eine starke islamische Gemeinschaft die Demokratieverträglichkeit einer der beiden heutigen großen deutschen Kirchen haben wird, das muss sich erst zeigen.

Den so genannten Dschihadismus gänzlich in unsere Jahre zu verlegen halte ich für alles andere als zweckdienlich. Statt dem nebligen Wort Dschihadismus sollten wir also das Wort Dschihad bevorzugen. Denn es ist eine jede dschihadistische oder besser gesagt dschihadische Theologie viel zu koranisch, viel zu schariatreu.

Der theokratische Umsturz in Teheran 1979 ist kein islamischer Betriebsunfall sondern koranisch logisch. Auch wenn, wie Musharbash schreibt, das moderne Werkzeug ganzer Containerladungen von in Frankreich produzierten Propaganda‑Tonbändern den Einzug des Ayatollah vorbereiten half.

Musharbash nennt die Nähe der Dschihadisten des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts zur mittelalterlichen islamischen Orthodoxie indirekt sehr wohl. Etwa an der Stelle, an der der Autor den Mörder des schariakritischen ägyptischen Präsidenten Anwar as‑Sadat zu Wort kommen lässt, der zu seinem verachtenswerten Tun vom 6. Oktober 1981 wenig später erklärte: „Ich habe den Pharao getötet!“

Pharao. Rom. Die Juden. Genau in einem solchen Denken nämlich zeigt sich islamisches Geschichtsbewusstsein. Zwar krankes Geschichtsbewusstsein, das mag ja sein, aber echt islamisches und zugleich echt terroristisches Geschichtsbewusstsein. Den „Westen“ anzugreifen, wir sollten vielleicht besser sagen: Die Städte der Nichtmuslime oder die kulturelle Moderne anzugreifen, das genau ist aus Sicht der „motivierten“ Dschihadkrieger Allahs Auftrag der „Zivilisierung der barbarischen al‑Dschâhiliyya“, der vorislamischen Zeit der frevlerischen Unwissenheit. Ob as‑Sadat oder Bush, ob Parlamente oder Päpste: Nichts als „Pharao“, Rückständigkeit und Unterentwickeltheit oder aber schuldhaftes Verhöhnen des vielfach vermuteten Gottes Allah.

Islamische Logik könnte so klingen: „Sträube dich nicht. Öffne dich. Du Demokrat oder auch Christ, deine Lebensform ist ein vorislamisches Fossil, ein Dinosaurier, und des baldmöglichen Aussterbens im Lichte Allahs wert. Nur Muslime sind von Allah bejahte Menschen. Du magst auch endlich die Schönheiten des Islams bekennen, wie Allah es für dich schließlich von Anfang an vorgesehen hat. Oder aber dein letztlich wertloser Körper wird schmerzvoll gerichtet, in der jenseitigen Hölle oder zusätzlich von Allahs Helfern hier im Diesseits, ebenfalls ganz im Sinne der Unausweichlichkeit. Sträubt euch nicht, Europäer, öffnet euch der Islamisierung! Denn Islam heißt Frieden“.

Erhellend, wenn Musharbash etwa ein selbst geführtes Gespräch mit einem einfachen Taxifahrer schildert oder uns berichten kann, wie ein terrorkritischer Londoner Geistlicher von seinen eigenen Radikalen zum relativen Widerrufen getrieben wird. Letzteres sollte man eigentlich rent‑a‑fatwa nennen dürfen: schnitze du dir als Terrorist deinen passablen Theologen. Von den Londoner Hasspredigern sagt der Autor leider nichts.

Erfreulich und irritierend überraschend, wie der Autor (198) dann doch zum sicherlich richtigen Schluss kommt, dass „keine Gehirnwäsche notwendig ist“, um sich als Dschihadist in den Irak aufzumachen und dort massenhaft Menschen zu ermorden. Warum kennzeichnet Musharbash dieses Tun aber nicht als das, was es ist, nämlich als krisenhaft islamisch?

Insgesamt trennt der Autor bei seiner Analyse der Lebensläufe der Terroristen beziehungsweise Dschihadkrieger psychisch‑subjektive Begründungen zu wenig von den sattsam bekannten machterpicht geheuchelten oder auch sozial erpressten Alibis. Über die Verantwortung der gewalttätigen islamischen Kindererziehung an der weltweiten islamistischen Gewalt hat Musharbash, Sohn einer Deutschen und eines Jordaniers, wohl noch nie nachgedacht. Auch das über viele Jahrhunderte praktizierte Grauen von dem alle Frauen versklavenden Religionsgesetz der Scharia sowie von einem in Europa immer noch kaum bekannten, geradezu rassistischen Kasten‑System namens Dhimma oder Dhimmitude übersieht der bikulturelle Autor ebenso großzügig wie die eineinhalb Jahrtausende alte theologische Plausibilität islamischer Kriegsführung.

Einer gottgefälligen Kriegskunst, die wir eurozentrischen Demokraten vielleicht völlig zu Unrecht als „Terrorismus“ wahrnehmen? In diesem Sinne wäre auch der Titel einer im Übrigen ausgesprochen lesenswerten Broschüre des nordrhein‑westfälischen Innenministeriums blanker Unsinn von und für Dhimmis: „Islamismus – Missbrauch einer Religion“, wo es wesentlich treffender hätte heißen müssen und Irshad Manji und Bassam Tibi und ein paar meiner muslimischen Freunde mir verzeihen mögen: „Islamismus – Gebrauch einer Religion“. Nicht Missbrauch, sondern Gebrauch. Anwendung. Umsetzung. Ausführung.

Sprache. Man rede doch also bitte von edler islamischer Kriegskunst – nicht von Terror. Wir Europäer sollten diesbezüglich bereits sprachlich wesentlich kultursensibler werden, das jedenfalls legt uns al‑Qaida ganz wohlwollend ans Herz.

Jacques Auvergne

Internationale Teestube

Dezember 25, 2007

Schule plant interreligiöse Teestube

und erlebt Überraschendes. Arnhem

Ein Brief aus den Niederlanden

Interreligiöses Gebet nur

mit Vorhang

Koëdukatives Meditieren

unerwünscht

Muslime und die

Apartheid der Geschlechter

Von Cees van der Duin, Nijmegen

Lieber Claas, du berichtest, dass die muslimische Seite nun auf dem Einbau von einer Art Trennwand besteht oder vielmehr auf dem Anbringen eines gewaltigen Vorhanges aus völlig blickdichtem Stoff. Ein koëdukatives Besinnen sei den männlichen Muslimen nämlich nicht zuzumuten und auch dem Gott der Muslime nicht genehm.

Zum Einen also würden sich die Jungen schämen, vor den Mädchen zu beten oder auch umgekehrt, zum Anderen lasse der Islam ein gemeinsames Gebet in einem Zimmer nicht so gerne zu. Die Gebetsrichtung habe in Kürze ebenfalls bereits Erwähnung gefunden: Auf welcher Vorhangseite die Kibla ist, garantiert nicht bei den jungen weiblichen Erwachsenen, hm? Für den doch gar nicht so unwahrscheinlichen Fall eines zeitgleichen Betens von Schülerinnen und Schülern müssten die Mädchen, man stelle sich das vor, den blickdichten Vorhang anstarren, denn die originale gekachelte Kibla-Wandecke anzuschauen, das bliebe den „edlen“ männlichen Wesen vorbehalten.

Von euch aus, sagtest du mir gestern, sei es aber um einen Gebetsraum im engsten Sinne doch gar nicht gegangen: Ihr hättet euch einen Meditationsraum vorgestellt, Klangspiel, Bambus und Zimmerbrunnen, ein bisschen Taizé und eine Prise Zen und warum keine arabische Ornamentik, so ganz die Ästhetik weltbürgerlicher Toleranz jedenfalls. Ihr habt euch bezüglich der Wortführer der „Araber“ offensichtlich getäuscht und wisst nun als die „Christen“ nicht weiter. Dabei wolltet ihr genau das überwinden, dieses „die“ Christen und „die“ Araber, zumal ihr Inder, Chinesen und atheïstische beziehungsweise kirchenferne Schülerinnen und Schüler zum Meditieren oder Gedichtlesen ansprechen wolltet und immer noch wollt.

Die arabische Seite beharrt auf ihrem Standpunkt: Ohne Vorhang einschließlich Geschlechtertrennung kein Raum der Stille. Aha. Geschlechtertrennung.

Die zehn mal zehn Meter des ehemaligen Klassenzimmers beziehungsweise der gelegentlichen Cafeteria sollen geteilt werden. Ob der Vorhang dann mehrmals täglich auf- und zugezogen wird ist noch nicht klar, jedenfalls nicht euch.

Bisher versammeln sich Schülerinnen und Schüler recht spontan zum gemeinsamen Cola- und Teetrinken in jenem Zimmer. Wie gesagt, es sind beide Geschlechter dabei und von kleinen altersgemäßen Reibereien abgesehen wurde noch niemand jemals verdrängt.

Weiblich und männlich in einem Raum, junge Leute aller Religionen. Ein nettes Bild. Das Ganze künftig spirituell und ästhetisch veredelt, gemeinsam mit „den Muslimen“ – es hätte so schön sein können. So habt ihr euch das gedacht.

Jetzt aber die jähe Forderung: Gebt uns den Vorhang oder wir brechen jedes weitere Gespräch mit euch Christen ab! So der Wortführer, dem offensichtlich kein Marokkaner und vor allem: Keine Marokkanerin zu widersprechen sich traut. Christen seid ihr auf einmal also auch und müsst euch womöglich vorwerfen lassen, nicht so fromm zu sein wie die Muslime oder jedenfalls, und noch schlimmer: Die Muslime von ihrer Glaubenstreue abzuhalten. Denn Vorhang sei Religion, so der Sprecher.

Nein und nochmals nein! Die Sache mit dem Vorhang dürft ihr nicht zulassen, zumal der Raum ja international beziehungsweise interreligiös ausgerichtet sein soll. Auch ist von einer „interreligiösen Moschee“ noch nichts gehört worden. Wie aber kann es nun weiter gehen?

Ihr solltet versuchen, dass die Frömmler nicht die weniger Radikalen aus der Teestube verdrängen, beziehungsweise: Die männlichen Marokkaner ihre weiblichen Landsleute am Betreten des Aufenthaltsraumes hindern.

Chauvinismus kommt weltweit wohl immer wieder einmal im Namen der „Religion“ daher. Es geht wohl eher um das Kontrollieren der Frauen.

Zugleich solltet ihr mit „den Muslimen“ im Gespräch bleiben, unter Einbezug der anderen Religionen sowie der Nichtreligiösen, denn es ist alles andere als selbstverständlich, die Schülerschaft in der kulturellen Moderne überhaupt nach Religionen aufzuteilen. Oder nach Männlein und Weiblein.

Irgendwie ist die säkulare Zuwanderungsgesellschaft argumentativ „ins Schwimmen“ geraten und hat es der Fundamentalismus recht leicht. Denn die zwangsweise Aufteilung in männliche und weibliche Zonen möchte ich fundamentalistisch nennen.

Ich bin gespannt, wie die Sache weitergeht, halte mich auf dem Laufenden. Grüße

Cees van der Duin

Die Geometrie der Scharia

Dezember 21, 2007


Raumteiler

und Trennwände?

Heiliger Krieg für kleine

Topographien der Apartheid

Vorhang ist gut.

Mauer ist besser

Stadthallen, Hochschulen,

Krankenhäuser Europas.

Schleichende Einführung

der Geschlechterapartheid?

Im Jahr 2006 wie auch im ausgehenden Jahr 2007 hat ein von der breiten Öffentlichkeit noch zu wenig verstandener heiliger Krieg der Geschlechterapartheid die ersten Stadthallen, Schwimmbäder und Aufenthaltsräume zu spalten begonnen. Die Ureinwohner, die künftigen Dhimmis und Harbis also, sie üben sich angestrengt in der Kultur des Schweigens. Wer zuerst das M‑Wort ausspricht, der hat verloren! M hieße muslimisch oder auch Muslime. Leistungsschweigen also. Schließlich ist ein Vorhang in einem Schwimmbad auch nichts ganz und gar Schreckliches, oder? Und mit getrennten Badezeiten für Männer und Frauen kann der oder die Deutsche doch ganz gut leben. Warum sollen Frauen denn nicht auch einmal nur in der hinteren Hälfte einer Stadthalle sitzen, wie am 25. November in Tübingen, das gibt der Sache doch ein exotisches Flair.

Was also geschieht in diesen Jahren der Islamisierung Europas? Wie weit und wie überhaupt bauen sich Räume relativ höheren theokratischen Gruppendrucks auf, Zonen innenstädtischer islamischer Scharia‑Herrschaft nach den Grundsätzen der nun 1.400 Jahre alten Geschlechterapartheid?

Der Kampf der Theokraten gegen die Demokratie ist entbrannt, so jedenfalls meinen wir Islamkritiker und Schariagegner. Und jeder „Fuß in der Tür“ einer auch nur stundenweise durchgesetzten heiligen Geschlechterapartheid strebt nach dem Eifer des Durchsetzens, dem Dschihad des Verewigens. Diese wenigen Stunden am 25. November 2007 in Tübingen sind damit bereits einem Sieg für die Träumer des Kalifats gefährlich nahe gekommen. Die abendliche Saalaufteilung ist ein sakrales Modell, das auf einen starken Gruppenzwang in manchen Milieus der muslimischen Eingewanderten erzeugen wird und das den nichtmuslimischen Ureinwohnern eine Lebenshaltung des immer größeren Duldens aufzuzwingen trachtet.

Etliche Milieus der Zuwanderungsgesellschaften Westeuropas, etliche Milieus der prekären kulturellen Moderne, sind „vulnerabel für Fundamentalismen“, sind verletzbar von und anfällig für antidemokratisches Denken und Handeln. Denn so, wie die ostdeutschen Plattenbauten vulnerabel, verletzbar und anfällig, für Nationalismus und Rassismus sind, so sind dies große Teile der westdeutschen und berlinischen türkischen Community für den Totalitarismus des politischen Islam.

Es ist Hudna, Windstille. Und „nebenbei“ sorgt man für die Erosion und für das Ironisieren der demokratischen Spielregeln. Schulpflicht, Jugendamt, Frauenrechte? Von Allah ist das alles nicht – also kann es wohl nur teuflisches Blendwerk sein.

Es mag Pädagogen und Sozialpädagogen geben, die unsere Sorge für gegenstandslos halten, doch möchten wir alle Demokraten heute vor der sorglos hingenommenen oder vielleicht auch übersehenen Einführung von Mädchen- und Jungenzonen warnen, die unsere Schulhöfe, Kindergärten, Nachmittagskurse, Schulbusse, Klassenfahrten und Klassenzimmer zu zerlegen beginnen.

Ein kleines Textil, nämlich das Mädchenkopftuch ist dabei europaweit immer wieder der Hebel der Provokation. Wünschenswert ist ein Schülerinnenkopftuchverbot nach dem Vorbild Frankreichs, wie Mina Ahadi es vorschlägt.

Aus aktuellem Anlass möchten wir aber gerade auf das bedenkliche Tolerieren der in vielen Hinterzimmergesprächen in diesen Tagen geforderten getrennten Studentinnen- und Studentenzonen in Aufenthalts-, Andachts- und Ruheräumen an Deutschlands Schulen und Hochschulen aufmerksam machen. Vereinzelt und jeweils fast heimlich sind an uns bekannten Schulen und Hochschulen seitens der Ureinwohner und auf Steuerzahlerkosten bereits islamische Gebetsräume und Waschgelegenheiten eingerichtet worden. Warum heimlich? Wer hat genehmigt?

Wir erlebten im Laufe der letzten Jahre mehrmals ein stundenlanges Umfunktionieren von vorhandenen zwei Saaltüren in einen Männer- und einen getrennten Fraueneingang anlässlich von muslimischen Festveranstaltungen in staatlichen Schulen, angeblich ganz spontan und tatsächlich wohl auch recht wortlos. Und, vordergründig, auch ohne Spuren zu hinterlassen. Doch sollten wir nun genau beobachten, ob die Anzahl der türkischstämmigen Studentinnen an solchen „spontan frommen“ Orten nicht bald sinkt, weil eine Studierende ja schließlich Männer treffen könnte.

Sorge macht uns eine mögliche Wiederholung im kommenden Jahr 2008 dessen, was am 25. November 2007 glücklicherweise zum kleinen Skandal werden konnte, nämlich dem stundenlangen Separieren einer Stadthalle im Rahmen eines Vortrags des durch den vom Islamischen Verein Tübingen eingeladenen missionarischen Prediger Pierre Vogel. Islamverein und Islamprediger hatten für diesen Abend die demokratiefeindliche Intention, die Besucher in Frauen und Männer zu spalten und dabei die Frauen in die hinteren Ränge des angemieteten öffentlichen Gebäudes zu zwingen. Eine Ungeheuerlichkeit, die sich die offene Gesellschaft nicht bieten lassen darf.

Es mag ja sein, dass die multikulturellen Gutmenschen unter den Gästen das für eine Art Geländespiel gehalten haben, andere wollten womöglich den „rätselhaft fremden Zauber“ so einer Geschlechterapartheid einmal ganz bewusst auf sich wirken lassen.

Territorien doppelt spalten, darum geht es einer der perversesten „Werkzeuge“ der Menschheitsgeschichte, darum geht es dem Werkzeug Scharia, darum geht es dem Werkzeug Islam. Testfeld und Prototyp einer solchen Maschinerie ist jede Moschee: das sakrale ’Prinzip Nebeneingang’, das sakrale ’Prinzip: der hässliche Raum den Frauen’.

In jeder Moschee werden Frauen durch den Hintereingang gezwungen. In deiner Stadt wohlgemerkt, nicht nur in einer afghanischen Karawanserei oder jemenitischen Wüstenoase. Die blinden Fremdenfreunde aus der Kinder- und Enkelgeneration der deutschen Achtundsechziger murmeln jetzt verlegen von außereuropäischem Blickwinkel und anderer kultureller Prägung, die Aggressiveren von ihnen versuchen, dich mit ihrer Ideologie des Differentialismus als intolerant und damit unglaubwürdig erscheinen zu lassen.

Islam ist also ein zweifaches Aufspalten.

Die eine Spaltung, die eine Aufteilung der Menschheit ist die in die rechtgläubigen Herrschenden gegenüber den ungläubigen Unterworfenen: Aufteilung in Muslime und Nichtmuslime. Warum gibt es in Kleinasien, in Syrien, nun im Irak und bald wohl in auch Ägypten eigentlich keine Nichtmuslime mehr und warum steht dieses „rätselhafte Verschwinden“ noch nicht einmal in unseren Geschichtsbüchern? Islam ist Dhimmitude, Islam ist ein Sklavenhaltersystem namens Dhimma.

Die zweite Aufspaltung betrifft vor allen Dingen die Gemeinschaft der Muslime selbst und liegt im Erhöhen der entscheidungsbefugten Männer über die rechtlich minderwertigen Frauen. Das ist Scharia, das ist Islam. Deiner städtischen Integrationsbeauftragten darfst du das allerdings so nicht sagen, sie hat ein rotes oder grünes Parteibuch und würde empört mit den Augen rollen und dich des Rassismus bezichtigen. Auch dem Dhimmi‑Klerus aus der evangelischen Kirche solltest du so nicht kommen, die schnappen dann ungesund nach Luft und holen sich Rat beim nächsten Imam.

Islam spaltet. Erster Grundsatz: Frauen hinter Vorhänge oder Mauern zwingen. Zweiter Grundsatz: die Nichtmuslime mit Mauern und Verboten von den Muslimen trennen.

Europa hat die Gleichberechtigung der Geschlechter in einem mehrere Jahrhunderte dauernden Prozess entwickeln können. Jetzt spaltet der voraufklärerische und totalitäre Islam Deutschlands städtische Gebäude.

Erst seit wenigen Jahrzehnten werden in Europa Angehörige christlicher Sondergruppen, werden Ex‑Christen, werden Buddhisten und werden Nichtchristen nicht mehr im städtischen Alltag sowie in der Arbeitswelt diskriminiert. Jetzt geben wir, ausgerechnet im Namen der Toleranz, diese erkämpfte Freiheit auf. Zugunsten einer Kultur der Apostatenmorde. Für die Religion der Zwangsehen, Cousinenheiraten und gelegentlichen Frauensteinigung.

Wir Demokraten müssen viel untoleranter werden, andernfalls wird uns der politische Islam unsere Freiheit rauben. Straßenzüge oder gar Stadtviertel der islamischen Gegengesellschaften bestehen längst, in denen über Frechheiten wie Schulpflicht oder über die Ermahnungen unserer seichten und nicht einmal transparenten Jugendämter allenfalls müde gelächelt wird. Häuserblocks und Straßenzeilen, in denen sich die Mehrheit der Mädchen ihren Ehemann nicht aussuchen wird. Gegengesellschaften, die manche ihrer weiblichen Unterworfenen allenfalls noch mit Tschador oder Burka aus dem Haus huschen lassen. Eine Barbarei, die unsere Demokratie zerstören wird, wenn wir derlei nicht rasch und nachhaltig unterbinden.

Tübingen am 25. November 2007. Deutschlands erste Stadthalle mit durchgesetzter Gender-Apartheid. Das dreiste Experiment jener radikalislamischen, lebensmüden und autoritären Persönlichkeit namens Pierre Vogel können wir Demokraten als Chance nutzen. Der Sprecher des Städtetages, Manfred Stehle, reagierte erfreulich ablehnend auf diese menschenverachtende Praxis der rückwärtigen Frauenplätze und des allen weiblichen Besuchern vorgeschriebenen Hintereingangs.

Auch der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer verbat sich eine Wiederholung so eines Tuns. Doch es mussten wenige und unbenannt gebliebene Menschen auf diesen Skandal erst einmal öffentlich aufmerksam machen, im Internet war es etwa die Homapage Akte Islam.

Ist es auch nicht zu befürchten, dass die Mehrheit der Deutschen solche „Stadthallenapartheid“ jederzeit zu bagatellisieren bereit ist? Dass man zu einer solchen Geschlechterspaltung im öffentlichen Raum im kommenden Jahr 2008 „tolerant“ schweigen wird?

Wir sollten uns weigern, uns an das geschriebene oder mündlich angeordnete oder auch nur durch Gesten und Blicke erzeugte doppelte Prinzip „Nicht für Frauen“ beziehungsweise „Ungläubige haben keinen Zutritt“ zu gewöhnen. Die islamistischen oder auch nur islamischen Radikalen werden uns diesbezüglich bald wieder Einiges zumuten.

Europas Dschihadisten geht es also nicht nur um schreckliche terroristische Attentate. Vielmehr kann heiliger Krieg auch bedeuten, zunächst stundenweise die jede Demokratie verhöhnende Geschlechterapartheid durchzusetzen. Oder auf eine für einen „ummauerten Raum“ erkämpfte Sondergesetzlichkeit zu bestehen, und mögen es „nur“ Umkleidekabinen, Wartezimmer, öffentliche Toiletten, ärztliche Behandlungsräume, Operationssäle, Schulklassen oder Schwimmbecken sein. Oder seien es die Pausenräume, die Räume der Andacht beziehungsweise die Erholungsräume gewisser staatlicher Schulen und Hochschulen in Nordrhein‑Westfalen.

Stunden der Scharia, ummauerte Räume der Scharia. Radikale Sinnzeichen für die Orientierung der vormodern denkenden und empfindenden muslimischen Menschen aus den Kerkern ihrer patriarchalen Sippe. Damit auch ja keiner ausbricht. Damit weiterhin Ehen arrangiert werden können, damit Prügel und Einschüchterung die Erziehung der muslimischen Kinder Deutschlands auch in Zukunft prägen. Damit die fremdenfeindlichen Ureinwohner endlich tolerant werden und aufhören, sich in die Belange der Muslime einzumischen.

So wird die Selbst‑Segregierung der Muslime eine der Strategien der Islamisierung Europas sein, der scheinheilige Selbst‑Ausschluss von solchen „Kleinigkeiten“ wie Mittagessen, Klassenfahrten und Schulfesten. Das gespielt verschnupfte „wir dürfen das nicht“, das bei den Gutmenschen den lustvollen Masochismus der Fremdenfreundlichkeit auslöst.

Lassen wir, soweit uns Demokraten das möglich ist, keine Stunde und kein Zimmer der „religiösen Spaltung in Männer und Frauen“ zu! Richten wir „den“ Muslimen keine Sonderräumlichkeiten und keine Sonderrechte ein.

Wir Demokraten müssen viel empfindlicher werden.

Jacques Auvergne

Gewalt gegen Frauen gerade in muslimischen Familien

Oktober 2, 2007

Auch ich bin es so leid …

immer wieder von häuslicher Gewalt lesen und hören zu müssen, gegen wen auch immer sie gerichtet ist, von wem auch immer sie ausgeht. Als Frau trifft mich natürlich besonders Diskriminierung, Brutalität und Gemeinheit gegen Frauen.

Vor allem bereitet mir großes Unbehagen, wie man über dieses Thema spricht oder besser nicht spricht. Wie man damit umgeht, oder besser nicht umgeht. Bisher jedenfalls.

Da werden deutlich sichtbare Hämatome überschminkt, Ausreden erfunden, man gibt sich selbst die Schuld, man hat doch selbst provoziert, das ‘Just World Denken’ der Anderen bestätigt, dass an einem Streit nie nur einer Schuld ist. Im Treppenhaus wird getuschelt, die Opfer schämen sich, schweigen verdrängen oder verharmlosen, trauen sich nicht Anzeige zu erstatten.

Vor allem Frauen sind Ziel von verschiedensten physischen, psychischen und verbalen Übergriffen. Besonders hilflos sind Kinder und wieder sind es vor allem Mädchen, die von sexueller Gewalt, einer besonders perfiden, eindeutig männlich dominierten Gewaltform bedroht sind.

Auch ich weigere mich, politisch korrekt verschweigen zu müssen, dass Gewalt in Familien und binationalen Ehen besonders oft von muslimischen Tätern ausgeht. Ich werde auch nicht verschweigen, dass die weiblichen Opfer wesentlich häufiger aus dem islamischen sozio-kulturellen Hintergrund stammen, dass sogar die Gefahr, Opfer solcher erniedrigenden Attacken zu werden, bei Frauen mit islamischem Glaubensbekenntniss eklatant höher ist.

Offensichtlich sind muslimische Frauen und Mädchen durch zusätzliche, besonders patriarchale, vormoderne Gewalt wie Verschleierung, Steinigung, Zwangsverheiratung, Genitalverstümmelung, Jungfäulichkeitskult und Ehrenmord bedroht.

Allen, die sich zum Thema Gewalt an Frauen informieren wollen, empfehle ich die Homepage http://www.terre-des-femmes.de/ .

Übrigens starten rund um den 25. November Aktionen zur Kampagne ’Gewalt gegen Frauen ist Alltag‘. Sicherlich ist dies eine gute Gelegenheit Farbe zu bekennen und jede Form von Gewalt an Frauen öffentlich zu ächten. Infos ebenfalls bei terre des femmes.

Ümmühan Karagözlü