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Inklusion der Scharia in die Migrationsforschung

Juni 19, 2009

الـشَّـرِيعَـة

aš-šarī’a

die Scharia, Allahs Gesetz

Frau Karakaşoğlu und die Grenzen der Toleranz

In ihrer am 9. Juni 1999 in Frankfurt gehaltenen Rede »Wer definiert die Grenzen der Toleranz? Kopftuch, Koedukation und Sexualkundeunterricht« verteidigt die Bremer Erziehungswissenschaftlerin Dr. Yasemin Karakaşoğlu-Aydın (damals Universität GH Essen) orthodoxes islamisches Menschenbild und radikal schariatreues Gesellschaftsmodell. Von Jacques Auvergne (2009).

Religiosität nach Koran und Hadithen wird wohl auch einmal nützliche Lebenshilfe persönlicher Spiritualität sein, doch in erster Linie ist der orthodoxe Islam leider weltweit und nach wie vor wenig mehr denn der Wohlverhaltensterror einer durch Nachbarschaft, Großfamilie und durch die umma der islamischen Weltgemeinschaft kultivierten Lebensführungsdiktatur, die mit großen Teilen der allgemeinen Menschenrechte oder der deutschen Grundrechte schlicht nichts anzufangen weiß. Wie Lernforscher sagen, muss Wissen anschlussfähig sein, doch Autonomie oder Emanzipation, Frauenrechte oder Religionskritik sind im heutigen Islam sozusagen unfunktional jedenfalls eher überflüssig. Der orthodoxe (politische) Islam braucht die Demokratie nicht und noch nicht einmal die Wissenschaft, welche er gebraucht, nicht braucht, die er verwendet, nicht benötigt. Der ländliche orthodoxe Muslim oder der städtische Islamist guckt sekundenlang mit großen Augen völlig erstaunt, wenn das säkular muslimische oder ex-muslimische Gegenüber ihm universelle Menschenrechte oder Gleichberechtigung der Frau anbietet, um dann sehr rasch äußerst aggressiv zu werden. Derlei fundamentalistische Weltbildbegrenzung und antimoderne Lernverweigerung ist dem homo sapiens mitnichten angeboren, sondern bedarf fein gesponnener Netze des Einschüchterns und Überwachens.

Islam ist 100 % Seelenrettung, 100 % Politik und 100 % Recht und Islam ist das Monopol auf diese drei Bereiche, jedenfalls soweit sie sittlich zu nennen seien und der Teufel seine Finger nicht im Spiel habe. Denn eine andere Heilssicherung als die nach Koran und Sunna gibt es im Islam nicht, das hoch politische Wohlverhalten des Einzelnen blühe auf zu Familiengründung und zu der das Modell von Medina (622-855 d. Z.) kopierenden Staatsgestaltung, und anderen Paragraphen freiwillig und auf Dauer Folge zu leisten als dem vom Himmel herab gekommenen Schariagesetz, ist Gotteslästerung und Götzendienst. Unter Baustein 109. hat Blog Sägefisch einige Auszüge aus dem 1961 erschienenen Buch »Islamic Law« (Das islamische Recht) des Panislamisten (jemand, der das weltweite Kalifat anstrebt) und Muslimbruders Saïd Ramadan (Ramaḍān) analysiert, dessen islamisches juristisches Werk multikultureller Rechtsspaltung seine Söhne Tariq (Ṭāriq Ramaḍān) und Hani (Hānī; Steinigung als gottgefälliges Tun) bis heute so getreulich fortführen.

Zur Teufelsabwehr und Seelenrettung verwendet der etwas mehr verwirklichte Islam das Europa drohende Islamische Familienrecht (2006 forderte Mustafa Cerić: opening the way for Muslim law to be recognized in matters of personal status such as the Family Law), aber, wenn auch erst bei weit fortgeschrittener Islamisierung eines Landes, auch die barbarische diyya, das geheiligte Blutgeld welches dem qisas, dem Wiedervergeltungsrecht zugehörig ist das im Koran in Sure 2:178 verankert ist. Etwas der diyya sehr Entsprechendes wurde im germanischen, die Blutrache tolerierenden Recht Weregild oder Wergeld genannt, aber so etwas pflegt die kulturelle Moderne nicht mehr. Anders die islamische Jurisprudenz (fiqh), die seit tausend Jahren jede juristische (religiöse) Änderung verweigert hat und derlei Recht, wir Säkularen müssten eigentlich Unrecht sagen, als Religion versteht. Islam ist ganzheitlich (total, totalitär) und im Sinne der unveränderlichen Scharia abgeschlossen, ist Welterklärung, Seelsorge, Sexualerziehung und Politik. Veränderlich ist jetzt nur noch die an „Zeit und Raum“ (time and space; Tariq Ramadan, Mustafa Cerić usw.) angepasste Strategie der Schariaimplementierung.

Das islamische Recht bietet, wie sich am Beispiel der am 1. Mai 2009 im Iran hingerichteten Delara Darabi beziehungsweise der verweigerten Annahme der diyya sehen lässt, systematisch noch nicht einmal den Muslimen Rechtssicherheit und diskriminiert Frauen und diskriminiert die verschiedenwertigen Nichtmuslime oder Islamapostaten. Islam erniedrigt die schutzvertraglich erklärten Dhimmis, das sind Juden und Christen, oder die schutzlosen Polytheisten genannt Harbis (vogelfrei, können getötet werden, ferner ist auch ein sich auf islamischem Gebiet aufhaltender ḏimmī ohne einen aman genannten Schutzvertrag als ein ḥarbī zu betrachten). Islam diskriminiert die islamrechtlich beiläufig zu tötenden Islamapostaten verschiedenartig, Allāh erniedrigt eben unterschiedlich.

Scharia diskriminiert differenziert. Völlig glaubenskonform verkündete die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) in ihrer Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Jahre 1990 folgendes zum Recht auf Leben: „Das Leben ist ein Geschenk Gottes … es ist verboten, einem anderen das Leben zu nehmen, außer wenn es die Scharia verlangt“ (Artikel 1). Die „ewige und unverhandelbare“ (Mustafa Cerić) Scharia führt auch Ihre und meine Meinungsfreiheit als Buchdrucker, Evolutionsforscher, Musiker, Maler, Karikaturist, Regisseur, Publizist oder Religionswissenschaftler in die Bahnen göttlicher wie sozialer Harmonie: „Jeder hat das Recht, den Erfolg seiner wissenschaftlichen, literarischen, künstlerischen oder technischen Arbeit zu genießen, … vorausgesetzt, dass die Werke nicht den Grundsätzen der Scharia widersprechen (3).“

Rechtssicherheit sogar für Frauen und Gotteslästerer sowie vor allem Rechtseinheitlichkeit soll in der Bundesrepublik Deutschland der so genannte »ordre public« derart sichern, dass wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts auch durch das islamische Recht der Scharia (šarī’a, islamische Religion) nicht unterlaufen werden. Der deutsche ordre public ist jedoch sozusagen geduldig und möchte erst dann eingreifen, wenn sagen wir einmal das islamische Personenstandsrecht, Aufenthaltsbestimmungsrecht oder überhaupt das islamische Familienrecht „mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist“.

Da fragt man sich doch, ab wann denn bitte die korangemäß zu verprügelnde muslimische Ehefrau, die hierzulande eigentlich verbotene Vielweiberei oder die mit mehr oder weniger viel Zwang verbundene, ebenso vorislamisch-traditionelle wie orthodox-islamische „arrangierte Ehe“ denn den Kernbestand der inländischen Rechtsordnung antastet. Bildung, Sprache, Ausstiegswilligkeit und technische Ausstiegsfähigkeit aus dem Kerker der Großfamilie gehören sicherlich dazu, um erlittene Nötigung oder Zwangsverheiratung erst einmal bei einer staatlichen Behörde (hoffentlich nicht bei einem parallelgesellschaftlichen, islamischen religiösen Gericht) anzuzeigen. Vielleicht sollten wir uns an dieser Stelle daran erinnern, dass eine gewisse arabischstämmige Gottheit den seine Tochter oder Enkelin nötigenfalls unter Anwendung von Zwang verheiratenden muslimischen Vater oder Großvater vorsieht (arab. walī muğbir, türk. mücbir veli), dass bereits seit vielen Jahren Migrationsforscher wie Ursula Boos-Nünning (1) oder Erziehungswissenschaftler wie Yasemin Karakaşoğlu (2) die arrangierte Ehe öffentlich und professionell bagatellisieren, beschönigen und, letztlich, verteidigen.

Mit dieser öffentlichen Verteidigung des oft mit einem Cousin und immer wieder für die sechzehn- oder fünfzehnjährige oder noch jüngere Tochter „die Ehe arrangierenden“ Vaters oder Großvaters sorgen Boos-Nünning und Karakaşoğlu dafür, dass die frauenentrechtende Scharia sprich: Dass der politisch gewordene (angewendete) Islam in Jugendamt, Schulministerium und Hochschullandschaft zu wirken beginnt. Diesen Beitrag zur Islamisierung leistet man dann besonders nachhaltig, wenn man das Wort Scharia oder wali mudschbir nicht ausspricht.

Ein Grund zur Besorgnis ist der mit dem Beginn des Jahres 2009 in Kraft getretene Wegfall der so genannten Voraustrauung, der nach Meinung von Familialismus-Gegnern und Scharia-Kritikern der Zwangsheirat, Kinderheirat und der Polygamie womöglich „Tür und Tor geöffnet“ hat (Seyran Ateş), vgl.: Petition gegen das Personenstandsrechtsreformgesetz (PStRG) Petitions-Aktenzeichen Pet 1-16-06-211-046040 vom 08.12.2008 etwa auf Blog Schariagegner beziehungsweise Blog Sägefisch Petition: 077.; ein Kommentar zur Sache: 078. Petition gegen das Personenstandsrechtsreformgesetz (PStRG) Petitions-Aktenzeichen Pet 1-16-06-211-046040 vom 08.12.2008

Vielleicht ist es ja reiner Zufall, dass Karakaşoğlu und Boos-Nünning bei ihrem Verteidigen des elterlichen „Rechts“, die Kinder arrangiert zu verheiraten, ganz im Einklang mit Artikel 22 („Jeder hat das Recht auf freie Meinungsäußerung, soweit er damit nicht die Grundsätze der Scharia verletzt“) oder vor allem mit Artikel 7 der islamischen Erklärung der Menschenrechte (Kairo 1990) tätig sind: „Eltern haben das Recht, für ihre Kinder die Erziehung zu wählen, die sie wollen, vorausgesetzt, dass die Erziehung mit den ethischen Werten und Grundsätzen der Scharia übereinstimmt (3)“, die Muslimbruderschaft jedenfalls kann mit einer derartigen wissenschaftliche Betreuung der bundesdeutschen, seit zwanzig Jahren katastrophal scheiternden Arbeit der eigentlich wichtigen Integration sehr zufrieden sein.

Der eigentlichen, im Sommer 1999 an der Frankfurter Universität gehaltenen Rede wurde fünf Monate später ein von Matthias Proske und Frank-Olaf Radtke angefertigtes und signiertes Vorwort vorangestellt, welches der Intention von Frau Karakaşoglu-Aydın derart (verantwortungslos) gerecht wird, dass die Urheberschaft der deutschtürkischen Bremerin zu vermuten ist.

3. [Proske/Radtke] Das Kopftuch. … Sobald es ernst wird und institutionelle Selbstverständlichkeiten in Frage gezogen werden, kehrt sich die Forderung nach Anerkennung, Wertschätzung und Bewunderung der kulturellen, linguistischen und religiösen Differenz um. Nun sind es die Minderheiten, denen Toleranz und Respekt vor den Traditionen der Mehrheit abverlangt wird. Diese merkwürdige Umkehrung der Toleranzidee …

Die xenophoben Alteingesessenen würden sich hinter ihren verkrusteten Institutionen verstecken? Dann also auf zum „Marsch durch die Institutionen“ im Stile der rebellischen Studentenbewegung der siebziger Jahre, nun allerdings als schariatisch orientierter Legalist. Frau Karakaşoglu-Aydın, unsere Grundrechte sind in der Tat nicht verhandelbar.

Indirekt wird die bundesrepublikanische Gesellschaft als minderheitenfeindlich dargestellt und die Parteinahme für die Scharia mit dem Charme des Jugendbewegten und Gegenkulturellen umgeben. „Sobald es ernst wird“ heißt ungefähr „ihr spielt mit uns“, ein Vorwurf allerdings, der in Teilen leider stimmt und den die Schariafreunde aus der Deutschen Islamkonferenz (DIK) durchaus an Gastgeber Wolfgang Schäuble richten könnten: „Ihr Scheindemokraten redet doppelzüngig von Religionsfreiheit, doch sobald wir die familienrechtliche Scharia fordern mit Allahs Zwangsheirat, mit der dreizehnjährigen Braut, mit Polygamie und mit der geheiligter Verstoßung der Ehefrau, dann enthaltet ihr uns entfremdeten und marginalisierten Einwanderern die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit vor!“

3. [Proske/Radtke] Weil die Aufgabe der Schule traditionell darin gesehen wird, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu gewährleisten fällt ihr der Umgang mit Differenz besonders schwer.

So weit Karakaşoglu-Aydın mit „Differenz“ den eingewanderten Fundamentalismus meint, ist dieses den Lehrerzimmern und Kultusministerien attestierte Unbehagen („fällt schwer“) durchaus zu begrüßen.

Scharia wird trickreich umetikettiert zur „Differenz“, was in den Alteuropäern ganz gezielt Schuldgefühle erwecken soll. Wer jetzt noch länger den Ansprüchen der islamischen Orthodoxie widerspricht, kann ja nur eurozentrisch und fremdenfeindlich motiviert sein.

3-4. [Proske/Radtke] Gesucht werden Ordnungsmodelle, die den Bereich der gesellschaftlich-politischen Gemeinsamkeit zuverlässig von der Sphäre privater Besonderheit trennen, aber auch in der Lage sind, einvernehmliche Lösungen für die neuralgischen Überschneidungszonen bereitzustellen.

Fordert die Autorin beziehungsweise fordern Proske und Radtke mit ihrem Aufruf nach Neubestimmung der Grenzen zwischen „dem Privaten“ und „dem Öffentlichen“ das parallelgesellschaftliche Außerkraftsetzen des Grundgesetzes im Bereich des patriarchalischen Familiengefängnisses nach dem Motto: „Haltet euch da raus, das ist unsere Kindererziehung und Sexualpolitik!“? Dann wäre Karakaşoglu-Aydın neben Amir Zaidan, Nilüfer Göle und Tariq Ramadan zu den exponiertesten europäischen Vorkämpfern der Schariatisierung zu rechnen. „Einvernehmliche Lösungen“ könnte auf einen Staatsvertrag hinauslaufen. Die Bremer Autorin will die Rechtsspaltung und sollte sich schleunigst auf den Boden des (für alle geltenden, sogar für Frauen!) Grundgesetzes zurück bewegen.

4. [Proske/Radtke sagen über die Autorin] Ihre Hoffnung setzt sie auf „dialogische Vermittlung“, deren Ziel neue regulative Ideen, deren Voraussetzung aber Rechtsgleichheit und gegenseitige Anerkennung wären.

Hier wird mit den Worten „Rechtsgleichheit“ und „gegenseitige Anerkennung“ vordergründig harmlos klingend nach „Chancengleichheit“ und „Gleichberechtigung für alle“ gerufen, was wir gut zu finden haben und sogar gut finden. Kenner der differenziert diskriminierenden Scharia hingegen sind alarmiert und müssen selbstverständlich ausrufen: „Keine geheiligte Frauendiskriminierung, keine Rechtsspaltung in Zonen islamischen Rechts!“ Erkennbar wird, dass Proske und Radtke vom Islam ganz offensichtlich keine Ahnung haben. Staatsvertraglich geregelte „gegenseitige Anerkennung“ mit einer intoleranten, antidemokratischen (islamischen) Rechtsordnung darf es niemals geben. Wir können auch anders: Wir anerkennen den orthodoxen (politischen) Islam – als Antimoderne, „wir anerkennen“ heißt dann aber: Wir haben zu verhindern.

So weit das von Dr. Matthias Proske und Prof. Frank-Olaf Radtke (beide Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt) im November 1999 angefertigte jedenfalls unterzeichnete Vorwort zur im Rahmen des Seminars »Die Grenzen der Toleranz in der Einwanderungsgesellschaft« am 9. Juni 1999 gehaltenen Rede der Bremer Erziehungswissenschaftlerin.

Nun zur Rede der Frau Dr. Karakaşoglu-Aydın »Wer definiert die Grenzen der Toleranz. Kopftuch, Koedukation und Sexualkundeunterricht«.

5. In der gegenwärtigen pädagogischen Debatte ist es durchaus umstritten, ob eine durchgängige Koedukation tatsächlich die Gleichberechtigung der Geschlechter fördert.

Dem stimmen wir als langjährige Praktiker einer gleichheitsfeministisch und aufklärungshumanistisch orientierten, reflektierten Mädchenarbeit und einer ebensolchen Jungenarbeit bedingt zu, obwohl wir uns gerade im Bereich der Pädagogik als Gegner der Autorin vermuten müssen. Dass Dr. Karakaşoglu-Aydın an einer Gleichberechtigung der Geschlechter außerhalb der von Allahgott vorgeschriebenen Grenzen überhaupt Interesse hat, würden wir sehr begrüßen.

Mädchen und Jungen ist die wechselseitige Anwesenheit auch beim Mathematikunterricht oder Sportunterricht ebenso zuzumuten, wie sie auch einmal ein paar Stunden lang ohne das andere Geschlecht auskommen können. In der Erlebnispädagogik gilt es etwa, das dem Patriarchat entsprungene Klischee des „die Mädchen kochen, die Jungen bauen das Zelt auf“ ganz bewusst aufzubrechen und die Jungen „weibliche Tätigkeiten“ (Speisezubereitung, Putzen) machen zu lassen beziehungsweise den Mädchen traditionell als „männlich“ deklarierte Rollen (wie eine Fahradtour oder Bergwanderung ohne Jungs) einüben zu lassen. Eine „blinde Koedukation“ beseitigt Geschlechterklischees und Sexismen in der Tat keineswegs.

Redet sie denn wirklich so undeutlich zu uns, will Erziehungswissenschaftlerin Karakaşoglu-Aydın denn überhaupt das in der kulturellen Moderne erstrebenswerte gemischtgeschlechtliche Großraumbüro oder das von Frauen wie Männern jeder Religion, Ex-Religion oder Nichtreligion gleichzeitig benutzte öffentliche Schwimmbad? Die Autorin mag es uns doch einfach erklären. Oder verkauft sie uns die islamische, an der kulturrassistischen und sexualmagischen Scharia ausgerichtete Geschlechtertrennung als Beitrag zur nützlichen geschlechtssensiblen Pädagogik? Das allerdings wäre doch wohl eher ein Missbrauch der wesensgemäß mit gegengewichtsartiger Zeitweiligkeit, gesamtgesellschaftlicher Integration, gleichheitsfeministischem Aufklärungshumanismus und wissenschaftsorientierter Emanzipation zunehmend einhergehenden, von Frau Dr. Karakaşoglu-Aydın zur Untermauerung der eigenen Argumentation kalkuliert herangezogenen geschlechtsspezifischen Jungenarbeit beziehungsweise geschlechtsspezifischen Mädchenarbeit.

5-6. Von einem [bewussteren] Ansatz geht die mittlerweile als pädagogischer Ansatz grundsätzlich anerkannte parteiliche Mädchenarbeit aus, die dem Koedukationsparadigma den geschlechtsspezifischen Ansatz entgegensetzt.

Genau dieses machen wir jeden Tag, dabei die Kinder aus säkular-christlichen, aus eher atheistischen, muslimischen, jüdischen oder ex-muslimisch geprägten Familien in die Mädchengemeinschaft oder aber in die Jungengruppe integrierend. Dabei wollen wir die Koedukation und berücksichtigen das koedukative Lernen jedes jungen Menschen recht genau.

6. Wichtiger Bestandteil dieser Arbeit ist, dass Jungen nicht mit einbezogen werden und die Arbeit nur von weiblichen Fachkräften durchgeführt wird.

Das ist selbst uns als Praktikern des nonkoedukativen Ansatzes zu muffig und vor allem ohne Bekenntnis zu einer Struktur der bewussten Ergänzungen zur lebensweltlichen Koedukation (!). Für Kinder und Jugendliche sind die Nachmittage, Wochenendreisen und Sommerfreizeiten der Selbsterfahrung und des Gemeinschaftserlebnisses mit den ungefähr gleichaltrigen Wesen der eigenen Geschlechtsklasse als den „Menschen des eigenen Selbst“ ein hervorragender Trittstein, Fairness eben auch mit dem anderen Geschlecht zu erlernen, nämlich die „weiblichen“ und „männlichen“ Seelenanteile in sich selbst auszubauen und ihre kulturell und traditionell ererbten Dogmen zu hinterfragen. Die damit durchaus auch einer Meditation ähnelnden Zeiten der gleichgeschlechtlichen und dabei durchaus ganz bewusst dem Abbau von Machismo, weib-weiblicher Aggressivität à la Zickenterror sowie beziehungsweise damit dem Abbau von Homophobie dienenden ausgleichenden Gegengewichte zur wünschenswerten Norm (und schlichten Realität) des gemischtgeschlechtlichen weltbürgerlichen Alltags des Kindes oder Jugendlichen setzt die Mädchen- und Jungenarbeit bewusst ein, um gegen Geschlechterchauvismismus, Gruppenchauvinismus und Fundamentalismus zu immunisieren, nicht zuletzt dem islamischen.

„Jungen nicht mit einbezogen“ (Autorin) wird diesem genannten Anspruch womöglich in keiner Weise gerecht, denn der nationalsozialistische BdM war, derartig vordergründig betrachtet, ja auch „geschlechtsspezifischer Ansatz“. Auch die extremistische, sehr zu Recht vom Verfassungsschutz beobachtete und der Muslimbruderschaft nicht allzu fern stehende Milli Görüş um Necmettin Erbakan (*1926) und Dr. Yusuf Zeynel Abidin (1939-1986, Muslimbruder, Europarepräsentant der Muslimbruderschaft, Vater von Emel Abidin-Algan genannt Emel Zeynelabidin) betreibt auf den ersten Blick eine solche irgendwie „grundsätzlich anerkannte parteiliche“ getrenntgeschlechtliche Mädchenarbeit und Jungenarbeit. Denn auch Milli Görüş, von deren leider nach wie vor einflussreicher, sexualisierter und antimoderner Pädagogik sich Erziehungswissenschaftlerin Karakaşoglu-Aydın nicht hörbar distanziert, lässt unter Berufung auf die Wohlverhaltensdoktrin Allahs ganz gerne „die Arbeit nur von weiblichen Fachkräften“ durchführen. Wahhabiten oder Taliban sind dann die berufensten Experten für jene bewusst zum islamischen Fundamentalismus und zum ersehnten Gottesstaat erziehende Geschlechtertrennung, welche die Sozialpädagogik einer nachhaltigen kulturellen Moderne allerdings nun gar nicht wollen kann.

Herr Tariq Ramadan hat Einreiseverbot in die USA. Ramadan ist zugleich der höchstrangige europäische Funktionär des organisierten, etwa ein Jahrhundert alten Islamismus (mit Thomas Meyer: Fundamentalismus als „Aufstand gegen die Moderne“). In der dem faschistoiden Islamismus arbeitsteilig zugeordneten, nicht weniger herrschaftskulturellen Pyramide der dem vorindustriellen, klassischen Islam entstammenden Orthodoxie und Theokratie entspricht ihm Bosniens Großmufti Mustafa Cerić.

Herr Ramadan folgte am 04.04.2009 der Einladung der deutschen Milli Görüş zum „Uniday 2009“ in die Dortmunder Westfalenhalle. Der Sohn des Muslimbruders Said Ramadan rief die 3.000 (Islamische Zeitung: 4.000) Anwesenden ja womöglich zur Etablierung der islamischen Gegenkultur und Gegenmoderne auf mit Sätzen wie: „Wir sind europäische Muslime und nicht Muslime in Europa. Wir haben multiple Identitäten und müssen dazu stehen“, „Wo immer ihr seid, habt ihr eine Verpflichtung. Ihr müsst vermitteln“ oder: „Wir wollen endlich von dem Begriff Integration weg – zu dem Begriff Partizipation! (4)“ Die Islamische Zeitung (um den Konvertiten Andreas Abu Bakr Rieger entstanden) zitiert Ramadan unter dem Hinweis auf die laut Ramadan wünschenswerten „multiplen Identitäten der Muslime in Europa“ so: „Muslime sollen sich integrieren, aber ihre eigene Identität beibehalten. Es wird nicht bei der Integration bleiben! (5)“

Ermunterte uns Frau Dr. Karakaşoglu-Aydın 1999 in Frankfurt ja womöglich, über genau die Fragen nachzudenken, die ein Tariq Ramadan zehn Jahre später in Dortmund beantwortet? „Erneuerung durch Wiederholung“ jedenfalls hieß das Motto des zweiten Uniday (2009), zu dem Celal Tüter (IGMG) ausführte: „Wer nicht wiederholt und zurückblickt kann sich nicht erneuern, sich nicht bessern. Eine gesunde Beziehung zur Vergangenheit wird zu einer optimalen Zukunftsgestaltung führen! (5)“ Die IGMG verwendet die Pädagogik des Kopftuchs und die Pädagogik der Geschlechtertrennung, die imaginierte unsichtbare Scharia umflattert die ganze Sache wie Allahs mahnend erhobener Zeigefinger und fordert die teilweise Selbstaufgabe und permanente Verhaltenskontrolle. Celal Tüter ist Leiter der Jugendabteilung der Milli Görüş und damit pädagogisch tätig (taz: Jugendarbeit im Dienste Allahs (6)). Auch Herr Tüter vertritt ja vielleicht genau jenen „geschlechtsspezifischen Ansatz“, den die erziehungswissenschaftliche Akademikerin Karakaşoğlu-Aydın uns wärmstens zu tolerieren empfiehlt.

7-8. Die türkisch-muslimische MigrantInnengesellschaft

Dieses große „i“ wirkt ja sehr modern und feministisch, da gibt der Durchschnittsintegrationsbeauftragte sogleich das weitere Denken an der Abendkasse ab. Ich vermisse die „türkisch-atheistische MigrantInnengesellschaft“. Sind denn säkulare Muslime mit gemeint, und wie säkular dürfen diese dann sein? Und überhaupt, was glauben die Kinder und Enkelkinder dieser von Karakaşoglu-Aydın umrissenen Sorte oder Klasse Mensch namens muslimische Türken oder türkische Muslime? Und wie türkisch sind die Passdeutschen der zweiten oder dritten Generation? „Türkische Muslime“ lautete es im Buchtitel der Autorin aus dem Jahre 1994, herausgegeben von einem nordrhein-westfälischen Ministerium.

Glaubenswechsel ist hier womöglich nicht vorgesehen, könnte man meinen, damit aber wäre ein Anspruch der Scharia erfüllt und ein Artikel des Grundgesetzes (Religionsfreiheit) übergangen.

Wir müssen beides tun, „kulturalisieren“ mit dem Ziel der Integration sprich Demokratisierung aller (leider realen und sehr wirksamen) ethnisch-religiösen Kollektive, gerade auch familiäre Gewalt, familiären oder milieubezogenen Fundamentalismus, Jugendkriminalität oder einheimischen wie zugewanderten Antisemitismus und Extremismus betreffend, und wir müssen gleichzeitig „nicht kulturalisieren“, um die für jede Präventionsarbeit oder Integrationsarbeit notwendigen Nullpunkte der Koordinatensysteme oder durchschnittlichen Normwerte zu bestimmen. Gegen die Verwendung des Begriffs „türkisch-muslimische MigrantInnengesellschaft“ ist nicht grundsätzlich etwas einzuwenden. Doch gegen die beispielsweise von den Integrationsräten und Ausländerbeiräten wie der LAGA NRW (7) vertretene Werbung für die „multikulturelle“ Gesellschaft möchten an den universellen Menschenrechten orientierte Sozialarbeiter warnen, da damit die Zunahme an ethno-religiöser Segregation (kalifatsähnliche Struktur) verschleiert oder bagatellisiert wird.

Die nordrhein-westfälische LAGA distanziert sich nicht von der Scharia, sondern kehrt die wünschenswerte Verhinderung der (fundamentalistischen, familialistischen) Parallelgesellschaft und der schariatischen (kulturrassistischen) Gegengesellschaft gekonnt um, indem sie jede bloße Benennung (Denken heißt Unterscheiden) der prekär integrierten Milieus als „Ethnisierung“ und „Kulturalisierung“ in die Ecke des deutschen Nationalismus und der rassistischen Fremdenfeindlichkeit schiebt (7). Die LAGA nimmt uns die Sprache, das Handwerkszeug. Integrationserfolg und Integrationsmisserfolg wird so nicht länger messbar.

Damit tun die Integrationsräte und Ausländerbeiräte, vielleicht ohne das zu beabsichtigen, den Deutschland ganz grundsätzlich willkommenen Einwanderern nun allerdings gar keinen Gefallen. Es muss uns darum gehen, Zwangsheiraten und Ehrenmorde zu verhindern, dazu gehört auch die Aufklärung über die islamische arrangierte Ehe mit den durch ihr Schweigen oder Weinen zustimmenden hanafitischen Importbräuten oder extrem minderjährigen Bräuten zuzüglich gelegentlicher Zweitfrauen. Dazu gehört die Forschung und das Informieren über den patriarchalischen namus-Ehrbegriff (nāmūs) mit der archaischen Logik des Tochtertausches und der Zwangsverlobung der Kinder. Auch zum entwürdigenden Jungfräulichkeitskult von altorientalischem namus wie orthodox islamischer Scharia schweigt die LAGA „differenziert“ und „kultursensibel“. Der Nebelschleier der politisch korrekten Sprachlosigkeit beginnt die zu scheitern drohende Integration zu umwölken. Vorwärts, avanti, venceremos, auf zum Integrationsfest …

Dr. Klaus Gebauer (8) wirbt in einer LAGA-Publikation mit dem Aufsatz „Islamischer Religionsunterricht – Es wird Zeit! Wir brauchen ihn!“ (Titel wie genannt, in: Aus vielen Quellen schöpfen. Mehrsprachigkeit, religiöse und kulturelle Identität – eine Bereicherung für diese Gesellschaft, Seite 51-64) für den flächendeckend einzuführenden islamischen Religionsunterricht. Diesen stellt sich Gebauer erfreulicherweise als mündig machend, zur Kritik befähigend, das Überwältigungsverbot garantierend vor. So einen Islamunterricht stellen wir uns ja vielleicht auch vor. Das Wort Scharia erwähnt Gebauer nicht. Beim Suchlauf nach „islam“ ergeben sich in der LAGA-Veröffentlichung „Aus vielen Quellen schöpfen“ mehr als 150 (in Worten: hundertfünfzig) Treffer, das klingt ja richtig herzhaft islambegeistert, indessen finden wir beim Suchen nach „scharia“ „sunna“, „kopftuch“, „fiqh“, „fatwa“ jedes mal 0 Treffer, in Worten: Null; nichts, nothing, rien, niente, nada. Ich vermute, nach wali mudschbir brauchen wir nicht zu suchen. Was für einen Islam beschwört der freundliche Herr Gebauer uns denn da und schmuggelt uns die LAGA in Schule, Rathaus und Jugendamt hinein?

Gebauer arbeitet am in Soest ansässigen Landesinstitut für Schule und ist seit dem iranischen Revolutionsjahr, pardon, seit 1979 (seit drei Jahrzehnten) im Auftrag des Kultusministeriums mit der Erstellung „eines Curriculums für die religiöse Unterweisung von Schülern islamischen Glaubens“ befasst. Wie gesagt, das Wort „Überwältigungsverbot“ stimmt etwas hoffnungsvoll. Das reicht aber nicht. Denn andererseits: Dreißig Jahre Islam befördern – und von Scharia kein Wort gehört? Warum verschweigt uns Gebauer die Scharia beziehungsweise distanziert sich nicht hörbar von der Scharia? Gebauer dozierte im September 2004 auf dem 29. Deutschen Orientalistentag der Deutschen Morgenländische Gesellschaft zum Thema „Islamunterricht in Nordrhein-Westfalen – Ein Modellversuch“, ohne Frage der geeignete Referent (8). Nun ja, dann eben Islam ohne Scharia. Müsste mir eigentlich ganz recht sein.

Vorsitzender der LAGA NRW ist Tayfun Keltek, Mitautorin der erwähnten Broschüre („Aus vielen Quellen schöpfen“) war Sanem Kleff von der Lehrergewerkschaft (GEW Berlin) und war die wiederholte Verteidigerin der Kopftücher und der arrangierten Ehen Prof. Dr. Ursula Boos-Nünning (mündlich: „Die werden nicht unterdrückt!“). Sanem Kleff leitet die bundesweite Aktion „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, gibt die auf den ersten Blick verhalten antideutsch, antietatistisch und proislamisch wirkende Schülerzeitung Q-rage heraus (Auflage eine Million). Q-rage lästert zwar nicht über die Hamas oder Muslimbruderschaft, dafür jedoch über evangelikale Christen, die sie im November 2008 unter Verzicht von Korankritik und Schariakritik mit den terrornahen Islamisten verglich (9). Pädagogin, Interkulturalitätsfachfrau und GEW-Funktionärin Kleff ist seit einem halben Jahrzehnt eher für das Lehrerinnenkopftuch und eher gegen Korankritik aktiv, dabei aber ganz entschieden gegen Rassismus und für Toleranz (10).

7-8. Das Grundgesetz als „imperative“ (L. Berger 1997) Vermittlungsinstanz zwischen den Positionen. … Im Gegensatz zur imperativen Vermittlung … [der staatlichen Gerichte und ihrer Urteile will die] „pragmatische“ Vermittlung [spontan ausdiskutieren und beschließen und die] „dialogische Vermittlung“ … normative Unterschiede direkt aufgreifen und nicht nur nach einem pragmatischen sondern ideenbildenden Kompromiß suchen

Good vibrations, legalize it, Weihrauch- oder noch ganz anderer Pflanzenduft durchströmt die Hippie-Kommune. Oder vielmehr ein Hauch von Rechtsspaltung? Wenn wir konzeptionell und organisiert bundesweit Foren außergerichtlicher Vermittlung stiften, nähern wir uns de facto der Schaffung einer zweiten Ebene von Gerichten, nur dass dort eben kein „imperativer“ (hach, wie repressiv und ewiggestrig!) säkularer bundesdeutscher Paragraph länger bemüht werden muss, sondern ein multikultureller Mix aus Bauchgefühl, Wut, Kreativität und Scharia-Islam.

Wir sind Utopia, so benannte Dichter Stefan Andres (1942) einen großartige Roman zum Thema menschlicher Freiheit und Schuld, in dem der idealistische, innerlich fraglos autonome Held Paco, Matrose, nun Gefangener, vormals jedoch Mönch, dem Lagerkommandanten die Beichte abnehmen soll und dabei die Gelegenheit hätte, ihn zu töten wie auch seine Mitgefangenen zu befreien. Was er nicht tut und woraufhin er von seinem seltsamen, religiös symbolischen und minutenlang realen Schützling und wochenlangen grausamen Wächter hingerichtet wird. Es betrat Paco „Utopia“ und Zerstörung zugleich, dieser Freund der uns von Pädagogin Karakaşoglu-Aydın ans Herz gelegten Rechtsfindungspraxis „dialogischer Vermittlung“, Das Beispiel passt nur mäßig, denn anders als der Strafgefangene in einer Diktatur „Paco“ verspielen wir unsere in vielen Generationen errungene säkulare Freiheit vor dem zugewanderten geheiligten Kulturrassismus (šarī’a, fiqh) einstweilen ohne jede Not, sondern eher aus „dialogischer“ Langeweile, aus geradezu suchthafter und dabei in der Sache eher unkundiger Xenophilie, aus Karrieregeilheit oder aus masochistischer Lust an der Unterwerfung. Vielleicht bereits aus Machtkalkül, schon bald Mitmensch und Mitsadist im durchaus möglichen Kalifat zu werden.

8. Ziel [der dialogischen Vermittlung] ist es, die Parteien zu der Erkenntnis zu bringen, dass die jeweilige ’Gegen’-Partei ebenso legitime Identitäts- und Existenzansprüche vorbringt wie sie selbst.

Ich als Schiffbrüchiger mit nur einem Menschen auf der Insel, der Kannibale hat Hunger. Wetter ok, Strand super, nächste Fähre in zwei Wochen sicher, bis dahin Fisch und Obst satt. Aber nein, der Mann ist legitimer Menschenfresser, existenzieller Kannibale. Und dem Mann knurrt der Magen.

Wir wissen, dass der Scharia-Islam Existanzansprüche stellt, die allerdings die FdGO anknabbern. Die Scharia mag ja vor Allahgott legitim sein, das jedenfalls ist islamisches Recht. Islam ist Recht, aber kein deutsches. Das Menschenbild der Scharia ist mittelalterlich oder in Teilen (schafiitische FGM bzw. al-Azhar-FGM) sogar in ihrer Wurzel vorgeschichtlich. Über eine Art von geheiligtem Faschismus wird sich die angewendete Scharia nicht hinaus entwickeln können. So einer Lebensweise brauchen wir nicht die „ebenso“ gleichen Entfaltungsmöglichkeiten einzuräumen wie den deutschen Grundrechten (1948) und allgemeinen Menschenrechten (1949).

Karakaşoglu-Aydın wirbt für genau jene multikulturelle (diskriminierende) Rechtsfindung, wie sie im Londoner Stadtteil Leyton betrieben wird. Dort in der Straße Francis Road Hausnummer 34 ist genau jene alternative Instanz der die staatlichen Gerichte vermeidenden Vermittlung ansässig, die sich unsere Bremer Erziehungswissenschaftlerin vorstellt: Islamic Sharia Council. Wohlverhalten zeitigt auch gleich noch den Platz im Paradies, da kann das säkulare Gericht zugegebenermaßen nicht mithalten. Witzig ist die Sache indes gar nicht, denn die Angst vor der Höllenstrafe beziehungsweise vor sozialer Ächtung wird es den jungen Frauen schwer machen, aus der parallelen Welt der Rechtsfindung heraus zu kommen und den Weg zu Polizei, Rechtsanwalt, Frauenhaus und Staatsanwalt zu finden.

Für solche womöglich demokratiegefährdenden Gedankenspiele, wie Frau Karakaşoglu-Aydın sie betreibt, sollten wir unsere Erziehungswissenschaftler eigentlich ganz bewusst nicht bezahlen.

8. Nicht selten wird auf das Selbstverständnis des Islam als „Der Islam ist Religion und Staat“ hingewiesen und damit eine grundsätzliche Unvereinbarkeit mit westlichen Vorstellungen von Demokratie unterstellt.

„Nicht selten“? Leider etwas zu „selten“. „Unterstellt“ ist durchaus möglich und wäre dann sogar noch völlig richtig! Damit hätte Frau Karakaşoglu-Aydın, kaum zu fassen, zum Thema politischer (orthodoxer) Islam auch mal einen Treffer gelandet. Und dabei auch noch die passende Formel zitiert, al-islām dīn wa daula, die in ihrer Kürze und Wortfigur zwar dem neunzehnten Jahrhundert entstammen soll, sich jedoch auf nahezu eineinhalb Jahrtausende Geschichte berufen kann und auf die real existierenden heutigen Islamverbände, Moscheegemeinden und Muslimbrüder gleich mit.

Im Übrigen besteht in Deutschland Religionsfreiheit und kann hier jeder ein Gebet zu einer Göttin oder einem Gott seiner Wahl sprechen. Die Autorin scheint gezielt den Eindruck erwecken zu wollen, in der Bundesrepublik Deutschland würde das Grundrecht auf Religionsfreiheit mit Füßen getreten und wären Muslime eine diskriminierte religiöse Minderheit. Ein paar fromme Gebete irgendeiner Lehre zwischen Taoismus, Zarathustra und Bahá’í oder ein paar unfromme Verse der Herren Feuerbach, Marx oder Nietzsche, an ein paar Engel oder Teufelchen auch Orishas des Santería glauben oder an die Wiedergeburt oder auch Atheist sein, das alles ist in Europa für jeden möglich und du darfst sogar jedes Jahr eine neue Religion haben wenn es dir Spaß macht. Anders als in Pakistan oder Somalia und übrigens auch anders als von Koran und Hadithen vorgesehen! Der Spruch al-islam din wa daula ermahnt uns säkulare oder sonstige Weltbürger:

Islam ist daran zu hindern, Staat zu werden.

Sehr gehrte Frau Karakaşoglu-Aydın, hier in Deutschland ist das Volk oberster Souverän, nicht die Gottheit. Das Konzept des Demokratiehassers Sayyid Qutb von der gesellschaftlichen hakimiyyat allāh möchten wir „citoyens et citoyennes“ gemeinsam mit den Ex-Muslimen oder den dissidenten und gefährdeten säkularen (antischariatischen) Muslimen keinesfalls tolerieren müssen, nur weil eine wissenschaftlich vergütete Bremer Universitätsprofessorin im Februar 2006 in den Schmerzensschrei „Gerechtigkeit für die Muslime!“ ausbrach (12).

10. Unterrichtsbefreiung aus religiösen Gründen

Antrag abgelehnt. Es gilt die Schulpflicht.

Buddhisten, Fußballspieler, Muslime, Atheisten oder Taubenzüchter stehen nicht unter Naturschutz, sie alle müssen bei „Rot“ an der Ampel warten, ihre Steuererklärung beim Finanzamt einreichen und alle werden bei unterlassener Hilfeleistung belangt oder haben Krankenwagen im Einsatz beziehungsweise fahrende Busse nicht anzugreifen.

Bekannt sind die Klagen von Pädagogen und Pädagoginnen über den Widerstand eines Teils der muslimischen Eltern gegenüber der Teilnahme ihrer Kinder auch am Biologie-Unterricht (vor allem wegen den Unterrichtseinheiten zur Sexualkunde und der Evolutionstheorie), und der Versuch, die Kinder vom Besuch dieses Unterrichts zu befreien.

In der Tat wird uns der von den Parteigängern der politischen Scharia verweigerte oder staatlicherseits durchgesetzte schulische Bildungsauftrag noch jahrelang beschäftigen. Kinder aus Familien der bibeltreuen Zwölf Stämme, der Zeugen Jehovas oder evangelikaler Kreationisten unterliegen ebenfalls diesem Druck der Familie, dem wissenschaftlich ausgerichteten Denken und Lernen Scheuklappen anzulegen.

Im Mai 2005 wies das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Klage der einem orthodoxen Islam anhängenden Eltern eines Jungen ab und beschloss, dass dem Jungen der koedukativ erteilte Schwimmunterricht zuzumuten sei (13). Im Mai 2008 verkündete das Verwaltungsgericht Düsseldorf, dass eine Tochter aus orthodox-islamischem Elternhaus am koedukativ erteilten Schwimmunterricht teilnehmen muss (14).

Erziehungswissenschaftlerin Karakaşoglu-Aydın unterstützt ganz offensichtlich jene europaweit vernetzten und hart agitierenden Legalisten, die mit Rechtsanwälten wie dem Bonner Konvertiten Yahya Martin Heising versuchen, unter Berufung auf Religionsfreiheit und bei Darstellung eines angeblichen Gewissenskonfliktes, den (angeblichen) islamischen Wohlverhaltenskodex gegen den staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag durchzusetzen (15).

11. Zur Frage des Sexualkundeunterrichts gibt es von islamischer Seite Vorschläge, wie ein Kompromiß zwischen den Positionen erreicht werden könnte.4 [siehe auch Fußnote 4]

Fußnote 4 gibt eine Lektüreempfehlung dessen, was Dr. Yasemin Karakaşoğlu unter der „islamischen Seite“ versteht: Adnan Aslan: „Geschlechtererziehung in den Schulen und die islamische Haltung“, Institut für islamische Erziehung (Hg.), Stuttgart 1996. Adnan Aslan wird unter kitapshop.de vertrieben (16), dort empfiehlt man lesefreudigen Glaubensbrüdern und -schwestern, die Veröffentlichungen folgender Publikationsorte zu studieren: Islamisches Zentrum Hamburg (Schia), Islamisches Zentrum Aachen (jetzt ZdM, vorher IGD, noch vorher Muslimbruder Issam el-Attar), Islamisches Zentrum München (heute ZdM, früher IGD, einstiger Leiter war der mittlerweile oberste Führer der Muslimbruderschaft Mohammed Mahdi Akef), das nur zum Buchstaben „i“, kitapshop empfiehlt damit Schriften der deutschen Unterorganisationen der weltweiten Muslimbruderschaft (MB) und der Teheraner Mullahs gleich mit. Das ist schön vollständig, doch sollte eine Erziehungswissenschaftlerin uns ein paar Worte der Kritik am Erziehungsansatz und Menschenbild der MB um Akef (Dschihad, FGM, Kalifat, Streben nach der Vernichtung Israels) und an der Pädagogik des Staates Iran seit Chomeini (Allahkratie, Apostatenmord, Wunsch nach der Zerstörung Israels) bekunden.

Herr Aslan wird auch unter buchara-versand.de verkauft, etwa seine Werke „Religiöse Erziehung der muslimischen Kinder“ und „Geschlechtererziehung in den öffentlichen Schulen“ (17). Der klassisch islamisch ausgerichtete Online-Handel hält das Frauenbild und die Ehevorstellung des im Jahre 1111 verstorbenen Extrem-Theokraten al-Ghazali (Das Buch der Ehe – Kitab adabi n-nikah) für islamisch und verkauft es uns in deutscher Übersetzung. Mit einem wörtlich genommenen al-Ghazali sind universelle Menschenrechte, Gleichberechtigung der Frau oder Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland schlicht unvereinbar. Beim Buchara-Versand ist der Risale-i Nur (Bediüzzaman Said Nursi) ebenso erhältlich wie die Schrift „Muslime im Westen“ (Tariq Ramadan), ferner sind dort die fundamentalistischen Machwerke des Leugners der Evolutionstheorie Harun Yahya zu erstehen.

Auch das Buch „Gleichwertigkeit der Geschlechter im Islam“ des gebürtigen Ägypters und emeritierten kanadischen Professors, des begeistert homophoben Verteidigers der Polygynie Dr. Jamal Badawi aus Halifax, Nova Scotia, darf in diesem Buchversand nicht fehlen. Jamal Badawi ist Mitglied im kanadischen fiqh-Rat ISNA, sein reaktionäres: „Gender Equity in Islam“ ist auf Englisch zu lesen unter: soundvision.com/Info/gender. Wir dürfen uns sicherlich erlauben, Karakaşoglu-Aydın als brave Nachfolgerin (taqlīd) der Herren Tariq Ramadan und Jamal Badawi zu betrachten, wann immer sie von „muslimischer Mann“, muslimische Frau“ und, im Bereich Schule und Erziehung, von „muslimischer Junge und muslimisches“ Mädchen spricht. Wer als gebildete Muslima Ramadan oder Badawi lobend zitiert, stellt sich hinter das Konzept der nikah, der frauenentrechtenden Imam-Ehe. Wir warnen alle Leser dringend vor der reaktionären, theokratischen und repressiven „islamischen Religionspädagogik“ der Herren Dr. Ramadan und Dr. Badawi, die mit persönlicher, autonomer Spiritualität oder mit dem Ungewissheitsvorbehalt jeder Wissenschaft sehr wenig, dafür mit Kollektivismus, Modernitätsverweigerung, Familialismus, Wohlverhaltenskontrolle und Schariavorbehalt sehr viel zu tun hat.

Karakaşoğlu, inzwischen (2006) als Kämpferin (Gerechtigkeit für die Muslime) gegen die mutigen Menschenrechtsaktivistinnen Seyran Ateş, Necla Kelek oder Ayaan Hirsi Ali bekannt geworden empfiehlt uns 1999 als islamische Autoritäten zu Erziehungsfragen, öffentlichem Schulwesen, Bildungspolitik und Integrationspolitik die Funktionäre aus dem Dunstkreis der Muslimbruderschaft, die mit ihren europäischen Unterorganisationen wie FIOE, FEMYSO, UOIF (französisch) und IGD (deutsch) einer allumfassenden (totalitären) Scharia zum Durchbruch verhelfen will mindestens im Sinne einer staatsvertraglich geregelten Rechtsspaltung. Als Nahziel sieht die Muslimbruderschaft das eigene Scharia-Familienrecht für die „Nation der Gläubigen“ vor, daher das auffällige, Europäern vielleicht gar nicht nachvollziehbare Interesse nahezu aller islamischen oder islamistischen Autoritäten von Milli-Görüş-Bewegung bis ECFR für die Themen islamische Rolle der Frau, „muslimische Gleichberechtigung“ und durchgesetzte Verschleierung.

Das Kopftuch ist nicht erst politisiert worden, es ist immer hoch politisch gewesen. Politikum Kopftuch.

Prof. Dr. Adnan Aslan wurde 1959 im nordostanatolischen Bayburt geboren. Gute zwei Jahrzehnte später habe er in Krefeld und Köln Sozialwesen studiert (1981-82) und habe sein Diplom als Sozialpädagoge in Esslingen erworben. Aslan sei nacheinander für die Arbeiterwohlfahrt Stuttgart, das Sozialamt Tübingen und das Deutsche Rote Kreuz Heilbronn tätig gewesen und habe in der Erwachsenenbildung gewirkt. Heute leitet der Schariafreund das Institut für islamische Erziehung (Schwerpunkt: Entwicklung von Lehrplänen für den Islamischen Religionsunterricht, Entwicklung islampädagogischer Lehrerdidaktik). Mit einer Arbeit zur religiösen Erziehung muslimischer Kinder in Österreich und Deutschland habe er 1996 einen akademischen Titel im österreichischen Klagenfurt (Kärnten) erworben. Seine Homepage adnan-aslan.com titelt: Islamische Religionspädagogik und Didaktik, Prof. Dr. Mag. Adnan Aslan.

Heute lebt Aslan in Wien, und wer im Internet nach „Neustiftgasse 117“ sucht, erfährt, dass man sich dort (www.islamologie.info) zwar nicht zur Fortbildung in Islamwissenschaft (historisch-kritische Methode, Ratio) anmelden kann, dafür gleich zur Ausbildung in „Islamologie“ (fundamentalistische Methode, Esoterik) und dass im selben Haus die Islamische Religionspädagogische Akademie (IRPA) ansässig ist.

IRPA (Neustiftgasse 117) denkt weltweit. In die Räumlichkeiten der IRPA lud der Direktor des Islamischen Religionspädagogischen Instituts (IRPI, Adresse ebenfalls Neustiftgasse 117, Träger: IGGiÖ sprich Anas Shakfeh) namens Herr Mag. Amir Zaidan im April 2006 zu einem Kongress europäischer Imame und islamischer Seelsorger. Auf der Rednerliste für den Kongress, deren Eröffnung unverständlicherweise im Wiener Rathaus stattfinden durfte, standen Ayatollah Seyyed (Sayed) Abbas Ghaemmaghami als der Präsident (2004-2008) des den iranischen Mullahs (Religionspolizei, Steinigung, Blutgeld) treu ergebenen, schiitischen Islamischen Zentrums Hamburg, der österreichische Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel, der radikalislamische Theoretiker Dr. Murad Wilfried Hofmann, die EU-Kommissarin Dr. Ferrero-Waldner, Schariafreund Dr. Axel Ayyub Köhler vom deutschen ZdM, Dr. Ursula Plassnik als die österreichische Außenministerin sowie Generaldirektor Abdul Aziz-Altuajiri (auch: Abd al-Aziz ‚Uthman al-Tweijri, Abdulaziz Othman Altwaijri) von der in Marokko ansässigen Islamischen Wissenschafts-, Erziehungs- und Kulturorganisation ISESCO und schließlich Generalsekretär Mohammed Ahmed Sherif (auch: Mohammad Abd al-Ghaffār al-Sharīf; 1998-2002 Professor für Scharia an der Universität von Kuweit) von der World Islamic Call Society. Die letzten beiden, Altuajiri (Altwaijri) und Sherif (al-Sharif) gehören zu den Unterzeichnern des offenen Briefes an Papst Benedikt. Über die Wiener „Konferenz Europäischer Imame und SeelsorgerInnen 2006“ berichtete etwa die spanischsprachige Internetseite webislam.com (18).

Der gebürtige Syrer Amir Zaidan (19) war Mitunterzeichner der berüchtigten, auf schulische Desintegration und Islamisierung des Schulalltages zielenden „Kamel-Fatwa“, scheiterte dabei, im Rahmen der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen (IRH) für die ihr unterstehenden Muslime eine Art von paralleler Rechtsordnung zu installieren und hat dazu beigetragen, über die intransparente Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) den Einfluss der Muslimbruderschaft auf Österreichs Schulsystem zu vergrößern.

Die im Sinne des Islam auf Tugendhaftigkeit hin orientierte World Islamic Call Society (WICS) ist ganz bewusst auch frauenpolitisch aktiv. Nein, nicht gleichheitsfeministisch, das war die entfremdete kulturelle Moderne, jene materialistische Epoche der Dekadenz und Gottlosigkeit. Jetzt startet die befreite Menschheit in die Ära der Spiritualität und nun möchte auch die WICS die Frauen von der Last befreien helfen, den Männern nacheifern zu müssen und damit ihr einzigartiges weibliches Wesen zu verlieren.

Am 29. Januar 2009 besuchte der bereits im Februar 2008 durch seine Forderung nach teilweiser Einführung der Scharia ins britische Rechtssystem bekannt gewordene Erzbischof Rowan Williams die World Islamic Call Society, redet im Beisein von Dr. Mohamed Achmed Sherif (Secretary General of the WICS) von Gottesbewusstsein und echtem Dialog sowie von dem Juden, Christen und Muslime angeblich irgendwie verbindenden Stammvater Abraham (20). In der angegebenen Quelle wird lobend erwähnt, dass Rowan Williams sich Weihnachten 2008 als Gegner der „israelischen Aggression gegen Palästina“ erklärt hatte, gemeint ist, dass er es als Oberhaupt der Anglikanischen Kirche für verachtenswert hält, dass die Israelis sich gegen den monatelangen Beschuss mit aus dem Gaza-Streifen abgefeuerten Kassam-Raketen wehrten. Moment mal, lieber Erzbischof, „der Führer spricht“ hier, und auch da ist schon wieder auf der WICS-Seite (islamic-call.net) von „Brother Leader“ die Rede, Rowan Williams mittendrin, Bruder Führer vorneweg, und hier, The Leader`s Speech, „Führerrede“? Wer ist der Bruder Führer, wer ist der Führer (21)?

Muammar al-Gaddhafi! (Mu’ammar al-Qaḏḏāfī) gründete unter großzügiger Mitwirkung der WICS die unter Führung Libyens stehende World Islamic Peoples Leadership und lässt in seiner Barmherzigkeit zu, eben auch in den Kreisen der WICS als „Leader“ bezeichnet zu werden. Der deutsche Islamratsvorsitzende Hasan Özdoğan war 1989 an der Gründung der Deutschen Sektion der libysch finanzierten WICS beteiligt, gelegentlich werden beide Organisationen sinnvollerweise wie eine einzige, etwa als „WICS / WIPL, Tripolis“ genannt, deren Ziel als eine da’wā-Organisation (Missionsorganisation) es ist, den Islam besonders in Afrika und grundsätzlich weltweit zu intensivieren und auszubreiten. Im Dezember 1999 hielten der Islamrat und die Weltkonferenz der Religionen für den Frieden (WCRP) eine Tagung in Bad Neuenahr ab, auf welcher der Generalsekretär der WICS sprechen dufte (22). In dieser Zeit kooperierten im Islamrat neben Hasan Özdoğan auch Ali Kızılkaya sowie Abu Bakr Rieger.

Alles … „von islamischer Seite“.

11-12. Bedenken der muslimischen Eltern, die Sexualkundeunterricht vor allem als Angelegenheit der Familie und nicht der Schule betrachten, richten sich vor allem gegen die Intention des Unterrichts, Kinder auch auf außereheliche Beziehungen vorzubereiten, Mädchen und Jungen in der gleichen Klasse mit dem Thema Geschlechtlichkeit zu konfrontieren und entsprechend realistisches Bildmaterial zu verwenden. Adnan Aslan schlägt vor, eine Form des Unterrichts zu verwenden, die auch den Ansprüchen der islamischen Sicht auf den Unterricht gerecht wird. Das heißt, er fordert die Beteiligung der muslimischen Seite im Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung ein (Aslan 1996, S. 50-54) und macht damit im Sinne Bergers ein Angebot zur diskursiven Verständigung.

Adnan Aslan, der sich mit Murad Wilfried Hofmann, Axel Ayyub Köhler und dem nach eigener Aussage dem Gedankengut der Muslimbruderschaft nahe stehenden Amir Zaidan zu umgeben pflegt, mache also der säkular gedachten Demokratie „im Sinne Bergers ein Angebot zur Verständigung“?

Wohl weniger „im Sinne Bergers“, schon eher im Sinne Allahs.

Karakaşoğlu will, dass wir mit der „islamischen Sicht“ der Islamisten Tariq Ramadan und Muammar al-Gaddhafi sowie mit derjenigen des erwiesenen Umfeldes der Muslimbruderschaft (Islamrat, Milli Görüş, IRH, IGGiÖ) „Verständigung“ suchen! Die Bremer Erziehungswissenschaftlerin möchte damit, dass wir uns großzügig („tolerant“) über die Erkenntnisse des hessischen Landesverfassungsschutzes hinwegsetzen. Die Behörde attestierte der von Adnan-Aslan-Freund Amir Zaidan (einst IRH, jetzt IGGiÖ) geführten Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen, insgeheim verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen und recht offen eine Lebenspraxis zu kultivieren, die die Freiheits- und Grundrechte besonders von Frauen massiv einschränkt (23).

12. Der Staat ist … nicht befugt, zu bewerten, ob eine Religion ihrem Angehörigen eine bestimmte Kleidung vorschreibt oder nicht. … Dies gilt auch für Schülerinnen, die das Gesicht mit Ausnahme der Augen völlig verschleiern.

Die multikulturell tolerierte Schleierpflicht des vom Terrorismusverteidiger Yusuf al-Qaradawi oder vom der Diktatur des Iran geforderten hidschab, was für ein reiner Wahnsinn aus dem kulturellen Mittelalter! Eine westfälische (1999), inzwischen ostfriesische (2009) Erziehungswissenschaftlerin fordert von Deutschlands Lehrerinnen und Lehrern allen Ernstes, in den Klassenzimmern staatlicher Schulen den sexualisierenden ḥijāb fallweise auch als entmenschenden niqāb zuzulassen: Unfasslich, Karakaşoğlu-Aydın (mittlerweile nennt sie sich meist kurz Karakaşoğlu) will nicht nur den Tschador jeder in der BRD schulpflichtigen Schülerin zulassen, sondern auch ihren Gesichtsschleier (peçe auf türkisch, mit Tschador kombiniert: Çarşaf). Die Autorin weiß, dass im Einklang mit der antidemokratischen Scharia bis heute viele hoch angesehene islamische Autoritäten in ihren Schriften oder islamische Rechtsgelehrte in ihren Fatwas von jedem männlichen Gläubigen fordern, an ihren untergebenen Töchtern oder Ehefrauen den hidschab oder mindestens das Kopftuch notfalls mit Prügel durchzusetzen. Unter der Burka sieht man die blauen Flecken auch nicht, seelisch stabilisierender für die „Islam heißt Frieden“ singenden bundesdeutschen Pädagogen.

In der Fußnote 5 verweist die Autorin auf Seite 13 lobend auf die „Vielzahl von konkreten Beispielen“, die eine Untersuchung biete, die 1996 von der Deutschsprachigen Islamischen Frauengemeinschaft (DIF) „zur Situation muslimischer Kinder und Jugendlicher in Schule und Ausbildung“ angefertigt worden sei. Beim Lesen von Helmut Zenz (helmut-zenz.de/hzisla12.html) wird uns klar, wer unter DIF in der Meerheimer Straße 229 in Köln residiert: Milli Görüş, die vom Verfassungsschutz observierte Islamistenbewegung des Entwurfs der die Ära der Menschenrechte (batil düzen, nichtige Weltordnung) siegreich verlassenden Gegendemokratie eines türkisch-nationalistischen und radikalreligiösen Islamstaates (adil düzen, gerechte Weltordnung), wie ihn Necmettin Erbakan erträumte. Karakaşoğlu verweist grundsätzlich anerkennend („eine Vielzahl von Beispielen“) auf die in radikalislamischem Umfeld erstellte Studie „Schleierhaft. Dokumentation zur Situation muslimischer Kinder und Jugendlicher in Schule und Ausbildung (Köln 1996)“, ohne es offenbar für nötig zu halten, sich vom extremistischen Gedankengut der Milli Görüş zu distanzieren. Damit wird sie zur Komplizin der Erbakan-Doktrin und jener geheiligten Frauenfeindlichkeit, wie sie im größten türkischen organisierten dschihād gegen die kulturelle Moderne Gestalt annimmt. Ein Foto auf der selben Seite („Illustration 2“) zeigt fünf im Stile der Milli Görüş verschleierte Frauen.

Milli Görüş gehört ideell und personell ganz dicht zur durch staatliche Verbote unterbrochenen Traditionslinie legalistischer (die Demokratie zu überwinden strebender) Parteien wie Fazilet Partisi (Tugendpartei, 2001 verboten) und Saadet Partisi (Partei der Glückseligkeit). Laut Ursula Spuler-Stegemann aber wollte die der Erbakan-Lehre treu ergebene Tugendpartei „die Regierung übernehmen und die Scharia einführen“ (24). Für Karakaşoğlu ist eine solche politisierte Theologie (oder Theologisierung und Schariatisierung der türkischen Politik) offensichtlich kein Problem.

Die islamische Kleidung oder eben auch das Kopftuch mag ja für vieles stehen, für den empfundenen Ekel gegenüber Nichtmuslimen und Menstruationsblut, für nachbarschaftlichen Tugendterror und Gerangel um den Platz im Paradies oder für den Wunsch nach einem Leben wie zu Zeiten des Propheten, jedoch ist Kopftuch immer auch Werbung zur Errichtung einer radikalislamischen Politik. Islampolitik (Islam) ist theozentrisch, das bedeutet, das Volk ist nicht länger oberster Souverän, Allahgott ist es bzw. dessen Emire, Muftis, Ayatollahs und Imame sind es (angeblich gibt es ja keinen Klerus, so die taqiyya). Kopftuch ist der unhörbare Kampfschrei nach Errichtung eines hierarchischen und repressiven Staates islamischer Pflichtenlehre (Kalifat).

15. Der Fall „Fereshta Ludin“ … zeigt, [dass es darum gehen muss, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger] an den Grundwerten der Verfassung orientieren [und nicht darum gehen kann, ob Zuwanderer] in ihrem Lebensstil den ’common sense’ der Mehrheit (als eine Art ’Nationalkultur’) übernommen haben.

Erbakan, al-Qaradawi, Zaidan und Ramadan haben hidschāb und islām keineswegs verfälscht oder fehlinterpretiert, und Frau Karakasoglu hat Kopftuch und Scharia ebenso wenig missverstanden. Die Scharia widerspricht den „Grundwerten der Verfassung“ sehr und widerspricht der grundgesetzlich verankerten Gleichberechtigung von Frau und Mann ganz und gar. Kindern und Jugendlichen die Angst vor der imaginierten Hölle anzudressieren als die Hauptaufgabe der Erziehung und Bildung zu betrachten ist wohl auch nicht ganz der Geist der von der Autorin bemühten Verfassung, eher der Geist der Inquisition und Hexenverbrennung.

15. Hierin offenbart sich die diesem Integrationsverständnis innewohnende Aufforderung der kulturell-religiösen Assimilation, die die Zugewanderten von der aktiven Beteiligung an einem Wandel des gesellschaftlichen ’common sense’ ausschließt.

Jammerei. Solch eine freiheitliche Gesellschaft wie in Westeuropa findet Schariafreundin Karakaşoğlu zwischen Marokko und Malaysia nicht so rasch. Also Deutsch lernen, Deutscher werden, wählen dürfen, Steuern zahlen und durchschnittlich begeistert gesetzeskonform leben. Wer freilich die islamische Revolution anstrebt oder eine andere Art von Faschismus, der ist von „einem Wandel des gesellschaftlichen ’common sense’“ fern zu halten. Das genau nämlich IST der common sense: Keine Toleranz der Intoleranz.

Raffiniert mogelt die Autorin ins schläfrige Halbbewusste der bundesdeutschen Integrationsdebatte, „die Ausländer“ (eben nicht!) oder vielmehr „die Muslime“ (aha!) würden diskriminiert, ins Abseits gedrängt, an der Mitbestimmung gehindert. Seitens von Frau Karakaşoğlu-Aydın eine ziemliche Unverschämtheit, der Mehrheitsgesellschaft ein solches undemokratisches Verhalten zu unterstellen, zugleich ist uns die Dreistigkeit der Autorin kaum nachweisbar, denn wer wird denn vor einem Lehrerinnenkopftüchlein Angst haben oder einem melodiösen Gebetsruf, und das Wort Scharia oder Kalifat spricht die Dame nicht aus.

Schon wieder hat die Autorin die Ex-Muslime vergessen, oder die säkularen muslimischen Gegner einer zur (kalifatsähnlichen) Politik gewordenen Scharia. Diese Menschen vor den orthodoxen Patriarchen und antimodernen Extremisten zu schützen, das ist demokratischer, pluralistischer common sense, besser: Das ist ordre public.

Privat mag Fereshta Ludin ihr Kopftuch ja tragen, im Staatsdienst und als professionelles Vorbild für Minderjährige nicht.

18. [Kapitel 4.1. ist überschriftet mit] Islam als Hindernis für selbstbestimmte weibliche Lebensentwürfe

Was für ein erfreulicher Titel.

19. [Schule, Lehrer seien gegen das Kopftuch aktiv tätig] Der unbedeckte Kopf soll den Mädchen helfen, sich in der Mehrheitsgesellschaft zu integrieren.

Genau das soll er. Und das erreicht er. Und das Ganze ist auch wesentlich besser, als dass sich ein unbedeckter Mädchenkopf verschleiern müsste, um sich in die wahhabitisch-saudische oder mullah-iranische Gesellschaft zu integrieren. Die äquidistante, entgrenzt kulturrelativistische Autorin sieht das ja vielleicht anders.

Gute Pädagogen wollen die eine die orientalische Sexualisierung (‚aura engl. awrah als Befrachtung des weiblichen Leibes mit geheiligtem nādschis-Ekel) vermeidende Kleidung, wollen eine nicht segregierende (dhimma, islamische Apartheid) Kleidung als äußeres Zeichen ernst gemeinter Gleichstellung. Die vollen Freiheitsrechte und Bürgerrechte gelten auch für Ex-Muslime und sogar für Muslime, selbst für weibliche Muslime.

21. … in der westlichen Moderne …

Falsch, es muss heißen: In der „kulturellen Moderne“, nicht in der „westlichen Moderne“. Nationalsozialismus, Vietnamkrieg, DDR-Unrechtsregime mit Mauerbau und Schießbefehl sowie dem Stasi-Gefängnis „Bautzen II“ oder das Camp Delta in Guantanamo Bay wären durchaus Teil dieses neuzeitlichen „Westens“, da sie sich zeitlich nach der Französischen Revolution und nach der Erfindung von Evolutionstheorie, Dampfmaschine, Glühbirne und Psychoanalyse ereignet haben, waren aber nicht kulturell modern.

Universelle Menschenrechte, Rechtsstaat, Parlamentarismus, Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Bürgerrechte, alles mit Gleichberechtigung für Frauen, Apostaten irgendeiner Glaubenslehre oder für Religionskritiker, das alles ist kulturelle Moderne, die wir auch in Japan oder Israel vorfinden. Kulturelle Vormoderne ist beispielsweise, wenn und solange die Schafiiten kleinen Mädchen im Genitalbereich geheiligte Amputationen durchführen. Die Journalistin Stephanie Sinclair hat dieses islamische Handeln des Genitalverstümmelns der schafiitischen Rechtsschule, durchgeführt von der hoch angesehenen indonesischen Assalaam-Foundation, dankenswerterweise dokumentiert (25). Wir wünschen unverstümmelte indonesische Mädchen in Bandung, West Java. Die von der Autorin angeführte „Moderne“ ist also mitnichten „westlich“, sondern eine Lebenswirklichkeit politischer, religiöser und sexueller Selbstbestimmung.

Ein typischer Trick der Islamisten ist es, die freiheitlichen Demokratien als „westlich“ zu bezeichnen, damit wollen sie erreichen, dass der islamisch geprägte Teil der Erde von kulturell-politischer Modernisierung (Demokratisierung, Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Gleichberechtigung der Frau) verschont bleibt. Konsequent ist es in dieser fundamentalistischen Logik zudem, die Demokratisierung mit „Christianisierung“ gleichzusetzen, das ist auch unter deutschen Muslimen gar nicht so selten: „Eure Demokratie ist eine Form von Christentum“.

Manch ein islamischer Hadith (ḥadīṯ, pl. aḥādīṯ) spricht: Wenn du schneidest, übertreibe nicht, „ashimmi wa-la tanhaki“, das ist angenehmer, „ahza“ für den Mann. Die Beschneidung des weiblichen Geschlechtsteils macht das Gesicht der Frau strahlender, „ashraq“ und ist besser, „ahab; abha“ für den Mann. Nimm nur ein wenig [Genitalgewebe, mit dem Messer] weg und zerstöre nicht. Übertreibe es nicht, „la tanhaki“. Die Beschneidung, „khafdh; khifadh“ ist verpflichtend, „sunnah“ für der Mann und ehrenwert, „makrumah“ für die Frau. So weit der islamische Hadith, hier genannt als ein Beispiel für ein Textdokument aus der kulturellen Vormoderne.

Modern ist nicht gleich westlich. Auch unsere (allgemeinen) Menschenrechte sind universell oder sie sind gar nicht. Mittlerweile ist FGM auch in Europa kultiviert worden, damit ist die FGM ja vielleicht „westlich“ jedenfalls „im Westen angekommen“, nicht aber modern, Frau Karakaşoğlu. Auch die ersten Gesichtsschleier sind in Deutschland aufgetreten, das erste Hundert der anrollenden Welle der am Namus-Ehrkonzept orientierte Frauenmorde („Ehrenmorde“) hat sich ereignet. Auch Burka und Niqab könnte man, geographisch nüchtern, insofern „deutsch“ oder „westeuropäisch“ oder „westlich“ nennen, jedenfalls als europäisches oder deutsches Integrationsproblem, sie entstammen allerdings anderen Jahrhunderten (Jahrtausenden) kultureller Vormoderne.

Die Heirat einer (traditionell islamisch: Die Verheiratung einer) patrilateralen Parallelcousine, arabisch: bint ‚amm, wörtlich Tochter des Vaterbruders, galt zwar auch den Herren Isaak (19. Jahrhundert … ) und Jakob (18. Jahrhundert … ) als besonders ehrenvoll, doch sollte man bedenken, dass die beiden frommen Juden nicht NACH der Geburt des Juden Jesus von Nazareth ihre aus damaliger Sicht juristisch, pädagogisch und religiös einwandfreie Cousinenehe kultivierten, sondern im genannten Jahrhundert VOR Christus. Familienseits gewünschte Cousinenehe muss von modern denkenden (selbstverständlich auch von muslimischen!) Pädagogen doch wohl hörbar zurückgewiesen werden. Karakaşoğlu schweigt auffallend. Arrangierte Ehe haben wir grundsätzlich ebenso zurückzuweisen, und die elf-, zehn- oder neunjährige Braut erst recht (das Letztgenannte gilt der Moderne gottseidank auch juristisch als inkorrekt). Karakaşoğlu schweigt schon wieder. Solange Europäischer Fatwa-Rat (ECFR), Milli Görüş, die Kairoer Azhar und die Muslimbruderschaft mit der kulturellen Moderne ein geheiligtes (totales) Problem haben, darf und muss die Moderne (meinetwegen auch: Darf „der Westen“) mit der so genannten Religion des Islam ein säkulares (rechtliches, journalistisches, pädagogisches) Problem haben.

Wir haben die Gegengesellschaften der Einwanderermilieus zu analysieren, um Bürgerrechte und Frauenrechte für jeden einzelnen Menschen durchzusetzen. Das ist etwas völlig anderes als die womögliche Empfehlung der Erziehungswissenschaftlerin, die kulturelle Vormoderne des Scharia-Islam (Islam) und Fiqh-Islam (auch Islam) mit ihren Apostatenmorden, Gesichtsschleiern und Zwangsheiraten in die kulturelle Moderne zu integrieren. Karakaşoğlu promovierte 1999, im selben Jahr also, aus dem dieser ihr Text stammt, als Wissenschaftlerin, und mag sich künftig doch bitte klarer verständlich machen, wie sie zu den universellen Menschenrechten und zur menschenrechtswidrigen Scharia steht.

25. Mit dem Kopftuch bzw. entsprechend verhüllender Kleidung [erreichen] muslimische Frauen, die dies freiwillig aus religiöser Überzeugung tun, … die ansonsten in räumlicher Trennung ausgedrückte Geschlechtertrennung (Innenraum – Raum der Frauen, Außenraum – Raum der Männer) zu durchbrechen und sich gemeinsam mit Männern im öffentlichen Raum außerhalb des Hauses aufzuhalten.

Frauen sollen in die Häuser gesperrt werden? Parlamente, Rathäuser und selbst öffentliche Versammlungsorte als männerbündisches Refugium? Was für ein kulturelles Mittelalter, und zwar orientalisches, oder auch Bronzezeit, allerdings wohl weder slawische noch keltische Bronzezeit. Und ist die muslimische Frau, die den öffentlichen Raum unverschleiert betritt, ein Stück Dreck?

Der Islam steckt in einer kulturellen Sackgasse und hat erklärlicherweise Angst, „sein Gesicht zu verlieren“ und als System barbarischer Sexualpolitik (Wächter maḥram, Stoffgefängnis ḥiǧāb, Verkauftwerden nikāh, Verstoßenwerden ṭalaq) sowie als Konzept kulturrassistischer (ḏimma, Ḫilāfa) ethnoreligiöser Politik enttarnt zu werden. Diese Blamage kann die kulturelle Moderne (damit auch: Kann die Psychologie oder kann die Erziehungswissenschaft) weder Recep Tayyip Erdoğan noch Yasemin Karakaşoğlu-Aydın ersparen.

30. In einer säkularisierten Gesellschaft wie derjenigen der Bundesrepublik erscheinen religiös begründete Argumente als unzeitgemäß, weil irrational, ja sogar gefährlich, da Fundamentalismus- und Extremismus-verdächtig.

Das kommt vor … und bisweilen bewahrheitet sich der Verdacht sogar.

Weil die Autorin die Milli-Görüş-Bewegung ebenso kennt wie deren Bewertung durch die deutschen Sicherheitsbehörden nicht als „Extremismus-verdächtig“, sondern ganz klar als extremistisch, dürfen wir vorläufig annehmen, dass Frau Karakaşoğlu die pädagogischen Ansätze der verfassungsfeindlichen Milli Görüş zu den „religiös begründeten Argumenten“ rechnet.

30. Die Diskussion um die Rolle der Religion in Deutschland hat durch die muslimischen Zuwanderer und ihre lauter werdenden Ansprüche, in allen Bereichen der Gesellschaft gleichberechtigt zu partizipieren, neuen Auftrieb bekommen.

Wie bereits 1994 beruft sich die Autorin auch 1999 auf das Buch Die Stellung der Frau zwischen Islam und westlicher Gesetzgebung (München 1993) des Sunna-Fundamentalisten und Allahkraten Salim el-Bahnassawy („das islamische Lebenssystem … kann niemals geändert werden“, 207), der sich auf über 200 Seiten um die islamistenseits neuerdings dreist „Frauenfrage“ genannte Gängelung jeder einem besonders fundamentalistischen Islam unterworfenen Frau bekümmert, weil für den Islam alle Frauen wankelmütig, hilfsbedürftig und verhältnismäßig unmündig sind (26).

Wer definiert die Grenzen der Toleranz? Das macht, Seite 204, Salim el-Bahnassawi: „Der Islam betrachtet Ehe und Familienleben als eine heilige Institution, gerichtet auf das Allgemeinwohl aller Beteiligten und der Gesellschaft im allgemeinen. Im umfassenden und vollständigen islamischen Familiensystem wird Gehorsam als eine Angelegenheit der Loyalität und Treue betrachtet. Es ist aber kein Indikator für die Unterlegenheit oder Inferiorität der Frau. Es ist schlicht eine Verpflichtung gegenüber der Familie und für den andauernden Erfolg der Ehe.“ Der fromme Mann predigt also, dass die Frau gehorsam sein muss, ohne sich unterlegen zu fühlen, andernfalls würde sie völlig unverantwortlich handeln. Mit noch anderen Worten: Weib, du hast zu gehorchen, nur so bist du nicht unterlegen. Man sollte von Erpressung reden, zumal ein Verstoß gegen die als Loyalität und Treue schönzulügende Gehorsamspflicht den Platz im Paradies verspielt, da sie nach orthodox islamischem Weltbild die Frau ins ewig lodernde Höllenfeuer führt und ihre eigenen Kinder gleich mit. Sie kann es natürlich nicht verantworten, das Seelenheil ihrer Kinder zu zerstören: Nur deshalb gehorcht die orthodox denkende Muslima ihrem Ehemann total, von der „motivierenden“ Prügel abgesehen.

Was meint Prof. Dr. Yasemin Karakaşoğlu-Aydın, wenn sie von „der Westen“ oder von „Gleichberechtigung von Mann und Frau“ spricht? Das hören wir auf Seite 204 bei Salim el-Bahnassawi: „Im Islam wurde die Gleichberechtigung von Mann und Frau vom Qur’an ausdrücklich garantiert und stellte kein Problem dar. Mit dieser Gleichberechtigung war nicht gemeint, dass die Frauen die Männer überbieten sollten, oder das westliche bzw. östliche Konzept von Freiheit und Gleichberechtigung zu übernehmen, das der Frau den Boden entzog und sie mehr und mehr entfeminisierte. Vielmehr wurde ständig im Auge behalten, dass Mann und Frau gleich, aber nicht dasselbe sind.“

Da müssen wir säkularen Muslime, Ex-Muslime oder Noch-nie-Muslime uns also Sorgen machen, dass unsere Bremer Erziehungswissenschaftlerin nicht den Boden unter den pädagogischen Füßen verliert und sich, im verderbten Westen lebend, maskulinisiert. Im Islam erbt die Frau lediglich 50 %, doch sie ist nicht ungleich, sondern gleich, ihre Aussage vor Gericht gilt die Hälfte, doch gerade das macht sie gleich. Frauen aller Länder, auf in die Bodenhaftung und Feminisierung!

Leider wird in Bezug auf die hinsichtlich der heiligen Gehorsamspflicht die Frau islamisch diskriminierenden Scharia-Gleichberechtigung der genannte Herr el-Bahnassawi, der in Kairo islamisches Recht studiert hat und nun als Richter in Kuweit tätig ist, mittlerweile offensichtlich völlig unkritisch bei der Friedrich-Ebert-Stiftung verbreitet, wo ihn Frau Dr. Menekşe Gün (Bad Salzuflen) in: „Religion und Sexualität in muslimischen Gemeinschaften“) verbreiten darf (27).

Damit das Grundgesetz erhalten bleibt, sollten wir die vormoderne, angeblich göttlich herabgesendete, uns irdischen Staatsbürgern jedoch keine Rechtssicherheit bietende Scharia als sehr weitflächig vorstellen, die Fläche der echte Freiheitsrechte (sowie wissenschaftliches Denken) ermöglichenden Religionsfreiheit aber wesentlich begrenzter: die ihrem eigenen Bekunden nach unverhandelbare, unermessliche, kohärente und zeitlose Scharia (Großmufti Cerić 2007 in The challenge of a single Muslim authority in Europe: Hence, this Islamic covenant, the sharī’ah, is perpetual, it is not negotiable and it is not terminable) lappt hier also maßlos über – und macht Bürger-Sein und Pressefreiheit überflüssig. Mit den Gottlosen trete man in Verhandlung, um mehr und mehr schariakompatibles Recht zu legalisieren, ganz im Hier und Jetzt (Cerić a. a. O.: in the context of its time and space in accordance with its own experience). Richtigerweise und wenigstens hierzulande wurde am 15.01.2003 die am radikal verstandenen Islam (an der ewigen Scharia) orientierte, international aktive Hizb ut-Tahrir durch den Bundesinnenminister an der weiteren Betätigung („ihre lauter werdenden Ansprüche“) gehindert (28).

Karakaşoğlu wird die „muslimischen Zuwanderer“ der Hizb ut-Tahrir sicherlich nicht übersehen haben, die noch im Jahre 2002 Besuch des geschwisterlich denkenden sprich grundgesetzwidrig orientierten NPD-Vorsitzenden Udo Voigt erhalten hatten; eigentlich müssten, Karakaşoğlu zu Ende gedacht, im Rechtsstaat die selbe Chance haben, „in allen Bereichen der Gesellschaft gleichberechtigt zu partizipieren.“

Aus Sicht der freiheitlichen Demokratie sind der orthodoxe Islam und seine Scharia wesentlich mehr als bloße Religion. Im Übrigen gilt für jeden Menschen in Deutschland die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung, die Autorin möge dazu doch gerne im Grundgesetz unter Artikel 4 (2) nachlesen.

Jacques Auvergne

(1) Verwandt, verlobt verheiratet! Von Janine Flocke. Migrationsforscherin Boos-Nünning verteidigt die arrangierte Ehe mit Zähnen und klauen, weil diese ja keine Zwangsehe sei

http://www.zeit.de/online/2007/12/verwandtenehe?page=all

(2) Erziehungswissenschaftlerin Karakaşoğlu zitiert uns zu Integrationsproblemen und Ehefragen nicht das Grundgesetz, sondern den Koran. Karakaşoğlu gibt das Vorhandensein von mehr oder weniger starkem „Druck“ – also Zwang! – der Eltern gegen ihre Kinder zu, in eine der unter deutschen Türkeistämmigen „sehr weit verbreiteten“ arrangierten Ehen einzuwilligen. Gut dokumentiert am 08.03.2005, 15.17 Uhr bei WDR von: Schiwa Schlei: Mord im Namen der Familienehre.

„Ich glaube, dass in der türkisch-muslimischen Community in Deutschland, der Versuch, Kindern eine arrangierte Ehe nahe zu legen, sehr weit verbreitet ist“, sagt Karakasoglu

http://www1.wdr.de/themen/archiv/sp_integration/integration322.html

http://www.wdr.de/themen/politik/1/integration_muslime/zwangsehe.jhtml

Islam ist … wali mudschbir (walī muğbir), der zwingende Heiratsvormund

http://de.wikipedia.org/wiki/Wali_mudschbir

(3) Der Allahgott kann Menschenrechte, islamische Menschenrechte. Die Kairoer Erklärung der OIC (1990), hier in der englischen Fassung

http://www.religlaw.org/interdocs/docs/cairohrislam1990.htm

(4) Die islamistische Milli Görüş lässt Tariq Ramadan reden, Uniday 2009 in der Westfalenhalle in Dortmund. Bei Milli Görüş

http://www.igmg.de/index.php?id=582&no_cache=1&type=98

(5) Auch die Islamische Zeitung (um Rechtsanwalt Andreas Abu Bakr Rieger, Rieger gehört zur radikalislamischen Sekte der Murabitun um den schottischen Ex-Hippie Ian Dallas, welcher konvertiert nun Abdalqadr as-Sufi heißt) schreibt zu Tariq Ramadans Rede im April 2009 in Dortmund

http://www.islamische-zeitung.de/?id=11827

(6) IGMG erzieht mit und zu Kopftuch und Geschlechtertrennung. taz: Jugendarbeit im Dienste Allahs.

http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2004/09/29/a0269

IGMG für feminine Kleidungsvielfalt? Da sei Allah vor

http://www.berlin-igmg.de/bolge/resimler/2008/alemlere_rahmet/2008Alemlere_Rahmet-25.jpg

Männerfreie Zone, Karakasoglu-Aydin nennt es „geschlechtsspezifischer Ansatz“

Ohne Sitte kein Way to Allah. Scharia: Heiratsalter neun Jahre

http://www.berlin-igmg.de/bolge/resimler/2008/alemlere_rahmet/2008Alemlere_Rahmet-5.jpg

(7) Und das werdende Kalifat wird unsichtbar: Mythos Multikultur. LAGA NRW nennt ungefähre Normen, auf die hinzu integriert werden soll, nationalistisch und fremdenfeindlich. Damit sagt die LAGA: Lass die Fremden, sie sie sind, wende keine „deutschen“ (keine grundgesetzlichen?!) Normen auf die „Anderen“ an und bewerte (beobachte) beide nicht. Der die zu scheitern drohende Integration umwölkende Nebelschleier des islamverbandlich auferlegten Schweigens oder der politisch korrekten Selbstzensur wird dichter

http://www.laga-nrw.de/xd/public/content/index._cGlkPTU4_.html

(8) Islam bereits demokratisiert? Islam jetzt ohne Scharia? Islamkritiker nun beschäftigungslos? Dem Herrn Dr. Gebauer geht das Wörtchen Scharia nicht über die Lippen, doch referiert er auf dem 29. Orientalistentag (DMG) über seine drei Jahrzehnte Curriculums-Entwicklung für IRU (links unter „Teilnehmer“ klicken)

http://www.dot2004.de/orientalistentage.php

(9) Die in Ankara geborene Deutsch-Türkin Sanem Kleff von der GEW ist Autorin von „Islam im Klassenzimmer“ und organisiert seit 2001 die bundesweite Sektion der europäischen Aktion „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ (SOR-SMC)

http://de.wikipedia.org/wiki/Sanem_Kleff

(10) Kleff (GEW) elegant und fürsorglich pro Fereshta Ludin (GEW), aber gegen Islamismus. In dieser Quelle bemerkenswert, dass die schariatreue Kollegin Ludin behauptet, nicht zu wissen, dass ihr Arbeitgeber, die Islamische Grundschule der Islamischen Föderation Berlin (IFB) zu Milli Görüs gehöre – natürlich taqiyya vom Feinsten; indes, die beobachtende Kleff zitiert uns die ganze Sache seltsam genüsslich und womöglich lückenhaft. Islamkritiker, beobachte den Beobachter …

http://www.gew-berlin.de/2564.htm

(11) Staatlich-säkulares Gerichtsurteil war gestern, willkommen in der Postmoderne, Ihr Scharia-Gerichtshof. Islamic Sharia Council

http://www.islamic-sharia.org/

(12) Was für eine herzzerreißende Wehklage aus den barbarischen Germanien: Gerechtigkeit für die Muslime! Drei mutige Frauen namens Seyran Ates, Necla Kelek und Ayaan Hirsi Ali kann man da schon mal öffentlich verunglimpfen. Gemeinsam mit Mark Terkessidis, von Yasemin Karakasoglu

http://www.zeit.de/2006/06/Petition

Diesem arg demokratieverdrossenen Gejammere gegen die „ungerechte“ Säkularität und vielleicht ja für die irgendwie „gerechtere“ Ordnung der Scharia entgegnete Alice Schwarzer

http://www.emma.de/514.html

(13) AZ 18 K 74/05 – Allahgottes kleiner Sohn muss Schwimmen lernen wie alle Jungen und Mädchen der bergischen Stadt Wuppertal. Denn unsere Kinder aus Familien jeder Religion, Ex-Religion und Nichtreligion sollen gesund und lange leben und nicht im Bach oder Teich ertrinken

http://www.vg-duesseldorf.nrw.de/presse/pressemitteilungen/archiv/2005/19_050530/index.php

(14) AZ 18 K 301/08 – Allahgottes kleine Tochter muss Schwimmen lernen wie alle Mädchen und Jungen der bergischen Stadt Remscheid. Denn uns. Kinder a. Familien jed. Religion, Ex-Religion u. Nichtreligion sollen gesund u. lange leben u. nicht i. Bach o. Teich ertrinken

http://www.vg-duesseldorf.nrw.de/presse/pressemitteilungen/archiv/2008/20_080507/index.php

(15) Ein deutschstämmiger, zum Islam konvertierter Rechtsanwalt betreibt die Homepage muslimeandeutschenschulen.de und unterstützt Eltern, die ihre Tochter oder ihren Sohn vom Schwimmunterricht oder Sportunterricht abmelden möchten

http://www.muslimeandeutschenschulen.de/recht_schwimmunterricht.php

(16) Adnan Aslan

http://www.kitapshop.de/Verlage/I/Institut-fur-islamische-Erziehun

(17) Adnan Aslan: „Religiöse Erziehung der muslimischen Kinder“, „Geschlechtererziehung in den öffentlichen Schulen“, beide bei: Buchari-Versand

http://www.bukhara-versand.de/index.php?manufacturers_id=54&XTCsid=tcke7qi2moq7gq3ou10j93r22ju4qri4

(18) webislam.com

http://www.webislam.com/?idn=5372

Bis ins ferne japanische Tokyo für die Sache Allahs im Einsatz: Dr. Abdulaziz Othman Altwaijri (ISESCO; in Wien und Spanien auch geschrieben: Abdul Aziz-Altuajiri)

http://www.unu.edu/dialogue/papers/Altwaijri-ss.pdf

(19) „Der Autor der Kamel-Fatwa als Ausbilder islamischer Religionslehrer in Deutschland?“ Von Jörg Lau

http://blog.zeit.de/joerglau/2007/03/27/405_405

(20) Rowan Williams bei der WICS

http://www.islamic-call.net/english/modules/news/article.php?storyid=639

(21) Islamic Call

http://www.islamic-call.net/english/modules/news/article.php?storyid=716

(22) Andreas Lenz, Stephan Leimgruber (Hg.), Lernprozess Christen Muslime

http://books.google.de/books?id=Nt2a9WA4xugC&pg=PA80&lpg=PA80&dq=gaddafi+wics&source=bl&ots=R22TgnTFAE&sig=VqSP56AdIAHi-2R9K3s-dS-EGvM&hl=de&ei=YD84SrXALty2sgaTzqWrCw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1#PPP1,M1

(23) Karl Pfeifer auf haGalil über Amir Zaidan (einst IRH, jetzt IGGiÖ).

http://www.hagalil.com/01/de/Europa.php?itemid=1299

(24) Die 2001 zwangsaufgelöste Tugendpartei wollte die Türkei in einen an der Scharia ausgerichteten, mehr oder weniger islamischen (undemokratischen) Staat umformen

http://www.buergerimstaat.de/4_01/muslimelorga3.htm

(25) Geheiligte Genitalverstümmelung an Frauen ist auch im größten muslimischen Staat der Erde eine Selbstverständlichkeit. Dokumentation

http://www.nytimes.com/2008/01/20/magazine/20circumcision-t.html

(26) Rechtleitung für die hilfsbedürftige, ständig von Unmoral bedrohte muslimische Frau erteilt Herr Salim el-Bahnassawi: Die Stellung der Frau zwischen Islam und westlicher Gesetzgebung, München 1993.

http://www.scribd.com/doc/4447641/Die-Stellung-der-Frau-Salim-el-Bahnassawi

(27) Menekse Gün darf bei der Friedrich-Ebert-Stiftung das Scharia-Konzept der die Frau diskriminierenden islamischen Gleichberechtigung von Mann und Frau bewerben und el-Bahnassawi unkritisch zitieren. Politischer Dialog, Islam und Gesellschaft Nr. 7: Karin Brettfeld, Menekse Gün, Bernd Simon: Religion und Sexualität in muslimischen Gemeinschaften, dort als der Aufsatz: Individualität, Pluralität und sexuelle Selbstbestimmung bei sunnitischen Muslimen in Deutschland

http://library.fes.de/pdf-files/akademie/berlin/06007.pdf

(28) Januar 2003, Verbot der (beispielsweise auch durch Nähe zur gleichfalls anti-demokratischen und antisemitischen NPD aufgefallenen) radikalislamischen Hizb ut-Tahrir.

http://www.hamburg.de/archiv/231958/rechtsextremisten-kontakte-hizb-ut-tahrir-artikel.html

Inklusion der Scharia in die Erziehungswissenschaft

Juni 13, 2009

حسبة

hisba

Rückblick auf eineinhalb Jahrzehnte Islamisierung der bundesdeutschen Sozial- und Bildungspolitik

Von Jacques Auvergne, 2009

Den arabischen Begriff hisba könnten wir mit „Normenumsetzung“ oder „Qualitätskontrolle“ übersetzen, sollten jedoch wissen, dass hisba bedeutet, zur Installation der sozialen (genauer: Der antisozialen) Ordnung Allahs aufzurufen, zur Errichtung der an scharī’a und fiqh ausgerichteten „islamischen Gesellschaft“. Wenn Islam auf diese Weise politisch (zum Staat) werden darf, und jeder Muslim ist nach der Formel al-amr bi-‚l-ma’rūf wa-’n-nahy ‚ani ‚l-munkar, „zu gebieten, was recht ist, und zu verwerfen, was unrecht ist“, eben dazu verpflichtet, dann werden Wortgläubigkeit, Gehorsamskultur und damit Antimoderne nach innen, zur Nation der Gläubigen, zunehmend total (islamischer Fundamentalismus als politischer Totalitarismus). Aus dieser geheiligten Gegengesellschaft wird ein zunehmend sadistisch gefärbtes Empfinden und Handeln nach außen die ebenso islampädagogisch (sadistisch) erwünschte wie verlässliche soziale (antisoziale) Folge sein, das selbstverständliche Erziehen zum Ekel gegenüber der moralisch dreckigen (nādschis) Nation der Ungläubigen (kuffār, zu: kufr, Unglaube). Die gotteslästerlichen Angehörigen des kufr einzuschüchtern, zu beklauen und nahezu permanent zu belügen nämlich soll die magisch-vormodern (neurotisch) beschworene „Existenz“ der dschahannam, der Hölle sinnlich erfahrbar machen und gilt im orthodoxen (politischen) Islam als ein gleichsam reinigendes, jedenfalls gottgefälliges Tun. Allerdings, es könnte und es sollte einen anderen Islam geben.

In den Jahren 1994 und 1995 ließ die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, kräftig und auf Ihre und meine Kosten (dschizya?) für den Scharia-Islam werben, sprich hisba betreiben. Das entstandene Buch umfasste gute 190 Seiten Islambeschönigung, nannte sich „Türkische Muslime in Nordrhein-Westfalen“ und fungierte als so genannter Endbericht einer Studie mit dem hochtrabenden Titel: „Dialog mit einer neu etablierten religiösen Minderheit in NRW, türkische Muslime und deutsche Christen im Gespräch. Unter besonderer Berücksichtigung einer Bestandsaufnahme des christlich-islamischen Dialogs und der türkischen Dachorganisationen“.

Diese Studie wiederum war von dem für sein unwissenschaftliches Arbeiten bekannt gewordenen „Zentrum für Türkeistudien“ (ZfT, Essen) erstellt worden, als absolutistisch herrschender Leiter des ZfT präsidierte 23 Jahre lang (1985 – 2008) ein gewisser Dr. Faruk Şen (1). Nach wenig ruhmreichen Enthüllungen über verprasste Geldmittel und alkoholisch begeisterte Zechgelage auf Steuerzahlerkosten entschwand der über nahezu ein Vierteljahrhundert hoch angesehene und hoch bezahlte Herr Volkswirt und Direktorprofessordoktor Şen nach Istanbul, wo er in den lebenslangen Genuss deutscher Pensionen kommen wird. Den Kuratoriumsvorsitz im Zentrum für Türkeistudien hatte, wundert uns das jetzt, NRW-Integrationminister, Moscheebaubefürworter und Schariaverharmloser Armin Laschet.

Laut Landesrechnungshof verkonsumierte das Zentrum für Türkeistudien 1998 an einem interkulturellen Konferenzabend auf Kosten des Steuerzahlers mit 14 Personen 17 Flaschen Wein und etliche Campari und Martini, an einem anderen wissenschaftlichen Arbeitstreffen zu 16 Personen 12 Flaschen Wein und Etliches an Hochprozentigem. Herrn Dr. Şen und seine islamismusfreundlichen Zechkumpanen müssen wir an dieser Stelle einmal vor einem genossenen Übermaß an alkoholischen Getränken warnen, denn als frommen Muslimen sollte ihnen klar sein, dass sie spätestens dann Gefahr laufen, schirk (Beigesellung, Polytheismus) zu betreiben, wenn sie vor lauter Wein, Pils und Martini den eifersüchtigen Allahgott gleich doppelt sehen.

Keine zehn Tage vor einer geplanten Demonstration türkischer Nationalisten in Berlin leugnete Hochschullehrer Faruk Şen am 9. März 2006 in einer Radiosendung den schrecklichen, wahrscheinlich 1,2 Millionen Ermordete umfassenden Völkermord an den christlichen Armeniern als einen solchen (nämlich Genozid, Völkermord) und sprach in türkisch-nationalistischer Manier von „Massaker“ (2). Zum Sachverhalt des Genozids von 1915-1916 verfasste die deutsche Bundesregierung auf Antrag aller vier großen bürgerlichen Parteien (Drucksache 15/5689 vom 15.06.2005) eine Resolution (3). Hält man die türkischen Zeitungen wie Vatan und Hürriyet für repräsentativ, dann streitet die Mehrheit der Türken in einem nationalistischen Rausch, der jederzeit in einen islamistischen Rausch kippen kann, den gegen die Türken erhobenen Völkermordvorwurf ab. Gemeinsam mit dieser Mehrheit der auf wissenschaftliche geschichtliche Forschung oder auf Selbstkritik keinen gesteigerten Wert legenden Türken streitet auch Islamist Abdullah Gül (AKP) den Völkermord an den Armeniern ab (4). Inzwischen hat Bundesverdienstkreuzträger Faruk Şen die Lage der Muslime im heutigen Deutschland mit derjenigen der Juden im Nationalsozialismus verglichen, was ihm dann endlich öffentlich doch etwas krumm genommen werden musste und hat seine Dienstverpflichtung mit dem Land Nordrhein-Westfalen im, wie es so schön heißt, „gegenseitigen Einvernehmen“ gelöst (5).

Das ebenso kostspielige wie wissenschaftsferne Essener Zentrum für Türkeistudien (ZfT) leistete seinen multikulturellen (parallelgesellschaftlichen) Beitrag zum Migrationsforschung genannten Verschleiern der anwachsenden Integrationskatastrophe, indem es Yasemin Karakaşoğlu damit beauftragte, die Broschüre „Türkische Muslime in Nordrhein-Westfalen“ zu erstellen. Im Dezember 1994 war das Werk dann angefertigt, unter ganz geringfügigen und hier vernachlässigbaren Fehlerkorrekturen, Ergänzungen und Abänderungen erschien es als 2. Auflage im Juni 1995.

Wie uns das Impressum belehrt, ist das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen „Herausgeber“ des Buches „Türkische Muslime in Nordrhein Westfalen“. Der seitens unserer xenophilen Ministerien mit NRW-Verdienstorden und Professorentitel behängte gelernte Volkswirt, angebliche Islamkenner, Sektgelage-Veranstalter und (das muss man zugeben) Feinschmecker Faruk Şen hatte die „Projektleitung“, Islamismusverharmloserin Karakaşoğlu fand Einsatz im Bereich „Wissenschaftliche Bearbeitung“, die womögliche Diplom Übersetzerin (statt beispielsweise Dipl.-Übers. (FH) jedoch als dipl Übers.) Sabine Gomm sowie ein bis heute am ZfT tätiger Andreas Goldberg (statt M. A. allerdings als M.A.) sind als „Mitarbeiter“ genannt. Goldberg ist wohl Ethnologe und veröffentlichte inzwischen zum unter Gesichtspunkten der Rechtsspaltung, Abschottung und der menschenrechtswidrigen, gegengesellschaftlichen Finanzwelt (Scharia-Banking) mehr als problematischen Begriff „Ethnische Ökonomie“.

Welchen Anteil Goldberg, Gomm oder der feudal herrschende und nationalistisch argumentierende Professor Faruk Şen (SPD-Mitglied) an dem Buch haben, wird wohl ewig unklar bleiben. Damit dürfen wir die inzwischen zur „ersten Bremer Professorin für interkulturelle Bildung“ berufene Yasemin Karakaşoğlu als die Autorin („wissenschaftliche Bearbeitung“) der 1994 erschienenen Druckschrift betrachten. Zu deren Vorwort sich Minister Franz Müntefering hergab, der das Machwerk allen deutschen Erziehern, Lehrern und Sozialarbeitern ans Herz legt: „Wissen über den Islam, … Hintergrundinformationen über die islamische Religion. … Die Studie soll durch Informationen zur Versachlichung der Diskussion und damit zum Abbau von Ausländerfeindlichkeit beitragen, die häufig nur auf Unkenntnis beruht.“

Der irgendwie versachlichte Müntefering beweist uns eigentlich nur, dass man mit völliger Unkenntnis über den Islam durchaus auch ein Ausländerfreund sein kann. Solange der Ausländer nur kein Ex-Muslim oder gar Islamkritiker ist.

Zur Analyse:

[Titel] Türkische Muslime in Nordrhein-Westfalen

Keine Gastarbeiter mehr, keine Türken, sondern Muslime. Eine eigene Sorte Mensch. Der Titel ist gar nicht selbstverständlich, zumal das Ministerium jetzt eine Studie „Türkische Ex-Muslime in Nordrhein Westfalen“ publizieren müsste oder „Türkeistämmige Christen“ und das Zentrum für Türkeistudien nun gar nicht Zentrum für Muslimstudien heißt. Wir haben darauf zu achten, dass das Kollektiv der „Muslime“ hier, gedruckt mit Landeswappen und dem Schriftzug des Ministeriums, keinesfalls zu einer Sorte Mensch heranwächst, zu einer ethnoreligiösen Kaste mutiert, die gesonderte Rechte beanspruchen darf.

20. Die Scharia bestimmt das politische und private Leben jedes einzelnen muslimischen Gläubigen.

Keine indirekte Rede? Kein „die vormoderne, undemokratische Doktrin der Scharia beansprucht, das politische und private Leben … zu regeln“?

Die Scharia verstößt gegen die allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 und gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland von 1949 (6).

Der Islamkenner und gründliche deutsche Integrationsforscher Professor Bassām Ṭībī (Der Islam und Deutschland. Muslime in Deutschland) benennt fiqh-Islam und scharī’a-Islam als mit Europas Demokratien völlig inkompatibel.

Ruft Vorwort-Schreiber Franz Müntefering Nordrhein-Westfalens Muslime jetzt zu einem Leben nach der grundrechtswidrigen, beispielsweise frauenfeindlichen Scharia auf? Plädiert „Münte“ für den zwingenden Heiratsvormund (mücbir veli, walī mudschbir) und für at-talaq, die Verstoßung der Ehefrau? Sofern SPD-Genosse und Minister Müntefering das Machwerk überhaupt gelesen hat, hat er es nicht verstanden.

Leute wie Müntefering, Şen und Karakaşoğlu sind bei ihrem Einsatz für den orthodoxen (politischen) Islam nicht ohne Erfolg gewesen: Inzwischen hat bereits das Oberhaupt der Anglikanischen Kirche für die teilweise Einführung der Scharia plädiert (7).

Auch der differenziert (menschenrechtswidrig) denkende Schweizer Professor Christian Giordano beschönigt die familienrechtliche Rechtsspaltung als „Rechtspluralismus“. Christian Giordano will offensichtlich die neunjährige Ehefrau, den geheiligten Kult ums politisch gewordene weibliche Genital (Kontrolle der Ware auf intaktes Jungfernhäutchen, äußeres Zeichen: Der hidschāb, das Kopftuch) und die islam-ehevertraglich dazugekaufte Zweit- bis Viertfrau (8).

21. 3.2.7. Beitritt. Für einen Beitritt zum Islam bedarf es keiner offiziellen Riten.

Was zwar ziemlich gelogen (taqiyya) ist, der vor zwei Zeugen zu vollziehende Ritus des Übertritts in den Islam nennt sich schahāda und ist immerhin so amtlich („offiziell“), dass er die erste der so genannten Fünf Säulen darstellt. Einen anderen Ritus der „offiziellen Riten“ verschweigen uns Minister Müntefering, der wundersame Direktor Şen und Buchschreiberin Karaşoğlu hier ganz bewusst, das offizielle Austrittsritual namens irtidād (ridda), eine religiöse Köstlichkeit Arabiens, bei der nach Maßgabe des wasatiyya (al-Qaraḍāwī: „Islam als Religion der Mitte“) bzw. des „Wege zum Gleichgewicht“ (Al Gore) fliegende Steine oder niedersausende Schwertklingen zum kommunalpolitischen (ordnenden, Natur herstellenden) Einsatz kommen (9). Wer nämlich aus dem Islam Austritt, den darf jeder Muslim töten.

21. Aufgrund des Gleichheitsprinzips aller Muslime vor Gott gab es ursprünglich keinen Priesterstand, der zwischen Gott und den Menschen vermittelt. Es gibt auch keinen unfehlbaren Leiter der Gemeinde. Auch Mohammed sah sich selbst als einen einfachen, fehlbaren Menschen an.

Eine ausgesprochen kalkulierte Bescheidenheit womöglich. Denn abgesehen davon, dass der selbst ernannte Stellvertreter Allahs die jüdische Reihe der Propheten ja erst einmal klauen musste und mit hochkulturellen iranisch-manichäischen (Licht-Finsternis-Dualismus) oder altorientalischen Mythen (göttliches Weltgericht) sowie mit den uralten afropazifisch-sexualmagischen Vorstellungen (der Kult um das Menstruationsblut und die männliche Beschneidung) zu verschmelzen wagte: Mohammed herrschte absolut.

Frau Karakaşoğlu hat als wenig spirituelle dafür ziemlich fundamentalistische Muslima natürlich keine Schwierigkeiten damit, den Befehlsgeber vieler Auftragsmorde und den Gründer eines kulturrassistischen Staatswesens (Medina, vormals Yathrib) als bescheidenen Sozioreformer und Sozialarbeiter darzustellen, was natürlich auch in der SPD gut ankommen dürfte.

Der Weg ins Paradies verläuft für eine jede muslimische Frau über ihren Mann, dem sie absolut zu gehorchen hat – damit hat ihr (nicht sein) ehelicher Gehorsam den Rang eines Gebets und zugleich Sakraments. Entsprechend ist für den Ehemann das herrische (in Wirklichkeit bis an den Größenwahn heranreichende enthemmte und selbstherrliche, angeblich jedoch, wie laut beklagt wird, besorgt, bekümmert und verantwortungsvolle) Befehlsgeben an die Ehefrau sozusagen ein Sakrament. Desgleichen ist das Kontrollieren und Einschüchtern der Frauen mit gelegentlich vorkommendem Ehrenmord beileibe nicht lediglich Relikt aus der orientalischen Stammeskultur, sondern purer Islam.

Der Grad an Selbstauslöschung ins Kollektiv hinein ist für den muslimischen Endverbraucher, namentlich den weiblichen, gleichbedeutend mit dem Grad an Religiosität. Männer können zusätzlich noch ein paar Dhimmis quälen oder militärisch (dschihād) Territorium erwerben, um als tugendhaft (Platz im Paradies) zu gelten. Für die Günstlinge der „islamischen Geistlichen und muslimischen Gelehrten“ (der Einflussreichen beziehungsweise Brutalen) stehen zwar mehr Chancen offen als für die Unterschichten der von Bestechlichkeit geprägten islamischen feudalen Ordnungen mit ihren, einem Kastensystem ähnelnden Schichtungen verschiedenen Zuganges zu den Privilegien. Islam ist stets ein ausgesprochen korruptes Feudalsystem. Doch haben auch die Privilegierten den obersten Stellvertretern Allahs zu gehorchen, es sei denn, sie schwingen sich zum Emir auf (symbolischer oder auch konkreter Königsmord) und ordnen Frömmigkeit (totalen Gehorsam) an. Islamische Mystik ist seit al-Ghazali (al-Ġazālī, gest. 1111) oft nicht viel mehr als die Lehre der Kunst der Selbstverleugnung oder Gehorsamskultur. Faustregel seit eineinhalb Jahrtausenden: Überall, wo totaler Gehorsam zum geheiligten Kult wird, könnte Islam der Fall sein.

Schariakonformer Gehorsam ist im Islam geheiligte Handlung: Die Tochter, die sich vom Vater zwangsverheiraten lässt und die in der Hochzeitsnacht sakral entjungfert wird, sie folgt dem geheiligten Muster der fälschlich als „naturhaft, gesund“ etikettierten islamischen gesellschaftlichen Ordnung. Die Handlungsvorschriften der Sunna einzuhalten und ihre Handlungsempfehlungen überzuerfüllen gilt als der Schlüssel zum Paradies, insofern gelangt der muftī als der Schreiber einer fatwā (islamisches Rechtsgutachten, Mz. fatāwa) sehr wohl in den Rang eines Priesters – nur dass du angeblich nicht ihm gehorchst, sondern dem Willen Allahgottes. Der kadi (al-qāḍī) als der islamische Richter hat in der Gehorsamsreligion Islam sehr wohl priesterliche Funktion, denn dem islamischen Gesetz Gehorsam zu verweigern zieht sowohl soziale Ächtung (bis zum islamrechtlichen Apostatenmord) als auch verhinderten Eintritt ins Paradies nach sich.

Wenn hochrangige (einflussreiche) Muslime den Nichtmuslimen weismachen wollen, der Islam sei egalitär und habe kein Priestertum, dann geht es schlicht darum, die Macht der Scharia-Gerichte und Fatwa-Räte (ECFR) oder den Führungsanspruch von Milli Görüş und Muslimbruderschaft zu verschleiern und der säkularen Demokratie jene totale Angst (islampädagogisch erwünscht, vor der Höllenstrafe) geheim zu halten, die eine etwa gewagte Gehorsamsverweigerung nach sich zieht.

Einerseits also geht es um die verhinderte fitna für die soziale Basis der pyramidengleich hierarchisierten islamischen Gesellschaft: Der Mensch im orthodoxen Islam ist wie ein Molekül im Kristallgitter, orthodox islamisierte Menschen sind ausgerichtet wie die angetretenen Soldaten auf dem Exerzierplatz. Kein Priester steht zwischen dem Muslim und Gott, in der Tat nicht: Die gesamte umma steht zwischen dir und Allahgott! Hinauf ins Paradies bedeutet damit und auf den ersten Blick egalitär anmutend: Hinein in die „soziale Mitwelt“ der umma. Und nur fühllos erloschen, nur entwürdigt, entsubjektiviert zum „man“, nur willenlos erlangst du Anteil an der umma (in der dunya, der niederen Erdverhaftetheit, und gegen sie) sprich am Paradies (im hehren Jenseits von al-‚āchira, englische Schreibweise akhirah).

Islam ist „andererseits“ (Islam ist genuin) anti-egalitär: Das tödliche (qadar, türk. kismet) Gerangel um die Führung des Kalifats mit dem Ziel der vermiedenen fitna, nur eben für die Spitze der Pyramide findet sein Spiegelbild im Konkurrenzkampf zweier Kalifen, zweier Islamverbandsfunktionäre, Imame, Brautwerber, Großfamilien, zweier Nachbarn, Brüder, zweier Kinder. Dieser Konkurrenzkampf vermag, das ist im „verlässlich unzuverlässigen“ Islam sozusagen eingebaut, zwischen Spiel und Krieg nie klar zu unterscheiden, alle Friedensverträge oder auch Kriegsdrohungen sind dramatische Taschenspielertricks. Mit Scharia Richtern, vorsäkularen Imamen, schariafreundlichen Islamverbandsvertretern oder „Wissenschaftlern“ wie Faruk Şen und Yasemin Karakaşoğlu kann und darf die kulturelle Moderne keinen „Frieden schließen“, jedenfalls nicht, ohne Teil des ewigen, kosmischen dschihād sein zu wollen – und zwar als Verlierer, als Brennstoff fürs Höllenfeuer. Echte Begegnung zwischen Nichtmuslim und Muslim (noch nicht einmal gelingender Dialog zwischen zwei Muslimen) kann auf der Grundlage der Scharia niemals stattfinden, einseitiger oder komplizenhaft geteilter Sadismus sehr wohl.

Es gibt bereits säkulare und zugleich spirituelle Muslime, vielleicht hat es sie in geschützten Nischen stets gegeben, doch die werden, weil sie Scharia und fiqh zurückweisen müssen, nicht selten von ihren „eigenen“, leider nach wie vor massenhaft vorhandenen Fundamentalisten bedroht.

[noch zu] 21. Aufgrund des Gleichheitsprinzips aller Muslime vor Gott. … Auch Mohammed sah sich selbst als einen einfachen, fehlbaren Menschen an.

Automatisiertes „tugendhaftes“ Verhalten zu üben (Frauen, Kinder, Niederrangige) beziehungsweise diese Lebensführungsdiktatur aufzubauen (Ehemann, Familienoberhaupt, Staatsoberhaupt) ist gewissermaßen Gebet. Dem Kalifen (Ayatollah, Mufti, Stammesführer, Yūsuf al-Qaraḍāwī, Islamverbandsfunktionär, großen Bruder) zu gehorchen ist im Islam veritabler Gottesdienst. Einen anderen Weg ins Paradies als die totale Unterwerfung (Islam) unter das gesetzlich (auch Islam) vorgeschriebene Wohlverhalten steht dem Muslim nach orthodoxer Lesart gar nicht zu.

Der dem Mohammed oder seinen Offizieren den Gehorsam verweigernde, sprich: Der anti-islamische Gesetzesbrecher wird von einem „einfachen, fehlbaren“ Menschen wie dem Propheten selbst gesteinigt. Wie rührend, was für fromme, bescheidene Hand- und Kopfabhacker.

23. Der Islam und die Frauen. Alle Verhaltensweisen von Muslimen gegenüber Frauen lassen sich nicht automatisch aus dem Islam ableiten.

Wer hätte das gedacht, bereits 1994 wurde dieser Trick verwendet, der gezielt dazu ermuntert, den „eigentlichen“ Islam als moralisch unbefleckt und als frauenfreundlich zu betrachten. Eine das Grundgesetz verteidigende Frau Karakaşoğlu hätte jetzt die Gelegenheit, ein wenig Korankritik und Schariakritik zu betreiben oder etwa die als Pflicht angesehene, islamische FGM der indonesischen Schafiiten oder die Bejahung der alltäglichen ägyptischen Genitalverstümmelung (Klitoridektomie) seitens mehrerer Azhar-Theologen wie Scheich Youssef al-Badri (1997) oder die bejahte FGM der islamischen, ebenfalls an der Kairoer Azhar lehrenden Rechtsgelehrten wie Dr. Muhammad Wahdan (2006) zu kritisieren. Frau Karakaşoğlu, wollen Sie, gemeinsam mit Youssef al-Badri und Muhammad Wahdan, wollen Sie die FGM?

Islamverharmloserin Karakaşoğlu hätte die Möglichkeit, beispielsweise die Imam-Ehe oder die koranisch garantierte Polygynie als frauenentrechtend zu benennen oder die klassisch islamische Forderung nach halbiertem Erbe für eine jede Frau gegenüber ihrem Bruder und nach lediglich halber Stimme vor Gericht. Karakaşoğlu schweigt bis heute, vielleicht ja im Dienste der Wissenschaft.

Schariafreundin Karakaşoğlu hingegen erzählt uns, ohne rot zu werden:

23. Der Islam geht von der völligen Gleichwertigkeit von Mann und Frau vor Gott aus. … Dieser völligen Gleichheit als Gläubige vor Gott steht die Vorstellung der sich gegenseitig ergänzenden Teile gegenüber. Mann und Frau haben im Alltagsleben völlig verschiedene Aufgaben und Pflichten zu erfüllen …

Geht`s noch? Unsere multikulturelle ostfriesische Turkologin beschönigt die Entrechtung und Geringerstellung der orthodoxen islamischen Frau unter ihren Vater, der die Tochter auch gegen ihren Willen verheiraten darf sprich zwangsverheiraten darf (türk. mücbir veli, arab. walī mudschbir) sowie unter ihren Ehemann, dem sie lebenslangen Gehorsam schuldet.

Man ist geneigt, vor Verzweiflung in ätzende Ironie zu verfallen, sarkastisch zu reagieren, wenn man Frau Karakaşoğlu lesen muss. Sicherlich, der von Allāh mit dem Verprügeln seiner widerspenstigen Ehefrau beauftragte muslimische Ehemann steht seiner Frau „gleichwertig“ gegenüber. Die ihre koranische Prügel empfangende Frau ist noch im Augenblick des koranischen Prügelns ihrem Mann in komplementärer Harmonie gegenübergeordnet, und das islamische Leben ist ein Geben und Nehmen.

Nur ist es im Islam halt immer der Mann, der die Prügel austeilt und die Frau, die die Prügel einsteckt, die eingesperrt wird, verstoßen wird, zwangsverheiratet. Dieser prickelnden, sexuell wie spirituell erregenden Dualität „der sich gegenseitig ergänzenden Teile“ (Karakaşoğlu) gilt es, endlich auch im eurozentrischen, fremdenfeindlichen Deutschland Geltung zu verschaffen, damit „Türkische Muslime in Nordrhein-Westfalen“ (Buchtitel) in die türkische cennet, arabische dschanna gelangen, ins Paradies.

Nicht außer Acht zu lassen ist die Rolle der Mutter bei der kulturellen Reproduktion des (misogynen) Familiarismus. Die Mutter bringt ihren Kindern, und zwar den Söhnen bis zum vielleicht zehnten Lebensjahr wie vor allem auch den Töchtern mindestens bis zu deren Verheiratung, das schariakonforme, frauenentwürdigende Verhalten bei … und wehe, sie tut es nicht.

Mann und Frau haben im Alltagsleben völlig verschiedene Aufgaben und Pflichten zu erfüllen

Frau darf das Haus nicht länger verlassen, keiner Berufstätigkeit nachgehen. Frau braucht keine Schulausbildung, kein Bankkonto. Sie hat Jungfrau zu sein und hat verheiratet zu werden. Sie hat in der Hochzeitsnacht zu bluten, gehorsame Ehefrau und gehorsame Haushaltshilfe der Schwiegermutter zu sein und der Großfamilie ihres Ehemannes Kinder, vorzugsweise Söhne zu gebären. Söhnchenfabrik (zoontjesfabriek, Ayaan Hirsi Ali).

24. In Arabien hat der Islam die Stellung der Frau in vielen Punkten verbessert. …

Der Mythos mit den vergrabenen Neugeborenen, jaja. Schwachsinn. Unsere Turkologin redet wissenschaftlich Unhaltbares, und gedruckt wird derartige Geschichtsverfälschung und Islamverherrlichung auf Steuerzahlerkosten.

Die vorislamisch sozialisierte Araberin Chadīdscha bint Chuwaylid war Unternehmerin und suchte sich einen pfiffigen, erfolgreichen Karawanenführer und Händler fürs Haus und Ehebett. Der junge Kerl hieß Muhammad und wurde größeren Kreisen bekannt durch seine nachmalige nebenberufliche Tätigkeit als Prophet.

24. Darüber hinaus enthält der Koran zahlreiche Regelungen, die die Behandlung von Frauen in Fragen von Mitgift, Heirat, Polygamie, Sorgerecht, Eherecht, Zeugenschaft, Kleidung und Erbe betreffen. Auch wenn sie aus heutiger Sicht Mann und Frau nicht die gleichen Rechte einräumen, …

Karakaşoğlu redet von der im Koran von Allahgott jedem männlichen Muslim erlaubten Polygamie, dass aber die Frau natürlich nicht vier Männer haben kann, übergeht die Erziehungswissenschaftlerin (laut Wikipedia) dezent. In der Sache ist der Koran hier einmal wenigstens ungefähr richtig wiedergegeben, wenn auch nur in einem Nebensatz und auch dort nur mit dürren Worten. Doch wir lesen dieses in einer Druckschrift eines Landesministeriums einer (noch) freiheitlichen Demokratie. Was bedeutet das? Empfiehlt uns die Autorin nun, die Polygamie (genauer: Vielweiberei, Polygynie) in der Bundesrepublik Deutschland einzuführen, nur weil sie im geheiligten Buch der Muslime aufgeschrieben ist?

„Sorgerecht“ hat im Scharia-Islam stets der Mann, die verstoßene Frau verliert ganz selbstverständlich die Kinder. „Zeugenschaft“ bedeutet, Frau Turkologin will da nicht ins Detail gehen, dass ein weibliches Wesen juristisch lediglich halbe Portion ist, für den Nachweis ihrer Vergewaltigung braucht sie sogar vier Zeugen, andernfalls hat sie wegen angeblicher Verleumdung Körperstrafen zu erhalten.

Auch zu „Kleidung“ wären doch ein paar Worte mehr ganz hilfreich gewesen, der nichtmuslimische Rest der Welt, aber auch die muslimischen Kopftuchgegnerinnen erhoffen ja vielleicht, dass sich die Bremer Autorin von den in Saudi-Arabien, im Iran oder bei den afghanischen Paschtunen vorgeschriebenen, ganzkörperverschleiernden Gewändern (‚abāya; tschādor, pardā; burqa) distanziert. Wer also weiß, nach der Lektüre der ministeriell abgesegneten Broschüre, wer weiß jetzt Rat zum Thema „Kleidung“? Erbakan, al-Qaraḍāwī oder Ṭāriq Ramaḍān?

24. Nach islamischer Auffassung wird die Frau fast ausschließlich im Kontext ihrer Rolle in der Familie gesehen.

Frau, Ehefrau ist die vom Stamm für das jeweilige, zur Heirat vorgesehene Bürschchen gekaufte Kindergebärerin, die dem Ehemann bedingungslos zu gehorchen hat (Frömmigkeit der Muslima, Religion der Muslima) und ihm beispielsweise den Sex zu keiner Stunde ihres Lebens verweigern darf. Frau wird vom walī (hier in der Bedeutung: Heiratsvormund) verheiratet, kann aus der Ehe jederzeit verstoßen werden, hat lebenslang islamisch damit zu rechnen, dass ihr Ehemann ab morgen mit einer Zweit- oder Drittfrau im Nachbarzimmer vögelt und verliert im Falle der Verstoßung (at talaq) für alle Zeit ihre Kinder, die nämlich „ihm“ sprich seinem Stamm gehören. Sie muss zur „entehrten“ Herkunftsfamilie zurückkehren sofern sie noch lebt und dort als Verachtete niedere Dienste tun oder der Verheiratung mit einem anderen, sozial wohl recht ausgegrenzten Kerl entgegen sehen. In der Tat, Frau Turkologin, wir können es nicht besser sagen, als Sie es hier tun:

Nach islamischer Auffassung wird die Frau fast ausschließlich im Kontext ihrer Rolle in der Familie gesehen.

So eine „islamische Frau“ bestimmt ihre Lebensgeschichte, bestimmt ihre Sexualität in nahezu keiner Weise selber, sie hat keinen Anteil an der freiheitlichen Demokratie. Yasemin Karakaşoğlu jedoch will dieses vormoderne, fremdbestimmte Leben für die, man vergleiche den Buchtitel, Frauen unter den „Türkischen Muslimen in Nordrhein-Westfalen“ durchgesetzt wissen. Ob sie selber auch so lebt? Verstößt die Autorin etwa gegen den Islam, oder lebt sie „islamisch“ sprich familialistisch?

Gemeinsam mit dem windigen Großmeister des Pfründesicherns (steuerfinanziertes Monatsgehalt 8.180 €) und der Geldmittelveruntreuung im großen Stil und über nahezu 25 Jahre (10) Faruk Şen ist Yasemin Karakaşoğlu, das wird Kennern der Scharia an dieser Stelle klar sein, 1994 eigentlich ein ganz großer Wurf gelungen: Ein deutsches Ministerium für den Familialismus der Scharia und für die islamische Imam-Ehe (an nikāh) werben zu lassen, das nenne ich mal Einsatz für die Sache. Der seinerzeit und vielleicht ja bis heute völlig islamunkundige Franz Müntefering unterschreibt die Sache dann auch noch.

Vielleicht ist es nur wenig überspitzt, zu sagen, dass Genosse Franz Müntefering mit seiner Signatur und seinem Vorwort für den bundesdeutschen familienrechtlichen Islam wirbt und für die auch in NRW „zu integrierende“ Frauenpolitik der Scharia. Zu dieser entgrenzten Toleranz des Ministers und Schariaverharmlosers ließe sich durchaus auch ein Motiv nennen. Am 8.11.2006 schrieb der FOCUS: „Müntefering will Türkei in der EU sehen. [Müntefering] sei zuversichtlich, dass das Land auf längere Sicht EU-Mitglied werde“. Die anderen Parteien sehen das überwiegend leider ebenso und wollen den raschen und rechtlich vollwertigen Türkeibeitritt.

Architektonisch oder infrastrukturell mag es ja erstaunliche Fortschritte in der (westlichen) Türkei geben, eines hat sich jedoch gerade mit der Regierungspartei AKP nicht geändert: Die Akzeptanz des vormodernen Menschen- und Frauenbildes der Scharia durchzieht die gesamte Türkei. Wer wie Müntefering (SPD) oder die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung auch 2009 immer noch die Vollmitgliedschaft Kleinasiens in der Europäischen Union propagiert, der hat Familienrecht, Religionsfreiheit und die Gleichberechtigung der Frau betreffend nun allerdings ein Problem: Die Scharia, die erst einmal „gekippt“, entsorgt, überwunden, glaubhaft abgelehnt werden müsste. Premier Recep Tayyip Erdoğan hingegen bezeichnete sich noch 1994, also im Jahr der Veröffentlichung dieses Machwerks, in einem Interview mir der Zeitung Milliyet als Anhänger der Scharia.

Ex-Erbakan-Nachfolger und Immer-noch-Islamist Gül: „Der Islam regelt die weltliche Ordnung. Ich als Moslem glaube daran (11).“ Islamist Erdoğan, auch einstiger Erbakan-Gefolgsmann: „Gottseidank sind wir Anhänger der Scharia. Unser Ziel ist der islamische Staat (11).“

25-26. Der Schleier ist der sichtbare Ausdruck für die Trennung der Gesellschaft in Räume für bestimmte Geschlechter, Frauen sollen in der Öffentlichkeit „unsichtbar“ für die Männer sein.

Müntefering wirbt für die Gender-Apartheid. Oder Karakaşoğlu? Oder beide.

Der Sache nach stimmt es auch noch, Frauen sollen ganz und gar aus der Öffentlichkeit vertrieben werden. Der Markplatz den Männern, das gründlich islamisierte Eheweib sei in Küche und Schlafzimmer eingesperrt.

Das Recht auf gemischgeschlechtliche Großraumbüros, koedukative universitäre Hörsäle und geschlechtsgemischte Klassenzimmer werden wir gegen die Parteigänger der Scharia verteidigen müssen! Das gilt auch für Klassenfahrten, Turnen und Schwimmen. Dass sich ein Kollektiv hier völlig abschotten möchte (Prinzip islamische Gegengesellschaft) dürfen wir nicht begrüßen, auch nicht im Namen der „Toleranz“ oder „Multikulturalität“.

25. In der Familie gehen Frauen und Männer aus einem Verwandtenkreis miteinander um.

Das kurdisch-muslimische oder türkisch-muslimische Mädchen darf also noch nicht einmal seine Freundin nach Hause einladen. In sehr fundamentalistischen oder auch „nur“ in extrem patriarchalischen Familien ist das leider wirklich so.

25. Hat die Frau in diesem Bereich Besuch von Freundinnen, die nicht zum Verwandtenkreis gehören, muss der Mann sich in dem (kleineren) Männertrakt aufhalten, wo er auch seine männlichen Besucher empfängt.

Wie geil, sei ich züchtiges Mägdelein oder brünstiger Kerl, mein Genital wird politisch. Erst gemeinwesenpolitisch, später kommunalpolitisch. Zuletzt preisen die Gottheit islamische kulturelle Errungenschaften wie ‚abāya, tschādor, pardā und burqa als äußeres Zeichen der verstaatlichten Vagina.

25. [Die Verschleierung hat ja vielleicht die] Funktion, Frauen vor den begehrlichen Blicken der Männer zu schützen

Frauen können genau so lüstern („begehrlich“) gucken wie Kerle – und sie sollen es. Die kulturelle Moderne lässt Männer wie Frauen tagtäglich begehrlich blicken – ohne, dass diese Leute vergewaltigend übereinander herfallen.

Blicke töten nicht. Gesichtsverätzende Batteriesäure, ägyptische oder irakische oder pakistanische Gruppenvergewaltigungen, aus Gründen der nāmūs Ehre zugefügte Messerstiche oder richterlich angeordnete fliegende Steine, sie töten bisweilen.

Einen Gesichtsschleier für Turkologin Yasemin, mit integriertem Mikrophon, damit wir die keusche Dozentin trotzdem hören.

25 [Die Verschleierung ist möglicherweise ja ein] Mittel … mit dem vermieden werden soll, dass die der Frau zugeschriebene Attraktivität den Mann vor der Erfüllung seiner Aufgaben in der Gesellschaft abhalten könnte.

Frau Karakaşoğlu ist auch Verhaltensbiologin? Oder Arbeitspädagogin, oder um das zugegeben prekäre Bruttosozialprodukt besorgt? Die interkulturelle Bremerin mag mit gutem Beispiel voran gehen und sich in einen ostfriesischen Kartoffelsack hüllen.

Übrigens – sind islamisierte Männer so unattraktiv? Müssen diese Männer dann nicht den Gesichtsschleier tragen, damit Dozentin Karakaşoğlu nicht auf dumme Gedanken kommt?

25. Die Verschleierung muss nicht, wie aus westlicher Sicht oft interpretiert, „Unterdrückung“ der Frauen bedeuten …

Falsch. Verschleierung ist Unterdrückung der Frauen durch die Männer, und das nicht lediglich aus „westlicher Sicht“, vielmehr aus universell-menschenrechtlicher Sicht.

Die juristische Entrechtung der Frau (islamisches Recht), die familiäre Gewalt gegen Frauen, die Vergewaltigungen an frei herum laufenden Unverschleierten zwischen Marokko und Malaysia sowie die Verachtung der Frau durch die islamischen Theologen von vierzehn Jahrhunderten sollten eigentlich auch die „wissenschaftliche Verteidigerin des Glaubens“ Frau Karakaşoğlu eines Besseren belehren.

Hier endet die sozialpädagogische Analyse von „Türkische Muslime in Nordrhein-Westfalen“, für das wir Yasemin Karakaşoğlu verantwortlich machen dürfen. Die 1994 im Auftrag des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Minister Franz Müntefering) herausgegebene Broschüre lässt uns recht genau erkennen, wie die Integration scheitern musste.

Nach wie vor werben islamfreundliche Mitglieder von kommunalpolitisch aktiven türkischen Vereinen oder gar von Ausländerbeiräten für die arrangierte Ehe als völlig akzeptablen Lebensentwurf, und seit eineinhalb Jahrzehnten übt sich die elitäre politische Kaste von SPD wie CDU und üben sich hochrangige Kirchenvertreter in der hohen Kunst, uns die kulturrassistische und frauenentrechtende islamische Scharia als demokratiekompatibel zu verkaufen und die Türkei (keine Meinungs- und Pressefreiheit, teilweise extremer Patriarchalismus, den Völkermord an den Armeniern leugnend, Kurdistankonflikt, gerade auch mit der AKP zunehmend radikalislamisch und gottesstaatlich geprägt) als europatauglich schönzulügen.

Von den universellen Menschenrechten oder den deutschen Bürgerrechten wird bei derlei Toleranz sehr rasch nicht viel übrig bleiben, und wir überlassen es dann dem Zufall oder dem Faustrecht (Islam), ob ein Mädchen oder eine junge Frau den Weg in die kulturelle Moderne oder „einfach nur“ den Fluchtweg in ein Frauenhaus wirklich findet.

Münteferings Ministerium nannte sich „… für Arbeit, Gesundheit und Soziales“. Und spätestens bei „… Soziales“ sollten wir als Deutschlands Sozialarbeiter uns angesprochen fühlen, gerade angesichts des Scherbenhaufens gescheiterter Integration sprich zunehmender islamischer Parallelgesellschaft. 2009 sollten wir Sozialarbeiter und Sozialpädagogen unsere Klienten und Kollegen dazu aufrufen, dem bereits 1994 von Yasemin Karakaşoğlu vertretenen, am Sunna-Fundamentalismus statt an der kulturellen Moderne, an der Scharia-Doktrin statt am Gleichheitsfeminismus orientierten Gedankengut entgegen zu treten, wo immer und sobald wir ihm begegnen.

Dass unsere, die Scharia verharmlosenden Gegner nicht nur in Islamverbänden und Moscheegemeindevorständen sitzen, wo man sie ja vermuten muss, sondern als Dozenten in den Fachschulen oder Hochschulen für Soziale Arbeit, als sozialpädagogische Mitarbeiter in Stadtjugendämtern, als Integrationsbeauftragte in Wohlfahrtsverbänden und Ministerien oder als Islambeauftragte in den beiden christlichen Großkirchen tätig sind, macht unsere Rolle nicht weniger bedeutsam.

Nach ein bis drei Jahrzehnten professionell betriebener Islambeschönigung im Stile der Damen Boos-Nünning und Karakaşoğlu braucht die Gesellschaft, will sie freiheitlich demokratisch sprich säkular sprich kulturell modern bleiben, eine islamkritische Pädagogik und Sozialpädagogik. Diese alleine würde den von Karl Jaspers (Selbstsein, Selbstwerdung, Selbstverwirklichung), Hannah Arendt (Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft), Bassām Ṭībī (Leitkultur bürgerrechtliche Säkularität, Islamismus als regressiver „Traum halbierter Moderne“) und nicht zuletzt den vom Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gesetzten Anspruch an qualitativ wertvolle Bildungsarbeit und Soziale Arbeit erfüllen. Erziehung, Schule, Jugendarbeit und Integrationsarbeit haben eine den Fundamentalismus und die „autoritäre Persönlichkeit“ eingrenzende Pädagogik und Sozialpädagogik zu realisieren statt dem zugewanderten theozentrischen Totalitarismus des auf Frauenentwürdigung und Gottesstaat zielenden politischen Islam den Weg zu bereiten.

Ablehnende Kritik an Scharia und fiqh muss von uns als inhaltlicher Bestandteil der staatlichen Anerkennung sowie des Kodex Sozialer Arbeit begriffen werden, um als Sozialarbeiter oder Sozialpädagoge in der bereits heute von Sunna-Fundamentalismus, islamischer „schwarzer Pädagogik“ oder schariakonformen Zwangsheiraten geprägten Gegenwart professionell arbeiten zu können.

Wünschenswert wäre, dass auch in unseren Arbeitsverträgen mit der Stadt oder dem Wohlfahrtsverband schriftlich abgesichert ist, dass wir unseren Klienten gegenüber umfassende Kopftuchkritik und Kritik am politischen (orthodoxen) Islam äußern dürfen – andernfalls können wir, um ein paar Hoheitszeichen oder Firmenlogos zu nennen, für Bundesadler, Landeswappen, Stadtsiegel, AWO-Symbol oder auch Kirchenkreuz nicht ernsthaft tätig sein, sondern sind im Falle der Begegnung mit islamischen Schönheiten wie Zwangsverlobung, imam-nikāh, judenfeindlichen Hadithen, vormoderner Mädchen- oder Jungenbeschneidung, Kopftuchterror oder verweigerter Teilnahme an der Klassenfahrt beziehungsweise am Evolutionskunde- und Sexualkundeunterricht nicht viel mehr als der Pausenclown der Scharia, der Harlekin des Kalifats und noch nicht einmal der Dokumentation fähig (weil unser Arbeitgeber ja vielleicht den Islam toleriert).

Große Teile der wörtlich genommenen, durchweg frauenfeindlichen Hadithen und ein kohärent begriffenes (islamisch begriffenes) Verständnis von scharī’a sind weder vom elterlichen Erziehungsrecht noch von der grundgesetzlich verbürgten Religionsfreiheit abgedeckt. Diesem mittelalterlichen Instrumentarium der Weltbildbegrenzung, der islamogenen Persönlichkeitsverzerrung und der kalkulierten Einschüchterung gleichwohl Geltung zu verschaffen bedarf es eines aufrüttelnden Rufes nach der Normensetzung der Theokratie. Bedarf es der eingangs beschriebenen hisba – als eines Kriegsrufes zum Angriff gegen die kulturelle Moderne und gegen die Chance auf ein autonom geführtes Leben.

Auch politische Bildung ist Teil gründlicher Sozialpädagogik. Erzieher, Lehrer und Sozialarbeiter sollten es sich zur Aufgabe machen, für ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit zu werben.

Jacques Auvergne

(1) Über das wenig wissenschaftliche Zentrum für Türkeistudien und seinen Direktor Faruk Şen als Steuergeldverschwender

http://europenews.dk/de/node/3578

(2) Völkermord an den Armeniern, Faruk Şen leugnet ihn

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/477850/

(3) Völkermord an den Armeniern, Resolution des Deutschen Bundestags

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/056/1505689.pdf

(4) Schariafreund (AKP) Gül leugnet den Völkermord

http://www.welt.de/politik/article1254952/Tuerkei_warnt_USA_vor_dem_Begriff_Voelkermord.html

Türkei fühlt sich beleidigt und ruft Botschafter aus den USA zurück

http://www.welt.de/politik/article1256500/Tuerkei_ruft_Botschafter_aus_USA_zurueck.html

(5) Mariam Lau: Zentrum für Türkeistudien. Faruk Sen und sein finsteres Deutschlandbild.

http://www.welt.de/politik/article2179999/Faruk_Sen_und_sein_finsteres_Deutschlandbild.html

(6) Karakasoglus Scharia in Somalia

http://www.ksta.de/html/artikel/1226645449203.shtml

Münteferings Scharia in Pakistan

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,493928,00.html

(7) Islamfreund und Theokrat Rowan Williams will die Scharia! Kein Kopfabhacken oder Auspeitschen, noch nicht, Mister Erzbischof wirbt lediglich für das frauenentrechtende Familien- und Personenstandsrecht der Scharia

Thomas Kielinger in DIE WELT online:

„Scharia in Großbritannien? Inakzeptabel!“

http://www.welt.de/politik/article1648955/Scharia_in_Grossbritannien_Inakzeptabel.html“

Noch zu Archbishop Rowan Williams. „Streit um Zulassung der Scharia: Erzbischof erzürnt die Briten“

http://www.sueddeutsche.de/politik/571/432321/text/

(8) Christian Giordano will die von ihm Rechtspluralismus genannte Rechtsspaltung

http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Freiburger-Professor-will-Scharia-einfuehren/story/15342529

(9) ridda, Islamapostasie. Das islamtheologische Austrittsritual

http://de.wikipedia.org/wiki/Apostasie_im_Islam

(10) Nordrhein-Westfalens Steuergrab hieß „ZfT“ (Zentrum für Türkeistudien). Landesrechnungshof: „außergewöhnliche Verschwendung“

http://www.ksta.de/html/artikel/1195247802324.shtml

(11) Türkei 1994. Ministerpräsident Erdoğan fordert die Islamisierung der Politik will eine an der Scharia orientierte Lebensweise und Gesellschaft

http://www.welt.de/politik/article1042341/Das_System_von_Recep_Tayip_Erdogan.html“>

Schariagegner kommentiert zu Cemil Şahinöz

September 18, 2008

Auf seinem Blog Misawatruth rezensierte der Autor, Journalist, Lehrer, Übersetzer und Diplom-Soziologe Cemil Şahinöz das Buch von Gülsen Çelebi ’Kein Schutz nirgends’. Şahinöz ist schreibt unter anderem für die Boulevard Zeitung Hürriyet. Zwei KollegInnen aus dem Netzwerk Schariagegner antworteten auf seine Buchbeschreibung.

Herr Diplom-Soziologe Cemil Şahinöz schrieb:

Reinigt der Zweck die Mittel? Das Ziel der Anwältin ist positiv. Sind es auch die Mittel? Die Autorin beschuldigt, beleidigt und diskriminiert die türkische Kultur. Dabei überträgt sie ihre völlig subjektiven, eigenen Erfahrungen auf die Gesamtheit der Türken in Deutschland. Wenn es nach ihr geht, ist die türkische und muslimische Kultur unintegrierbar und undemokratisch. Das Integrationsproblem verlagert sie komplett auf die in Deutschland lebenden Türken und wirft ihnen so einiges vor. Das kommt Ihnen alles bekannt vor? Sicherlich! Denn die Autorin macht nichts anderes, als sich in eine Welle der Necla Keleks und Seyran Ates´ zu werfen. Und dies gelingt ihr mit Bravur.

Cemil Sahinöz

Antwort von: parallelgesellschaft am August 7 2008

Sehr geehrter Cemil Sahinöz,

Gülsen Celebi hat viele Erfahrungen, und es steht ihr damit ganz besonders zu, ihre Erfahrungen zu sagen.

Cemil Sahinöz möchte den Paragraphen ‘Beleidigung des Türkentums’ den Europäern plausibel machen? Das wird schwierig, denn fiebrige Kollektivismen sind Relikte und Fossile aus der kulturellen Vormoderne, die außerhalb der NPD glücklicherweise den heute meist recht individuierten Deutschen ziemlich egal.

Rechtsanwältin Gülsen Celebi spricht über das Milieu der Zwangsheiraten und Ehrenmorde. Dieses Milieu gibt es, das ist erst einmal festzuhalten, im türkischen und islamischen Kulturraum, und zwar geprägt und gespeist durch sowohl türkische wie auch islamische Motive und Traditionen. Ferner gibt es derartige mysogyne Milieus bei Jesiden, Hindus, südosteuropäischen oder ostafrikanischen Christen, afrikanischen Stammeskulturen und so weiter.

In meiner Stadt lagen tote Frauen auf dem Pflaster, Türkinnen, von Vater und Ehemann erstochen. Ich bin Deutsche, im Zuwanderungsmilieu finden Ehrenmorde statt mit Berufung auf al-Namus, Scharia, Türkentum/Kurdentum und Tradition. Und ich meine, ich habe ein Recht darauf, dieses Thema anzusprechen. Ich bin froh, dass Leute wie Celebi dasselbe tun.

Im arabischen heißt es Ehre-Waschen, nicht Ehrenmord. Gemeint ist dasselbe.

In Großbritannien gibt es eine große Zahl an Ehrenmorden unter den Parallelgesellschaften der Leute aus Pakistan und Bangladesh. Das ist traurig und deshalb müssen wir darüber sprechen, egal ob wir jetzt türkisch, kurdisch, albanisch, deutsch, englisch oder ‘was weiß ich’ sind.

Türken können auf ihre klasse Küche, ihre Volkslieder, ihre schönen Landschaften und auf eine handvoll Intellektuelle stolz sein, ich hoffe, es werden noch mehr Gebildete, ich habe kein Interesse an dummen und ungebildetetn und bildungsverweigernden Türken (bin ja kein antitürkischer Rassist).

Die türkische Kultur und Geschichte hat (wie jede) Licht … und Schatten, Lobenswertes und Verabscheuenswertes.

Sehr geehrter Herr Diplom-Soziologe Cemil Sahinöz: was verabscheuen Sie an der türkischen, patriarchalischen, ihren Armeniervölkermord vertuschenden, homosexuellenfeindlichen, vom radikalen Islam gefährdeten … Kultur?

Immer nur ‘beleidigt’ die Nase in die Luft zu stecken oder wie ein Kleinkind bääääh zu plärren, wenn ein Nichttürke oder Türke etwas Kritisches über das (in der Tat wenig demokratische) Kleinasien redet oder schreibt. Das ist nicht würdig. Das ist was für Jammerlappen. Das ist unmenschlich. Das ist unmännlich. Das wird die Türkei ins Mittelalter zurück treiben.

Ich kenne eine andere Türkei. Die von Pamuk und Celebi und Kelek und Cileli, die an Pädagogik und Psychologie geschulte und gereifte Türkei: die Türkei der kulturellen Moderne.

Mit freundlichen Grüßen
Martina

Antwort von Roswitha Winterscheid am 7.August 2008:

Sehr geehrter Herr Sahinöz,

Wollen sie tatsächlich behaupten, Mord aus falsch verstandener Ehre, Zwangsheirat und Kinderehen gehören zur türkischen Kultur?

Ist es ein tötungswürdiges Verbrechen, wie eine Deutsche leben zu wollen?

Bezeichnen Sie es als Kultur, wenn der möglichst minderjährige Sohn von seiner Sippe unter unvorstellbaren Druck gesetzt wird, seine Schwester zu töten, die angeblich die Ehre der Familie beschmutzt?

Ist es Kultur, wenn der Ehemann aus Kränkung des Namus seine trennungswillige Ehefrau und seine Tochter erschießt?

Eine solche Haltung wäre allerdings kulturell vormodern und widerspricht den Erkenntnissen und Segnungen der Aufklärung, von denen auch Sie, Herr Sahinöz, profitieren.

Würden alle Türken und Türkinnen so denken, wäre das ein sicheres Indiz, dass die Türkei den Anschluss an das 21. Jahrhundert noch nicht gefunden hat und damit sicherlich nicht in die Europäische Gemeinschaft aufgenommen werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Roswitha Winterscheid

Antwort von Herrn Diplom Soziologen Cemil Şahinöz

Sehr geehrte Leserinnen Roswitha Winterscheid und parallelgesellschaft Martina,

zunächst einmal vielen Dank für Ihre Kommentare.

Gewiss bin ich kein Verteidiger der Schandtaten, die im Buch von Celebi erwähnt werden. Darum geht es mir nicht. Es geht um die Scheinheiligkeit der Autorin. Hinterrückst greift sie sowohl den Islam als auch die Türken an.

Man kann sogar aus dem Buch rauslesen, dass sie eine große Antipathie gegen die Türkei hat.

Die Autorin ist aber keine Soziologin, sondern Juristin. Also sollte sie auch ihren Job machen und nicht soziologische Analysen wagen. Dies gilt ebenfalls für Kelek und Ates, die schon beide mehrfach von Soziologen kritisiert worden sind, für den Hass, den diese beiden zwischen Türken und Deutschen scheren.

Herzliche Grüße

Cemil Sahinöz

Ümmühan Karagözlü schließt sich der Meinung der beiden KommentatorInnen im Wesentlichen an und führt zur Rezension des Buches durch Herrn Şahinöz wie zum Thema Integration folgendes aus:

Inhaltsverzeichnis

1. Erpresserische Ehrbegriffe vormoderner Moral

2. Heimatliebe zwischen Groupthink und sozialer Mitverantwortung

3. Seelisches Heilsein und körperliche Unversehrtheit

4. „Du Opfer!“ – „Allerdings, leider.“ Scharia in der Familie

5. Ziel des politischen Islam: Den Nichtmuslimen fern bleiben wollen

6. Die Hexe jagen. Kollektiver islamischer Hass gegen die emanzipierte (ex-) muslimische Frau

7. Taqiyya. Mit gespaltener Zunge Sand in die Augen der Gutmenschen streuen.

8. Mit Benzin Feuer löschen? Gefährlich. Wenig Ratsam. Den Bock zum Gärtner machen? Auch nicht ratsam.

9. Wer sein Volk liebt, kritisiert es

10. Deutschlands prekär integrierte Auslandstürken. Zwischen profanem Anwerbeabkommen und sakraler Hidschra

11. Das Gangsta-Kalifat. Über City-Dschihad und erzwungene Muslimisierung

12. Aufklärung und Universelle Menschenrechte

13. Nachhaltige Bildungsarbeit

14. Normschüler aufs Gymnasium, Migranten ab in die Hauptschule

15. Unheilige Allianz. Wie subventioniertes Gutmenschentum und islamischer Fundamentalismus sich bestens arrangieren. Keine Schariatisierung des öffentlichen Raumes

Ehre, wem

Ehre gebührt

Schlechte Zeiten für KulturrelativistInnen, DemokratiephobikerInnen und GrundrechtsallergikerInnen

Ein Text von Ümmühan Karagözlü

Synonym für Schandtat: Büberei, Jungenstreich, Bubenstreich

1. Erpresserische Ehrbegriffe vormoderner Moral

Sehr geehrter Herr Şahinöz,

Der von Ihnen benutzte Begriff ’Schandtat’ ist ein Relikt aus der kulturellen Vormoderne, dessen eigentliche Bedeutung die meisten von uns heute nicht mehr kennen. Wenn wir dieses Wort überhaupt noch benutzen, gebrauchen wir es oft in einem ironisierenden, verharmlosenden Zusammenhang. ’Er hat mir seine Schandtaten gestanden’, gemeint sind grobe Jungenstreiche. Die Verbrechen, von denen Çelebis Buch handelt, sind brutale Gewalttaten, aus tiefster Frauenverachtung begangen. Die teilweise minderjährigen Kinder sind wehrlose Opfer und hilflose Zeugen. Deshalb ziehe ich vor, von Verbrechen aus niedrigen Beweggründen zu sprechen, von Mord, Vergewaltigung, Zwangsheirat, Nötigung, Körperverletzung.

Auch arrangierte Ehen, Zwangsheiraten[1] und Kinderehen[2] sind Überbleibsel archaischer Traditionen, die massiv in das Recht von Minderjährigen, Frauen und Männern auf (altersgemäß) selbstbestimmte Lebensführung eingreifen und oft mit häuslicher Gewalt einhergehen. Die Verbrechen erfüllen zumindest den Straftatbestand der Nötigung und verstoßen gegen universelle Menschenrechte. Patriarchalische Verhaltensmuster, die Familien dazu verleiten, um nicht aus der Gemeinschaft ausgestoßen zu werden, ihr eigen Fleisch und Blut zu töten oder so zu terrorisieren[3] und zu misshandeln, dass oft noch halbe Kinder in den Selbstmord getrieben werden,[4] [5] müssen aufgedeckt, enttabuisiert und bestraft werden.

Das Publizieren von Autobiographien, Romanen und Erlebnisberichten ist ein anerkannter Weg, die allgemeine Aufmerksamkeit auf einen totgeschwiegenen Problembereich zu lenken. Das Lesen der leicht verständlichen Schilderungen vereinfacht den Einstieg in die längst überfällige Diskussion über den Konsens unverhandelbarer Qualitätsstandards demokratischer Gesellschaften. Jedes einzelne Buch beleuchtet durch seinen individuellen Blickwinkel andere wichtige Aspekte und fügt so neue kleine Mosaiksteinchen zusammen, die sich zu einem aussagekräftigen Gesamtbild ergänzen. Wem z. B. bei der literarischen Auseinandersetzung mit patriarchalischen Verhaltensmustern die Männersicht fehlt, kann auf Publikationen und Bücher von Necla Kelek[6], Sonja Fatma Bläser und Ahmet Toprak[7], zurückgreifen.

Beide Frauen setzen sich für die Emanzipation des traditionell sozialisierten türkisch-muslimischen Mannes ein. Sie sind daran interessiert, das undifferenzierte Bild türkischer Männer in der Öffentlichkeit zu korrigieren, Bläser engagiert sich gegen die Ansicht des orthodoxen Islam, Männer pauschal als Vergewaltiger zu diskreditieren, die sich nicht gegen die Reize der Frauen wehren könnten und nur durch das Kopftuch vor ihren Trieben geschützt würden[8]. Sie befürwortet die kopftuchfreie Schule. Die Autorin unterstützt Mädchen und Frauen in Krisensituationen, liest an Schulen, berät die Eltern der SchülerInnen und leitet Fortbildungsveranstaltungen für SozialpädagogInnen, Jugendämter, Justiz und Polizei[9].

Empfehlenswert sind auch Publikationen des Diplom-Pädagogen Ahmet Toprak. Der Autor kritisierte die einseitige, auf die Lebensbedingungen von Frauen fixierte Diskussion um die Zwangsverheiratung mit Recht, da sie außer Acht lässt, dass es auch bevormundete Männer gibt, die sich ihre zukünftige Ehefrau von ihren Eltern aufzwingen oder zumindest aussuchen lassen. Der Autor erstellte daher die Studie ’Das schwache Geschlecht. Die türkischen Männer’, die, wie Keleks zweites Buch, auf der Auswertung von Interviews beruht. In ’Auf Gottes Befehl und mit dem Worte des Propheten’ stellt der Autor die Auswirkungen des Erziehungsstils auf die Partnerwahl und Eheschließung von Nachkommen der türkischen ’GastarbeiterInnen’ der zweiten und dritten Generation dar.

Es ist also durchaus sinnvoll, sich vieler einschlägiger Quellen zu bedienen, um einen möglichst umfassenden Einblick in einen Themenbereich zu bekommen. Computerfreaks und AutonärrInnen abonnieren auch mehrere Fachzeitschriften, SoziologiestudentInnen, die sich etwa auf eine Prüfung über Theorien abweichenden Verhaltens vorbereiten, sind gut beraten, Bücher verschiedener AutorInnen zu lesen. Ein breites Spektrum verschiedener Literaturgattungen themenbezogener Quellen bietet zudem allen LeserInnen trotz unterschiedlicher Vorkenntnisse die Möglichkeit, ihr Allgemeinwissen zu vergrößern. Gäbe es keinen Informations- und Erörterungsbedarf, würden die Bücher nicht gekauft.

2. Heimatliebe zwischen Groupthink und sozialer Mitverantwortung

In einer Demokratie gibt es das Grundrecht auf Meinungsfreiheit für jede/n übrigens auch für Kinder. Das Grundgesetz wäre nicht einmal das Papier wert, auf dem es geschrieben wurde, wenn nur ExpertInnen die Erlaubnis eingeräumt würde, zu gesellschaftspolitischen Themen Stellung nehmen. Vor 75 Jahren ist ein großer Anteil der deutschen Bevölkerung der Demagogie eines angeblichen Experten, des Führers und seiner vorgeblich fachmännischen Gefolgschaft blindlings auf den Leim gegangen, die Folgen haben Europa und seine Bevölkerung bis heute politisch belastet und geprägt. Sapere aude. Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen, meinte schon Kant in ’Was ist Aufklärung’[10].

Für autoritäre Persönlichkeiten[11] mag die Bevormundung durch weltliche und / oder religiös-spirituelle Autoritäten, deren Unterweisung und Führung man (sich) ohne zu zögern bedenkenlos (an)vertraut, attraktiv erscheinen, weil diese Haltung, oberflächlich betrachtet, bequem ist und von der Bürde der Eigenverantwortlichkeit zu entlasten scheint. Dies ist jedoch ein Trugschluss. Gerade in der Türkei und im damaligen dritten Reich begingen obrigkeitsgläubige Charaktere ’Für Einheit und Fortschritt’ bzw. ’Für Führer, Volk und Vaterland’ fürchterliche Verbrechen, die zum Völkermord an den Armeniern und den Juden eskalierten. Selbst der einfache Soldat hat Schuld und Mitverantwortung an solchen Gräueln[12].

Çelebi ist Rechtsanwältin für Familienrecht und hat als Rechtsbeistand wie sonst nur MitarbeiterInnen bestimmter sozialpädagogischer Arbeitsfelder, Hodschas oder PfarrerInnen Einblick in Familienstrukturen und Lebensverhältnisse ihrer KlientInnen. Ihr und der Co‑Autorin Uta Glaubitz geht es in ihrem Buch neben der Schilderung der Verbrechen, um die juristische Aufarbeitung des Falles am Landgericht Mönchengladbach. Sie möchten erörtern, ob der Justiz Versäumnisse oder Nachlässigkeiten vorzuwerfen sind und ob Änderungen im Arbeitsablauf juristischer Routine vorzunehmen sind, um wertvollen Zeitverlust und menschliches Versagen auszuschließen, damit eine ähnliche Verkettung unglücklicher Umstände, die am 09.03.2007 zwei Frauen das Leben kostete, sich nie mehr wiederholt[13]. Als Juristin und Augenzeugin ist Çelebi durchaus dazu berufen, solche Überlegungen anzustellen. Um eine soziologische Analyse ging es den AutorInnen gar nicht.

Darüber hinaus wird niemand die/der ihren/seinen Erholungsurlaub genießen möchte, regelmäßig in ein Land reisen, dessen Kultur und Leute sie/er ablehnt. Abgesehen davon, dass die Familienrechtlerin als kurdischstämmige Deutsche genügend Gründe hätte, die Türkei und viele nationalistische TürkInnen zu verabscheuen, kann man Liebe nicht erzwingen, selbst Mutterliebe nicht. Daraus sein Kind oder sein Vaterland nicht zu lieben, kann man niemandem einen Vorwurf machen, die Motive für die Ablehnung liegen in der Biographie desjenigen Menschen begründet und können nur mit viel Geduld und Verständnis abgebaut werden. Vorwürfe, Beschimpfungen und Vorverurteilungen ändern nichts an der Haltung der/des KritikerIn.

3. Seelisches Heilsein und körperliche Unversehrtheit

Ein ins Deutsche übersetztes türkisches Sprichwort sagt:

„Wer seine Tochter nicht schlägt, schlägt seine Knie (manche sagen auch Oberschenkel). Wie der Stern Korrespondent Hans-Ulrich Jörges in einem Stern-Artikel schreibt, werden 44,5% der türkischen Kinder von ihren Familien schwer misshandelt[14].[15]

Menschen haben das Recht, in einer Gesellschaft aufzuwachsen und zu leben, die ihrer körperlichen, seelischen und geistigen Entwicklung den förderlichen Gestaltungsspielraum bereitstellt, die ihnen Chancengleichheit und altersgemäße Mitbestimmung garantiert. Leider sieht die Wirklichkeit selbst in demokratischen Rechtsstaaten wie der BRD für viele anders aus. In einer Studie des Familienministeriums aus dem Jahr 2004 heißt es, dass die Eltern jeder zweiten in Deutschland lebenden Türkin den Ehepartner ihrer Tochter aussuchen. Jede vierte hatte ihn noch nie vorher gesehen[16]. Die Formen von Gewalt, die angewandt werden, um die Mädchen gefügig zu machen, reichen über psychischen Druck, emotionale Erpressung, (Mutter droht mit Selbstmord[17]) bis hin zu körperlicher Gewalt und Morddrohungen.

Rund ein Viertel der in Deutschland lebenden Frauen sind bereits von Lebensgefährten, Ehemännern oder Freunden verprügelt und / oder sexuell missbraucht worden. Die Demütigungen, Verletzungen und Schmerzen, die oft brutale körperliche Gewalt, der auch Kinder als Zeugen und Opfer ausgesetzt, sind, hinterlässt tiefe seelische und körperliche Narben. Der Diplom-Pädagoge Ahmet Toprak[18], der sich im Wesentlichen mit der Jungenerziehung und männlicher Sozialisation heranwachsender Türken der zweiten und dritten Generation befasst, bezeichnet Familien dann als gewaltimmanent, wenn Familienoberhäupter ihre traditionelle Vorbildfunktion nicht erfüllen könnten.

Das sei für die Jungen, die in der Familienhierarchie noch keinen hohen Rang innehaben, fatal. Sie hätten als Heranwachsende älteren männlichen Verwandten ständig Respekt zu erweisen, würden verprügelt und hätten bisher auch außerhalb der Familie keine Gelegenheit gehabt, Selbstbewusstsein und Ich-Stärke zu entwickeln. Sie hassen ihre Opferrolle und vermeintliche Bedeutungslosigkeit und lernen von den gewalttätigen Vätern, die in der Familienhierarchie an der Spitze stehen und geachtet werden, dass ein ’richtiger Mann’ sich mit Prügel durchsetzt und ’Respekt verschafft’, meint der Pädagoge sinngemäß[19]. Wie gering muss das Selbstwertgefühl dieser Schläger sein, da sie nicht nur gegen gleichwertige Gegner, sondern auch gegenüber Frauen und Kindern zuschlagen, fragt sich die Autorin dieses Textes, die Gewalt als Mittel zur Bewältigung von Frust und Konflikten grundsätzlich ablehnt.

Kein Mensch, die/der sich für die Beendigung häuslicher Gewalt einsetzt, kann dafür sein, Täterinnen auszublenden[20].

Die misshandelten Töchter lernen schon von klein auf, dass Männer unberechenbar, launisch und gewalttätig sind. Als Zeuginnen der Übergriffe und Demütigungen gegen ihre Mütter erkennen sie bald, dass sie, als körperlich Unterlegene, auch als erwachsene Frauen der Brutalität und Gewalttätigkeit der Männer kaum ausweichen können. Ihre Rolle in diesen Familien besteht allein darin, Respekt zu bezeugen, zu dienen, als ’zoontjesfabriek’(Hirsi Ali) viele, möglichst männliche, Nachkommen auf die Welt zu bringen und diese nach den Regeln von Koran, Sunna und Scharia zu erziehen. Dies geschieht in diesen Milieus meist nicht mit Liebe, Geduld, und überzeugenden, guten Worten, sondern mit ’schlagkräftigen’ Argumenten.

Auch die Mütter prügeln, ohrfeigen, sperren die Kinder ins Zimmer und schüchtern sie fürchterlich keifend ein. Oft fehlt ihnen das Hintergrundwissen, Verhaltensvorschriften zu begründen. Sonst von niemandem geachtet, als teuflisch und dumm verschrien (Koran und Sunna), selbst geprügelt und gedemütigt, sehen viele von ihnen keine andere Möglichkeit, als sich gewaltsam Gehör zu verschaffen, um Normen und Wertvorstellungen der Sunna durchzusetzen. Kleine Mädchen verinnerlichen schon früh[21], dass in fundamentalistisch orientierten Familien in der Erziehung der Kinder und in der Unterdrückung der Schwiegertöchter sich für traditionell lebende Frauen die einzige Gelegenheit bietet, sich für erlittene Demütigung zu rächen und Macht und Überlegenheit zu genießen.

Verliert der Haupternährer in der Familie seinen Arbeitsplatz, ist das unabhängig von der kulturellen Herkunft vor allem für unqualifizierte Arbeitskräfte neben der finanziellen Einbuße eine große psychische Belastung, weil mit der Kündigung auch ein ’looser-image’ verbunden ist, dessen ’Mann’ sich schämt. Frauen hätten wenigstens die Möglichkeit, als Hausfrauen und Mütter eine sozial anerkannte Aufgabe zu erfüllen[22], so wird auch heute noch oft argumentiert. Außer dem sozialen Statusverlust, der sicherlich auch die ’ungläubigen’ Arbeitslosen tief kränkt, haben orthodoxe Muslime die ihre Arbeitsstelle verlieren zusätzlich die Sorge, den religiösen Pflichten als Ernährer der Kernfamilie nicht nachkommen zu können und das Gesicht zu verlieren, weil keine Zakat (Spende, dritte Säule des Islam) gezahlt werden kann. Ihnen droht die ewige Verdammnis in der Hölle. Für strenggläubige Muslime eine fürchterliche Strafe.

Die Kündigung des Arbeitsplatzes ist jedoch nie ein Grund, seine noch so begründete Wut und den verständlichen Frust in Aggression und Gewalt auszuleben. Es gibt keine Entschuldigung für Übergriffe aller Art, alle Formen von (häuslicher) Gewalt verletzen die Würde der Opfer und sind auch für die TäterInnen menschenunwürdig. Seinen Arbeitsplatz zu verlieren ist sicherlich ein krisenhaftes Ereignis. Wirklich starke Männer leiden eben nicht darunter, Schwächere um Hilfe bitten zu müssen und mangelnde Sprachkenntnisse sind alles andere als eine ’unheilbare Krankheit’, denn diese Abhängigkeit lässt sich erheblich reduzieren oder ganz abbauen, wenn die Familienväter beispielsweise Sprachkurse besuchen, einen Schulabschluss nachholen, umschulen. Zufriedenheit, Lebensqualität und sicherlich auch die Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt werden sich erheblich verbessern.

Solche Menschen, die in misslichen Situationen nicht aufgeben, sondern Eigeninitiative ergreifen und ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen, um die belastenden Folgen der beruflichen Enttäuschung aktiv zu minimieren, verdienen unsere Hochachtung und sind ihren Kindern gute Beispiele, auf die sie stolz sind und denen sie abschauen können, wie man mit Niederlagen und ’Frust’ konstruktiv umgeht. Da ein Großteil solcher Maßnahmen von den Behörden durch Fördermittel unterstützt wird, würden solche Bildungsbausteine den Haushaltsetat auch nicht zusätzlich belasten. Zuhause könnten die Ehemänner Ehefrau und Töchter bei der Hausarbeit und der Kindererziehung unterstützen. Ein türkischer Landsmann in Deutschland wollte sich mit seiner Ehefrau, die als technische Zeichnerin arbeitet, den Elternurlaub[23], [24] teilen und blieb als erster zu hause. Er fand an der zunächst ungewohnten Rolle seine Tochter und seinen Sohn zu betreuen, mit ihnen zu spielen, Entwicklungsschritte hautnah mitzuverfolgen und die Kinder durch ihre Säuglings- und Kleinkindphase begleiten zu können, so großen Gefallen, dass es in dieser Familie vorerst bei der noch untypischen Rollenverteilung bleiben wird, zumal auch beide Kinder genießen, so viel Zeit mit ihrem Papa verbringen zu können.

’Nurhausfrauen und Mütter’ würden sich über die zusätzliche Hilfe durch die Ehemänner und Väter sicherlich freuen. Auch sie könnten sich sprachlich und beruflich qualifizieren, um sich wenigstens halbtags, wenn die kleineren Kinder im Kindergarten betreut werden oder in der Schule lernen, nach einem attraktiven Tätigkeitsfeld außerhalb der Familienaufgaben umzusehen, um sich ein Taschengeld zu verdienen oder die Haushaltskasse aufzubessern. Gute Sprachkenntnisse in der Mutter- wie auch in der deutschen Sprache sind da sicherlich vorteilhaft. Auch für Frauen, die einen solchen Job nicht finden oder lieber zuhause bleiben wollen, sind gute Deutschkenntnisse nützlich. Diese Fähigkeit erweitert die sozialen Kontakte, trägt zum eigenen wie auch zum guten Spracherwerb der Kinder bei, unterstützt die Fördermaßnahmen in den Kindergärten und Schulen und ist auch beim Erledigen der Hausaufgaben hoch willkommen.

Achtung und Wertschätzung als Grundlage jeder stabilen Beziehung sollte auf inneren Werten und vorbildlichen Persönlichkeitsmerkmalen wie Treue, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit, Durchhaltevermögen, soziales Engagement und Zivilcourage beruhen und nicht davon abhängen, ob die/derjenige finanziell zum Familienunterhalt beiträgt. In Zeiten riskanter Chancen[25] in denen ’Normalbiographien[26]’ und Statuspassagen[27], wie sie für unsere Großeltern noch typisch waren, zur Ausnahme geworden sind, werden selbst gut ausgebildete Fachkräfte damit rechnen müssen, mehrmals unverschuldet entlassen zu werden. Mit solchen Rückschlägen werden wir künftig umgehen lernen müssen, ohne in Depressionen zu versinken Nur durch Flexibilität und die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen wird man langer Arbeitslosigkeit und dem befürchteten sozialen Abstieg entgegenwirken können.

Am Beispiel dieser individuellen wie auch gesellschaftlichen Herausforderungen zeigt sich, dass Normen, Werte und Einstellungen der kulturellen Vormoderne nicht mit einer säkularen, hoch technisierten und sich ständig erneuernden Informations- und Dienstleistungsgesellschaft kompatibel sind und permanent dem Zeitgeist und Gesellschaftswandel angepasst werden müssen. Würde man von BürgerInnen erwarten, den Verhaltens- und Denkvorschriften des ’Zeitalters der Glückseligkeit’ zu entsprechen und gleichzeitig die Erwartungen der Leistungsgesellschaft an statusbewusste, moderne MitteleuropäerInnen zu erfüllen, ist dies eine vermeidbare Überforderung, die körperlich und psychisch krank machen würde.

Häusliche Gewalt ist für alle ein Tabu-Thema, dem man liebend gerne ausweicht. Sicherlich ist es nicht so leicht, die Nachbarin auf den wiederholten Lärm anzusprechen, der auch am Vorabend wieder zu hören war. Davor das Jugendamt oder die Polizei zu informieren, wenn man nur Ohrenzeuge ist, schreckt man erst recht zurück, man möchte schließlich im Haus wohnen bleiben und nicht als DenunziantIn gemieden werden. Besonders schwierig ist die Lage für die Selbstbetroffenen, deren Selbstwert so gelitten hat, dass sie Übergriffe bagatellisieren. Weil ihnen eingeredet wurde, ein Nichts und Niemand zu sein, befürchten sie, man würde ihnen nicht glauben.

4. „Du Opfer!“ – „Allerdings, leider.“ Scharia in der Familie

Sie schämen sich ihres Opferseins und meiden die Öffentlichkeit oder gar den prüfenden Blick der/des PolizistIn. Trotz der erlittenen Verletzungen, Demütigungen und Schmerzen möchten sie ihre Familien nicht ’denunzieren’ und schweigen, um die ’Liebe’ ihrer Angehörigen nicht zu verlieren, aus Angst vor noch größerer Brutalität oder Stalking trotz Platzverweis. Der zivilcouragierte Griff der MitwisserInnen zum Telefon erspart Opfern häuslicher Gewalt Leid, weil es Betroffene zur Anzeige der Straftat(en), zum Aufsuchen einer Beratungsstelle ermutigt und den Täter vor weiteren Straftaten schützt. Auch für die psychische Entlastung und Stabilisierung des Opfers sowie für die Resozialisierung der/des TäterIn ist die Strafverfolgung wichtig[28].

Die große Nachfrage nach authentischen Berichten, Autobiografien und sonstigen Darstellungen der Lebensumstände einer großen Bevölkerungsgruppe, die Mitten im Geltungsbereich des Grundgesetzes neben ihren urdeutschen NachbarInnen in abgeschotteten Parallelgesellschaften überwiegend nach den Regeln von Koran, Sunna und Scharia leben, hat die Verlage, Rundfunk- bzw. Fernsehanstalten und die sogar die Bundesregierung dazu veranlasst, sich mit Fragen der Integration muslimischer MigrantInnen zu befassen. Ateş, Kelek und Çileli[29] wurden als Expertinnen in viele Diskussionsrunden eingeladen und wegen ihres unermüdlichen Einsatzes für die Rechte von Frauen mit Auszeichnungen geehrt[30], [31], [32]. Serap Çileli gründete beispielsweise den Verein Peri für Menschenrechte und Integration[33], Kelek und Ateş gehören als unabhängige Musliminnen zum ’Plenum der Dreißig’ der Deutschen Islamkonferenz. Leider wird ihnen ihr couragierter Einsatz aber auch nicht immer gedankt.

5. Ziel des politischen Islam: Den Nichtmuslimen fern bleiben wollen

Beispielhaft für den oft sehr unfair geführten Diskurs sei hier der in der Zeit abgedruckte offene Brief[34] erwähnt, in dem unter Federführung des Kölner Pädagogen und Psychologen Mark Terkessidis sowie der Turkologin und Politologin Yasemin Karakaşoğlu sechzig ’MigrationsforscherInnen’ die Bücher der Autorinnen ’kritisierten’ und die Frauen in unsachlicher, diskreditierender Form angriffen. Unter dem Titel ’Seltsames Pamphlet’ kommentierten LeserInnen wie Pd Dr. Caroline Robertson-von Trotha, Direktorin, ZAK (Zentrum für Angewandte Kulturwissenschaft und Studium Generale) Universität Karlsruhe (TH), Kristina Köhler, MdB, BERLIN Innenpolitische Berichterstatterin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Islamismus und die Integration von Frauen und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und Hartmut Krauss, Osnabrück, Sozialwissenschaftler den offenen Brief in der gleichen Zeitung[35],[36]. Alice Schwarzer nahm in EMMA Stellung zu den Vorwürfen. In ihrer ’offenen Antwort’ brachte sie die wahren Motive der beiden PublizistInnen und ihrer UnterstützerInnen auf den Punkt: ’Das Klima wird kühler für Multi-Kultis. Und die Pfründe weniger’[37].

Besonders bedrohlich hetzten türkische Medien im Herkunftsland wie auch in der Bundesrepublik wochenlang die Öffentlichkeit gegen die Menschenrechtlerinnen auf. Die engagierten Frauen wurden als ’Verräterinnen’, Nestbeschmutzerinnen’ und als Lügnerinnen beleidigt. Mit an der Spitze der Medienhetze die auflagenstarke Hürriyet. Kelek, Ateş und Çileli hatten das Sakrileg begangen, den großenteils deutschen und ausländischen LeserInnen einen authentischen Einblick in den Alltag türkischer MigrantInnen in Deutschland zu gewähren. Sie berichteten von der Unterwerfung der Clans unter die Gesetze des Koran, der Sunna und der Scharia sowie von der Angst vor der alles und jeden kontrollierenden Macht der Umma. Die Menschenrechtlerinnen hatten es gewagt, die traditionelle Lebensführung ihrer Familien und die bis dahin gut gehüteten Betriebsgeheimnisse um Türkentum und Community öffentlich zu machen und in Frage zu stellen. Damit hatten sie einen Tabubruch begangen und gegen den ’Code of silence’ (Gesetz des Schweigens) verstoßen.

6. Die Hexe jagen. Kollektiver islamischer Hass gegen die emanzipierten (ex-)muslimische Frauen

Tabus schützen ein Thema vor dem Diskurs in der Gesellschaft. Je mehr Mitglieder des Bezugssystems sich an der Ausgrenzung eines Themas beteiligen und je überzeugter sie diese Ausblendung implementieren, desto mehr „Macht“ hat das Tabu über jede/n Einzelne/n. Kollektive Verdrängungsmechanismen werden gern adaptiert, weil sie eine Art Corporate Identity geben. Eine autonome, unvoreingenommene Sicht der Welt ist allerdings so verhindert. Gemeinsame Tabus stabilisieren das jeweilige Herrschafts- und Bezugssystem von Menschen. Es entsteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das sich durch Unterordnung aufrechterhält. NonkonformistInnen, die gegen diesen allgemeingültigen Verhaltenskodex verstoßen und das Schweigen brechen, lüften das dunkle, vor der Außenwelt unbedingt zu verbergende Geheimnis und gefährden so dieses Wir-Gefühl durch Spaltung und Zwietracht.

Fitna, Zwietracht von Menschenhand gesät, ist jedoch die islamische Ur-Panik, vor der muslimische Politiker und Würdenträger sich fürchten und vor dem auch die Umma zittert wie vor dem Höllenfeuer und dem Iblis, dem Teufel. AbweichlerInnen gelten als elementare Bedrohung für das Überleben des bloßgestellten Gesellschaftssystems. Sie gelten als VerräterInnen und NestbeschmutzerInnen und die Gemeinschaft wird sie je nach Bedeutsamkeit des Verstoßes mit wortgewandten Überredungskünsten zu Reue und Dementi veranlassen. Ist das erfolglos, werden sie wüst beschimpft und beleidigt. Sollte die/der VerräterIn dann noch nicht von ihrem/seinem widerspenstigen Handeln ablassen oder seine skandalösen Äußerungen nicht zurücknehmen, wird man handgreiflich und die/der NonkonformistIn durch üble Nachrede oder Intrige von ihrer/seiner bisherigen Bezugspersonen isoliert und schließlich auch aus der restlichen Gruppe ausgeschlossen.

Verwandte oder Freunde die es wagen, weiterhin Kontakt zu halten oder der/dem VerletzerIn des Tabus zu unterstützen, werden bald selbst Opfer der partriarchalischen, der Scharia entlehnten Stammesgesetze werden. In vormodernen Strukturen werden solche Grenzverletzer auch getötet. Die Berichte und wochenlang andauernden Diffamierungen, Beleidigungs- und Hetzkampagnen in Rundfunk, Fernseh- und Printmedien, in der Türkei wie in Deutschland, haben die Stimmung gegen die drei Frauen so eskalieren lassen, dass die engagierten Frauenrechtlerinnen sich unzähligen Drohbriefen, Schmähanrufen und beleidigenden E‑Mails wie auch körperlichen Attacken ausgesetzt sahen. Nur mit Mühe konnte verhindert werden, dass die Familienrechtlerin Ateş ihre Tätigkeit als Anwältin aufgab, nachdem sie in Begleitung ihrer Mandantin und deren Freundin auf dem Rückweg von einem Gerichtstermin tätlich angegriffen worden war[38], [39].

Schon als Studentin war sie angeschossen und lebensgefährlich verletzt worden[40], als sie sich ihr Jura-Studium durch Beratung und Unterstützung von Frauen in Krisensituationen in einem Frauenladen verdienen wollte. Die Schmerzen und ernsthaften Verletzungsfolgen schränkten ihre Lebensqualität erheblich ein und zwangen sie dazu, ihr Studium mehrmals zu unterbrechen und das Examen zu verschieben. Sie erholte sich erst nach jahrelanger Rehabilitation. Nach dieser erneuten bedrohlichen Attacke gegen sie im Juni 2006, bei der auch ihre Mandantin beleidigt, bedroht und zusammengeschlagen wurde, rissen der Anwältin die Nerven. Die zweiundvierzigjährige Mutter einer kleinen Tochter räumte ihre Kanzlei und gab die Zulassung als Rechtsanwältin zurück Der massive Gegenwind hatte die unermüdliche Kämpferin zweifeln lassen. „Ich glaubte plötzlich selbst, für diese Gesellschaft zu weit gegangen zu sein“, so Ateş. „Ich hatte nicht mehr die Kraft, mich dem entgegenzusetzen, auch weil ich das Gefühl hatte, nicht mehr soviel Rückhalt zu haben.“[41]

Die kurdischstämmige Deutsche hatte sich aufgerieben bei ihrem unermüdlichen selbstlosen Einsatz gegen patriarchalische Willkür und Frauenunterdrückung, völlig verausgabt, fühlte sich ausgepowert und schlapp und im Stich gelassen. Die Sorgen um das Wohlergehen und die Sicherheit ihres Kindes kamen hinzu und so entschloss sich die Rechtsanwältin, ihren Beruf zumindest vorerst aufzugeben. Der Berliner Anwaltsverein und der Deutsche JuristenInnenbund, die Ateş Arbeit als Familienrechtlerin sehr schätzten, waren über ihre Entscheidung erschrocken und setzten sich in persönlichen Gesprächen sehr dafür ein, die Frauenrechtlerin umzustimmen. Zum Glück gelang es den VerbandsvertreterInnen die mutige Frau überzeugen, ihre wichtige Aufgabe als Rechtsbeistand nach einer Erholungspause wieder fortzusetzen[42]. Zurzeit betreut Ateş ihre Mandantinnen ohne eine offizielle Anschrift.

7. Taqiyya. Mit religiöser Täuschung Sand in die Augen der Gutmenschen streuen

Initiative gegen häusliche Gewalt ./. Stimmungsmache gegen Frauenrechtlerinnen

Angesichts der hasserfüllten Berichterstattung der Hürriyet in Deutschland wie auch im Gründungsland scheint es mehr als zynisch, dass in genau derjenigen Zeitung eine groß angelegte Kampagne gegen häusliche Gewalt initiiert worden ist (Plakate, Telefonhotline, Fachgespräche in der Zeitung, Infobus), in der zeitgleich JournalistInnen gegen genau die Frauen die öffentliche Meinung aufstachelten, die herausragende Arbeit gegen vormodern-patriarchalische Willkür leisten. Durchaus als hinterhältig, intrigant und für die deutsch-türkischen Beziehungen belastend könnte man die Absicht bezeichnen, dass eine so einflussreiche, oft gelesene Zeitung ihren Namen dafür nutzt, einerseits die drei Frauenrechtlerinnen europaweit derart zu diffamieren und an den Pranger zu stellen, dass eine Gefährdung dieser politisch engagierten BürgerInnen nicht auszuschließen ist, andererseits sich selbst als Lösung zur Befreiung von Gewalterfahrung, Schmerz und Demütigung anzubiedern.

Nahe liegend, dass der Marktführer unter den türkischen Tageszeitungen im Stammland, der sich auch in Deutschland großer Beliebtheit erfreut, versuchte, mit dieser Aktion Pluspunkte für die Aufnahme der Türkei in die Europäische Gemeinschaft zu sammeln. Geschickt zielt die Hürriyet auf die menschlich nachvollziehbare Sehnsucht nach häuslichem Frieden und Harmonie, die einen hohen Stellenwert bei europäischen Gutmenschen wie auch MuslimInnen haben. Häuslicher und gesellschaftlicher Frieden sei jedoch mit ’ModernistInnen und Aufklärungshysterikerinnen’ wie Ateş, Kelek, und Çileli nicht zu erreichen, die drei würden eben dieses Leitbild gefährden. Die ’Nestbeschmutzerinnen’ würden ’Türkentum und Islam beleidigen’, entehren und ’Hass zwischen Deutschen und Türken säen’.

Dadurch erweckte das türkische Boulevardblatt, in Aufmachung und Bekanntheitsgrad etwa mit der Bild vergleichbar, bei vielen LeserInnen den Eindruck, die Aktivistinnen seien Verräterinnen an Religion, Volk und Vaterland. Sie würden den Frauen ’Flausen’ wie ’Ungehorsam’, Gleichberechtigung, Selbstbestimmung, Freiheit, Recht auf Bildung, Platzverweis nach dem Gewaltschutzgesetz in den Kopf setzen. Muslimas, die sich am Beispiel der politisch engagierten türkischstämmigen Deutschen orientieren, würden Fitna verbreiten, Zwietracht säen, das Urübel für Unstimmigkeiten, Meinungsverschiedenheiten, Streit und den Wunsch nach Trennung. Eine solche Lebensweise sei für eine langjährige, stabile Beziehung und ein glückliches Familienleben jedoch äußerst hinderlich und verstoße gegen islamische Ideale.

Zeitung und Partei‑Islam, Hürriyet und AKP, die von Recep Tayyip Erdoğan[43], [44], [45], [46] geführt wird, würden einen Königsweg in die technologische Moderne anbieten, der idyllischen Familienfrieden und Beziehungen ermöglicht, ohne den Koran und die ’Adil Düzen[47]’ (gerechte Ordnung) in Frage zu stellen. Ein Massenmedium wie die Hürriyet, zu deren Verlagsimperium (Leitung Aydin Doğan) auch Zeitungen wie Milliyet und Fanatik sowie mehrere Fernsehsender gehören, weiß um seinen Einfluss auf die Meinungsbildung der LeserInnen. Viele Gleichheitsfeministinnen halten die prinzipiell begrüßenswerte Kampagne der Hürriyet gegen häusliche Gewalt deshalb der Demokratie und den universellen Menschenrechten genauso wenig verpflichtet wie die Bemühungen der Aktion ’Hand in Hand gegen Zwangsheirat’, dessen Schirmherr Tariq Ramadan eine sehr schillernde Persönlichkeit ist[48], [49] und dem ’Aktionsbündnis Zwangsheirat’[50], an dem unter anderem der Integrationsbeauftragte Günter Piening, der Berliner Verein ’Inssan’[51] und die Muslimische Jugend Deutschland[52], [53] beteiligt sind, zwei islamische Vereine, deren Führungspersönlichkeiten[54], Arbeitsgrundlagen und Ziele von uns DemokratInnen kritisiert werden müssen.

Der Medienzar Aydin Doğan, und seine Redakteure tragen auf Grund ihrer Macht eine besonders große Verantwortung, deren sie sich durchaus bewusst sind. Sie können sich die Hände nicht in Unschuld waschen, wenn Frauen wie Kelek, Ateş und Çileli sich durch die verzerrenden, unsachlichen Artikel in dem Blatt vollkommen zu Recht bedroht fühlen. Frei nach dem Motto, wer Wind sät, wird Sturm ernten, sollte sich nicht wundern, dass diejenigen, die Sturm säen, einen Orkan heraufbeschwören. Die Hetzkampagne gegen die Autorinnen könnte man auch als Warnung verstehen. Tanzt nicht aus der Reihe[55], dann, und nur dann braucht ihr nichts zu befürchten[56], die Frauen keine Gewalt, die Männer nicht den Spott als ’Weichei’ verlacht zu werden, weil sie unter dem Pantoffel ihrer Frauen und Mütter stehen.

8. Mit Benzin Feuer löschen? Gefährlich. Wenig ratsam. Den Bock zum Gärtner machen? Auch nicht empfehlenswert

Damalige Bundesfamilienministerin Renate Schmidt lehnt Schirmherrschaft ab, Zusammenarbeit mit Terre des Femmes fraglich

Die Zeitungsaktion gegen häusliche Gewalt sollte in Deutschland genauso erfolgreich werden wie in der Türkei. In Vorgesprächen hatte man sich deshalb der Zusammenarbeit mit Terre des Femmes, der wohl bekanntesten Organisation im Kampf um Rechte von Frauen, die seit mehreren Jahren hervorragende Arbeit zum Thema häusliche Gewalt leistet, und dem Bundesfamilienministeriums bemüht. Nachdem die jedoch von den sich über Wochen hinziehenden Beschimpfungen in den unsachlichen, aufhetzenden und diffamierenden Artikeln erfuhren, zogen sie ihr Unterstützungsangebot zurück. In einem Brief stellte Terre des Femmes klar, dass die Artikel so ’irritierend und kontraproduktiv’ seien, dass sie zeigen würden, dass die Zeitung an einer differenzierten Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt in Familien nicht interessiert sei. Auch die damalige Bundesfamilienministerin Renate Schmidt[57], der Hürriyet die Schirmherrschaft angetragen hatte, lehnte dieses an sich ehrenvolle Amt nicht nur aus terminlichen Gründen ab.

Männergewalt (Täteranteil 95%) gegen Frauen kostet die Solidargemeinschaft nach Angaben der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes 14,8 Milliarden Euro durch Polizeieinsätze, ärztliche Behandlungen in Praxen und Krankenhäusern, Gerichtsverhandlungen, Arbeitsausfälle. 40.000 Frauen, teilweise mit kleinen Kindern, fliehen jährlich in Frauenhäuser[58]. Diese Zahlen beweisen, wie wichtig ehrliches, Engagement wäre. Als-ob-Veranstaltungen aus politischem Kalkül (Beitritt in die Europäische Gemeinschaft), wegen Wettbewerbsvorteilen oder zum Aufpolieren des eigenen Images sind für den Erfolg eines Projektes nicht dienlich und werden nicht ernst genommen. Daher wird es so mancher/m sehr sonderbar erscheinen, dass das bekannte Boulevardblatt für seine Initiative gegen häusliche Gewalt trotz seiner Hetztiraden gegen drei der prominentesten KämpferInnen gegen patriarchalische Machtstrukturen 2007 anlässlich der Verleihung des Hauptstadtpreises für Integration und Toleranz den Sonderpreis erhalten hat. Edel sei der Multi-Kulti, hilfreich und gut, besonders wenn es seinen Wirtschaftsinteressen dient.

Wenn fröhliches Kinderlachen, Freude am Leben, Gesundheit, Optimismus, und Hoffnung als Kennzeichen hoher Lebensqualität und Voraussetzung gesunder Persönlichkeitsentwicklung auch in orthodoxe Familienmilieus einziehen sollen, müssen die diesen frühmittelalterlichen Sozialstrukturen zugrunde liegenden Hierarchien, Moralvorstellungen und Menschenbilder dekonstruiert, analysiert, und neu aufgebaut werden. AutorInnen wie Kelek, Ateş, Çileli und Bläser haben mit ihren Büchern, Berichten und Kommentaren nicht unwesentlich dazu beigetragen, auf hinderliche Integrationsbarrieren und die sich konsolidierende Parallelgesellschaft aufmerksam zu machen. Sogar die Bundesregierung erkannte den Handlungsbedarf, gab einschlägige Studien in Auftrag[59], richtete Integrationsgipfel ein, lud zur Islamkonferenz.

Wer Berichte über die Zwischenbilanz dieser Treffen kennt, die Ergebnisse der Studien zusammenfasst, Auszüge aus den Statistiken des Jahresberichts der Bundesintegrationsbeauftragten Maria Böhmer liest und all diese Resultate in der Berufpraxis bestätigt sieht, muss allerdings sehr optimistisch eingestellt sein, um trotzdem noch an eine erfolgreiche Integration zu glauben[60]. Die Familienrechtlerin Çelebi sagt, ’das Wort Integration’ sei ’bei den Menschen nicht angekommen’, darüber, dass sie die Integration für gescheitert hält oder gar dafür, dass die türkischen MitbürgerInnen nicht integrierbar seien, konnte die Autorin dieses Textes Posts keinen Beleg finden. Sachlich, offen und ehrlich kritisiert sie in ihrem Buch das Patriarchat, den fundamentalistischen Islam und die Doppelmoral der Ehre. Auch wenn das vielen nicht gefällt, es ist ihr gutes Recht, solange sie für ihre Behauptungen und Ausführungen Belege anführen kann. Und das kann sie zuhauf.

9. Wer sein Volk liebt, kritisiert es

Lobhudelei, also nur loben, ausschließlich Positives sagen und stromlinienförmiges nach dem Mund reden, angepasst sein, selbst wenn Zweifel oder Bedenken aufkommen, zeugt nicht von Sympathie oder Zuneigung. „Die Intellektuellen, die in den letzten 200 Jahren Deutschland den guten Ruf in Kultur, Medizin und Wissenschaft eingebracht haben, sind von den ’nationaltümelnden, ehrenhaften’ Verteidigern des Kollektivs stets als NestbeschmutzerInnen beschimpft worden. Heine, Freud, Tucholski sind als antideutsche Deutsche verleumdet worden, weil sie das Individuum vor das Kollektiv stellten und damit der Gesellschaft den Weg in die kulturelle Moderne ebneten. Heute erst weiß sich die deutsche Demokratie diesen unbequemen, aufrichtigen Menschen zu Dank verpflichtet.“ (Jacques Auvergne)

Wie uns die geschichtliche Epoche in der wir leben prägt und beeinflusst, so kennzeichnet und motiviert uns auch der kulturelle und weltanschauliche Hintergrund von Milieu und (Groß-)Familie. Belastungen jedoch, die sich für das Individuum durch Zugehörigkeit zu einem Teilkollektiv der Zuwanderungsgesellschaft ergeben können (Zwangsverheiratung, Genderapartheit, Zwangsbeschneidung bei Mädchen und Jungen, Ehrenmord, häusliche Gewalt, fundamentalistische Weltanschauungen, dschihadistischer Islam), müssen frei nach dem Motto des Buches von Ulrich Wickert[61] ’Gauner muss man Gauner nennen’ eindeutig benannt werden dürfen, um Bedrohungen, und Einschränkungen der Lebensqualität der/des Einzelnen zu minimieren und universelle Menschenrechte für jede Frau, jeden Mann und jedes Kind durchzusetzen.

10. Deutschlands prekär integrierte Auslandstürken. Zwischen profanem Anwerbeabkommen und sakraler Hidschra

Die unheilige Allianz aus subventioniertem Kulturrelativismus, selbstherrlichem Gutmenschentum und Fundamentalisierung der MuslimInnen verschleppte seit knapp dreißig Jahren die Integration der NeubürgerInnen. Viele von ihnen nahmen gerne den deutschen Pass, ohne sich verpflichtet zu fühlen, eine Gegenleistung an die aufnehmende Gesellschaft zu erbringen. So boykottierten beispielsweise drei wichtige türkische Verbände den zweiten Integrationsgipfel wegen der im Zuwanderungsgesetz verschärften Nachzugsbedingungen von ’Angehörigen’ in die Bundesrepublik[62]. Grundlegende Deutschkenntnisse, die z. B. die in den Sommerferien in der Heimat oft genug zwangsangetrauten Bräute nachweisen müssen, um nach Deutschland zu ihrem Ehemann überzusiedeln, sollen eine solche Zumutung sein, dass man ’beleidigt’ spielen darf? Demokratie und universelle Menschenrechte wie an der Käsetheke, nach dem Motto „Wie viel Frauenrechte, Freiheit und Demokratie darf’s denn bitte sein?“

Wie stehen die (Ehe-)Frauen selbst zu dem Test? Wehren sie sich auch mit Händen und Füßen gegen die Chance, Grundkenntnisse zu erwerben, die ihnen ermöglichen, sich mit den Ureinwohnern wenigstens notdürftig zu verständigen, sich schneller einzuleben, besser zurechtzufinden und nicht nur bezüglich der Außenkontakte der ’gelin’ die totale Abhängigkeit vom Ehemann, dessen Großzügigkeit und dem Wohlwollen seiner Familie zu reduzieren? Das ist doch eher unwahrscheinlich. Würden sich die Nachzugsbedingungen ausschließlich auf männliche Einreisewillige beschränken, bin ich davon überzeugt, dass wir keine Auseinandersetzungen um dieses Thema hätten. Eine solche gesetzliche Voraussetzung für den Nachzug erschreckt doch wohl eher die islamischen Verbände und patriarchalischen Familienoberhäupter, die ihre Allmacht über ihre kaum den Kinderschuhen entwachsenen ’zoontjesfabrieken’ (Hirsi Ali) schwinden sehen. Denn ihnen käme es sicherlich nicht ungelegen, wenn die Frauen gezielt sprachlos und ’mundtot’ bleiben würden, damit deren Aktionsradius möglichst auf den gemeinsamen Haushalt und Verwandtenbesuche beschränkt bleibt und der Erfahrungshorizont Kinder, Küche und Religion nicht übersteigt.

Kontakte zu urdeutschen NachbarInnen und zur (männlichen) Urbevölkerung sind offensichtlich nicht erwünscht. Sicherlich gibt es auch in der neuen Heimat Deutschland längst in fast jeder Stadt Landsleute, die Dienstleistungen, Gesundheitsvorsorge und Waren des täglichen Bedarfs anbieten, jedoch bleibt das soziale Umfeld der Migrantinnen sehr einseitig, wenn Frauen nur Kontakte zu Menschen gleicher Herkunft und Muttersprache sowie in der Regel des gleichen Geschlechts haben sollen. Wo bleibt da die multikulturelle Vielfalt, Toleranz und Aufgeschlossenheit, die man der autochthonen Bevölkerung ganz selbstverständlich abverlangt? Sollte sich der Mann ’scheiden’ lassen, dazu reicht in der halbierten Moderne[63] unter Umständen eine SMS, wäre die frisch Geschiedene ohne Sprachkenntnisse recht isoliert und ziemlich hilflos, da in den vielen orthodoxen Sippen mit der Trennung die Ex-Ehefrau aus der Familiengemeinschaft ausgeschlossen wird und auch die rechtgläubige Ursprungsfamilie wegen der ’Schande’ der Scheidung die Tochter nicht mit offenen Armen empfangen wird.

Ohne unterstützendes Netzwerk und zumindest grundlegendes Verstehen und Sprechen der Landessprache Kontakt zu Behörden und Beratungsstellen aufzunehmen, wäre eine fast unüberwindliche Hürde. Gibt es Kinder, würde sie möglicherweise weder um das Sorgerecht noch um Unterhalt vor Gericht kämpfen können. Die Ex‑Ehemänner, die meist schon lange Jahre in Deutschland leben oder gar hier geboren sind, lassen sich jedenfalls nicht gängeln oder bevormunden. Sie genießen wie ihre unverheirateten Geschlechtsgenossen die sinnlichen Welteindrücke und die Freiheit, sich mit jeder/jedem an jedem Ort zu verabreden und jede/n zu besuchen in vollen Zügen, für sie gibt es keine ’Kamel‑Fatwa’. Es kann überlebenswichtig sein, sich außerhalb des gewohnten Umfelds in der Landessprache verständigen und um zu Hilfe bitten zu können. ÄrztInnen sind auf genaue Beschreibung der Beschwerden der/des Kranken angewiesen, um eine sichere Diagnose zu stellen, die/der PatientIn muss die Behandlungs- und Genesungstipps verstehen können, um ihre/seine Krankheit optimal auszuheilen. Den Aufdruck auf Verpackungen und Flaschenetiketten sollte man lesen und verstehen können, um tödliche Verwechslungen auszuschließen und im Lebensmittelladen nicht verzweifelt vor den Regalen zu stehen und vorbeigehende KundInnen, mit den Händen ausholend und so etwas wie eine Explosion andeutend, nach „Back … Puff!“ zu fragen, wenn man Hefe zum Brotbacken sucht.

Sprachkenntnisse, die übrigens auch Nachzugswillige aus nicht muslimisch geprägten Drittländern nachweisen müssen[64], erleichtern das Einleben der NeubürgerInnen in der neuen Heimat und tragen dazu bei, dass sie sich hier sicher und geborgen fühlen können. Die Fähigkeit sich in der Landessprache unterhalten und verständigen zu können, ermöglicht den ZuwanderInnen ihren Erfahrungs- und Aktionsradius zu erweitern, sich anderen mitzuteilen, Informationen lesend oder hörend aufzunehmen, zu verarbeiten und bei Verständnisschwierigkeiten nachzufragen. Der Sprachtest setzt eine Alphabetisierung und Kenntnisse in den Kulturtechniken[65] voraus. Fahrpläne lesen und Zugverbindungen erfragen können, sich Fahrkarten am Schalter kaufen zu können oder Durchsagen in Bahnhöfen verstehen zu können, das sind Kompetenzen, die dazu beitragen, sich gleichberechtigt am öffentlichen Leben zu beteiligen, zu reisen, sich zu informieren und sich zu schützen. Sie ermöglichen und fördern das gutnachbarschaftliche Zusammenleben mit der ursprungsdeutschen Bevölkerung.

Nicht Mindestalter und Sprachtest verstoßen gegen die FdGO und universelle Menschenrechte, sondern das tolerante Hinnehmen sozialer und sprachlicher Isolation. Die schleppende Einbürgerung durch Re‑Islamisierung, selbstgewählte Fremdheit, Genderapartheit und Kastenbildung in Dhimmis, Harbis und MuslimInnen sowie die konsequente Weigerung, in der Familie neben der Muttersprache auch die deutsche Sprache zu pflegen, die Ablehnung der Trennung von Staat und Religion sowie die Unterordnung der Verfassung und der daraus abgeleiteten Gesetze, Regeln, Verhaltensnormen unter Koran, Sunna und Scharia ermöglichen die Konsolidierung vom Staat im Staate. Schariatische Parallelgesellschaften verhindern jedoch eine chancengleiche Partizipation und erodieren die Demokratie, um sie durch ein Kalifat zu ersetzen. Diese Gesellschaftsform jedoch verstößt gegen demokratische Prinzipien und universelle Menschenrechte und wird daher von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt.

Die nachhaltige Sicherung des sozialen Friedens in Europa wird ohne die gelingende Integration aller ZuwanderInnen (auch der osteuropäischen) in die auf den universellen Menschenrechten fußenden demokratischen Gesellschaften nicht gelingen. Die auf den universellen Menschenrechten basierende Verfassung ist die oberste rechtliche Grundlage, der alle Gesetze und Verordnungen untergeordnet sind, mit der jede Vorschrift kompatibel sein muss. Wie zu einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft die Drei‑Gewalten‑Teilung gehört, ist auch die Trennung von Staat und Kirche/Religion zu beachten. Bekennender Religionsunterricht, egal welcher Gemeinschaft, wäre daher an staatlichen Schulen nicht zulässig. Feste, Riten und Alltagsgewohnheiten sind diesen Prinzipien ebenfalls unterzuordnen. Die Religionsfreiheit ist ein unbedingt schützenswertes Rechtsgut, das jedoch wie jedes Grundrecht dann zurückzutreten hat, wenn höherrangige Freiheitsrechte (hier vor allem Art. 1, 2 und 3) verletzt werden. Diese Qualitätskriterien westlicher Demokratien sind sozusagen fardh, absolut verbindlich. Brauchtum, Verhaltens- und Denkmuster sowie patriarchalische Machtstrukturen aus der kulturellen Vormoderne, die eben nicht mit den Grundsätzen demokratischer Rechtsstaaten vereinbar sind, müssen verworfen werden.

Patriarchalische, verkrustete, genderspaltende Verhaltensmuster des Frühmittelalters sind auch mit unserer globalisierten, hoch technisierten Informations- und Dienstleistungsgesellschaft nicht kompatibel. Sie lähmen Kreativität, Eigeninitiative und potentielle Schaffenskraft, verhindern Fortschritt und wirtschaftliche Entwicklung.

Nach dem zwar späten aber großzügigen Angebot der autochthonen Gesellschaft, die ZuwanderInnen als gleichberechtigte BürgerInnen einzugliedern, liegt die Integrationsleistung nun durchaus auf der Seite der ZuwanderInnen. Schließlich bietet die aufnehmende Gesellschaft ihnen die Möglichkeit, in einem demokratischen Land zu leben, das jeder/jedem Einzelnen garantiert, sich innerhalb der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen frei zu entfalten und als Single oder mit ihrer/seiner Verwandtschaft sozial abgesichert in Frieden und Freiheit hier zu leben. Eine frauenfeindliche Parallelgesellschaft nach den Gesetzen vormoderner Kalifate, die Demokratie, Verfassung und Rechtsstaatlichkeit ironisiert und ignoriert, lehnt die Mehrheit der BundesbürgerInnen ab. Die Bundesrepublik Deutschland ist auch kein Sterne-Restaurant in dem man sich der Grund- und Menschenrechte à la carte bedienen könnte. Wenn wir nicht die Saat der Religionskämpfe in Deutschland legen wollen, müssen wir über die Säkularisierung debattieren, statt pseudo-islamische Körperschaften anzuerkennen und Scharia‑Islam in den Schulen zu lehren.

11. Das Gangsta-Kalifat. Über City-Dschihad und erzwungene Muslimisierung

Schaffen wir es nicht, die Hürden, die einer gelingenden Eingliederung in eine freiheitlich-demokratischen Gesellschaft entgegenstehen gemeinsam zu überwinden, werden unsere Kinder mit Zuwanderungsgeschichte weiterhin zwischen den Fronten der konkurrierenden Interessengruppen, ’Säkulare MuslimInnen’ (Ateş, Çileli, Kelek) bzw. FundamentalistInnen (Tariq Ramadan, Milli Görüş) einerseits sowie den kulturrelativistischen Gutmenschen (Claudia Roth, Mark Terkessidis) bzw. gleichheitsfeministischen, partnerschaftliche Integration auf Augenhöhe befürwortenden AltbürgerInnen andererseits hin- und her gestoßen. Dabei ist die Gefahr groß, sich an den unebenen Grenzflächen dieser Blöcke wie zwischen Schleifsteinen aufzureiben. Durch die selbstgewählte Fremdheit, die in der islamischen Orthodoxie auch noch religiös begründet wird, (’al-walâ’ w-al-barâ’a’) lehnen viele muslimische Identifikationsfiguren (Eltern, Imam, Hodscha) die Integration als angebliche Assimilation ab, weshalb sie sich bewusst ’anders’ kleiden, verhalten und es ablehnen, die Landessprache zu sprechen.

Die hier eingeschulten oder gar in Deutschland geborenen Jugendlichen fühlen jedoch auch eine diffuse Verbundenheit mit der westlichen Kultur, da sie zumindest weitgehend hier aufgewachsen sind und die Heimat ihrer Eltern oder Großeltern nur aus dem Urlaub kennen. Durch den oft hohen sprachlichen Förderbedarf bleiben sehr viele SchülerInnen jedoch leider weit hinter ihrem eigentlichen geistigen Leistungspotential zurück und versagen in der Schule, weshalb sie als ’Looser’ in der Regel nur in der Gruppe der teilweise devianten Außenseiter integriert sind, die Mädchen sind oft noch viel isolierter. Eine meiner Nachhilfeschülerinnen mit Migrationshintergrund, die hier in Deutschland geboren ist, hat sich bei mir bitterlich beschwert, dass sie nach ihrer Herkunft gefragt, mit „Aus Deutschland, ich bin hier geboren“ antwortete, das aber nicht akzeptiert wurde und mit „und woher kommst du wirklich“ nachgehakt wurde. Ähnlich ergeht es den jungen Menschen während des Urlaubs in der Heimat, dort gelten sie als ‚Almanci’, ’DeutschländerIn’.

Aus Angst vor Assimilation und Entfremdung von der Religion ermahnen sie auch ihre Eltern, keinen engen Kontakt zu ’kuffâr’ zu pflegen. Ohne Zugehörigkeitsgefühl, ohne seelisch-geistiges beheimatet sein, kann der Mensch jedoch keine Identität entwickeln. Darunter leiden Ich-Stärke und Selbstwertgefühl. Zwischen den Kulturen hin und her gerissen fühlen sie sich nirgendwo zuhause. Viele Jugendliche und Heranwachsende glauben daher, weder erfahrene, vertrauenswürdige AnsprechpartnerInnen noch einen Schutzraum zu haben. Vor allem unter den männlichen Heranwachsenden mit Migrationshintergrund sind immense Zukunfts- und Existenzängste weit verbreitet[66], ihr Hang zu Hochrisikoverhalten und Devianz ist ausgeprägt[67], [68]. Die Heranwachsenden, die sich mit den Song- und Raptexten ihrer Idole, die von Gewalt, Straßenkampf, Drogen, Kriminalität und Sexismus handeln, identifizieren, fühlen sich oft außer von diesen MusikinterpretInnen nur von ihren Peergroups verstanden.

Viele dieser jungen Menschen glauben, wegen ihrer Herkunft von Staat, Schule und Gesellschaft benachteiligt und ungerecht behandelt zu werden. Sie sind davon überzeugt, dass, anders als bei jungen Herkunftsdeutschen, selbst denen aus benachteiligten Familien[69], für muslimisch sozialisierte BürgerInnen, vor allem für TürkInnen, berufliche Aufstiegschancen und soziale wie ökonomische Beteiligung am gesellschaftlichen Leben kaum erreichbar sind. Besonders die männlichen Heranwachsenden unter ihnen haben oft resigniert und sind sich sicher, aus eigener Kraft nichts an ihren schlechten Zukunftschancen ändern zu können. Selbst Opfer patriarchalischer Clanstrukturen und familiärer Gewalt, respektieren sie allein das Gesetz des Stärkeren, weshalb sie meinen, sich durch provokantes, machohaftes Benehmen, Sexismus und Regelverstöße ’profilieren’ zu müssen. In traditionellen Erziehungs- und Verhaltensmustern verhaftet, von negativen Erfahrungen und fatalistischer Grundeinstellung geprägt, weigern sie sich gänzlich unkreativ und unflexibel, sich auf innovative Alternativen in der Alltagsgestaltung einzulassen oder gar eigene Lebenskonzepte selbst zu entwerfen. Als junge Familienväter werden sie dann die bei den älteren männlichen Verwandten abgeschauten Rollenkonzepte übernehmen und ihrerseits weitervermitteln und tradieren, Generation für Generation. Ein Ausstieg scheint nicht möglich.

12. Aufklärung und Universelle Menschenrechte

Unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Eingliederung in eine säkulare, komplexe Informations- und Dienstleistungsgesellschaft und unverzichtbar für demokratisches, gleichberechtigtes Mitgestalten des Gemeinschaftslebens ist ein aufgeklärtes, humanistisches Weltbild, das in jedem Menschen unabhängig von Geschlecht, Rasse und Religion eine eigenständige, in sich wertvolle Persönlichkeit sieht und achtet. Selbst eineiige Zwillinge sind Individuen mit eigenen Wünschen, Ideen und Fähigkeiten, welche als individuelle Ausdrucksformen ihres einzigartigen Wesens wahrzunehmen und anzuerkennen sind. Es mag für uns Erwachsene niedlich aussehen, wenn die Geschwister im Partnerlook auftreten, die Brüder oder Schwestern nervt es nicht selten.

Alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Rasse und Religion sind gleich und frei, sie haben das Recht auf eine von ihnen auf ihre persönlichen Bedürfnisse maßgeschneiderte Biographie. HumanistInnen bestimmen ihr Leben weitestgehend selbst, ohne die Grundrechte ihrer Mitmenschen zu verletzen. Sie sehen den Menschen als ganzheitliches Wesen, das eben nicht durch seine Sexualtriebe, Instinkte oder Umweltdeterminanten bestimmt wird, sondern durch seinen freien Willen und das Bemühen um Selbstverwirklichung. An Körper, Geist und Seele von Frau und Mann ist von Natur aus nichts Frevelhaftes. Frauen und Männer haben die gleiche erotische Ausstrahlung.

Ohne ein Mindestmaß an sozialen Kontakten verkümmert der Mensch. Für eine gesunde Entwicklung brauchen Mädchen wie Jungen nonkoedukative und koedukative Unterrichts- und Freizeitangebote. Der Umgang mit mehreren vertrauten wie auch unbekannten Gleichaltrigen und Erwachsenen beider Geschlechtsklassen, unterschiedlicher Herkunft und Religion, schult die Sozialkompetenzen und den Erfahrungshorizont. Auch erwachsene Musliminnen brauchen diese Außenkontakte, die auch zur Verbesserung der Sprachkompetenzen der Muttersprache wie der deutschen Sprache genutzt werden können, ihre gleichberechtigte Beteiligung an der Planung und Gestaltung der Gesellschaft ist genauso gefragt wie die der Männer.

Das Potential an kognitiven Fähigkeiten ist von Geburt an bei beiden Geschlechtern gleich stark ausgeprägt. Das Fühlen, Lernen, zielgerichtete Handeln und Planen, Denken und Sprechen, Abstrahieren, Rückschlüsse ziehen sowie die Erkenntnisfähigkeit, Urteilsfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und der Wissenstransfer sind nicht an das Y-Chromosom gebunden. Kleine Mädchen und Jungen suchen Tag für Tag nach Herausforderungen, an denen sie diese Fähigkeiten ausprobieren, um sie anpassen oder verbessern zu können. Nur wenn ihre natürliche Neugierde und Experimentierfreude durch explizite Genderapartheit in Erziehung und Sozialisation, fundamentalistische Denkschablonen und religiöse Verbote eingedämmt wird, stellen die Kinder ihr produktives Verhalten ein.

Rasse, Herkunft oder Religion bzw. Nichtreligion sind keine Determinanten für Intelligenz oder charakteristische Wesenszüge, vielmehr sind Erziehung, Sozialisation, Kultur, Chancen auf schulische Bildung, das Beispiel lesender Eltern, Geschwisterkonstellation und gesellschaftspolitische Systeme prägende Faktoren für diese Persönlichkeitsmerkmale. Alle Menschen haben prinzipiell die notwendigen Anlagen, um rational zu denken, Sachverhalte zu reflektieren, an der Ehrlichkeit von Personen, der Authentizität von Berichten zu zweifeln oder moralisches Fehlverhalten anzuprangern, Selbstkritik zu üben, Phantasie und Kreativität zu entwickeln, sich zu einer reifen, demokratischen Persönlichkeit zu ’bilden’.

13. Nachhaltige Bildungsarbeit

Der angeborene Wissens- und Bildungsdurst braucht jedoch förderliche Rahmenbedingungen, ohne die er verkümmert. Das Lernklima an unseren Regelschulen ist jedenfalls momentan weitgehend ungeeignet, solche Vorraussetzungen bereitzustellen. Unzureichend und wenig praxisorientiert ausgebildete LehrerInnen sind auf die Realität in den Klassenzimmern nicht vorbereitet. Sie stehen meist vor viel zu großen Klassen, deren kulturelle und religiöse Zusammensetzung so heterogen und brisant zusammengewürfelt sein kann, dass ethno-religiöse Vorurteile und Konflikte, die von den Erwachsenen zu hause vermittelt und von den SchülerInnen in Klassengemeinschaft herein getragen werden, einen störungsfreien Unterricht unmöglich machen. Die SozialpädagogInnen im Netzwerk Schariagegner kennen Grundschulklassen, in denen die Kinder fünf verschiedene Muttersprachen sprechen und die Qualität der Deutschkenntnisse noch unterschiedlicher ist.

Wenn man über die Eignung von ’Delfin 4’ als Testgrundlage auch geteilter Meinung sein kann, die Sprachstandserhebungen bei Vierjährigen vermitteln den ErzieherInnen und Eltern einen Überblick über sprachliche Kenntnisse und Entwicklungspotentiale[70]. Sie geben genügend Zeit, den Wortschatz der Kleinen bis zur Einschulung spielerisch auszubauen, die klare und richtige Aussprache zu üben und Sprachfehler (z.B. Lispeln) abzubauen. Die sich anschließende Sprachförderung[71] ist dann besonders sinnvoll, wenn auch in der Freizeit, die man außerhalb des Kindergartens mit anderen Kindern an den Lieblingsaufenthaltsorten und mit Eltern und Geschwistern in der Familie verbringt, viel in der Muttersprache wie auch in Deutsch miteinander geredet wird.

In Familien mit Migrationshintergrund sollte beachtet werden, dass so früh wie möglich neben der Muttersprache auch Deutsch gesprochen wird. Da die Mütter erwiesenermaßen die ersten und wichtigsten VermittlerInnen der Mutter- wie auch der deutschen Sprache sind, sollten sie über ausreichende Sprachkompetenzen in beiden Bereichen verfügen. Für autochthone wie auch allochthone Familien gilt gleichermaßen: Angstfreies miteinander sprechen ohne Tabus, Fragen klären, alle ihre Erlebnisse, Gefühle und Sorgen einander mitteilen, Meinungsverschiedenheiten partnerschaftlich ausdiskutieren, Geschichten vorlesen unterstützt. die altersgemäße Sprachentwicklung optimal.

Hier wird auch der Grundstein für das spätere Interesse an weiteren Fremdsprachen gelegt Mehrsprachigkeit ist eine gefragte Kompetenz auf dem globalisierten Arbeitsmarkt und erhöht den beruflichen Erfolg. So könnte wenigstens verhindert werden, dass ErstklässlerInnen eingeschult werden, die keinen vollständigen Satz bilden können und daher nicht in der Lage sind, sich angemessen mitzuteilen. Es verdirbt den Spaß am Lernen, wenn man weder in der Lage ist, Fragen der LehrerIn zu beantworten noch dem Unterricht zu folgen. „Ich Ball, ich Treppe, ich Keller, ich Garten“ – Ich nehme den Ball, gehe die Treppe herunter durch den Keller, um im Garten zu spielen. Dieser ’türkische’ Erstklässler ist ebenso in Deutschland geboren worden wie seine Mutter und besuchte die einjährige Vorschulgruppe und davor drei Jahre lang einen Kindergarten.

’Lesen und mit Ali und seinen Freunden spielen’[72], würde dieses Motto eines Lesespielheftes tatsächlich umgesetzt, könnte das ErzieherInnen, LehrerInnen SchulsozialarbeiterInnen wesentlich entlasten. Wer in der großen Pause aufmerksam über den Schulhof deutscher Grundschulen geht, dem werden drei Dinge auffallen: a) Geschlechterapartheit. Weder die deutschen Mädchen und Jungen spielen miteinander noch die Schülerinnen mit Migrationshintergrund mit Schülern des gleichen oder anderen Herkunftslandes, erst recht nicht die allochthone Klassenkameradin mit dem autochthonen Mitschüler. b) Während Jungen untereinander in kulturell sehr gemischten Gruppen herumtoben, bilden die Mädchen ausgesprochen homogene Cliquen. c) Der Umgangston ist roh und laut und überspannt.

Selbst wenn die Kinder diese ’Hofordnung’ selber eingeführt haben, halte ich es für pädagogisch sinnvoll, diese spielerisch aufzulösen, beispielsweise indem man die Mädchen und Jungen dazu anregt, beliebte Gemeinschaftsspiele, vielleicht sogar aus den Herkunftsländern der SchülerInnen wie Lauf- und Fangspiele, Hüpfspiele, Boccia, Ballspiele oder Abzählreime umzusetzen. Die heterogenen, koedukativen Aktivitäten stärken Sozialkompetenzen, kommen nach mehreren Schulstunden Stillsitzen dem Bewegungsdrang der Kinder entgegen, fördern den internationalen Erfahrungsaustausch und üben den Sprachgebrauch. Nach solchen aktiven Pausen sind die Kinder ruhiger und konzentrierter.

Körperliche Betätigung und sprachliche Interaktion, Spaß haben und Toben wäre auch in der außerschulischen Freizeit pädagogisch empfehlenswert. Sich nach Schule und Hausaufgaben zweimal wöchentlich mit FreundInnen zu treffen, beispielsweise in einer heterogenen Jugendgruppe, um sich sowohl an koedukativen als auch geschlechtshomogenen Angeboten zu beteiligen, ist vergnüglich wie lehrreich. Sich je nach Wetter draußen auszutoben oder drinnen zu beschäftigen ist zu jeder Jahreszeit attraktiv und würde dem gefürchteten Bewegungsmangel der Kinder wie auch der ’Medienverwahrlosung’ der Jungen[73] entgegenwirken und für jede und jeden ein spannendes Handlungs- und Lernfeld bieten.

Vor allem für muslimische Mädchen gäbe es hier ein Betätigungsfeld zusätzlich zur traditionell sehr frühen Einweisung und Einbindung in Hausfrauen- und Mutterpflichten[74]. Sicherlich würde eine solche altersgerechte Betätigung an der frischen Luft auch die Präventionsarbeit der KinderärztInnen gegen kindliche Fehlernährung unterstützen. Krankhaftes Übergewicht durch Bewegungsmangel und ’Frustfraß wie auch Magersucht sind vor allem bei Kindern und Jugendlichen mit niedrigem sozioökonomischem Status vorzufinden, ein hoher Prozentsatz dieser Risikogruppe hat einen Migrationshintergrund. Magersucht beginnt schon im Kindesalter, Ursachen sind vor allem das idealtypische Frauenbild in den Medien und familiäre Konflikte[75], [76]..

14. Normschüler aufs Gymnasium, Migranten ab in die Hauptschule

So titelte der SCHULSPIEGEL am 05.12.07. Der Artikel stammte von dem vom Netzwerk Schariagegner geschätzten ’Frauenversteher und Migrationsforscher’ Mark Terkessidis. Nachdem wir SozialpädagogInnen im Team uns schon darüber gewundert hatten, was der Diplompsychologe und promovierte Pädagoge unter ’Gerechtigkeit für Muslime’ versteht, befürchteten wir Schlimmes. Wir wurden nicht überrascht. Diesmal ging es ihm um ’Gerechtigkeit für SchülerInnen’, kleiner Scherz[77]. Wortgewaltig schimpfte der Kölner Publizist in dem genannten Artikel über das deutsche Bildungswesen, das „Mittelstandskinder krass bevorzugt“: „die Entscheidungsträger“ würden sich schlicht „weigern, die Realität anzuerkennen.“

„Das Fünfziger-Jahre Normkind“ würden wir suchen und von diesem Ideal abweichenden SchülerInnen als ’Sorgenkinder’ brandmarken, Kindern gar das Lesen anraten. Nach der ’Logik der siebziger Jahre’ würden wir ’nur die Schwachpunkte sehen’, positive Entwicklungen würden ausgeblendet oder nicht gebührend gewürdigt. Wir würden den Kindern sogar nicht nur das ’Lesen empfehlen’ sondern auch vorschlagen, ’mit Ali und seinen Freunden’ zu spielen. Den Eltern mit Migrationshintergrund würden wir zumuten, ihre Wurzeln aus den Herkunftsländern auszureißen und ihre Herkunftskultur zu verraten, um sich völlig zu assimilieren. „Wenn sie nur alle Deutsch lernen, wenn sie damit aufhören, ihre Kinder zu schlagen, wenn sie Mädchen und Jungen gleich behandeln und endlich aus der ’Parallelgesellschaft’ ausziehen – wenn sie also so werden, wie ’wir’ denken, dass ’wir’ sind, dann kommt schon alles wieder in Ordnung.“

Wenn GrundschullehrerInnen aufgrund ihres komplexen Arbeitsalltags damit überfordert wären, ihre Zöglinge, die sie in der Regel über vier Jahre lang durch die ersten Schuljahre begleiten, zu beobachten und außer Stande wären, die Sozialkompetenz und den Kenntnisstand ihrer Schützlinge kompetent und fair zu beurteilen, dazu neigen würden, aus persönlichen Gründen oder rassistischen Motiven SchülerInnen aus Familien mit Zuwanderungsgeschichte zu benachteiligen und zu diskriminieren, wäre das sicherlich von kämpferischen Müttern[78], objektiven Elternpflegschaftsvorsitzenden, SchülerInnen, Vorgesetzen oder gutmenschelnden KulturrelativistInnen, von denen es in pädagogischen Berufen nur so wimmelt, kritisiert und gerügt worden. Oft bleibt den meist sehr erfahrenen PädagogInnen keine Wahl, die Hauptschule zu empfehlen, weil SchülerInnen auch nach vier Jahren Deutschunterricht und zusätzlichen Lerneinheiten ein deutlich erkennbares Förderpotential im sprachlichen Bereich aufweisen, dass jeder andere Rat unverantwortlich wäre.

Tatsächlich sind die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift, die Verinnerlichung von Werten und Normen der kulturellen Moderne und die Rahmenbedingungen des Grundgesetzes mit einem Generalschlüssel zu vergleichen, der jeder/jedem BürgerIn überreicht wird, um die Eingliederung in das soziale Umfeld zu ermöglichen. Er vereinfacht den Zugang zu qualifizierten Schulabschlüssen und schafft damit gute Voraussetzungen, einen selbst gewählten, anerkannten und leistungsgerecht bezahlten Beruf zu ergreifen. Gesundheitsvorsorge und soziale Absicherung, die eine weitgehend selbstbestimmte, freie Entfaltung der Persönlichkeit und die ungehinderte Teilnahme an Sport- und Freizeitaktivitäten garantieren, unterstützen eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung, beugen Krankheiten vor und entlasten die Solidargemeinschaft von vermeidbaren Kosten.

Fehlt ein Zacken im Schlüsselbart des Generalschlüssels, ist der freie, ungehinderte Zutritt zu Planungs- und Gestaltungsmöglichkeiten nicht mehr gewährleistet, das Individuum verliert den Anschluss an die Gemeinschaft. Leider versuchen muslimische Eltern immer wieder, tatkräftig unterstützt von legalistischen, islamischen Vereinigungen und deren RechtsvertreterInnen, ihre Töchter vom Biologie- bzw. Sexualkundeunterricht und vom Schwimm- und Sportunterricht zu befreien. Eine solche Segregation in ’reine Rechtgläubige’ und ’verachtenswerte Kuffâr’ spaltet statt zu integrieren und ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht kompatibel. Ebenso abzulehnen sind getrenntgeschlechtliche Schwimmzeiten oder gar ’MuslimInnenschwimmen’ in öffentlichen Bädern, MuslimInnensport in Hallen und auf Sportplätzen, wie dort auch sexistische Sportkleidung nicht zugelassen werden sollte. Zu solch Frauen diskriminierenden Outfits gehören z.B. Burkinis, Kopftücher und den ganzen Körper verhüllende Trainingsanzüge (im Sommer) genauso wie Bikinis und bauchfreie Sporttrikots für LeichtathletInnen und LäuferInnen. In Freibädern jedoch ist es Männern durchaus zuzumuten, Frauen in westlicher Badekleidung zu begegnen, ohne sie zu beleidigen oder vergewaltigend über sie herzufallen.

Auch in Forschung, Wissenschaft und Medizin werden nur gut ausgebildete Fachkräfte und Akademiker beschäftigt. Weibliches Krankenhauspersonal, das sich wegen der Aurah der nackten Unterarme aus religiösen Gründen bei Operationen die Ärmel nicht hochkrempeln will sowie Schwestern, Pfleger und ÄrztInnen, die sich weigern die Hände zu desinfizieren, weil die Antiseptika Alkohol enthalten, kann man[79], [80] in der Medizin und Krankenpflege nicht beschäftigen. Der orthodoxe Islam sieht in der bildnerischen Darstellung oder Abbildung die Gefahr der Vergötterung des Dargestellten, was einer Beigesellung anderer Götter zu Allah gleichkäme (Schirk) und gegen dessen Einzigartigkeit und Einmaligkeit verstoße. Je nach Madrassa, Glaubensrichtung oder Reformbewegung kann sich dieses Gebot auf die Darstellung oder Abbildung Allahs, der Propheten und einiger weniger für MuslimInnen wichtiger Personen beschränken oder die Abbildung aller Geschöpfe einbeziehen. Konservative islamische Verbände unterstützen daher die Abmeldung des Kindes vom Kunstunterricht staatlicher Schulen, wenn dieser das Zeichnen von Menschen und Tieren einschließen sollte[81]. Es ist nicht etwa rassistisch, den meisten ’Sorgenkindern’ die Hauptschule als weiterführende Schule zu empfehlen, sondern leider unumgänglich.

Diese Bankrotterklärung ist nicht zuletzt dem jahrzehntelangen politisch korrekten Vernebeln unserer (Sozial-)PädagogInnen, SoziologInnen, PolitikerInnen und sonstigen KulturrelativistInnen wie Terkessidis zu verdanken. Der ’Sachbuchautor der Generation Golf’[82], der sich hauptsächlich mit den Themen Jugend, Popkultur, Migration und Rassismus beschäftigt, hat sich schon mehrfach mächtig ins Zeug gelegt, um gemeinsam mit seinen MitstreiterInnen ’einer breiten Öffentlichkeit ohne Anbiederung und Konformismus eine neue Haltung von Kanaken (Menschen) aller Generationen zu vermitteln’. Alles klar? Nein? Kein Wunder. Als er gemeinsam mit der Turkologin, Politik- und Erziehungswissenschaftlerin Yasemin Karakaşoğlu in dem erwähnten offenen Brief ’Gerechtigkeit für die Muslime’ einforderte, befürchteten die beiden PublizistInnen offensichtlich, kein Gehör zu finden, ihr fachlicher Rat bei politischen Entscheidungen war mit dem Regierungswechsel wohl nicht mehr so gefragt, weshalb sie ihre Petition vorsichtshalber von 60 ’MigrationsforscherInnen’ unterzeichnen ließen. Ja, ja, das kühlere Klima und die Pfründe.

15. Unheilige Allianz. Wie subventioniertes Gutmenschentum und islamischer Fundamentalismus sich bestens arrangieren

Keine Schariatisierung des öffentlichen Raumes

Mit ihrer Politik des Appeasement und der nahezu grenzenlosen Toleranz idealisieren, restaurieren und verteidigen die oftmals selbsternannten SchutzpatronInnen der ’Töchter und Söhne Allahs’ die Andersartigkeit der MuslimInnen, schreibt die zivilcouragierte Arzu Toker[83] sinngemäß. Sie unterminieren mit dieser Bevormundung jeden Versuch der MigrantInnen, ihr Selbstverständnis, die persönliche Lebensgeschichte und ihre bisherige Sozialisation kritisch zu hinterfragen. Gutmenschen verunmöglichen mit ihrer die kulturellen Unterschiede verherrlichenden Haltung gegenüber ZuwanderInnen einerseits und der unbeirrbaren, autoritären Bevormundung Andersdenkender der Mehrheitsgesellschaft andererseits eine sich emanzipierende Persönlichkeitsentwicklung der NeubürgerInnen. Ohne Empowerment und Befreiung aus der erdrückenden Umklammerung des fundamentalistisch interpretierten Koran ebenso wie aus dem zu Tode Umarmen durch vornehmlich rot-grüne multikulturelle KulturrelativistInnen werden konservative, rechte LegalistInnen und deren AnhängerInnen ohne jegliche demokratische Opposition weiter am Staat im Staate bauen.

Der Kulturrelativismus, synonym Differentialismus ist eine Philosophie, die den Pluralismus der Kulturen herausstellt. Sie ist die Antithese des Universalismus und geht von der Voraussetzung aus, dass bestimmte kulturelle Verhaltensregeln nur aus ihrem eigenen Kontext heraus verstanden werden könnten. Moralprinzipien und Traditionen könnten daher nicht aus dem Blickwinkel anderer Wertesysteme und Gesellschaftsformen verglichen oder gar bewertet werden. VerfechterInnen dieses Prinzips lehnen es daher ab, zu fremden Sitten und Gebräuchen Stellung zu nehmen, ohne sie in Bezug auf die Gemeinschaft, in denen sie gepflegt werden, zu betrachten.

KulturrelativistInnen gehen davon aus, dass Moralvorschriften, Verhaltensregeln und Riten durch den Sozialisationsprozess, den jeder Mensch während seiner Entwicklung durchläuft, erarbeitet werden. Diesen Prozess der Persönlichkeitsbildung und Eingliederung in die Gesellschaft nennen sie Enkulturation. BefürworterInnen dieser Theorie sind davon überzeugt, dass niemand Werte internalisieren kann, ohne seine eigene Enkulturation einzubeziehen. Folgt man dieser Argumentationskette, wäre es utopisch und egozentrisch, Menschen, deren Sozialisation zu einem großen Teil in Theokratien und undemokratischen Staaten stattgefunden hat, abzuverlangen, sich in unser säkulares Gesellschaftssystem einzugliedern sowie die Allgemeingültigkeit der FdGO, des StGB und der Menschenrechtscharta (UN-Charta)[84] anzuerkennen.

Beide Seiten, die AltbürgerInnen und die Neuankömmlinge gingen zunächst von der Vorläufigkeit des Aufenthalts hier aus, worauf die damals übliche Bezeichnung ’Gastarbeiter‘ auch hinweist. Für die Wirtschaft, Wissenschaft und Politik bestand also kein Grund, das beschriebene Enkulturationsmodell auf Langfristigkeit und Nachhaltigkeit zu durchdenken. Für viele UniversalistInnen wie Arzu Toker fördert die Theorie des Kulturrelativismus eine rassistische Denkweise, ohne seine ProtagonistInnen als RassistInnen diskreditieren zu müssen. Sie tarnt sich perfekt mit dem Denkmantel des informierten, verständnisvollen Gutmenschen, der oberflächlich betrachtet, kompetente, klientenzentrierte, politische und soziale Arbeit verrichtet. Diese Dhimmitude arbeitet jedoch nicht nur kongenial IslamistInnen und zu Allah konvertierten Deutschen in die Hände, die mit ihrem Märchen vom „europäischen Islam“ in legalistischer Manier versuchen, die FdGO auszuhöhlen (s. Düsseldorfer Landgericht: Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen bestätigt). Auch bekennende RassistInnen würzen ihre Suppe mit dem gleichen Salz, indem sie die von der Gegenseite der DifferentialistInnen idealisierte Andersartigkeit mit negativen Vorzeichen versehen.

Multikulturelle Gutmenschen leugnen bei Menschenrechtsverletzungen, die im Namen Allahs begangen werden das ’Tatmotiv fundamentalistischer, patriarchalischer Islam‘, solange dies möglich ist, danach verschweigen sie nicht selten einen Zusammenhang und wenn schließlich niemand mehr an einem Zusammenhang zweifeln kann, spielen sie ihn herunter. Toker argumentiert, das Bewahren, Konservieren des orthodoxen Islam, wie ihn beispielsweise die rechtskonservative Milli Görüş vertritt, sei im ureigensten Interesse der KulturrelativistInnen, weil er garantiert, ’dass „jene Fremden“ fremd bleiben und sich nicht unter „ihresgleichen“ mischen werden‘. Sollte der Multikulti Fanklub sich tatsächlich diesem Denken verschrieben haben, muss ich die Damen und Herren jedoch enttäuschen. Dieser rassistische Plan, sollte er denn bestanden haben, ist gründlich schief gelaufen. Muslimischen Mädchen ist es in der Regel zwar strikt verboten, einen Ungläubigen zum Freund zu haben oder zu heiraten, bei ihren Brüdern jedoch wird es nicht ungern gesehen, wenn sie deutsche fünfzehn-, sechzehnjährige Mädchen schwängern. Nicht selten werden diese aber nur benutzt, um sexuelle Erfahrungen zu sammeln, eine Ehe mit einer Dhimmi wird in der Regel nur geduldet, wenn diese konvertiert. Dem Druck der ’Dawa’ hält kaum eine Frau stand, daher tritt sie über oder beendet die Beziehung.

Sicher ist jedoch, dass sich mit kultursensibler Attitude gut Geld verdienen lässt, da so lange finanzielle Mittel in Migrationsforschung und Integrationsprojekte fließen, wie der ’Untersuchungsgegenstand‘ nur fremd genug bleibt. Nachdem AltbürgerInnen wie MigrantInnen ca. 1980, nicht zufällig in den Jahren der Konsolidierung des iranischen Gottesstaates, klar wurde, dass mit einer Rückwanderung der ’GastarbeiterInnen‘ nicht mehr zu rechnen war, viele hatten mittlerweile ihre Familien nachgeholt, missbrauchten beide Parteien, die ZuwanderInnen wie die Multi-Kulti-Fans, die veränderte Situation für den jeweils eigenen Zweck. Dabei arbeiteten sich beide Seiten ebenso kongenial wie verhängnisvoll zu, indem MigrantInnen, radikalisiert durch die iranische Revolution, die jetzt betont selbstgewählte Fremdheit kultivierten. Während die differentialistischen AltbürgerInnen sich selbst beauftragten, durch immer neue kostspielige Projekte mit kulturrelativistischem Konzept einerseits den Anschein aufrecht zu erhalten, sich aufopfernd um die Einbürgerung der Muslime zu bemühen, in Wirklichkeit aber, um ihre Pfründe zu sichern, alles daran setzten, die bestehende Kluft zwischen Alteingesessenen und NeubürgerInnen zu vertiefen.

Seit dem Regierungswechsel 2005 scheint eine längst überfällige Umorientierung der Integrationspolitik stattgefunden zu haben, die sich nach Ansicht von Alice Schwarzer auch auf die Richtlinien der Vergabe staatlicher Fördermittel und Forschungsprojekte auswirkt (EMMA, 2006, März/April). Das Zuwanderungsgesetz (da vor allem Nachzugsalter, Deutschtest, Sprachstandserhebung, Integrations- und Orientierungskurse) sowie Integrationsgipfel, Islamkonferenz, der siebte Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, die Studien ’Muslime in Deutschland’ und ’Migranten und Medien’ sind wichtige Schritte in Richtung einer gelingenden sozialen, sprachlichen, beruflichen, und individuellen Integration. Teure Multi-Kulti- und Schaufensterveranstaltungen sichern die Pfründe der VeranstalterInnen aber nicht Klarheit und gute Nachbarschaft.

Ümmühan Karagözlü


[11] Adorno, Theodor W. (1995): Studien zum autoritären Charakter, Frankfurt.

[22] http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Familienforschung/s_1209.html, Kapitel: Prozess der Mutterwerdung, 5. Abschnitt, siebte Zeile.

[25]Das ganz normale Chaos der Liebe: Ulrich Beck, Elisabeth Beck-Gernsheim, 1990 z

[27] http://www2.uni-siegen.de , Vorlesung O8.05, Statuspassagen in Kindheit und Jugend

[56]Koran, Sure 4 Vers 15/16; Sure 4, Vers 34;

[61] Ulrich Wickert: Gauner muss man Gauner nennen. 2.Auflage. 2008

[77] Anspielung auf seinen Brief „Gerechtigkeit für die Muslime“ (mit Karakaşoğlu)